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Manchmal hat man eben Lust darauf, etwas zu schreiben   ;0)

 
Web|log,  der;  -s,  <engl.>,  meist abgekürzt mit "Blog"
   
Digitales Tagebuch im Internet. Ein Weblog ist eine Webseite, die periodisch neue Einträge enthält. Es ist ein Medium zur Darstellung des eigenen Lebens und von Meinungen zu oftmals spezifischen Themengruppen. Weiter vertieft kann es auch sowohl dem Austausch von Informationen, Gedanken und Erfahrung als auch der Kommunikation dienen und ist insofern mit dem Internetforum sehr verwandt. Die Tätigkeit des Schreibens in einem Blog wird als "bloggen" bezeichnet.

Quelle: http://www.wikipedia.de    


 
2021 29.
Aug

Was war das für eine Woche!!! Statt zwei Personen an einem Tag hatte Stephanie diesmal Besuch von einer Person an zwei Tagen, am Donnerstag war der erste Jahrestag (ja, es sind tatsächlich schon mehr als 365 Tage seit dem Vorfall vergangen), aufgrund unseres dreiwöchigen Urlaubs sind wir derzeit (noch) jeden Tag bei ihr und zusätzlich gönnten wir uns zwischendurch sogar mal einen Ausflug nach Kalifornien – nein, nicht das in den USA, sondern das neben Brasilien    😉

Aber der Reihe nach …

Nach dem Besuch von Tobi und Lena aus Potsdam letzten Samstag (siehe vorhergehenden Blogeintrag) war Anfang dieser Woche Stephanies Freundin und ehemalige Volleyballmitstreiterin Eileen für zwei Tage da. Wir hatten sie schon am Sonntagabend vom Hamburger Hauptbahnhof abgeholt und sie verbrachte zwei Nächte in der Residencia OLCA. So konnten wir zum einen die beiden möglichst lange alleine lassen, hatten zum anderen aber auch die Gelegenheit, mit dem Besuch einmal durch die schöne Innenstadt von Lüneburg laufen zu können.

So viel sei vorweggenommen: Stephanie hat sich auch am Ende dieser Woche noch an alle drei Besucher erinnert und wusste zudem noch recht genau, was sie alles mit ihnen gemacht hat und erleben durfte. Es scheint ihr also sehr wichtig gewesen zu sein und deshalb haben diese Erinnerungen ihr stark vergessliches Kurzzeitgedächtnis überwunden – toll!

Am Montag konnten wir zwischen Stephanies Mittagessen (ca. 11:30) und ihrem Abendessen (ca. 17:30) die ganze Zeit bei ihr bleiben, da für sie keine Therapien angesetzt waren – das war natürlich ideal. Sie hat sich sehr über Eileen gefreut und sie zudem auch sofort erkannt. Kein Wunder, denn neben Andrea hat Eileen eigentlich bislang die meisten Videos und Updates von sich geschickt. So etwas bleibt selbst Stephanie im Gedächtnis.

Und da Carsten und ich nicht der Mittelpunkt an diesem Tag sein wollten, haben wir uns nach dem ersten Wiedersehen und der Geschenkeübergabe verzogen und sind für ein paar Stunden in der Nähe des Pflegezentrums spazieren gegangen – das Gelände und der Wald sind dafür weitläufig genug, befinden wir uns hier ja ganz am Rande der Stadt Lüneburg. Die beiden hatten jedenfalls ihren Spaß …

Am Dienstag teilten wir unseren Besuch terminbedingt in zwei Etappen auf. Vormittags hat Eileen aus Stephanies derzeitigem Lieblingsbuch „Das Neinhorn“ von Marc-Uwe Kling vorgelesen …

… und danach mit ihr das Fotoalbum zum 18. Geburtstag samt Texten von Freunden und Familie durchgeschaut – sie blieben bei den Leuten hängen, die beide kannten, z.B. vom Volleyballverein oder der Schule sowie natürlich auch bei Eileens eigenen Eintrag. Damals waren sie allerdings gerade einmal drei/vier Jahre befreundet.

Mittags standen bei Stephanie das Essen und eine Therapiestunde an, sodass wir zu dritt die Gelegenheit ergriffen und nach Lüneburg reingefahren sind. Zum einen, um unserem Besuch die wirklich sehr hübsche, alte und sehr gut erhaltene Innenstadt zu zeigen und zum anderen natürlich auch, um selbst etwas essen zu können.

Nachmittags ging es dann in Runde 2 im Pflegezentrum und wir haben gemeinsam sehr viel Spaß gehabt und viel gelacht. So z.B. als beide mit tiefstem Sächsisch anfingen und u.a. den Ausspruch „Or’sch wer bleede !“ original zum Besten gaben. Bei der abschließenden Runde Mensch-ärgere-dich-nicht hat Stephanie sogar (fast ehrlich) gewonnen – bei ihr haben wir gelegentlich mal eine Ausnahme bzgl. Rauswurfzwang gemacht. Aber sie stellte alleine das gesamte Spielbrett auf, zog eigenständig ihre Spielfigur wie Carsten es ihr zeigte (sie hat noch große Probleme mit der Richtung und in den Ecken bzw. im Stall), zählte fast immer korrekt die gewürfelten Felder ab und würfelt mittlerweile ja sowieso schon komplett selbstständig.

Einmal begann Stephanie, nachdem ich sie zum dritten Mal rausgeworfen habe, von bislang „Mami“ auf „Olga“ umzuschwenken. Wir haben das dann aufgegriffen und wer nervte, wurde konsequent umbenannt: aus Eileen wurde Franziska, aus Carsten Bernd und Stephanie selbst mutierte zu Chantal. Erstaunlicherweise hatte sie mit den nun völlig anderen Namen keinerlei Probleme und nutzte sie ebenfalls dauerhaft im Spiel. Zudem rief sie nach ihrer Umbenennung zu Chantal sofort den Spruch „Heul leise!“ aus … wer es kennt, es ist ein Zitat aus „Fack Ju Göhte“ – also erneut eine Erinnerung aus alten Zeiten. Zack, ganz nebenbei einen neuen Weg dorthin gefunden    😉

Diese zwei Tage mit Eileen waren echt ein absolut gelungener Wochenanfang für Stephanie – wir haben bis heute noch sehr oft darüber gesprochen.

Am Mittwoch legten wir unsere Besuchszeit auf den Morgen, da Carsten und ich anschließend noch an die Ostsee fahren wollten. Diesmal statt wie bisher zum Füße-ins-Wasser-stellen, um in Kalifornien (Schleswig-Holstein) meine ehemalige Chefin – jetzt in Rente und derzeit dort im Urlaub – zu besuchen und den Abend mit viel Quatschen und leckerem Essen im Fischrestaurant zu verbringen. Aber auch diese außergewöhnliche Besuchszeit brachte schöne Erkenntnisse: das Kind lag noch im Bett und hatte gerade ganz alleine ihr Marmeladenbrot gegessen. Gut, die „Umgebung“ und ihr Lätzchen sahen dementsprechend aus, aber immerhin! Danach kümmerte ich mich um ihre Haare und sie bekam sogar eine Kopfmassage von mir, die sie wiederum sichtlich genoss:

Als wir zwischen Verwöhnprogramm und Abschied mit unseren Buchstabenkarten noch eine Runde „Länder, Städte und Gegenden mit den entsprechenden Anfangsbuchstaben“ spielten, blitzten ebenfalls wieder so einige Erinnerungen in ihr auf. Dementsprechend suchten wir nicht nur die uns bekannten Orte, wie z.B. USA, Potsdam, Quickborn, Dresden, Greiz, Italien, Helsinki, Spanien, Venedig, Bremerhaven, Verona, Island usw., sondern philosophierten mit denen fast immer noch ein wenig über die Verbindung zu uns, wann wir schon mal waren und wen wir dort kennen würden. Ich weiß, ich wiederhole mich … aber das mache ich gerne: bei ihrem Gedächtnis ist nicht alles verloren, sondern nur etwas verschüttet und muss mit unserer Hilfe wieder ans Erinnerungsnetz angeschlossen werden. Tschakka!!!

OK, wenn wir bis hier chronologisch geblieben sind, dann machen wir da auch gleich mal weiter – es folgt der Donnerstag. Zuerst wollten wir aufgrund unserer Rückkehr aus dem „ganz hohen Norden“ eigentlich mal einen Besuch aussetzen, aber ausgerechnet an diesem Tag war es einfach nicht möglich. Denn vor genau 365 Tagen, also am 26. August 2020, hatte Stephanie ihre beidseitige Lungenembolie, musste auf der Fahrt ins Krankenhaus dreimal reanimiert werden und fiel dann für mehrere Monate ins Koma. So einen Besuchstag können wir natürlich nicht ausfallen lassen und haben somit gemeinsam ihren Geburtstag 2.0 zelebriert.

