Sep
Ich bin meinem Mann sehr dankbar, dass er schon mal seine EindrĂĽcke ĂĽber unsere Ukraine-Reise in einem Eintrag hier zusammen gefasst hat. Es war auf jeden Fall im positiven Sinne eine richtige Abenteuerreise. Wir haben in etwas mehr als einer Woche so viele verschiedene Sachen gesehen und erlebt, so viele liebe und nette Menschen kennengelernt – das passt nicht mal auf diese Kuhhaut  Â
Ich war schon einmal in der Karpaten-Gegend, welche wir besucht haben … als ich noch zur Schule ging, also vor arg langer Zeit. Allerdings waren sowohl Kolomyja als auch Lviv fĂĽr mich genau so wie fĂĽr meinen Mann absolutes Neuland. Um ehrlich zu sein, kam beim Rundgang von Iwano-Frankiwsk, eben jene Stadt, welche ich mit 13-14 Jahren einst besuchte, gar keine Erinnerung in den Sinn. Also eigentlich war alles quasi wie neu  Â
Ganz neu war fĂĽr mich zum Beispiel das starke nationale GefĂĽhl, welches durch diverse StraĂźennamen, Denkmäler und die verstärkt öffentliche Symbolik der Ukrainischen Aufständischen Armee zum Ausdruck gebracht wurde. Die Namen, welche zu Sowjetzeiten als Feinde des Volkes bezeichnet worden sind, gehören jetzt zu den Helden … ist vom Kopf wirklich nicht so einfach und da habe ich die Probleme von älteren Menschen aus der Ex-DDR zum ersten Mal, glaube ich, doch etwas besser verstanden. Denn man hatte jahrelang ein klares Bild, was gut und was schlecht ist, wer Feind und wer Freund ist usw. Und dann, nach einem politischen Umbruch, werden all diese Begriffen plötzlich komplett auf den Kopf gestellt.
Um das Ganze etwas konkreter zu machen, ein Beispiel.
Wir besuchten in Kolomyja eine kleine, hĂĽbsche Holzkirche aus dem 16 Jh. und liefen durch den angrenzenden Friedhof. Ihr wisst ja, dass wir gern Friedhöfe besuchen, besonders in anderen Ländern  Â
Dort bin ich auf einen Grabstein fĂĽr die Opfer der Aktion Weichsel aufmerksam geworden – ich habe noch nie zuvor etwas darĂĽber gehört oder gelesen! Bedenkt: es ist ein Kapitel der ukrainischen bzw. sowjetischen Geschichte – also etwas, was ich als SowjetbĂĽrger und Ukrainerin eigentlich wenigstens im Ansatz mal gehört haben sollte. Zum GlĂĽck erklärte mir Khrystinas Vater, was damals genau passiert sei. Ich fand, dass eine derartige Zwangsumsiedlung immer ein äuĂźerst trauriges Kapitel in Geschichte eines Landes ist. Und wie das Leben so spielt, war damals auch die Familie unserer lieben Agata aus Katowice, welche wir auf unserem RĂĽckweg nach Dresden im Dorf Hutki besuchten, persönlich von dieser Aktion betroffen.
Da soll einer sagen, Reisen bildet nicht!
Ansonsten war ich selber sehr ĂĽberrascht, wie gut mein Ukrainisch ist, obwohl ich diese Sprache schon seit Jahren sporadisch bis gar nicht nutze. Jeden Tag fielen mir immer mehr Worte ein – es war einfach erstaunlich, was ich noch so drauf habe  Â
Nein, Russisch und Ukrainisch können total anders sein und selbst bei den einfachsten Phrasen, wie z.B. Bitte, Danke, Guten Tag und Auf Wiedersehen gibt es unterschiedliche Vokabeln. Ist ein bisschen wie das Verhältnis zwischen Deutsch und Holländisch, kann aber auch so krass wie Deutsch und Platt auseinanderdriften.
Die StraĂźenverhältnisse, welche bei Carsten einen derart bleibenden Eindruck hinterlassen haben, waren fĂĽr mich nichts Neues, denn eigentlich gab es diese fiesen Schlaglöcher und gemeingefährliche, weil unerwartet tiefe PfĂĽtzen schon bei meiner Oma in Ochtyrka. Ich wurde zu ihr immer in den Sommerferien geschickt, um gesunde Dorfluft zu tanken  Â
Auch, dass ich die Texte der ukrainischen Lieder noch kannte, hat mich ebenfalls ĂĽberrascht     damit ich diesbezĂĽglich kĂĽnftig dauerhaft fit bleibe, habe ich mir eine Musik-CD gekauft. Derzeit fahre ich zur Arbeit und nach Hause mit ukrainischer Beschallung  Â
Das Essen war so lecker, wie ich es erwartet habe, und auch den Kaffee habe ich in vollen ZĂĽgen genossen – an den kommt keine Kaffeemaschine in Deutschland auch nur annähernd ran, egal ob mit FiltertĂĽten oder mit Pads – sorry, Leute!
