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Manchmal hat man eben Lust darauf, etwas zu schreiben   ;0)

 
Web|log,  der;  -s,  <engl.>,  meist abgekürzt mit "Blog"
   
Digitales Tagebuch im Internet. Ein Weblog ist eine Webseite, die periodisch neue Einträge enthält. Es ist ein Medium zur Darstellung des eigenen Lebens und von Meinungen zu oftmals spezifischen Themengruppen. Weiter vertieft kann es auch sowohl dem Austausch von Informationen, Gedanken und Erfahrung als auch der Kommunikation dienen und ist insofern mit dem Internetforum sehr verwandt. Die Tätigkeit des Schreibens in einem Blog wird als "bloggen" bezeichnet.

Quelle: http://www.wikipedia.de    


 
2021 13.
Jun

Das erste Highlight dieser Woche ist schnell erzählt, macht aber etwas nachdenklich: gestern war bereits ihr 250. Tag in der Rehaklinik … d.h. zudem, dass übernächste Woche schon ganze 300 Tage seit ihrer Lungenembolie vergangen sein werden (heute ist Tag 291) – Wahnsinn, oder? Wo ist nur die ganze Zeit geblieben?!?!

Und wie schon letzte Woche im Schlussabsatz angekündigt, ist Stephanie am Dienstag auf dem Weg ihrer tollen Genesung in das mittlerweile vierte Zimmer eingezogen: am 26. August 2020 kam sie auf die internistische Intensivstation der Charité, wechselte am 4. September auch die neurologische Intensivstation der Charité, am 5. Oktober 2020 fuhr sie ca. 300 km zur Intensiv- bzw. Beobachtungsstation der Rehaklinik und nun am 8. Juni 2021 reichten ca. 80 m aus, um auf die Reha- & Therapiestation der Rehaklinik zu gelangen. Allerdings wird sie nun zum ersten Mal bewusst mit den damit einhergehenden Veränderungen konfrontiert, denn bei den ersten drei Umzügen war sie ja noch im Wachkoma bzw. sediert.

Während sie also am Montagabend quasi fast ohne unser ständiges Zureden bezüglich Kauen, Abbeißen, Schlucken und Abhusten ein Würstchen und eine Camembert-Ecke aß, habe ich mit Carsten alle Fotos von den Wänden genommen, ihren Schrank ausgeräumt und auch so alles aus Zimmer und Bad zusammengetragen, was sich dort so überall in den letzten Monaten verteilt hat.

Zum Glück konnten wir die Transportkörbe schon mal ins neue Zimmer bringen und brauchten somit nicht zum eigentlichen Umzug Dienstagvormittag mit anwesend sein. Stephanie jedenfalls mümmelte so vor sich hin und guckte uns beim Abbau zu. Das mit dem Essen klappt unserer Meinung schon supergut, nur beim Trinken brauchte sie leider noch unsere volle Hilfe. Während des Essens hat sie sogar mit Elfie gespielt und sich mit uns unterhalten – ihr erinnert euch: in der Regel kann sie sich immer nur auf eine Sache fest konzentrieren.

Von der bisherigen Stationsärztin bekamen wir diesbezüglich auch die tolle Neuigkeit, dass ihr aktueller Singer-Index (als PDF) nun bei 13 Punkten liegt und sie deutliche Verbesserungen beim Sprechen und sozialen Verhalten zeigt … am 16. Mai waren es noch 9 Punkte.

Vor allem das Sprechen rückt für uns derzeit gewaltig in den Vordergrund, denn nach dem Umzug – so haben wir es zumindest in dieser ersten Woche empfunden – konnten wir bislang nur sehr wenige unserer bisherigen Arme- und Händeübungen durchführen, da sie nun vornehmlich im Rollstuhl sitzt und ihr (noch) so etwas wie ein Tischchen oder eine Ablage fehlt. Also verlegen wir unsere Übungen derzeit mehr in die Durchführung vieler und langer Gespräche, das Stellen und Beantworten von Fragen und die Vorbereitung darauf, dass morgen ihre Schwester aus Österreich für ein paar Tage in den Hohen Norden kommt.