Anmerkung aus gegebenen Anlass: bitte nicht denken, dass Stephanie mehrere Tage hintereinander immer das gleich T-Shirt tragen musste – die Fotos sind nur nicht immer chronologisch herausgesucht    😉

Zurück zum „Spezialtag“, der sogar noch ein paar andere tolle Neuigkeiten für uns parat hatte:

  • Stephanie wurde heute vom Personal aufgefordert, auch mal Linki zum Essen mit dem Löffel zu verwenden. Anfangs wollte sie natürlich nicht (typisch „Teenager“) und es ging selbstverständlich auch so einiges daneben, aber zum Ende hin soll sie sich gar nicht so schlecht geschlagen haben. Sie war richtig stolz auf sich!
  • Auf dem Nachrichtenblock stand diese tolle Nachricht: „Hallo Familie Sander, Stephanie hat heute in der Therapie 30 min im Standing gestanden.“ – wow! Standing heißt: sie stand relativ alleine mit durchgedrückten Knien auf ihren Beinen und wurde nur noch mittels Haltebändern einer Maschine unterstützt. Ihr Körper und ihr Kreislauf haben es ohne Murren mitgemacht!!!
  • Als wir nun nach längerer Zeit mal wieder die Memory-Kärtchen rausgeholt haben und natürlich mit dem Sechserpack (Wolke, Apfel, Möhre, Regenschirm, Birne & Huhn) anfingen, schaffte sie fast einen kompletten Durchgang – nur beim Apfel hatte sie etwas gezögert. Aber insgesamt ohne Fehler absolviert … das hatten wir noch nie! Selbst bei den restlichen Bildchen gelang ihr schon eine sehr viel höhere Erkennungsrate und sie hat so viel gewusst, wie noch nie: ca. 80% richtig und 20% falsch oder erst mit Hilfe.

Und was gibt es sonst noch so zu berichten ?

Wir haben mal wieder versucht, ihr den Schwesternruf nahezubringen. Doch auch weiterhin scheint es für sie komplizierter zu sein, als wir bislang dachten. Folgende Bewegungsabläufe bringt sie leider immer noch nicht als vollständige Aneinanderreihung zustande: den Drücker aufnehmen, ihn richtig in der Hand platzieren, mit dem Daumen von hinten stabilisieren und mit dem Zeigefinger auf die rote Aussparung drücken bis es klickt oder blinkt. Lag der Daumen einmal korrekt auf der Rückseite, klappte das Klicken schon ohne Probleme. Aber den Drücker erst einmal so weit vorzubereiten und in der Hand zu platzieren, da hat sie für sich leider noch kein Allheilmittel gefunden. Sie kann Münzen in den Fingern drehen, Spielkarten in der Hand drehen und sogar Besteck vernünftig greifen und nutzen, aber beim Drücker mussten wir nach ca. 30 min (etwas entnervt) aufgeben. Und das, obwohl sie eigentlich selbst immer weiter probieren wollte („Noch einmal !“) … bei nächster Gelegenheit werden wir das wieder aufgreifen, derzeit besteht zum Glück wohl noch keine Notwendigkeit, denn sie hat ja bislang immer irgendeinen Weg gefunden, sich bemerkbar zu machen – ohne zu nerven oder unangenehm aufzufallen.

Ein anderes Übungsfeld hat sie dafür mal wieder mit Bravur absolviert: mit Scrabble-Steinen Wörter bilden klappt nahezu perfekt:

Was mit ihrem eigenen Namen anfing, endete schließlich mit allen aktuellen Familiennamen, die die Buchstabensuppe so hergab:

Ihr größtes Problem war dabei eher das Finden eines bestimmten Buchstaben aus der Menge an der vor ihr liegenden Spielsteinen. Zu 75% meisterte sie das umgehend, aber bei manchen Buchstaben suchte sie sich einen Wolf. Dabei lag es nicht an den Buchstaben selbst (die erkennt sie alle problemlos), sondern wohl eher an der Aufmerksamkeitsspanne oder ihrer Konzentration in dem Moment. Nach einer kurzen Pause oder Ablenkung, wie z.B. Trinken oder Quatschen, konnte sie mit unserer mündlichen Hilfe (heiß/kalt sowie oben/unten/rechts/links) dann doch noch fündig werden. Für das Erlernen des Gesamtprinzips haben wir anfangs lediglich 10 min gebraucht und wir ließen sie dabei aus 15 Buchstabensteinen das für sie völlig neue Wort PAGODE schreiben. Mehr nicht!

An einem anderen Tag legten wir ihr neun Buchstaben hin und Stephanie sollte erkennen, welchen unserer drei Namen sie daraus schreiben könne. Zu logischem Denken bzw. zur Nutzung des Ausschlussverfahrens, einer Strategie o.ä. ist sie noch nicht in der Lage, denn von selbst hat sie eben nicht auf Anhieb gesehen, das für Olga ein O und für Carsten ein C fehlte … ergo: es konnte ja nur ihr eigener Name STEPHANIE sein. Den Anfang schaffte sie auch recht fluffig, aber für das A hat es gefühlt unendlich lange gedauert, denn sie hat es unter den restlichen Buchstabensteinen nicht gesehen und wollte somit immer nur das I anlegen.

Dafür überraschte sie uns mal wieder bei einem anderen Versuch: sie sollte durchzählen, ob unser Kleingeld für ihre Kugel Eis zu 1,30 ausreichen würde … Carsten legte folgende Münzen auf den Tisch: 2 Euro, 20 Cent, 10 Cent & 5 Cent. Eigentlich ihre erste Begegnung mit Geld seit Langem, doch sie hat alle Münzen schnell und eindeutig identifiziert und zudem auf ihre eigene (etwas unkonventionelle) Art und Weise korrekt zusammengezählt. Bravo, lass dir deine Kugel schmecken und die Waffel muss du leider immer noch direkt an mich abgeben …

Am Samstag zeigte sie uns, dass sie nicht nur das Frühstück (Brot mit den Fingern), sondern mit einem Löffel auch das Mittagessen ganz alleine und ohne Aufsicht wegmampfen kann – ohne dabei gleich die Hälfte auf dem Teller, dem Tisch oder gar dem Schlabberlatz zu verteilen. Denn als wir reinkamen, lag sie im Bett (sie klagte laut Pflegepersonal kurz zuvor über Schmerzen im rechten Fuß) und hatte soeben ihren Teller Kartoffel-Gemüse-Eintopf leergelöffelt. Nun fehlt ihr eigentlich nur noch, dass sie mehr als Püriertes essen darf (der dafür vorgesehene Test ist am nächsten Mittwoch) und sie dann ihre ersten Schritte mit dem Messer bzw. mit dem Schneiden wagen kann. Mit dem Löffel scheppen und der Gabel aufspießen sowie dann zum Mund zu führen beherrscht sie bereits ausreichend.

Es bleibt dabei, Stephanie lässt sich durch nichts unterkriegen und sie behält eigentlich immer ihr Lächeln bei. Das war diesmal auch meine hauptsächliche Intention bei der Fotoauswahl – ist euch bestimmt schon aufgefallen. Denn Freude steht ihr einfach ins Gesicht geschrieben …

… sei es mit uns, mit dem Personal in der Pflegeeinrichtung, mit anderen Bewohnern oder auch den Besuchern aus ihrem vorherigen Umfeld, sowie mittlerweile auch aus dem aktuellen. Die oben abgebildete Taube aus Ton (Tontaube wäre zwar richtig, klingt aber eher nach einem abzuschießenden Diskus    🙂    ) hat sie z.B. von jemanden aus der Geesthachter Klinik bekommen. Diese Person hat es sich an einem Vormittag nicht nehmen lassen wollen, einmal bei Stephanie vorbeizuschauen, da sie eh schon mal in der Nähe war. Unser Kind ist und bleibt einfach ein Steh-auf-Männchen … oder wie Carsten auf Ruhrpottsch sagen würde „Steht-auf-Männeken“.

So, mein letztes Dankeschön gilt einer Therapeutin des Pflegezentrums, denn diese tolle Frisur habe ich in den letzten Tagen ums Verrecken nicht hinbekommen:

Die ansonsten recht zottelig wirkenden, kurzen Haare im Stirnbereich konnte ich jedenfalls nie so gut verstecken.