Die Märkte in der Ukraine sind ebenfalls ganz anders, als man es hierzulande kennt: eine FĂĽlle von Lebensmittel zwischen „Profiständen“ und Omis, welche eigentlich nur etwas Milch oder Obst aus dem eigenen Gärtchen verkaufen.
Carsten hat sich immer wieder in guter deutscher bzw. EU-Manier ĂĽber die fehlenden KĂĽhlketten echauffiert, denn wenn bei Sommertemperaturen frisch geschlachtete Fleischwaren oder Fische stundenlang ungekĂĽhlt auf den Tischen drapiert werden, dann ist ein solcher Anblick mehr als ungewohnt. DafĂĽr gibt es eben in der Ukraine keine Rohware a la Mett/Hackepeter oder ein blutiges Steak – hier wird alles total durchgebraten.
Ich habe diese Reise insgesamt sehr genossen, leider hat mir eine zu gut eingestellte Klimaanlage in unserem Hotel in Lviv einen kleinen Strich durch die Gesundheitsrechnung gemacht – ich kämpfe immer noch mit meiner mitgebrachten Erkältung. Aber was uns nicht tötet, macht uns nur stark  Â
Eigentlich könnte ich jetzt analog zu Carsten endlos weiter erzählen, denn wie gesagt, wir haben sehr viel Interessantes, AuĂźergewöhnliches und Schönes bei der Reise „Dresden – Kolomyja (UA) – Lemberg/Lviv (UA) – Kattowitz/Katowice (PL) – Dresden“ erleben durften. Vielleicht fragt ihr einfach, was euch interessiert, dann berichte ich detaillierter darĂĽber – wie wär’s?
5. September 2015 um 16:11
Ooooch OLCA
… nun komme ich erst am heutigen Samstag dazu, ueber eure Reise zu lesen und euch zu begleiten.
Immer wieder freue ich mich – einerseits fuer euch, dass Ihr solch schoene Reisen macht und andererseits fuer uns [Eure Freunde], dass Ihr uns auf diese Reisen so wunderbar anschaulich mitnehmen moegt und koennt.
…… weiteren Bilder wuerde ich mir gerne ansehen und ueber weitere Eindrucke gerne lesen……. Direkte Fragen habe ich jedoch keine.
Ein nashvilliges Laecheln von
Anna
Olga antwortet: Liebe Anna, dich nehmen wir immer gern auf die Reise! Ich werde mich bemĂĽhen in KĂĽrze eine Bildergalerie zusammenzustellen und diese hier zu zeigen.
7. September 2015 um 11:57
Hallo Ihr beiden, die besagten StraĂźen waren damals bei uns der Grund warum wir nicht bis nach Kiew gekommen sind. Aber Lemberg war schon die Reise wert. Ich hoffe ihr habt den berĂĽhmten Friedhof da besucht, wenn nicht habt ihr was verpasst. Ansonsten liebe Olga wĂĽnsche ich dir alles Gute – ging ja nun alles etwas schnell
Liebe GrĂĽĂźe Susi
Olga antwortet: Liebe Susi, ich denke, nach Kiew über die Hauptstraßen wäre nach der EM 2012 kein Thema mehr. Aber die Verbindungen zu kleineren Orten sind in der Tat äußerst anspruchsvoll für jeden Autofahrer. Natürlich haben wir Lytschakiwski-Friedhof besucht, schon allein wegen Ivan Franko musste ich unbedingt hin :) Ja, manches geht in unserem Leben wirklich sehr schnell, aber so bleibt man immer flexibel ;) Dir auch alles Gute!
7. September 2015 um 14:50
Sehr interessant mal wieder eure Reiseberichte zu lesen! Direkte Fragen habe ich keine, schliesse mich aber Anna an und wĂĽrde mich ĂĽber weitere Fotos freuen!
Olga antwortet: NatĂĽrlich nehmen wir auch dich gern auf unsere Reisen und ich werde noch einige Bilder hier zeigen – versprochen!