Natürlich auch zu ihr, denn darauf freut sie sich wirklich am meisten und Stephanie zählt schon fleißig die Tage bzw. wie oft sie noch schlafen muss … wir sind echt gespannt, wie deren Aufeinandertreffen ablaufen wird. Vielleicht bin dann sogar ich für diese Woche ganz abgemeldet?    😉

Aber zurück zu ihren ersten Stunden auf der neuen Station – sie wird wohl noch ein paar Tage brauchen, um sich von der bisherige Ruhe des Einzelzimmers sowie der zahlreichen Vor-Ort-Therapien an das jetzt vorherrschende, ständige Setzen in den Rollstuhl und die vielen Ausfahrten zu gewöhnen. Jetzt geht es stattdessen nämlich dreimal täglich in einen Essensraum, alle Therapien finden eine Etage tiefer statt und auch wir werden mit Sicherheit jede Gelegenheit nutzen, um mit ihr bei schönem Wetter in den Park oder auf den Balkon der Station zu gehen.

Als wir mit ihr am Dienstagabend im Park direkt neben einem Kinderspielplatz verweilten, war es ihr schon nach 10 min viel zu tumultig. Selbst ein Stückchen weiter weg war für sie noch viel zu viel Gewusel im Sichtfeld und auch die Stimmen vom Spielplatz waren zu hören – denn so konnte sie leider nicht den Vögelchen beim Zwitschern lauschen. Erst, als wir einen anderen grünen Innenhof angesteuert haben, fühlte sie sich wohl und wir konnten uns wieder gut mit ihr unterhalten, um z.B. auch Wörter und deren Aussprachen zu üben.

Gegen 17:30 schoben wir Stephanie in den Essensraum und das war natürlich etwas völlig Neues und Ungewohntes für sie. Denn in diesem Zimmer saßen mit ihr nun sechs andere Kinder und junge Erwachsenen, meist in Rollstühlen und zum Teil auf Stühlen an den 2er-Tischen, und warteten gemeinsam auf den Essenswagen, von dem man sich dann das Abendessen aussuchen konnte. Als Neuling wurde sie natürlich von allen angeguckt und sie wurde auch angesprochen, deshalb war sie sichtlich etwas überfordert mit der Gesamtsituation. Beim Essen mochte sie erneut den Tumult um sie herum nicht und vor allem, als jemand einen Teller hat fallen lassen, gab es für sie eigentlich nur noch einen Wunsch: zurück ins Bett!!! Wir bereuten in dieser Situation nicht, dass wir zumindest beim allerersten Mal in dieser Umgebung mit dabei sein konnten. Sie entschied sich dann bei der Essensauswahl für Weißbrot mit Butter und Kräuterschmelzkäse und wir haben das Schmieren und das Füttern übernommen. Somit hatte sie jedenfalls schon mal die Möglichkeit, dem Pflegepersonal zu zeigen, dass sie selbstständig mit den Fingern essen kann.

Zurück im Zimmer konnten wir dann die folgende Stunde dieses dekorieren, indem wir die Fotos und Bilder wieder an die Wand klebten, für die sie sich entschied. Ich zeigte ihr jedes einzelne, zusammen ging man die Namen der zu sehenden Personen und die Situationen durch und Stephanie entschied dann mit Ja, Nein und Vielleicht. Am Ende musste sie auch für die Bilder aus dem „Vielleicht“-Haufen eine definitive Entscheidung treffen. Ich finde, das hat sie echt gut gemeistert!

Da wir jetzt während unserer Besuchszeiten nicht mehr so viel in Kontakt mit dem Pflegeteam und vor allem mit den Therapeuten oder Ärzten kommen und Stephanie zudem noch nicht die Fähigkeit besitzt, einmal verständlich ihren Tagesablauf zusammenzufassen, bekommen wir seit der Umsiedlung leider nur noch sehr wenige Informationen mit. Auf der bisherigen Intensivstation war man ja zum Teil bei Therapien im Zimmer mit anwesend, hat sich beim Füttern durch die Logopädinnen nebenbei ausgetauscht oder auch auf dem Flur zufällig das ein oder andere Gespräch führen können. Solche Begegnungen sind jetzt sehr viel rarer geworden, zumal Stephanies Zimmer auf einem Seitenarm der Station liegt, von dem man nun direkt zum Ausgang gelangt. Wenn man sich also nicht gerade suchend durch die Stationsflure läuft oder das Pflegepersonal aktiv ins Zimmer kommt, werden uns diese Informationsgespräche sehr fehlen. Aktiv nachfragen will man ja nun auch nicht alle Nasen lang.

Wir werden sehen, auch wir müssen uns erst noch zurechtfinden. Aufgrund der Therapien außerhalb des Zimmers fallen schon mal unsere täglichen Vormittagsbesuche ganz raus. Zudem haben wir unsere anderen Besuche zuerst auf die Zeit nach dem Abendessen (ca. 18:30) verlegt, denn bis 16:00 hat sie in der Regel noch Therapien und wir eben unsere Arbeitszeiten. Damit fingen für uns aber alle Abende immer erst mit der Heimkehr gegen 21:00 an. Deshalb wollen wir es zukünftig mal mit einer anderen Variante versuchen: das Arbeitsende auf 15:30 festsetzen und die Besuche im Krankenhaus von ca. 16:00 bis zum Abendessen legen – damit hätten wir dann auch mal wieder die Abende ganz für uns und unsere Freizeit. Letzteres kam nämlich bislang etwas zu kurz, doch was tut man nicht alles fürs Kind.

Am Ende hat diese neue Zeiteinteilung eh nur bis zur nächsten Verlegung in eine Pflegeeinrichtung Bestand, denn diese wird dann voraussichtlich nicht mehr so schön in der Nähe liegen und statt 20 min Fahrt werden wir uns durchaus jeden Tag auf 40-50 min Fahrzeit in eine Richtung einstellen dürfen. Derzeit hat Stephanie durch die Krankenkasse eine Verlängerung bis zum Ende Juni erhalten … der Juli dürfte aber sicherlich auch noch möglich sein. Danach hängt es dann sehr stark davon ab, wie groß ihre Fortschritte sind und wie gut sich ihre Weiterent-wicklung gestaltet. Aber wir sehen diesen bevorstehenden Wechsel in die Pflegeeinrichtung schon sehr viel gelassener als noch im Mai, wo sie eben so viele Dinge noch nicht gut beherrschte. Man wird sehen …

Am Mittwoch haben wir ihr noch halb erfolgreich das eigenständige Hochschieben der Brille mit der rechten Hand beibringen können. Halbwegs deshalb, weil sie mit der Faust manchmal noch den Mittelsteg ihrer Brille verpasst und das dann aber selbst nicht so einschätzen kann – sehen schon gar nicht. Aber wir üben, üben, üben    🙂

Am Freitag nutzten wir einmal Karten mit A bis Z und sie sollte zuerst den willkürlich gezogenen Buchstaben vorlesen (hierbei kein einziger Fehler!) und in der ersten Runde etwas benennen, was man essen oder trinken kann. In der zweiten Runde suchten wir dann nach Vornamen. Hier taten sich bei dem Kind wie erwartet gewaltige Lücken auf, denn in der Regel nannte sie nur das, was sie auch in den letzten Monaten kennengelernt bzw. verwendet hat, wie z.B. Himbeere, Erdbeere, Yoghurt sowie Namen von der Familie und aus dem Krankenhaus-team. Andere Wörter, die sicherlich jeder von uns kennt (man erinnere sich nur an das Spiel Stadt-Land-Fluss), sind bestimmt noch sehr sehr tief in ihren Gehirnwindungen vergraben. Was ich daran so erstaunlich finde? Sie kennt englische Begriffe, versteht zum Teil Französisch, leider nur noch sehr wenig Russisch und stellt manchmal recht komplizierte Fragen, aber an die einfachsten Dinge, wie z.B. Anton, Dattel, Eis, Erbsen, Heinz, Klaus, Susi oder Zwiebel erinnert sie sich nicht oder kann sie in dem Augenblick jedenfalls nicht abrufen. Da bekommt für mich der deutsche Spruch „Einen Penny für deine Gedanken“ wieder eine ganz neue Bedeutung bzw. einen viel tieferen Sinn. Ach ja, keiner weiß so richtig, was genau da gerade in Stephanies Oberstübchen vor sich geht     🙁

Abends ist sie jetzt auch mal öfters mäkelig und schlapp, sie lässt den Kopf nach vorne hängen, spricht zunehmend undeutlicher und meckert dabei auch sehr viel über sich selbst. Am Wochenende habe ich nun den Grund dafür ausgemacht: im Bett konnte sie sich viel mehr ausruhen und vielleicht auch mal das ein oder andere Schläfchen machen, während sie nun durch den Rollstuhl-Bett-Mix sehr viel mehr aktiv gefordert ist – und dann sind da ja auch noch zusätzlich die täglichen Therapiegänge. Gestern und heute war ich schon um 13:00 bei ihr und alles war perfekt: sie war recht konzentriert, sie sprich sehr verständlich, sie macht viel mit und ist noch voller Elan. Aber nach ca. 2-3 Stunden folgt dann der sichtbare Einbruch, denn die Fehler beim Rechnen und Spielen sowie den Lücken in ihren Erinnerungen nehmen zu, sie spricht zunehmend undeutlicher und auch die Präzision ihrer Bewegungen lässt nach. Hier merkt man wieder deutlich, wie sehr ihr Kreislauf und auch die Kondition aller Muskelgruppen durch das monatelange Liegen und die Sedierung in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Aber wir kennen ja alle unsere Stephanie: sie lässt nicht locker und von Tag zu Tag wird sie sich auch selbst mehr und mehr aufpäppeln. Dafür drücken wir ihr jedenfalls alle die Daumen, gell?

Dieser Blog und eure Rückmeldungen geben ihr zusätzliche Kraft, denn sie ist über alles informiert und ich lese ihr seit Kurzem auch immer wieder mal meine Blogeinträge vor. Es gefällt ihr alles sehr!

Sie möchte inzwischen zudem immer mehr Zusammenhänge verstehen und fragt, warum sie hier im Krankenhaus ist oder wie lange sie da noch bleiben muss. Ich habe ihr die eigene Geschichte in kurzer Zusammenfassung schon einige Male erzählt – ist ein bisschen wie bei Dorie. Immerhin konnte sie ihr Wissen darüber heute schon bei dem A-bis-Z-Spiel einsetzen, bei dem wir uns geeinigt haben, einfach mal alle möglichen Vokabeln zu nennen, welche uns so in den Sinn kommen und eben mit dem gezogenen Buchstaben beginnen. Beim L kam von Stephanie unter anderem auch das Wort Lungenembolie über die Lippen. Aber zum Glück ist ihr Wortschatz noch nicht zu sehr mit Krankenhausvokabular „belastet“, denn da war auch noch genug Platz für Himmel, Wind, Qualle und Leben …

2 Antworten zu “Wie geht es Stephanie ? … Fazit der sechsunddreißigsten Woche”

  1. Daniela sagt:

    Hallo Ihr Lieben
    Auch wenn ich mich einerseits freue über Stephanie’s Verlegung, so stelle ich mir es auch ziemlich stressig vor.
    Ich hoffe ganz fest dass sie sich schnell an die neuen Abläufe gewöhnt und nicht „zu schnell“ therapiert wird oder zu sehr gepusht.
    Das ihre Schwester kommt ist super. Mich würde eigentlich mal interessieren wie diese Situation so war für die beiden. Ich denke einfach war/ist es nicht. Haben die beiden regelmäßig Kontakt?
    Ausserdem würde mich interessieren was für Behinderungen die jungen Menschen haben mit denen Stephanie nun zusammen ist z. B. im Essenszimmer?
    Sorry, heute bin ich etwas neugierig. 🙂 Mit Interesse verfolge ich alles mit und mich interessiert auch das „System“ hinter so einem traumatischen Unfall und wie das gehandhabt wird in D.
    Vielen lieben Dank für eure Berichte! Wünsche viel Erfolg und Geduld für die „neue Wohnsituation“. Drück euch mal feste! Daniela

  2. Anne sagt:

    Daniela hat interessante Fragen gestellt, da wäre ich auch recht gespannt auf eventuelle Antworten. Dann also Euch allen ein tolles Wiedersehen mit Andrea!

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