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Manchmal hat man eben Lust darauf, etwas zu schreiben   ;0)

 
Web|log,  der;  -s,  <engl.>,  meist abgekürzt mit "Blog"
   
Digitales Tagebuch im Internet. Ein Weblog ist eine Webseite, die periodisch neue Einträge enthält. Es ist ein Medium zur Darstellung des eigenen Lebens und von Meinungen zu oftmals spezifischen Themengruppen. Weiter vertieft kann es auch sowohl dem Austausch von Informationen, Gedanken und Erfahrung als auch der Kommunikation dienen und ist insofern mit dem Internetforum sehr verwandt. Die Tätigkeit des Schreibens in einem Blog wird als "bloggen" bezeichnet.

Quelle: http://www.wikipedia.de    


 
2021 26.
Sep

Da wir ja fleißig mitzählen, möchten wir euch die runden Zahlen zu Stephanie natürlich nicht vorenthalten: heute ist sie schon seit 60 Tagen im Pflegezentrum und am 30.9. werden es insgesamt 400 Tage seit dem Vorfall sein … man, wie doch die Zeit vergeht!

Aber es hat sich auch in dieser Woche wieder viel ereignet, wenn auch nicht immer alles sehr positiv war. Doch zu „unserem“ bzw. ihrem Kopfproblem möchte ich erst am Ende meinen Senf dazugeben. Zuerst zu den Fortschritten und Weiterentwicklungen:

Am Montag wurde endlich ihr finaler Rollstuhl geliefert, denn der bisherige war eigentlich nur eine Leihgabe aus dem Geesthachter Krankenhaus. Voila, hier ist er:

Stephanie sagt, dass dieser hier megabequem ist (sie Sitzfläche ist ja auch fast 10 cm breiter!) und durch die ausgepolsterten Seitenteile hat sie nun sehr viel mehr Stabilität beim Sitzen. Somit fällt jetzt sogar das Brustgeschirr weg und sie braucht nur noch zwei Sicherheitsgurte im Becken- und Oberschenkelbereich anzulegen. Er passt also perfekt … selbst die Radabdeckung mit VC Dresden gefällt ihr. Gut, es ist jetzt nicht gerade Grün-Weiß Dresden Coschütz oder der SV Babelsberg 03 (also einer ihrer ehemaligen Vereine), aber bei Volleyball und Dresden hat sich jemand zur Übergabe „ab Werk“ doch schon ein paar persönliche Gedanken gemacht. Wir wissen nur nicht, bei wem wir uns dafür bedanken können … und es hätte für sie z.B. mit Dynamo Dresden o.ä. auch sehr viel härter kommen können    😉

Am Dienstag musste sie während unserer Besuchszeit leider im Bett bleiben, da sich der Neurologe angekündigt hat, um ihr eine weitere Botox-Behandlung zu Gute kommen zu lassen. Stephanies linke Hand sowie beide Füße werden es ihm sicherlich danken, denn die damit einhergehende Entspannung sollte auch zu sehr viel weniger Tonus und Anspannungsschmerz verhelfen. Und wir haben an dem Nachmittag die Zeit im Liegen auch so ganz gut herumgebracht:

Hier zeigt Carsten ihr, wie kalt ihre Hände sind, indem sie sich selbst mal im Gesicht berühren sollte und mit einem Spiegel bekam sie wieder mal die Möglichkeit, ihr Gesicht zu erforschen und die verschiedenen Bereiche zu berühren – Nase, Augen, Stirn, Kinn und Ohren. Wobei letztere leider immer noch weit aus ihrem Fokus liegen und sie diese nicht alleine mit den Fingern lokalisieren kann. Egal ob mit oder ohne Spiegel …

Von den Ergotherapeuten bekamen wir die Info, dass Stephanie sich derzeit ganz toll im Standing (30 min ohne große Probleme) und mittlerweile auch schon bei der nächsten Stufe, dem Fast-ganz-alleine-Stehen, macht. Hierbei wird sie nahezu mit ihrem vollen Gewicht auf ihre eigenen Beine gestellt und durch die Ergos oder andere Hilfsmitteln nur noch sehr notdürftig entlastet, damit sich ihr Körper und Kreislauf langsam an das selbstständige Stehen gewöhnen kann. OK, hier erreicht sie gerade mal 3 Minuten und sie lamentiert wohl etwas mit „Nein“ und „Tut weh“ herum, aber am Ende hat sie es doch versucht und vor allem sehr gut durchgezogen und konnte dabei sogar mal beide Arme in die Höhe reißen („Hoch die Hände – Wochenende“). Die Therapeuten sind jedenfalls schwer beeindruckt und wir stolz wie Bolle. Ein weiteres Schrittchen …

Ebenfalls großen Lobes sind wir immer, wenn sie Linki vermehrt für diverse Standardhandgriffe nutzt. So z.B. beim Spielen oder für das Abwischen des Mundes und zum Greifen sowie zum Mund führen eines Marshmallows:

Gänzlich ohne Probleme ist sie mittlerweile beim Auswählen ihrer Eissorte (s.u.) und beim Auslöffeln ihres Wunscheises aus einer Tasse, denn gestern blieb nicht einmal mehr noch etwas Nennenswertes für Carsten zum Nachbearbeiten übrig. In der Regel hat er ihr nämlich die letzten Löffelchen Eiswasser nachfüttern müssen …

Am Donnerstag konnten wir Stephanie zum ersten Mal nach über einem Jahr ein Messer und Schmierbelag in die Hand drücken, sodass sie sich selbst das Abendessen vorbereiten musste – jedenfalls ansatzweise. Sie bekam zu ihrem weichen und bereits mit Butter beschmierten Brötchen …

… Töpfchen mit Mett und Frischkäse, dessen Verteilung wir ihr dann überlassen wollten. Carsten hat natürlich noch hier und da etwas Hilfestellung geben müssen (Haltung des Messers mit der rechten Hand, Festhalten des Töpfchens Mett mit der linken Hand, wie bekommt man das Zeug vom Töpfchen aufs Brötchen, wie verteilt man es am besten mit dem Messer auf dem mit Linki festgehaltenen Brötchen etc.), aber alles in allem waren wir drei sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Und Stephanie natürlich noch zusätzlich mit dem Geschmack ihres Lieblingsbelages    😉

Wie man auf den Bildern sehen kann, mussten wir zwischenzeitlich vom Pavillon draußen in die Essensräumlichkeiten nach drinnen wechseln, da neben der Kälte es auch zunehmend mit starkem Wind und Regen recht ungemütlich wurde … sowas muss man sich ja nicht unbedingt freiwillig antun.

Diese Woche brachten wir folgende Dinge als Geschmack-des-Tages mit: eine Dose Mandarinen (DI), mit Standardformat und Sticks zweierlei Gewürzgurken (DO), Marshmallows (SA) und heute kleine Käsewürfel, die sie mit einem Zahnstocher aufpieksen und sich in den Mund stecken musste. Was soll ich sagen, geschmacklich haben ihr alle mitgebrachten Dinge sehr gefallen und für nächste Woche sind auch schon die ersten Wünsche geäußert worden. So erhofft sie sich u.a. mal wieder eine Avocado als Mitbringsel.

Wenn wir bei unseren Besuchen mit Sack und Pack zum Pavillon aufbrechen, haben wir mittlerweile ganz schön viel dabei:

Doch den meisten Platz nehmen neben unserem eigenen mitgebrachten Abendessen in der Brotdose (Stephanies Abendessen kommt ja erst ein paar Stunden später und wird zudem frisch zubereitet) eindeutig die diversen Spiele ein. Wir probieren eben viel aus und für sie ist das Spielen mit uns zudem die schönste Beschäftigung, auf die sie sich jedes Mal auch sehr freut. Noch kann sie das ja leider nicht alleine machen … also weder Spielen, noch Aufbauen oder Organisieren.

Diese Woche haben wir ein Geschenk von einem Besucher aus der Vamed-Klinik ausprobiert …

… bei dem anhand von Hundebildern (als Welpe und als Ausgewachsener) das Pärchen gesucht werden muss. Wir glauben allerdings nicht, dass Stephanie das an sichtbaren Merkmalen festmacht (Farbe, Fell, Schnauze, Schwanz etc.), sondern leider nur an den darunter geschriebenen Hunderassen – lesen kann sie ja sehr gut und auch recht schnell. Schon beim Raten des Namens eines Gegenübers schielte sie ja immer sofort auf das Namensschildchen    🙂

Natürlich verbrachten wir auch diesmal viel Zeit mit der Klötzchenbox, bei der sie alle Steine mittlerweile sehr schnell und auch gleich zu mehreren auf einmal mit der rechten Hand aus der Box rausfischt, danach alle Zahlen nach oben drehen muss, diese dann aufsteigend in einer Reihe ablegen soll (sie behält jetzt sogar den Überblick auf dem Tisch und findet selbst gesuchte Steine außerhalb ihres bislang sehr eingeschränkten Blickwinkels) und auch immer wieder die Farben und Formen zu benennen bzw. finden hat. Die Box wird in den nächsten ein bis zwei Wochen wohl mal Pause haben, um nicht ganz langweilig zu werden.

Ebenfalls neu wie das Hunde-Memory war in dieser Woche ein sogenanntes Matching-Game oder Buchstabenspiel, welches sie von einer Freundin aus den USA geschenkt bekommen hat:

Wir haben das Spiel zwar schon mehrmals mit an den Tisch unterm Pavillon genommen, aber bislang kamen wir dann doch nie dazu, es auszuprobieren. Am Samstag sollte es dann gleich das erste Spiel sein, was wir durchführen und wir nahmen uns zuerst die Spielanleitung zur Hand. Carsten las sie in der Originalsprache vor und Stephanie hat währenddessen auch gleich mit uns ein paar Sätze auf Englisch gesprochen. Wir waren sehr beeindruckt.

Und so geht es: eine Karte zeigt ein Objekt mit 3-4 Buchstaben (natürlich im Englischen) und unser Kind sollte zuerst das Objekt erkennen und auf Deutsch benennen. Danach musste sie es übersetzen und aus den vor ihr liegenden Buchstabenwürfeln die entsprechenden Buchstaben suchen, um sie dann in der richtigen Reihenfolge in das lila Spielfeld zu setzen. Zum Abschluss wird die Karte einmal nach vorne gekippt und wieder zurückgelehnt, sodass durch einen Klappmechanismus das gesuchte Wort auf der Karte sichtbar wird. Perfekt, das sind ja gleich mehrere Aufgaben und Übungen für beide Hände auf einmal!!!    🙂

Die Fleischdose auf der ersten Karte hat sie gleich erkannt und auch die dazugehörige Vokabel „can“ wusste sie. Das Greifen der Würfel, das Suchen der Buchstaben und das Einsetzen ins das Spielfeld hat sie nach unserer Anleitung recht schnell kapiert, aber natürlich dauert es zum Teil etwas länger, bis sie es richtig durchgeführt hat. Insbesondere beim Drehen der Würfel übersieht sie auch gerne mal den benötigten Buchstaben und legt diesen zu schnell aus der Hand. Hier müssen wir dann helfend eingreifen und sagen, dass wir den gesuchten Buchstaben schon darauf gesehen haben … da fehlt ihr leider der Überblick, welche Würfelseiten sie schon durchgesehen hat und vor allem die Strategie, wie sie dabei am besten vorgehen kann.

Ein Schwein (für sie ein Hund) und eine Kuh auf den nächsten Karten hat sie weder erkannt, noch die Übersetzung dazu gewußt. Fuß / foot klappte wieder hervorragend und eine Eule / owl war für sie im Deutschen ein Uhu … hier fehlte selbst uns die richtige Vokabel. Doch buchstabieren und die Buchstaben suchen und stecken gelang ihr immer besser.

Aber bei all den Spielen, sowie bei den Kinder-Apps und den Bauklötzen zeigt sich das größte Problem von Stephanie: sie ist sowohl als 3-Jährige, als auch als 25-Jährige in ein und demselben Körper gefangen. Wenn es um eigenständiges Spielen und ein fantasievolles Ausleben geht, fehlt der älteren Stephanie schlicht das kindliche Gemüt, und wenn sie als 25-Jährige agieren will, macht ihr zu oft das Können und Benehmen eines Kleinkindes zu schaffen.

Hier ein paar Beispiele zur Erklärung, was ich genau damit meine:

Die vollumfängliche und eigenständige Bedienung eines iPads ist ihr noch zu fremd, aber für die Kinderspiel-Apps mit simplem Antippen und Verschieben kann sie sich eben auch nicht besonders lange begeistern. Dennoch scheitert sie aber bereits bei den Kleinkinder-Apps an völlig simplen Aufgaben, wie z.B. das Verschieben eines Puzzleteils in die sehr eindeutige und sichtbare Aussparung oder das Antippen aller vorhandenen Möglichkeiten.

Das Gleiche Dilemma beim Spielen mit Holzklötzen. Ein Kind würde die Teile nehmen, sie durch die Gegend schubsen, sie stapeln, umreißen, mit Autogeräuschen über den Tisch ziehen oder Figuren daraus bauen … eben seiner Fantasie völlig freien Lauf lassen. Stephanies Erwachsenengedanken „verbieten“ ihr anscheinend ein solches Verhalten und sie muss von uns immer erst eine Aufgabe gestellt bekommen, da sie selbst mit sich und den Klötzchen nichts anzufangen weiß – eine regelrechte Zwickmühle!

Und zudem gesellt sich dann auch noch immer wieder ihre Zweifel an den erbrachten Fortschritten, denn es geht ihr nicht schnell genug oder sie hält sich für dumm. Vor allem, da sie die aus ihrer Sicht einfachsten Dinge nicht beherrscht.

Besonders dann bedarf es immer einer kleinen Aufmunterung und vor allem einer Aufzählung der bisher tatsächlich erreichten Ziele. Klar, in den Augen und Gedanken einer 25-Jährigen ist das eigenständige Essen, Atmen und kurzes Stehen auf den Beinen nicht gerade eine besonders herausragende Leistung, aber mit den Einschränkungen und Fähigkeiten eines Kleinkindes muss man hier eben immer wieder den Unterschied machen. Stephanie weiß beispielsweise ohne großartig nachzudenken, was Initialen sind und kann die der Familie auch sofort aufzählen (SM, AM, CS, OS), aber eben an dem Erkennen eines Schweins auf einem Bild oder dem Begriff „Euter“ scheitert sie kläglich. Das nervt sie ungemein und sie hält sich deshalb für dumm und unfähig. Hier ist durch uns immer wieder gebetsmühlenartig die oben erwähnte Aufbauarbeit zu leisten.

Es geht ihr eigentlich alles viel zu langsam, doch was in ihren Augen schon mehr als ein Jahr her ist, ist für uns doch eher erst seit ihres langsamen Aufwachens im Januar/Februar möglich geworden. Und vor allem, nachdem wir sie monatelang als Häufchen Elend an Maschinen angeschlossen gesehen haben und in der Charité die vielen weißen Bereiche auf dem Gehirnscan erläutert bekamen, ist es umso erstaunlicher, was ihr verbliebener Rest des Gehirns (und Körpers) nun alles übernehmen muss … und anscheinend ja auch schon übernommen hat und gut kann. Gut, der Muskelaufbau gehört natürlich noch zu den größten Baustellen derzeit.

Aber vermittelt das mal einer Mischung aus 3- und 25-Jährigen, die sich zudem gerade in ihrer zweiten Pubertät zu befinden scheint … im einen Moment himmelhoch jauchzend und kurze Zeit später wieder zu Tode betrübt – ein völliges Wechselbad der Gefühle. Zum Glück passiert das alles noch nicht täglich, denn dann würden wir es schlichtweg Depression nennen, aber zwei- bis dreimal im Monat ist auch schon äußerst anstrengend für sie und für uns.

Doch Carsten und ich geben sicherlich nicht auf! Vor allem nicht, da wir es mit ihr gemeinsam und in dieser kurzen Zeit schon so weit geschafft haben!!! TSCHAKKA!!!!!

Unser Fazit lautet, dass es echt notwendig wird, dass sie sich endlich selbst beschäftigen kann, um sich Erwachsen zu fühlen und wenn sie es braucht, sich ablenken zu können. Damit meinen wir vor allem das Lesen, Schreiben und ein Bedienen von Technik (z.B. Musik ein-/ausschalten, ein Tablet oder Telefon nutzen, selbständiges Aufladen), damit sie endlich aus ihrer täglichen Langeweile rauskommt. Fernsehen mag sie z.B. überhaupt nicht, ja sie will nicht mal einen für sich gekauft haben.

Doch bis zum Erreichen dieses Fazits dürfte es noch etwas dauern … möge sie noch genau diese Geduld dafür aufbringen. Das wünschen wir ihr aus ganzem Herzen!



2021 19.
Sep

Zack und die erste Arbeitswoche ist schon wieder rum … und für uns und Stephanie war es gleich auch die erste Woche mit dem neuen Besuchsschema: dienstags, donnerstags & samstags zusammen mit Carsten und sonntags ohne Carsten – letzteres nennen wir ja schon seit Monaten „Mädelstag“    🙂

Unsere gemeinsamen Besuche in der Woche lassen sich mittlerweile auch ganz schön auf dieses wiederkehrende Schema runterbrechen: Quatschen, Spielen und Essen … und wenn es geht, natürlich immer draußen!

Kaum zeigt sich so ein Himmel …

… oder es regnet nicht in Strömen, dann zieht es uns sofort in Richtung des Lieblingspavillons. Bislang konnten wir das jedenfalls noch jeden Tag so machen und wir hoffen mal, dass die Möglichkeiten auch noch etwas länger anhalten werden. Nur etwas wärmer einpacken werden wir uns wohl bald müssen    😉

Punkt 1: das Quatschen

Wie schon zu Kinderzeiten versuchen wir auch jetzt wieder durch gezielte Fragen, den Tag oder die Woche betreffend, das Erinnerungsvermögen zu trainieren. Anfangs wussten Andrea und Stephanie z.B. nicht einmal mehr, was es in der Schule zum Mittag gab, aber nach ein paar Wochen nervigem Nachhaken durch uns beim Abendessen, wussten sie ganz genau, was Carsten und mir wichtig war und was wir alles nachfragen würden – also hatten sie es sich schon mal sehr viel besser eingeprägt. So ähnlich ergeht es jetzt auch Stephanie wieder. Wir fragen sie über die letzten zwei Tage aus und von Besuch zu Besuch schafft sie es, sich wieder etwas mehr zu merken.

Noch reicht es zwar nicht ganz für den Geschmack des Mittagessens („Eintopf“ … püriert eben) oder das Gesprächsthema der gerade stattgefundenen Bewohnerrunde („War nicht spannend“), aber so manche Info kann man ihr mittlerweile doch ganz gut entlocken. So erinnerte sie sich z.B. glücklich an ihren „zweiten Pieks Biontech“ (d.h. sie ist ab Anfang Oktober ebenfalls vollständig durchgeimpft) und dass sie wie wir beiden am nächsten Tag keine Probleme bzw. Nachwirkungen hatte. Oder auch ihre mehr oder weniger guten Erfolge beim Standing, wobei sie mit sich selbst wohl sehr viel härter ins Gericht zu gehen scheint als die Ergotherapeuten. Letztere sind nämlich sehr zufrieden mit ihr und auch wenn das Training nach etwa 20 Minuten beendet werden muss, ist es immerhin schon eine so lange Zeit, die sie relativ stabil und in aufrechter Position auf ihren eigenen Beinen steht.

Dafür überraschte sie uns diese Woche mit sehr vielen Erinnerungen aus der Zeit vor dem Vorfall und Dingen, die sie sich trotz Problemen mit dem Kurzzeitgedächtnis doch irgendwie wieder sehr gut einprägen kann. Seien es die Namen des Personals und der Therapeuten (sie kann sie echt alle aufsagen!), oder typische Phrasen von früher. Hier mal ein paar konkrete Beispiele:

  • In einem Video von der Familie fällt das Wort „Amsel“ und Stephanie stimmt sofort zu „Amsel, Drossel, Fink und Star … und die ganze Vogelschar“ an.
  • Eine Katze macht bei ihr mittlerweile nur noch Miau und somit bleibt der Hund das einzige „Wuff-Tier“.
  • Nachdem Carsten einmal aus Jux „Allee Allee Allee“ (im Sinne von „es ist alle“) gesagt hatte, stieg sie gleich musikalisch mit ein: „… eine Straße, viele Bäume, ja das ist eine Allee, ALLEE !“ … Stephanie ist sicherlich kein Ballermann- oder Fußballfan, aber diese Ohrwurm (O-Ton von ihr!) blieb eben bis heute hängen.
  • Wer sie etwas besser kennt, kann sich sicherlich auch an einen ihrer Lieblingssprüche der letzten Jahre erinnern, den sie immer sagte, wenn alles OK war: „Juti Potuti“ … den hat sie immer noch drauf und kramte ihn jetzt auf einmal wieder aus ihrem Gedächtnis.
  • Vor zwei Wochen haben Andrea und Stephanie für Carstens Geburtstag ein Geschenk vorbereitet und sie konnte sich gestern wieder daran erinnern, nachdem sie von mir einen kleinen, wortlosen Wink für seinen Ehrentag bekam.
  • Als sie ein Video von Eileen guckte, fragte diese natürlich auch nach, ob sich unser Kind denn noch an die Herkunft und Bedeutung des Namens Chantal erinnern würde … nu gloor tat sie das!!!
  • Selbst unseren Obsttest in „Real-Life und 3D“ hat sie mit Bravour bestanden – auch wenn Carsten sie damit eigentlich mal so richtig veräppeln wollte    😉    zuerst zog er eine kleine Gurke raus und sie antwortete „Gurke“ … dann holte er einen Apfel raus und sie antwortete „Apfel“ … dann holte er den nächsten Apfel raus und sie antwortete grinsend „noch ein Apfel“ … dann holte der Apfel Nr. 3 raus und sie musste lachen. Herrlich! Sie hat nicht ein einziges Mal versucht, uns eine Birne oder Möhre unterzujubeln …
  • Und als wir ein reines Gedächtnisspiel einschoben, damit ihre Arme und Hände auch mal etwas pausieren konnten und sie sich zurücklehnen sollte, sind wir einmal von A bis Z durchs Alphabet gegangen und suchten Automarken. Das hat echt gut geklappt, denn manches hat sie von Anfang an selbst gewusst (BMW, VW/Volkswagen, Hyundai, KIA) und einige Marken konnten wir schon durch die ersten ein bis zwei Silben aus ihr hervorlocken. Vor allem die Franzosen (Citroen, Renault, Peugeot) und so manchen Asiaten (Suzuki, Mitsubishi) kramte sie auf diese Weise erfolgreich aus ihrem wirren Oberstübchen hervor. Wir waren durchaus etwas überrascht, denn ein Autofan war sie wahrlich noch nie … doch Vornamen, Städte, Länder und Orte haben wir schon in den letzten Wochen gespielt. Es sollte also mal was neues her.

Punkt 2: das Spielen

Um ein paar Übungen so richtig zu vertiefen, haben wir uns diesmal nur auf sehr wenige Dinge konzentriert … aber vor allem auf ihre Holzbox:

Sie musste mit Rechti und Linki (!) mehrere Aufgaben erledigen und von Tag zu Tag wurde sie doch etwas schneller und geschickter:

  • die Kiste festhalten, aufklappen und alle Steine rausholen … zum Teil tat sie das einzeln, aber manchmal auch gleich mehrere auf einmal
  • Linki nimmt den Stein vom Tisch auf, beide Hände drehen zusammen bis Stephanie die Zahl vorlesen kann und der Stein wird abschließend mit Zahl nach oben wieder auf den Tisch gestellt … das hat Linki nun auch schon ab und zu mal ganz alleine geschafft
  • Steine nach Farben aussortieren und von Rechti zu Linki geben … sie hatte leichte Unsicherheiten bei Rot, Orange und Pink
  • Zum Abschluss einen Stein in die richtige Öffnung (1 von 3 möglichen) stecken … manches geht leicht von der Hand und mit manchen Formen (z.B. dem Halbkreis) steht sie doch arg auf Kriegsfuß

Am ersten Tag lag die Box noch auf dem Tisch vor ihr, beim nächsten Mal war sie schon in Stephanies Richtung der Augen angekippt …

… und gestern dann auf Augenhöhe:

Wir glauben, dass sie beim Einschätzen der Formen und der richtigen Steindrehung noch Probleme hat, wenn der gleiche Umriss eben nicht auf Anhieb erkennbar ist – Kreis, Quadrat, Halbkreis, Stern, Trapez, Dreieck & Fünfeck. Erst wenn sie frontal auf das Loch und die jeweilige Form des Stein in ihrer Hand gucken konnte, klappte vieles besser. Da fehlt ihr eben noch sehr die Vorstellung und das räumliche Denken. Sie versteht zum Teil auch überhaupt nicht, warum z.B. so etwas denn verflucht-nochmal nicht funktionieren will:

Und es dauert manchmal auch sehr sehr lange, bis sie die Steine richtig in den Händen gedreht hat. Bei einem kleineren Spielwürfel hatte sie da schon sehr viel weniger Probleme: sie sollte mit einem Würfel würfeln und den der Seite gegenüberliegenden Wert mit einem zweiten Würfel auf den Tisch legen – d.h.:

  • würfeln … kann sie mittlerweile ohne Probleme
  • den gegenüberliegenden Wert ausrechnen … beiden Würfelseiten ergeben ja immer 7, dementsprechend sind die Pärchen also 1 und 6, 2 und 5 sowie 3 und 4
  • den errechneten Wert mit Würfel Nr. 2 auf den Tisch legen … Linki und Rechti drehten den Würfel und legten ihn mit der gewünschten Zahl nach oben ab

Sie hat die Aufgabenstellung erstaunlich schnell kapiert und konnte sie auch erfolgreich umsetzen – die Suche einer bestimmten Seite auf dem Holzstein dauerte da schon teilweise recht lange, je nachdem wie sie ihn gerade (durch Zufall?) in den Händen drehte.

Egal, es kommt ja nicht nur auf die Richtigkeit der Übungen an, sondern insbesondere auch auf das Training der Hände und Finger. Ihre Motorik und vor allem das Gefühl, Linki bei bestimmten Dingen mit einzubeziehen (und das nicht nur auf Kommando), scheinen sich jedenfalls stetig zu verbessern. Und wir müssen natürlich ebenfalls viel Fingerspitzengefühl bei ihrer Aufmerksamkeitsspanne beweisen, denn sobald sie unkonzentriert wird, muss eben auch mal abgebrochen oder etwas anderes stimulierendes gefunden werden.

Diese Woche hatten wir leider nur wenig Zeit für die schon einmal beschriebene Puzzle-App, aber die läuft uns nicht weg …

Punkt 3: das Essen

Na, ist es euch aufgefallen? Diesmal erwähne ich das Thema erst zum Ende hin    😉

In der Woche kommen wir ja direkt von der Arbeit (ca. 15:30 machen wir los, ca. 16:15 sind wir bei ihr) und statt wie bisher im Auto unser Abendbrot zu essen, haben wir es uns nun so eingerichtet, dass wir gegen 17:30 mit dem Kind zusammen essen. Sie bekommt ihren Teller und den Nachtisch inklusive Medikamentendosis vom Pflegezentrum und wir bringen unsere „Bemmen“ und die Yoghurts eben in einer Butterbrotdose mit. So schweigen wir uns dann kurzzeitig mal alle mümmelnd an    🙂

Am Ende überreicht sie sogar schon ihren Teller samt aufgelegtem Besteck recht zielsicher an einen von uns … aber es fehlt natürlich noch an der Feinmotorik, wie z.B. das konstant waagerechte Halten, um eine rutschende Gabel zu verhindern.

Mit im Gepäck ist natürlich auch immer „Der Geschmack des Tages“ – diese Woche waren es Banane (DI), Gurke (DO), Camembert (SA) und Rosienenstuten (SO). Stephanie sieht beim Kauen dieser „Spezialitäten“ stets so unendlich glücklich aus! Doch eine Sehnsucht wird fast immer wieder von ihr erwähnt – nein, es ist überraschenderweise nicht der Döner, sondern ganz simples Mett bzw. Hackepeter. Das hat es ihr echt (geschmacklich) angetan und vielleicht ist es auch bald mal wieder so weit …

Zudem hatten wir am Samstag ein Fundstück aus dem Kaufland mit dabei: diesen Pizza Hawaii-Smoothie

Trotz des über 60 prozentigen Anteil an Ananassaft hat Stephanie erstaunlich mehr davon getrunken, als wir im Vorfeld und insbesondere nach unserem eigenen Probieren gedacht hätten. Fragt nicht, es schmeckte … ähm … gewöhnungsbedürftig. Und Carstens Fall war es überhaupt nicht    😉    dabei bestellt er aus der Familie als einziger öfters gerne mal Pizza Hawaii.

Aber was sagt ihr eigentlich hierzu?

Ja, ihr seht richtig: diese Gurke hat sie tatsächlich mit Linki gegessen. Stephanie ist zu Anfang natürlich nicht von allein darauf gekommen, aber sie hat im Laufe des Essens auch keine Anstalten gemacht, sie einmal wieder zurück in die rechte Hand zu geben. Sie hat es echt supergut durchgezogen und das Essen mit Linki klasse zum Mund geführt! Erst die untere Gurkenhälfte ging dann (leider) an mich, denn das Kind war satt. Schade, wir hätten doch so gerne gesehen, wie Linki den unteren Teil bewerkstelligt hätte. Beim nächsten Mal vielleicht …

Wie anfangs erwähnt sind dies also unsere drei Dinge, die wir derzeit jeden Besuchstag geplant durchziehen, um Erlerntes zu vertiefen, zu trainieren und um eine solche Gewohnheit reinzubringen, dass sie vielleicht eines Tages nicht einmal mehr darüber nachdenken muss. Genau so, wie es wahrscheinlich bei jedem von uns angelernt ist, oder? Denn wer von euch denkt noch genau über die Benutzung von Messer und Gabel nach? Eben, keiner.

Zum Abschluss würde ich gerne noch diese drei Kleinigkeiten erwähnen, um damit unsere letzte Woche komplettieren und abschließen zu können:

Ihre Ecke bzw. ihr Bereich im Zimmer wird zunehmend wohnlicher und eigentlich sind nur noch ein paar Details hinzuzufügen, wie z.B. Beschriftungen, Aufhängen des Nachrichtenbretts (im Fach oben rechts) oder vielleicht noch das ein oder andere Ding umräumen. Das Regal sowie der Stumme Diener scheinen jedenfalls gut anzukommen und wir freuen uns über die vielen Ablagemöglichkeiten und den Platzgewinn:

Im Gespräch mit den Ergos haben wir erfahren, dass man nun sogar schon angefangen hat, einen Transfer zwischen Bett und Rolli ohne Lifter und Rutschbrett zu üben. Damit könnte man dann Stephanie zu einem späteren Zeitpunkt (wir denken immer an unser Credo „Gut Ding will Weile haben“ sowie „Schrittchen für Schrittchen“) auf den eigenen Beinen und mit viel Körpereinsatz des Helfenden hin und her bewegen. Die ersten Versuche sahen wohl auch schon sehr vielversprechend aus, aber es dauert noch, bis alles als Workaround an Dritte (also uns) „übergeben“ werden kann. Doch alleine schon, eine solche Möglichkeit überhaupt mal in Aussicht gestellt zu bekommen, hat mich megaglücklich gemacht.

Und hiermit noch kurz zu meinem Einsatz als Friseuse …

… wobei Stephanie das doch irgendwie zu genießen scheint. Mit Trockenshampoo hatten wir uns ja schon bei unserem gemeinsamen Campingurlaub in Kanada 2019 ausreichend beschäftigt und waren obgleich der Ergebnisse recht überrascht. Jetzt muss sie nur noch ihre zweite Pubertät hinter sich bringen und wir müssten uns nicht mehr so sehr im Kampf gegen das schnelle Fettigwerden der Haare und ihre hin und wieder erscheinenden Pickel plus Hautunreinheiten im Gesicht anstrengen – ach ja, ich warte weiterhin ganz geduldig auf sooooo viele Ergebnisse, Besserungen und das Erreichen von Zielen, versprochen!



2021 12.
Sep

Und wieder ist eine Woche vorbei – gefühlt diesmal sogar noch schneller als sonst. Das könnte sicherlich aber auch daran liegen, dass es unsere letzte Urlaubswoche war und wir morgen schon wieder im allgemeinen Arbeitsalltag stehen werden. Geht euch doch bestimmt auch so, dass die letzte Woche einer Reise oder eines Urlaubs immer besonders flink an einem vorbeirast, oder nicht?

Doch beim Zurückblicken und Recherchieren für diesen Blogeintrag realisierte ich, was wir in der gefühlt kurzen Zeit dennoch alles unternommen und geschafft haben. Wir nutzten das schöne Wetter jedenfalls voll aus und machten u.a. zwei Tagestouren in die Lüneburger Heide (zum Serengeti-Park Hodenhagen und Weltvogelpark Walsrode) mit anschließendem Umweg zu Stephanie auf dem Rückweg und haben unter den strengen Blicken unseres Kindes ein neues Möbelstück für ihr Zimmer aufgebaut. Dann unternahmen wir nebenbei noch einen Abstecher zum Russenladen in Hamburg-Bergedorf und zum Baumarkt, haben den Smartie zusammen mit dem ADAC wieder ans Laufen gebracht und jetzt am Wochenende konnten wir endlich zahlreiche Formulare ausfüllen, die aufgrund von Stephanies Umzug von Geesthacht in Schleswig-Holstein (Krankenhaus) nach Lüneburg in Niedersachsen (Pflegezentrum) auf unseren Tisch flatterten. Dank des leiblichen Vaters und seiner Frau hatten wir am Samstag und Sonntag nämlich besuchsfrei, da sie extra für diese beiden Tage aus Sachsen zu ihr gekommen sind.

Versteht mich nicht falsch, ich besuche Stephanie immer liebend gerne, aber insbesondere die Fahrerei von ca. zwei Stunden für das Hin und Zurück raubt schon sehr viel Zeit von einem ohnehin schon gefühlt viel zu kurzen Tag. Und da ab nächste Woche unsere Arbeitgeber berechtigterweise wieder ihre vertraglich zugesicherten 40-Stunden-Wochen einfordern, startet zudem das Agreement mit dem Kind, jetzt nur noch am Dienstag, Donnerstag und am Wochenende zu Besuch zu kommen – dafür aber dann bestimmt auch mal ein Stündchen länger als bisher. Das bringt ebenfalls sicher wieder etwas mehr Ruhe in unseren Alltag …

Genug über mich bzw. uns geschrieben, wechseln wir einmal zu Stephanies Fortschritten oder auch zu ihren Problemchen – hier ist nämlich auch schon wieder viel passiert.

Beginnen wir mit dem Essen. Dort geht es bei ihr weiter stetig voran, denn sie bekommt für ihr Brot nun Scheibenkäse und -wurst, morgens dürfen es mittlerweile auch schon weiche Milchbrötchen sein und beim Trinken wird sehr viel weniger angedickt. Zusätzlich haben wir ihr versprochen, an jedem unserer Besuchstage einen für sie „neuen“ Geschmack mitzubringen – natürlich unter Einhaltung jeglicher Ess- und Trinkbeschränkungen. Wir starteten am Montag auf ihren eigenen Wunsch hin mit einer halben Flasche Dunkelbier/Malzbier/Kinderbier (das hat sie früher geliebt und trinkt es auch immer noch gerne), am Dienstag gab es inklusive Anstoßen mit mir ein kleines Glas alkoholfreies Bier (auch dieser Geschmack bleibt weiterhin positiv für sie) und am Donnerstag servierten wir ihr ein kleines Potpourri von McDonalds …

… bei dem für sie ein Nugget mit süß-sauer Soße, ein kleiner Bissen vom Hamburger, ein kleines Stück vom Veggi-Burger-Patty und drei Bissen Hähnchenfilets ohne knusprige Panade aber mit süß-sauer Soße abfiel. Leider haben wir von ihrem seligen Gesicht kein Foto gemacht, aber ihr könnte mir glauben, sie genoss wirklich jeden einzelnen Bissen!!!
Bei ihr braucht man auch nicht zu sagen, dass sie jeden Bissen 32 mal kauen soll … sie bringt es locker auf 60 mal und mehr    😉    und selbst bei solchen Dingen, wie das hier, kaut sie wie eine Besessene:

Dabei waren die am Freitag verkosteten Pflaumen- und Zwetschgenstücke bereits butterweich, ohne Kern und ohne Haut. Aber wir kennen das ja von uns selbst: beim Kauen setzen sich noch viel mehr Geschmacksmoleküle frei. