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Freitag, 31. Juli
Der Berg ruft!

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Carsten und Olga wurden um 7:30 Uhr wach und genossen bei völlig klarem
Himmel den schönen Blick aus dem Schlafzimmerfenster. Die für heute ge-
plante bzw. aufgrund der morgigen Abreise eigentlich nicht mehr zu verschie-
bende Bergwanderung konnte kommen. Seitdem wir darüber gesprochen ha-
ben, wollte Olga eigentlich nicht so richtig und die Kinder schon gar nicht,
aber Carsten ist für eine Tour in die Höhe immer zu haben. Sie hat sich nach
langem Überlegen dann doch entschieden, mit ihm einen halbwegs niedrigen
Gipfel in der Nähe zu besteigen. Nach dem Frühstück brachen wir gegen 8:45
Uhr zum Monte Misone (1803 m) auf. Die Kinder entschieden sich zu der Zeit noch einmal fürs Bett und wollten dann später wohl zum Tennosee gehen.

Nachdem wir unsere Wanderroute nochmals genauer angesehen und festgestellt haben, dass vor uns ca. 12 km
liegen, wechselten wir kurzerhand das Ziel auf den benachbarten Berg Sella di Castiol (1850 m). Dieser ist zwar
höher, der Wanderweg dafür aber leichter. Unterwegs unterhielten wir uns über dies und jenes, unter anderem
auch über unsere Träume. Olga hat nämlich diese Nacht von ihrem inzwischen verstorbenen Vater geträumt und
die Deutung dafür ist eindeutig - es wird Regen geben. Noch sah es aber gar nicht danach aus. Wir erreichten
problemlos nach ca. 10 Minuten das schon mehrfach angesprochene Dörfchen Canale und von dort ging die
Wanderung richtig los. Als nächste signifikante Stelle beschrieb unsere in Rovereto erworbene Wanderkarte die
Villa Bastiani. Der Weg dorthin erwies sich als steil und steinig. Klar, wenn man eine Villa braucht, gibt es sie
eben nicht auf einfachem Wege ...

 
Als wir so auf einem Pfad zwischen vielen Bäumen entlang stapften,
stellten wir hautnah fest, dass hier schon lange kein Wanderer mehr
langgegangen ist. Unzählige Spinnen haben ihre Fangnetze quer über
den Weg und natürlich genau in Augenhöhe aufgespannt, sodass wir
ständig mit dem Gesicht dort reingelaufen sind. Carsten suchte sich
nach dem dritten, hier nicht weiter dokumentierten Fluch einen Stock
und wedelte damit unentwegt vor sich hoch und runter, um nicht noch
weiter die feinen Fäden vom Gesucht abpulen zu müssen. Wenn uns
dabei jemand gesehen hat, wird er sich wohl den Rest gedacht ha-

ben ... solche Spinner am frühen Morgen, da wird es bestimmt Regen geben!

Ab und zu bekamen wir tolle Aussichtsmöglichkeiten auf das Tennotal, bis hinunter
zum Gardasee und Riva und erreichten auch die gesuchte Villa Bastiani. Als nächs-
tes Zwischenziel stand der Parkplatz Calino auf dem Plan. Unterwegs entdeckten wir
im dichtesten Wald ein fast fertiges, aber offensichtlich nicht bewohntes, da noch im
Rohbau befindliches Haus
. Seltsamerweise kam uns beiden sofort das Märchen von
Hänsel und Gretel in den Sinn, die Umgebung war jedenfalls passend für solche Assoziationen. Kein Wunder, dass wir an der Stelle Hunger bekamen und bei der
nächstbesten Möglichkeit eine Packung Würstchen vernichteten. Unser angepeilter
Berggipfel rückte nach einer weiteren halben Stunde Fußmarsch immer näher, aber
jetzt bekamen wir den Beweis, dass Olgas Traumdeutung zuverlässig ist: Nieselre-
gen setzte ein. Das war ja schon fast wie eine Eingewöhnung an die bevorstehende
Rückkehr nach Deutschland.

Wir wollten den folgenden Schauer im wahrsten
Sinne des Wortes unter einem Baum aussitzen, aber seine Ausdauer war
besser als unsere. Nachdem Olga sich genug mit dem Bau von Türmchen
aus umliegenden Steinen beschäftigt hatte und langweilte, beschlossen wir
um 11:20 Uhr die Umkehr ins Haus. Dabei hat es eigentlich nicht mal an
der Lust gelegen (unser sächsischer Haus- und Hofwanderführer würde jetzt
wieder den Spruch bringen, dass es beim Wandern kein schlechtes Wetter
gibt, sondern nur unpassende Kleidung), sondern die Vernunft hat uns ein-
sehen lassen, dass wir für Regen und damit einhergehender Kälte nicht aus-reichend gerüstet waren. Wir kramten aus dem Rucksack unsere "Wurst-

pellen" (offiziell heißen sie eigentlich Einweg-Regencapes), streiften sie über und begannen schweren Herzens
mit dem Abstieg

Unterwegs fanden wir ein Gipfelkreuz (weiß der Geier was es an der Stelle zu suchen hatte) und wir nutzten die Gelegenheit gern, um damit ein paar Bilder zu machen. So wollten wir die daheimgebliebenen Teenager beeindrucken und ihnen weismachen, dass wir ganz oben gestanden haben. Gut, spätestens mit diesem Reisebericht werden sie endlich die Wahrheit erfahren.

 
Über eine asphaltierte Straße und der Siedlung Canale kamen wir dann
schließlich müde und nass um 12:50 Uhr in der "Casa Anita" an. Die
Kinder waren nicht sehr begeistert, dass ihre Zeit der sturmfreien Bude
schon so früh wieder vorüber sein sollte. Natürlich verzichteten unsere
Badenixen bei dem Wetter auf das Baden im See und saßen mit Chips
und anderem Futter auf dem Balkon, wo sie ihre "O'Herl"-Fertigkeiten
schärften oder lasen. Wir gingen zuerst mal duschen, zogen uns sau-
bere und trockene Sachen an und gesellten uns dann zu ihnen, um ebenfalls etwas zu lesen. Gegen 16 Uhr zog sich Olga in die Küche zu-

rück und bereitete Nudeln mit Bolognesesauce zu. Nun galt es wirklich alle Reste aufzuessen, denn es war unser letzter Abend in diesen Wänden. Nach dem Essen haben wir mit dem Packen der Koffer angefangen und da wir durch Carsten nicht nur einen Organisator, sondern auch einen guten Lehrer in diesen Dingen haben, ging alles recht unkompliziert und schnell.

Um 23 Uhr verschwanden die Erwachsenen ins Bett, denn wir wollten möglichst früh losfahren, um uns schon
gegen Mittag mit jemanden in Bayern treffen zu können. Die Mädels indes setzten ihren Plan um, diese Nacht
bis zur Abfahrt um 5 Uhr in der Frühe durchzumachen und kauften schon Tage zuvor einige Energy-Drinks für
diesen Zweck ein. Wie wir später erfahren haben, spielten sie in dieser Zeit alle bislang praktizierten Kartenspie-
le, schminkten sich gegenseitig, hörten Musik und tanzten sogar herum. Zum Glück waren die Nachbarn von

unten heute schon um 19 Uhr aufgebro-
chen, da sie auch Angst vor dem Rück-
reisestau am Brenner hatten und noch
bis Nordrhein-Westfalen fahren mussten.
Für unsere Teenager war dies natürlich
ein Freifahrtschein und sie konnten sich
ohne Rücksicht auf Verluste vergnügen -
nur wir durften dabei eben nicht geweckt werden!

 

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