Doch ein wenig gedulden müssen wir uns schon noch, damit Stephanies Körper zu einer gewissen altersgemäßen Normalität zurückkehren kann. Denn durch der anfangs gegebene Medikamentencocktail hat zwar in vielerlei Hinsicht zunächst gute Dienste geleistet, führte allerdings im Nachhinein auch zu einem ziemlich starken Haarausfall – besonders am Haaransatz. Diese wachsen nun nach, werden aber noch einiges an Zeit brauchen, bis auch sie wieder mal so lang werden, dass sie mit in den Zopf passen. Die Medis haben insgesamt einen schlimmen Einfluss auf ihren Hormonspiegel gehabt. Dieser pendelt sich zum Glück seit den letzten Tagen wieder sichtlich ein, denn beim Kind kommt derzeit immer mehr die Pubertät mit allen Nebenwirkungen zum Vorschein … Pickel, plötzliche Stimmungsschwankungen sowie schnell fettenden Haare und Hautpartien. Man merkt, es gibt mehr als genug Baustellen an dem Projekt „Stephanie“    😉

Aber ich will mich nicht beklagen – sie bzw. wir konnten im letzten Jahr weitaus mehr schaffen als wir es uns auch nur annähernd zu träumen gewagt hätten. Und so werden wir gemeinsam mit Familie, vielen lieben Freunden und unermüdlichen Unterstützern aus Nah und Fern auch weiterhin die nächsten Schritte erfolgreich bewältigen … Carsten würde es „wuppen“ nennen     😉



2021 22.
Aug

Während wir am Donnerstag unser allerletztes Testzertifikat ausdrucken konnten, da wir dann ab Freitag auch endlich zum erlauchten Kreis der „vollständig Durchgeimpften“ zählten …

… und somit ab sofort per App (CovPass oder Luca) den Nachweis erbringen können, bekam Stephanie am Freitag ihre erste Dosis. Erstaunlich, wie gut sie sie vertragen hat. Mal sehen, wie es dann in ein paar Wochen bei Nummer 2 aussieht.

Medizinisch gibt es aus dieser Woche sogar nicht viel zu berichten, denn noch ist Stephanie mit den Therapeuten und den Ärzten in der Kennenlernphase. Einmal kamen wir genau zu einer Therapiesitzung der Ergos im Pflegezen-trum an und mussten draußen warten, bis Stephanie ihr Sitzen an der Bettkante abgeschlossen hatte:

Auf dem Foto schaut Carsten gerade ein wenig zu: läuft echt gut bei ihr! Das Kind hat uns auch schon erzählt, dass sie mal beim Stehtraining ein paar Minuten aufrecht auf den eigenen Füßen stand – wow!!! Sicherlich mit Hilfe und viel Abstützen, aber dennoch ein weiterer Fortschritt für sie und für uns, denn das dürften die ersten Aktionen hin zur Nutzung der Beine und Füße sein.

Und wir stellen immer wieder erleichtert fest, wie unempfindlich sie doch mit ihrer linken Hand geworden ist. Vor wenigen Monaten konnte man die verkrampfte Linki kaum anfassen und heute lässt sie ohne Mucken und Murren sogar solche Dehnübungen zu:

Auf dem ersten Bild sind die Finger (insbesondere die letzten drei: Mittel-, Ring- und kleiner Finger) im Vergleich zur normalen Ursprungshaltung schon recht weit geöffnet, aber mit ein wenig Streicheln und Massieren geht sogar noch mehr:

Klar, man spürt in dieser Situation natürlich sehr deutlich den Tonus am inneren Handgelenk und Unterarm, beson-ders wenn die Finger recht gerade und auch die Hand weniger eingedreht sind. Die Unterseite des Unterarms ist dann sehr hart und das Gewebe straff wie eine Gitarrensaite, aber sie zittert nicht und hat auch keine dauerhaften Schmerzen.

Ansonsten haben wir unsere Besuchszeiten in der Regel eigentlich nur mit Essen (wenn wir nach der Arbeit so gegen 16:30 bei ihr sind, bekommt sie immer eine Stunde später das Abendbrot) und Spielen verbracht. Vor allem auch außerhalb ihres Zimmers, denn an einem Tag lag sie schon im Bett und wir sind gezwungenermaßen drinnen geblieben … es ist insgesamt viel zu eingeengt, liegend ist sie teilweise recht bewegungsunfähig und zudem ist mit ihrer Zimmergenossin ja auch noch eine weitere Person im Raum, die entweder schlafen will oder gerne fernsehen möchte – egal wie man es nimmt, man stört sich gegenseitig doch irgendwie ein wenig. Also dann lieber immer die Flucht im Rolli ins Außengelände ergreifen oder, wenn bald die kälteren Tage näher rücken, in einen Aufenthalts-raum.

Apropos Spiele: liebe Sandra, auch auf diesem Wege einen ganz großen und herzallerliebsten Dank für dein tolles Überraschungspaket aus den USA:

In der kommenden Woche werden wir mit ihr sicherlich mal beides ausprobieren – hat sich einfach bis heute aufgrund der Besucher, der vorhandenen Aktivitäten und manchmal auch durch ihre Tagesform leider noch nicht ergeben.

In dieser Woche haben wir jedenfalls meist mit ihr „Wer ist es?“ gespielt, bei dem durch Fragen zu Gesichtsmerk-malen (männlich/weiblich, Brille, Kopfbedeckung, Bart, Haarfarbe, Glatze etc.) eine vorher gezogene Person erkannt werden muss. Man kippt nach der Antwort dann all diejenigen Personen um, die den angefragten Kriterien nicht entspricht: „Ist deine Person männlich?“ … „Ja.“ … ergo: alle weiblichen Personen werden umgeklappt usw.

Anfang der Woche haben wir uns erst einmal vorsichtig an das Spielprinzip herangetastet und vor allem ausge-testet, ob Stephanie die Personenplättchen überhaupt einzeln umklappen kann. Erstaunlich, aber DAS beherrschte sie nach nur 2-3 Versuchen wie aus dem Effeff und war somit schon mal alleiniger Bediener des Spielfelds – perfekt. Ok, dann wollten wir auch schon mit unserer Hilfe die erste Figur erraten. Ich zog eine Karte und hatte somit eine Zielperson, Carsten stand hinter ihr und erklärte ihr die Fragen sowie das Umklappen der nicht möglichen Kandidaten. Hier musste er sie vor allem dazu bringen, dass sie bei der Durchsicht immer Reihe für Reihe vorgeht und nicht wild in den vier Reihen herumspringt, da sie dabei am Ende vielleicht auch jemanden übersehen würde. Wir können uns in Sekunden einen Überblick über alle 24 Möglichkeiten verschaffen, ihr fehlt dafür noch der Überblick und vor allem der Orientierungssinn.

Am Ende der Woche haben wir sie sogar schon ganz alleine spielen lassen, also ohne dass jemand auf ihre Entscheidungen guckte und ggf. korrigierte. Sie erkennt die Personen auf den Bildern sehr gut, hilft sich beim Geschlecht mit den unten aufgeführten Namen und auch das Suchprinzip scheint sie recht gut verstanden zu haben. Die erste Runde war sogar völlig fehlerfrei und am Ende hatte sie die richtige Person gefunden, die Carsten zuvor gezogen hatte – sie war stolz wie Bolle!

Bei der zweiten Runde zeigten sich dann aber mal wieder ihre kurzen Konzentrationsspannen, denn irgendwie hat sie sich zwischendurch vertan und kam somit diesmal leider nicht auf die gesuchte Person. Besonders deutlich wurde das bei der dritten Runde, zu der sich Carsten wieder hinter sie stellte und über ihre Schulter guckte. So konnte er ihre Fehlinterpretationen (ist auf dem Bild nun eine Mütze oder eine Glatze zu sehen, die schwarzen Haare deutete sie plötzlich als grüne etc.) korrigieren und letztendlich Stephanie mein Kärtchen identifizieren. Klar, dies ist eigentlich noch nicht das richtige Spielprinzip, also ein gegeneinander spielen, aber bei diesem Modus kann sie, wenn sie sich eben nicht beim Umklappen vertut, immer nur gewinnen und hat am Ende zusätzlich zum Training auch noch das Erfolgserlebnis – Win-Win!     🙂

Denn wenn wir ein enttäuschtes Kind sehen wollen, dann brauchen wir nur die braune Papiertüte hervorkramen und Stephanie den Inhalt herausholen und bestimmen lassen. Ich habe ja schon im letzten Blogeintrag von der Umsetzung der Memorykärtchen in „Real-Life und 3D“ berichtet und das korrekte Erkennen von Apfel, Birne und Möhre ist leider weiterhin ihr Waterloo …

Am einen Tag erkennt sie auf Anhieb Birne und Möhre, aber den Apfel nicht … dieser ist dann plötzlich auch eine Möhre. Oder sie schafft Apfel und Birne, doch die Möhre wird ebenfalls zur Birne usw.

Einmal, am Anfang unseres Besuches, vertauschte sie Apfel und Birne, erkannte aber die Möhre und zudem ohne großes Zögern die zwei neuen Gegenstände: Gurke und Ei. Als wir das Spiel aber am Ende unseres Besuches wiederholt haben, wurde ausgerechnet die Gurke plötzlich zum Problem – sie erkannte darin eine Möhre, dabei sind alleine schon die unterschiedlichen Farben der entscheidende Hinweis auf die richtige Lösung. Jaja, das Köpfchen!!!    😉

Nur bei einem Mitbringsel haben wir von Anfang an nicht erwartet, dass sie es erkennt, denn mittlerweile befindet sich in der Tüte auch ein Radieschen. Von alleine kommt sie bis heute noch nicht drauf, aber es reicht allein schon die Hilfestellung „R – A – …“.

Und was wir immer ganz witzig finden ist, dass sie an allem riecht und mittlerweile wohl auch damit schon ein Erkennen erreichen kann:

Wir warten schon äußerst sehnsüchtig auf den Tag, an dem sie auch mal in alle Mitbringsel genüsslich reinbeißen darf!!! Dafür fehlt allerdings noch die Freigabe der Logopäden und des Arztes. Doch dieser Tag wird kommen und Stephanie wird dann sicherlich der Zahn tropfen, wetten?

Was ebenfalls noch nicht so richtig erfolgreich geklappt hat, ist die Bedienung eines iPads bzw. das Scrollen von oben nach unten durch einen Text oder durch Fotos. Doch zugegeben, so oft konnten wir das aber auch noch nicht üben. An einem Tag wollte sie mal den Blog durchgehen und selbst auch ein paar Zeilen lesen, dafür zeigten wir ihr die sicherlich typischste Fingerbewegung der letzten 10 Jahre: das Scrollen mit dem Zeigefinger. Hier agiert sie aber leider noch etwas unkoordiniert und rutscht seitlich immer ab, was das Tablet ihr natürlich sehr übel nimmt und eben keinen weiteren Text anzeigt. Aber auch das bekommt sie sicherlich bald hin.

Manchmal liegen ihre „Unzulänglichkeiten“ einfach nur daran, dass sie von den Aktionen des Tages schon völlig geschafft und müde ist. Am Freitag haben wir mit ihr das Ziehen von Damesteinen geübt und zum Abschluss einen kleinen Parcours aufgebaut, doch leider nahm sie statt der vorgegebenen „Straße“ immer nur die Abkürzung durch die Rabatten:

Doch alleine an ihrer Körperhaltung sieht man deutlich, dass sie da schon sehr in den Seilen hing. Ihre Konzentra-tion war weg und sie war eigentlich hundemüde, wollte es sich aber selbst nicht eingestehen. Doch (nicht nur) eine Mutter hat den Blick dafür, wenn die Kinder den Kopf kaum noch aufrecht halten können    😉

Zum Glück überwiegen aber weiterhin ihre wachen Stunden und vor allem die Erfolgserlebnisse. Bei manchem sind sogar wir mehr erstaunt, als sie selbst. Einmal zeigten wir ihr ein Video von ihrem Vater, der im Urlaub ein Tier abgefilmt hat. Carsten fragte, ob sie dieses erkennen würde und gab ihr den Hinweis „es heißt im Englischen Sloth“ und sofort kam wie aus der Pistole geschossen die Übersetzung Faultier aus ihrem Mund – Wahnsinn!!! Es war DIE Überraschung des Tages für uns …

Und auch bei diesem spielerischen Training konnte sie trotz der deutlich sichtbaren Anstrengung ihren kindlichen Trieb nicht unterdrücken, mit einem Werkzeug in der Hand Lärm machen zu können:

Ziel war es, mit einem Klöppel diese Glocke zu treffen und selbst Linki lief zur Höchstform auf und bimmelte bis die Ohren bluteten – obwohl Stephanies linker Arm dabei stark zitterte und die deutlich sichtbare Muskelkontraktion auftrat (siehe den langgezogenen Streifen auf ihrem Unterarm). Egal, bei der Chance, etwas laut und nervig ertönen zu lassen, geht schließlich jedes „Spielkind“ ab    😉

Zum Ende dieses Eintrags mal wieder ein Appell an euch:
Besuche sind ab jetzt ausdrücklich erwünscht, aber wir bitten um eine vorherige Voranmeldung bei uns, damit sowohl Carsten und ich uns darauf einstellen, die Besucherströme koordinieren und auch das Pflegezentrum darüber informieren können. Zumal Stephanie ja noch weitere Abläufe und Termine hat, die damit in Einklang gebracht werden müssten. Also, wer Stephanie wieder in Persona sehen möchte, kann sich gerne jederzeit bei mir melden.

Den Anfang machten bereits am Samstag ihr ehemaliger WG-Mitbewohner samt Freundin …

… die neben Quatschen und Erinnerungen austauschen auch eine Partie Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt haben:

Auch wenn Stephanie sich im Vorfeld bzw. bei der Ankunft sicherlich nicht sofort an die jeweilige Person erinnert und nach einem solchen Besuch sogar recht schnell wieder etwas vergisst, die Freude im Moment des Besuches ist bei ihr immer sehr groß und auch beim späteren Erzählen über das Erlebte kann sie sich dann doch wieder an Einzel-heiten erinnern – sie, oder besser gesagt ihre Gedächtnisverarbeitung, braucht manchmal eben einen kleinen Schubs in die richtige Richtung    😉



2021 15.
Aug

Ich glaube, wir haben dem Kind den größten Gefallen getan, als wir Anfang der Woche unsere Familienspiele-sammlung mit ins Pflegezentrum genommen haben. Zwar wird derzeit erst noch einiges davon zweckentfremdet, aber egal was wir uns mit dem Inhalt einfallen lassen, es macht ihr Spaß und sie möchte eigentlich nicht eher aufhören, bis es wirklich beendet ist. Selbst wenn die Konzentration deutlich sichtbar mit der Zeit abnimmt, für sie muss ein Abschluss trotzdem einfach mit dabei sein.

Angefangen haben wir mit den Dame/Mühle-Steinen, die sie zuerst nach Farben sortieren und dann durchzählen sollte. Vor dem Zählen mit dem Finger baten wir sie zudem, dass sie erst einmal eine Schätzung nur durchs Angucken abgibt – hier vertut sie sich natürlich ab und an mal um ein bis zwei Steine:

Wenn man aber die Steine nach dem Würfelaugenprinzip anordnet, kann sie selbst Kombinationen aus 5 und 3 schon mit den Augen richtig ausrechnen – diese Anordnung sitzt einfach. Auch wenn sie mit fünf Würfeln gleichzeitig würfelt (das haben wir diese Woche Rechti beigebracht und vertieft), zählt sie nahezu fehlerfrei alles zusammen. Ihre Mathesucht ist dabei fast schon beängstigend!

Doch es macht ihr so viel Spaß und deshalb streuen wir überall immer wieder mal kleinere und größere Zahlen-rätsel ein:

Von der Bravo Hits gibt es mittlerweile 114 Stück. Wenn im Jahr vier Stück erscheinen, wie lange gibt es die Bravo Hits dann schon ?
Carsten: „100 durch 4 ist?“ … Stephanie: „25“ … Carsten: „12 durch 4 ist?“ … Stephanie: „3“ … Carsten: „25 plus 3 ist?“ … Stephanie: „28“ … Carsten: „Also gibt es die Bravo Hits jetzt schon mindestens 28 Jahre – seit 1992.“ … Stephanie: „Toll, länger wie mich!“

Dann haben wir ihr mal die bunten Spielsteine plus die Würfel auf den Tisch gelegt und sie sollte zuerst alle Würfel rausfischen sowie danach einmal die Farben der Püppchen sortieren – zuerst Rot, dann Gelb und zum Abschluss Blau.

Natürlich hat sie sehr viel länger dafür gebraucht als es jemand von uns benötigen würde, aber sie zeigte an mehreren Stellen große Fortschritte bei Dingen, die vor Wochen noch schier unmöglich schienen. Sie behielt in der Regel die Übersicht und Orientierung trotz des gewaltigen Gewusels (aus Farben) auf dem Tisch. Sie griff mit der rechten Hand relativ zielsicher die gerade benötigte Farbe heraus. Sie stellte die Püppchen ohne großes Zittern, Probleme und Umwerfen an der Seite ab, nachdem sie sie zuvor mit den Fingern richtig herum mit der Standfläche nach unten gedreht hatte. Wenn wir eines durch Stephanie gelernt haben, dann ist es das Erkennen von gewissen Komplexitäten bei selbst ganz banalen Dingen und Handgriffen – wir jedenfalls werden unsere Hirnleistungen so schnell nicht mehr unterschätzen!    😉

Als letzte Übung baten wir sie um eine vollständige Aufstellung eines Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielbretts (dies hat sie sogar selbstständig erkannt und namentlich benannt), wobei die Püppchen natürlich diesmal ganz zielgerichtet in den jeweiligen Farbkreisen aufgestellt werden sollten. Auch das hat sie nach einer gewissen Zeit ganz alleine und ohne viele Korrekturen (außer natürlich am Anfang) geschafft. Sie war total happy!!!

Gestern haben wir es dann sogar hinbekommen, dass wir eine komplette Runde Mensch-ärgere-dich-nicht durch-gespielt haben. Stephanie musste dabei selbst würfeln (sie wusste ganz genau, wann sie bei uns dreien an der Reihe war), das Püppchen nehmen und die Felder abzählen (hier hatte sie noch nicht so viel Übersicht und Carsten hat ihr viel mit einem Stäbchen gezeigt – bei seinem Finger achtete sie zu viel auf seine gesamte Hand) und dann den Spielstein auch wieder platziert loslassen (hierbei sind ihr erstaunlich wenig umgekippt). Die Taktik und richtigen Entscheidungen haben wir ihr natürlich abgenommen, denn das wäre beim allerersten Mal sicherlich zu viel geworden.

Wie haben ca. eine ganze Stunde lang gespielt und trotzdem sie etwas unkonzentrierter wurde, wollte sie weiter-machen und hätte am Ende sogar fast auch gewonnen. Carsten kam ihr (leider) zwei Würfelwürfe zuvor, doch wir wollten nicht schummeln und sie somit absichtlich gewinnen lassen.

Egal, sie war auch als Zweite total glücklich, hat am Ende mehrfach über ihre Platzierung und ihr Können abge-klatscht und sich während des Spiels auch dauernd entschuldigt … wenn sie irgendwas nicht gleich verstand und wir mit Engelszungen auf sie einreden mussten, wenn sie Fehler machte und vor allem, wenn sie jemanden raus-zuwerfen hatte. Wir fanden das ja soooo süß!!!

Sie freut sich sowieso immer über so vieles – egal ob groß oder klein. Wenn wir ins Café gehen, freut sie sich über ihr Eis, welches sie ganz autark bis zur Waffel runterschleckt – den Rest im Hörnchen gibt es dann mit einem Löffel und das Gebäck geht sowieso traditionell an mich:

Wenn sie nach längerer Zeit wieder ins Zimmer zurückkommt, freut sie sich über das zum Teil sehr fantasievoll gemachte Bett – Hauptsache Elfi (die Taube), Wali und Schafi liegen griffbereit:

Sie freute sich z.B. auch über diese Karte einer Bewohnerin und hat sich sogar bis zu unserem Besuch die Geschichte dazu gemerkt, sodass sie unsere Fragen darüber auch beantworten konnte (Stichwort: nicht so gutes Kurzzeitgedächtnis). Natürlich wurde das Bild dann auch gleich mit an ihre Fotowand geheftet:

Oder auch über diese Spatzenkinder, die immer wieder mal von den Eltern gefüttert worden sind, hat sie sich gefreut. Und zwar so sehr, dass wir sie locker 20 min lang beobachtet haben. Sie waren aber auch nur weniger als einen Meter von unseren Sitzplätzen entfernt und selbst Stephanie konnte sie somit nicht aus den Augen verlieren:

Ihr seht, es geht ihr gut und sie ist nun definitiv im Pflegezentrum in Lüneburg angekommen. Natürlich denkt sie auch immer noch sehr gerne an die Mitarbeiter aus der Klinik zurück und wir wiederholen oft die Namen und die damit verbundenen Ereignisse (an die sich glücklicherweise bis heute noch erinnern kann), aber mittlerweile sind ihr die hiesigen Pfleger und Bewohner auch nicht mehr fremd und man hat sich gegenseitig sehr ins Herz ge-schlossen. In ihrem jetzigen Zimmer bzw. Bett liegt sie ebenfalls mit dem Gesicht zur Tür, die in der Regel offen ist, und somit kann sie wie schon auf der Rehastation in Geesthacht den Flur beobachten und jeden grüßen oder mal ein kurzes Wort wechseln. Sie erkennt manche sogar schon am Schritt …

Wenn ich mit ihr sonntags alleine bin (= Mädelstag), dann setzen wir uns irgendwohin, wo wir ungestört sind (meist draußen), lassen Musik (derzeit die letzten drei Bravo Hits) laufen und malen. Zwar zieht sie noch immer am liebsten mit den Stiften nur ihre Kreise, aber mir reicht schon, dass sie die Stifte mit Rechti richtig halten und auch aus der Fülle an Stiften gezielt ihre Wunschfarbe herausholen kann. Und da die rechte Hand mittlerweile so geschickt ist, haben wir auch schon einmal mit der Schere gearbeitet. Die kleineren Modelle fand sie jetzt nicht so angenehm in der Hand, aber bei der großen klappt der „Schnipp“ aufgrund der guten Kraftübertragung schon sehr sehr gut – sie zieht jedenfalls ganz ordentlich durch.

Vor allem aber hat sie sich weiterhin ihren Humor bewahrt, denn als wir mal sagten, dass wir „ein wenig Spazieren gehen“ antwortete sie nur schelmisch: „Haha, ich und spazieren !!!“. Oder wenn man sie fragt, ob sie Hunger hat, kontert sie gleich mit „I-M-M-E-R-!-!-!“.

Da Stephanie für den Grad der Fortschritte der direkte Vergleich fehlte und sie diese somit für nicht so großartig erachtete, versprachen wir ihr, einmal gemeinsam ein paar ältere Videos anzugucken. Wir zeigten ihr die, wo man ihre Eingeschränktheit sehr deutlich sehen konnte, damit sie mal eine genaue Vorstellung davon hat, wie großartig ihre Fortschritte eigentlich sind – wir reden hier immerhin von nur drei Monaten !!!

Im ersten Video vom 13. April lag sie noch recht unbeweglich im Bett, konnte nicht sprechen und weigerte sich auch, den Mund aufzumachen. Ich wedelte verführerisch mit einer Pommes im Gesicht, an der sie zwar immer sehr gerne gerochen hat, aber die Lippen blieben trotzdem versiegelt. Heute lacht sie darüber …

Im zweiten Video vom 27. April sollte sie mit der rechten Hand ihren Bilby greifen, anheben und an mich übergeben, doch die Hand und der Arm wollten noch nicht gehorchen. Zudem konnte sie das Erwartete gedanklich noch nicht richtig verarbeiten, sodass sie lediglich die Hand in die Nähe des Stofftieres ablegte. Ihre Augen fragten jetzt beim Angucken nur „Und warum?“ …

Im dritten Video vom 27. Mai starteten wir gerade mit dem Spiel „3-Dinge-zum-Essen-auf-dem-Tisch“, bei der sie sich für ein Wiener Würstchen, eine kleine Gurke oder ein Stück Käse entscheiden sollte, es zum Mund führte, abbiss und wieder zurück auf den Tisch legte. Leider konnte sie sich daran überhaupt nicht mehr erinnern, doch heute ist Essen mit Gabel oder Löffel und Teller kein großes Problem mehr …

Im letzten Video vom 31. Mai sprach sie noch sehr sehr undeutlich. Wir mussten ihr mehrmals das Wort „Leber-wurst“ vorsagen, damit sie es nach unzähligen Malen wenigstens etwas verständlich aussprach. Heute lacht sie sich über sich selbst kaputt …

Und sie überraschte uns, als sie sagte, das sie bei den Videos ja noch in ihrem alten Zimmer (auf der Intensiv-station) gelegen hat. DAS hat sie also auf Anhieb wiedererkannt!

Bevor wir zu den Rückschlägen in dieser Woche kommen    😉    hier noch eine weitere positive Erkenntnis: als wir gestern im Café saßen und uns über Russisch und das kyrillische Alphabet unterhielten, meine sie, dass sie diese Sprache total (!) vergessen hätte und ganz sicher nichts mehr kennen würde. Da liegt sie aber ganz falsch, denn schon nur nach der Nennung des Wortes „Sehenswürdigkeit“ und der Hilfestellung „Dos…“ erinnerte sich sich sofort wieder an dieses lange und komplizierte Wort (siehe auch Blogeintrag vom 8.8.). Bei einzelnen, kyrillischen Buchstaben antwortete sie zwar recht schnell mit „Weiß nicht“, aber bei ganzen Wörtern entstanden ganz andere Eindrücke:

Ich schrieb das erste Wort auf und wie aus der Pistole geschossen sagte das Kind „Stephanie“ … voila! Beim zweiten Wort kam sie leider nicht auf das gesucht „Lüneburg“, aber als ich ihr Nummer 3 zeigte, musste sie erneut nicht lange überlegen und las korrekt „Potsdam“. Mal ehrlich, kann man darauf kommen, wenn man das kyrillische Alphabet nicht mehr kennen würde? Sicher nicht …

Also denken wir, dass die Buchstaben noch sitzen, aber sie kann sie gerade nur nicht gezielt abrufen bzw. hat im Kopf noch nicht „den Weg dorthin“ gefunden. Ich werde ab jetzt auf jeden Fall immer wieder mal Russisch mit einfließen lassen, auch wenn sie behauptet, nix mehr zu wissen. Die Grundlagen und der passive Wortschatz scheinen auf jeden Falls noch da zu sein – wir bleiben also an der Sache dran.

Aber was waren die Rückschläge? Naja, eigentlich sind es keine richtigen Rückschläge, aber neue Erkenntnisse darüber, was entweder verschütt oder gänzlich verloren gegangen ist.

Ihr erinnert euch doch sicherlich an die Memory-Kärtchen und vor allem an den sogenannten Sechserpack? Carsten und ich haben mal drei Dinge davon physisch mitgebracht und sie gefragt, was das ist. Erkennt die vielleicht die Real-Life-Dinge, aber nur deren Abbildung nicht korrekt? Wir hatten im Gepäck: einen Apfel, eine Birne mit langem Hals, eine Birne mit kurzem Hals und einen Bund Möhren:

Leider hat sie die Gegenstände nicht erkannt … auch nicht mit Hilfe der drei Kärtchen. Fast alles bei ihr ist Möhre    🙁    und beim echten Bund Möhren blieb ihr Blick nur auf den großen Büschel Grünzeug hängen, statt auf dem eigentlich wichtigen Teil. Wie bei einem Kleinkind: das was größer ist (das Grünzeug am Möhrenbund) wird interessiert angeguckt, aber die eigentliche, kleinere Sache eben nicht (die orangen Möhren) – das passierte auch bei ihr erst nach Aufforderung. Und selbst nach diesem Haptiktest hat sie die Dinge auf die erneute Nachfrage durcheinander geworfen … sie blieb mehrheitlich bei Möhre. Aber ich bleibe dran und schleppe ab jetzt jeden Tag diese drei Dinge plus auch mal andere (z.B. Banane etc.) mit zu ihr. Irgendwann bleibt es haften – wetten?! Ich muss nur immer wieder den Kopf darüber schütteln, dass sie Apfel, Birne oder Möhre auf den Bildchen nicht auseinander halten kann, aber sie guckt von oben auf ihre Socken und sagt von sich aus korrekterweise „Kirschen“. Unglaublich …

Ebenfalls irritiert waren wir, als sie nach dem wunderbaren Aufstellen des Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielfeldes am nächsten Tag so unvorstellbar große Probleme beim Aufstellen von Schachfiguren hatte. Sie sollte nur die acht weißen Bauern auf die zweite Reihe stellen, aber selbst unsere Hilfen per Fingerzeig halfen am Ende nicht und sie stellte die Figur nicht vor den Finger, sondern nur daneben oder versuchte es sogar dahinter. Jede Bauernfigur stellte für sie eine fast unmögliche Herausforderung dar! Wir vermuten mal, dass sie einfach schon das Schachbrettmuster total überfordert hat, denn wie gesagt, gestern hatte sie auf einem anderen Spielfeld ja nicht solche Probleme, den genauen Punkt zum Hinsetzen des Püppchens zu finden. Aber hier beim Karomuster völlige Desorientierung und bei uns erneut die Frage samt Kopfschütteln, was den eigentlich da oben so im Köpfchen gerade vorgeht.

Damit sie aber danach nicht ganz ohne Erfolgserlebnis blieb, haben wir ein paar sichere Punkte aus der Spiele-sammlung gezogen: sie zählte korrekt auf dem Tisch liegende Damesteine, sie nannte die angezeigte Farbe auf einem selbst geworfenen Farbwürfel und sie versuchte sich auch mehrmals am Würfeln mit der linken Hand. Zack, das Kind war wieder glücklich.

Übrigens, Linki wird mittlerweile sogar schon ganz ohne Aufforderung zum Hochschieben der Brille genutzt. Doch man sieht deutlich, dass Stephanie mehr mit Rechti ausführen will und somit der Linken Hand auch des Öfteren mal die Arbeit wortwörtlich „aus der Hand nimmt“. Solange es klappt, warum nicht?!?!

Mit zwei netten Dingen möchte ich den Blogeintrag dieser Woche dann endlich auch mal beenden – ich hoffe, ihr seid lesenderweise überhaupt bis hierhin gekommen    🙂

1.) Laut mehreren Mitarbeitern – aber man sieht es auch so schon von ganz alleine – hat Stephanie hier ebenfalls mal wieder das ganze Personal im Sturm erobert!!! Sowas darf eine Mutter doch zurecht stolz machen, oder?

2.) Als wir einmal vor dem Regen unter einen schützenden Pavillon geflüchtet sind und dann den Tropfen im Innenhof zugeschaut haben, flogen immer wieder mal Schwalben und Spatzen vorbei. Wir haben den flüchtenden Vögeln zugesehen und Stephanie feuerte sie regelrecht an, dass sie sich doch bitte beeilen mögen, um schnellst-möglich in Sicherheit zu kommen. Ich fand das ja soooo süß!

Und nun wie versprochen das Ende dieser schon recht lang gewordenen Wochenzusammenfassung – mit einer lächelnden Stephanie und auch mit einem Foto, wo ich mal mit drauf bin:

Keine Angst, noch sind es keine grauen Haare beim Kind, sondern nur Trockenshampoo aus der Sprühdose, dessen „Pfffffft“ Stephanie total lustig fand    😀



2021 08.
Aug

Einerseits haben Carsten und ich uns diese Woche an zwei Tagen (MO & MI) etwas schuldig gefühlt, da wir zum allerersten Mal nicht zu Stephanie gefahren sind, obwohl wir eigentlich zuhause waren. Doch ein Besuch nach meinem Spätdienst (Feierabend erst 17:00) macht bei einer Fahrerei von insgesamt ca. zwei Stunden keinen Sinn, wenn man letztendlich noch etwas vom Besuch und evtl. auch ein wenig vom Feierabend haben möchte. Die Vernunft und erfreulicherweise auch Stephanie selbst haben uns in dieser Einschätzung bestärkt, aber ein klitzekleines Gefühl von Verrat rumorte dennoch den gesamten Abend irgendwie in unseren Köpfen herum. Dafür haben wir die Zeit dann wenigstens sinnvoll für das Durchlesen und Ausfüllen des Sozialhilfeantrags „Hilfe zur Pflege“ genutzt … so viele Formulare hatten wir wahrlich schon lange nicht mehr zu beackern!

Andererseits zeigt sich zum Glück immer mehr, dass Stephanie in ihrer neuen Umgebung angekommen ist und schon jetzt sehr viel Spaß dort hat. Von Tag zu Tag wurde ihre Laune nämlich besser und sie konnte sich sogar an gewisse Unternehmungen während des Tages erinnern sowie davon berichten. Zum Beispiel von ihren Lese-runden, wo Bewohner zusammentreffen und sich aus Zeitungen über die Nachrichten oder das Horoskop austau-schen, von ihren ersten Therapiesitzungen (Physio & Ergo) und sogar von ihrer Enttäuschung, dass sie einmal beim Kaffeeklatsch keine Kekse bekommen hat, weil diese vom Arzt oder den Therapeuten leider noch nicht freigegeben worden ist. Ob positiv oder negativ ist egal, aber wenn sie von so etwas berichten kann, dann nimmt ihr Kurzzeitge-dächtnis so langsam wieder Fahrt auf – hallelujah !

Auch ihr Zimmer wird zusehend heimeliger. Sie bekam am Montag aufgrund ihrer Körpergröße ein größeres bzw. längeres Bett, einen Tag später einen „Galgen“, den wir immer wieder mal für unsere Übungen nutzen wollen, von uns eine für sie sehr viel besser ablesbare Uhr, auf der sie auch das Datum und den Wochentag sieht, …

… und wir planen gerade zusammen mit der Familie ihrer Zimmergenossin an einem nützlichen Regal für mehr Stauraum und einen darauf stehenden Fernseher, den dann beide gleichermaßen optimal nutzen können sollen. Denn was wir auf keinen Fall wollen, sind zwei TV-Geräte in einem Raum, die sich dann vielleicht sogar in der Lautstärke hochschaukeln würden oder am Ende dazu führt, dass die beiden nur noch mit Kopfhörern im Bett liegen. Mal sehen, wie die Mädels das alles am Ende hinbekommen – aber sie werden einen Weg finden, da bin ich mir ganz sicher    🙂

Ihre persönliche Ecke liebt Stephanie schon mal sehr:

Und diese wurde mittlerweile auch um weitere, von ihr gewünschte und ausgesuchte, selbstgemalte Bilder aus der ehemaligen Krankenhauszeit ergänzt. Schon allein deshalb sind wir der Meinung, dass sie angekommen ist.

Ein anderes Indiz dafür ist definitiv der Umgang mit dem Personal, denn wie wir unsere Stephanie ja alle kennen, findet sie sich immer ganz schnell zurecht und knüpft unheimlich schnell Kontakte. Das zeigt zum Beispiel diese Aussage in einem Gespräch, welche wir gestern von einer Pflegekraft bekamen, als Stephanie noch beim Essen war und somit nicht mithören konnte: „Stephanie ist ja so süß, sie macht sich um meine Gesundheit Sorgen und hat mich sogar gebeten, dass ich mit dem Rauchen aufhöre.“

Oder auch die Tatsache, dass sie jetzt chinesische Wörter und Phrasen lernt, da dies die Muttersprache einer Pflegekraft ist. Diese hat ihr anfangs mal „Ni Hau“ (= Hallo) beigebracht und ich googelte sogleich Danke (= Xièxiè), was das Kind dann noch am gleichen Besuchstag anwenden konnte – zumindest hat die Pflegerin danach sehr gelächelt und somit Stephanie bestärkt, noch weitere Wörter herauszufinden … na, da habe ich mir vielleicht was eingebrockt    😉

Gestern überraschte sie wiederum uns, denn wo ihr Russisch eigentlich sehr stark in Vergessenheit zu geraten scheint, erinnerte sich sofort und ohne langes Zögern an die Vokabel „Sehenswürdigkeit“ (= dostoprimecha-tel’nosti). Aber meine Zählung „odin, dva“ (1, 2) vervollständigt sie lieber mit dem spanischen „tres“ statt dem russischen „tri“. Ach ja, das Köpfchen …

Womit man ihr definitiv immer eine Freude machen kann, ist Essen. Gut, die krümeligen Kekse wurden ihr zwar noch verweigert, aber dafür bekommt sie jetzt nicht mehr nur püriertes Mittagessen (nur, wo es wirklich notwendig ist, wie z.B. Schweinebraten mit Soße) und auch schon Scheibenwurst und -käse aufs Brot … ein kulinarischer Traum geht für sie in Erfüllung!

Und wenn wir zu Besuch da sind und sie das Abendessen super kaut und herunterschluckt, so gut wie gar nicht hustet und wirklich jeden Bissen genießt, dann zaubern auch wir mal das ein oder andere Geschmackserlebnis aus dem Ärmel. Einmal hat Carsten als Überraschung aus der Küche zwei Scheiben Salatgurke mitgebracht … DEN glücklichen und genießerischen Gesichtsausdruck beim Kauen hättet ihr sehen müssen! Und gestern im Café auf dem Gelände probierte sie voller Freude unsere beiden Kuchenstücke …

… nachdem sie ihre Kugel Vanilleeis weggeschleckt hatte. Diesbezüglich mussten wir ihr auch gar nichts mehr großartig zeigen, denn nachdem wir ihr die Waffel in die Hand gedrückt hatten, fing sie schon an, wie ein Weltmeister zu lecken – das war letztes Wochenende ja noch völlig anders. Also scheint sie trotz der einen Woche Pause dazwischen die Bewegungsabläufe bereits verinnerlicht zu haben – Herz, was willst du mehr!

So etwas muss natürlich belohnt werden und als sie auch noch Carstens Fritz-Cola probieren wollte, hat er ihr gleich das letzte Viertel seiner Flasche für die nächste Übung gesponsert: trinken ohne Strohhalm … zuerst mit Hilfe, dann mit gebührender Vorsicht …

… und prompt war auch das Thema gegessen. Fortan süppelte sie fast schon wie ein Pullenprofi:

Leider geht es bei vielen anderen Dingen nicht immer ganz so schnell, aber wir geben nie auf. So hat sie z.B. das Prinzip des Drückens auf den Schwesternruf auch nach zigmaligem Übungsansatz und Zeigen nicht hinbekommen. Statt den Schalter richtig in die Hand zu nehmen und das beleuchtete Teil mit dem Zeigefinger wie den Anzug einer Pistole zu drücken, presste sie leider immer wieder nur mit dem Daumen und dem Zeigefinger von der Seite auf das rote Licht – das hat natürlich nicht ganz so zuverlässig funktioniert wie es sollte.

Nun will man ihr mal einen Buzzer besorgen, bei dem diese Schwierigkeiten dann natürlich nicht mehr bestehen.

Zum Glück blieb das Wetter hier im Norden noch recht angenehm, sodass wir während unserer Besuche auch weiterhin viel Zeit mit ihr im Freien verbringen konnten – bei Regen auch durchaus mal unterm schützenden Pavillon – sei es zum Abendessen im Grünen mit stets verfolgendem Blick auf die eifrig umherschwirrenden Schwalben und um sie herum hüpfenden Spatzen …

… oder zum Spielen mit uns, worauf sie sich immer ganz besonders freut. Da wird sie einfach nicht müde, auch wenn ihre Konzentration schon nach ca. 15-20 Minuten deutlich sichtbar abnimmt und sie sich dann mehr und mehr vertut oder auch mal gar nicht weiter weiß. Immer wieder gerne von ihr gewünscht sind erstaunlicherweise das Spiel mit den Memorykärtchen (der „Sechserpack“ aus Wolke, Regenschirm, Apfel, Birne, Möhre und Huhn/Hahn sitzt mittlerweile recht gut, aber auch die anderen Motive erkennt sie schon immer besser und überrascht mit neuen Worten – statt Wagen und Auto fiel einmal die Beschreibung Trabi) sowie Mathematikaufgaben und Zählen, doch auch mit ihren Bauklötzen und den Buchstabenkarten beschäftigen wir uns des Öfteren.

Aber bei all der Euphorie müssen wir weiterhin sehr viel Geduld ansetzen, wie sich u.a. gestern mit den Buchstaben (gesucht waren Tiere) gezeigt hat: beim C kam sie sofort auf Chamäleon, beim A wusste sie über Austern Bescheid (kann man essen, leben im Meer, aus den Perlen kann man eine Kette machen), aber beim H fielen ihr weder Huhn, Hahn noch Hund ein und beim N musste man ihr das Nashorn sogar etwas erläutern, aber beim R reichte das Hören des Wortes Rhinozeros schon wieder aus.

Solange sie nicht eigenständig Lesen oder im Internet surfen kann, bleiben wohl noch so einige Begriffe in ihrem Durcheinander da oben verschüttet, aber am Ende werden wir das sicherlich schon schaukeln. Wie schon öfters angemerkt: eine Baustelle nach der anderen und eben nicht alle gleichzeitig.

Zunächst bleiben wir bei der (Aus-)Sprache und dem Lockern der Zunge, der vollumfänglichen Nutzung der rechten Hand, der unterstützenden Hilfe der linken Hand und einer gewissen Bewegungsfreiheit im oberen Körperbereich – das wäre jedenfalls alles sehr nützlich für die oben genannte Zielstellung „Lesen und Surfen“. Danach kümmern wir uns dann erst aktiv um die Beine, mehr Möglichkeiten in der eigenen Fortbewegung (Wechsel zwischen Bett und Rolli ohne Lifter sowie selbstständiges Herumfahren) und den erneuten Aufbau von Wissen.

Wie würde Stephanie sagen: „Tschakka, ich schaffe das!“ … in diesem Sinne weitermachen und üben, üben, üben. Drückt uns und dem Kind bitte weiterhin die Daumen, dass die von vielen prophezeite Stagnation und die damit einhergehenden Gedanken ans Aufgeben noch ein wenig auf sich warten lassen – vor allem jetzt, wo ihr weder Singer noch Barthel mit Index-Punkten im Nacken sitzen    🙂    vielen lieben Dank. Den soll ich euch übrigens auch von Stephanie ausrichten, wenn wir ihr aus dem Blog, aus Emails oder von den vielen Kommentaren bei Facebook berichten bzw. vorlesen. Ich glaube, genau dies gibt ihr zudem stets weiteren Schub und Kraft für ihren Weg zur Genesung.



2021 02.
Aug

Es ist natürlich DAS Ereignis der Woche: Stephanies Umzug vom Krankenhaus in Geesthacht in die Pflegeein-richtung nach Lüneburg – am Mittwoch war es soweit.

Am Dienstagabend haben wir schon mal alles zusammengepackt und auch ihre so heiß und innig geliebte Fotowand geleert …

… ist ja nur für eine Nacht! Sie realisierte auch schon vorher, dass sie nun die beiden kennengelernten Stationen der Vamed-Klinik in Geesthacht sowie die ganz vielen schönen Kontakte verlassen wird. Aber damals beim Wechsel von der Intensiv- zur Reha-Station war es nicht anders: anfangs noch sehr traurig und sie mochte die neue Station gar nicht wirklich … und jetzt flossen auch hierfür die Tränchen. Doch bei den persönlichen Abschieden der ganz vielen lieben und netten Leute vom Pflege- und Therapeutenpersonal beider Stationen sowie sogar von Patienten und deren Angehörigen mit Stofftieren, Briefen und unendlich vielen Bussis zeigte sie wiederum Stärke und ihr Gegenüber – zum Teil sogar gestandene Männer sowie auch bei Carsten – war der Kloß im Hals deutlich zu spüren.

Ich freue mich ja so sehr, dass Stephanie hier ein so tolles Umfeld gehabt hat und die 296 Tage Geesthacht wohl für so viele eine schöne Zeit gewesen ist … wenn man von den unausweichlichen Umständen einmal absieht. Einen ganz herzlichen Dank an alle, die dazu beigetragen haben!!! Bei Stephanies Kurzzeitgedächtnis ist das nicht immer klar, aber Carsten und ich werden es euch nie vergessen, was ihr für unser Kind und auch für uns getan haben – ihr wart mit all eurem Tun und Handeln immer eine riesengroße Stütze und vor allem eine stetige Hilfe auf Stephanies Weg zu Genesung …

Am Mittwochmorgen um Punkt 9 Uhr dann der Transfer – ganz unauffällig mit dem Rettungswagen     😉

In der Pflegeeinrichtung angekommen, wurde sie in ihr neues Zimmer gebracht … naja, wenigstens für 24 Stunden, denn auch hier hat Stephanie wohl schon gleich zu Anfang einen ordentlichen Eindruck hinterlassen und man möchte ein Doppelzimmer mit den beiden jüngsten Frauen der Abteilung befüllen. Man war sich recht schnell einig, dass die Chemie stimmen wird und die beiden sich gegenseitig sehr gut ergänzen und fördern können. Stephanie könnte ihre Zimmergenossin vielleicht mehr zum Sprechen animieren und dafür im Gegenzug auch von ihrer Agilität bzw. Mobilität profitieren. Wir drücken jedenfalls ganz fest die Daumen und auch unser bisheriger Eindruck lässt hier eigentlich keine Zweifel aufkommen.

Aber zunächst bezieht Stephanie am Tag der Ankunft für den Übergang noch ein Einzelzimmer, bei dem schon auf den ersten Blick deutlich wird, dass man nun endlich das Krankenhausflair verlassen hat:

Die Betten und auch die Nachschränkchen mit allen gewohnten Verstellfunktionen sind in Holzoptik gehalten und auch diese krankenhaustypische Sterilität im Zimmer fehlt. Das soll jetzt keine Kritik am Krankenhausinterieur sein – alles hat seinen Sinn – doch der Unterschied ist eben gravierend und trägt sicherlich sehr zu einer gewissen Heimeligkeit für die Bewohner bei. Carsten und ich finden es jedenfalls ganz toll.

Stephanie war weniger von der Ausstattung begeistert, sondern mehr von diesem Begrüßungsblumenstrauß …

… den ich heute sogar trocknen statt wegwerfen sollte. Schnittblumen sind aber nun mal leider vergänglich, doch ich bin schon verwundert, dass Stephanie an solchen Dingen Interesse findet. Tja, sie hat eben als Teenager das Haus verlassen und sich dann freiwillig auch z.B. fürs Gärtnern und Dekorieren begeistert. Während der Zeit bei uns war so ein Schnickschnack mehr als überflüssig und jeglicher Gartenarbeit wurde mit allen Kräften ausgewichen. Da scheint also schon mal wieder etwas zurückzukommen.

Und am nächsten Tag bekamen wir diese tolle Nachricht auf unserem Papierblock zu lesen:

„Hallo, Stephie hat heute Morgen ein weiches Brötchen komplett mit Heben und Ablegen selbstständig gegessen, sowie nicht angedickten Saft und Milchkaffee getrunken und wir haben gesungen. Bei der Grundpflege hat sie sehr gut mitgeholfen. Ich war begeistert. […] Auch Mittag hat sie selbstständig gegessen. Ich habe ihr ein paar Bewohner vorgestellt sowie die Einrichtung gezeigt. Wir haben auch Pfeifen geübt und mit dem Ball gespielt.“

Ja, so schnell kann es gehen – wir freuen uns jedenfalls immer über solch tolle Neuigkeiten.

Als wir dann am Donnerstag zu Besuch kamen, wurde natürlich im neuen Zimmer alles eingeräumt und sogleich die Fotowand neu bestückt – sie durfte wieder aus den zahlreichen Bildern wählen (Ja / Nein / Vielleicht) und Carsten hat geklebt – hier mal ein Vorher-/Nachher-Foto:

Das Personal ist auch hier in Lüneburg total nett und jeder aus der Schicht ist einmal ins Zimmer gekommen, um sich vorzustellen und uns zu begrüßen. Alles in allem gleicht es hier manchmal einem Urlaubs- und All-Inclusive-Aufenthalt, vor allem, wenn man sich diese Essenszeiten mal auf der Zunge zergehen lässt: Frühstück ab 8:00-9:30, Mittagessen ab 11:30-13:00, Kaffeetrinken ab 14:30-16:00, Abendessen ab 17:30-19:00 und auf Wunsch sogar Früh-/Spät-/Nacht- und Zwischenmahlzeiten. Wow! Vorgestern fragte ein Pfleger nach, ob Stephanie gerne ein „Leckerli“ hätte und sie bekam nach ihren „Ja“ gleich einen Pudding gebracht … diesmal sogar ganz ohne die lästigen und bitter schmeckenden Medikamente, welche vorher eigentlich immer bei ihrem Nachtisch der Mahlzeiten untergemischt werden. Ja, damit ist es wieder einmal bestätigt: mit Essen fängt man die OLCAs im Handum-drehen!!!     😉

In den letzten Tagen haben wir dann zwar auch so manche Zeit drinnen bzw. im Zimmer verbracht – hier: Video-botschaften auf dem iPad gucken (links) und Orientierungsübungen mit einem Spiegel (rechts) …

… aber in der Regel zogen uns das schöne Wetter und die tolle Umgebung immer recht schnell nach draußen:

Hier mal ein Blick auf das Haus, in dem Stephanie untergebracht ist (in der Mitte, hinter dem weißen Pavillon) und dem großzügigen Innenhof mit vielen Bänken und Sonnen- bzw. Regenschutz:

Es gibt auch ein Café direkt auf dem Gelände, wo Stephanie sich heute gleich mal für eine Kugel Vanilleeis entschieden hat. Perfekt, denn das Lecken hat einen gewissen Übungseffekt für die Zunge und fördert langfristig eben auch eine bessere Aussprache – sie nuschelt seit ein paar Wochen und ist somit sehr viel schwerer zu verstehen. Sie hat natürlich ganz schnell dazugelernt – zuerst das Schlecken üben, dann das eigenständige Essen mit ihrer rechten, stärkeren Hand übernehmen:

Und auch fürs Spielen, Üben und Trainieren wollte Stephanie immer sehr gerne draußen bleiben, vor allem, um die herrliche „steife Briese“ genießen zu können! Da gelingen ihr selbst komplexere Aufgaben sehr viel besser: sie musste heute mit „Linki“ Pappkärtchen aus einem Karton rausfischen (dabei wollte „Rechti“ immer wieder mal voreilig sein und vorpreschen), sollte dieses dann an ihre rechte Hand übergeben, selbst angucken, mit den Finger in der Hand drehen, um Carsten und mir zu zeigen, und dann das darauf abgebildete Objekt benennen. Natürlich erkannte sie nicht viel auf Anhieb, aber es ist immer wieder erstaunlich, wie sie anhand unserer Beschreibungen a la Activity das richtige Wort dann doch findet … Ananas, Lineal, Basketball, Frosch, Hamburger, Säge, Baum, Himbeere, Zitrone, Zwiebel. Ihr merkt, selbst alltägliche Dinge sind namentlich nicht mehr vorhanden, aber anhand von Beschreibungen kann sie das gesuchte Wort dann doch wieder ausgraben. Wir sind jedes Mal erstaunt, was noch so alles in diesem Köpfchen verschüttet und noch nicht gänzlich verloren ist …

Also heißt es weiterhin „üben, üben, üben“ und vor allem mit viel Zeit alles „Schrittchen für Schrittchen“ angehen. Wir jedenfalls sind bereit dafür und auch diese Einrichtung hier wird sicherlich ihr ganz bedeutendes Scherflein dazu beitragen.

Heute war z.B. eine Gruppenrunde für die Angehörigen angesetzt worden, wo eine Bewohnerin wie ein Kummerkas-ten Lob und Tadel einsammelt und dies als Bewohnerbeirat bei einer der nächsten Leitungssitzung mit anbringt. Es waren insgesamt so ca. 5-6 Familien zugegen und eigentlich gab es überwiegend nur Lob für das Pflegepersonal und die Therapeuten und nur ganz wenig zu meckern … auch von den Vertretern der Bewohnern, die schon mehrere Jahre hier leben. Das hat uns dann auch noch einmal bestätigt, dass unsere Wahl für diese Einrichtung keine schlechte Entscheidung gewesen sein kann.

Stephanie muss sich jetzt aber erst noch mehr eingewöhnen, mehr tägliche Routine bekommen, das umfangreiche Angebot der Freizeitgestaltung genauer kennenlernen (Singen, Töpfern, Zeitung lesen, Musizieren etc.) und vor allem so manche Seltsamkeit bei den zum Teil sehr viel älteren Bewohnern verarbeiten – bislang war sie ja nur in einer Kinder- & Jugendeinrichtung untergebracht und gehörte da schon mit zu den Ältesten. Die erste Aufregung scheint bei ihr aber mittlerweile verflogen zu sein und noch fehlt ihr ein wenig mehr Action, wie z.B. die Therapien. Diese werden sehr wahrscheinlich ab übernächster Woche starten, wenn alle wieder aus dem Urlaub zurück sind und mit dem gesamten Personal geplant werden kann. Auch hier sind wir mehr als zuversichtlich und freuen uns auf die nächsten Tage, Wochen, Monate und vielleicht auch Jahre … wir rechnen optimistisch mit zwei bis drei. Wir werden das Ganze schon gemeinsam wuppen, versprochen!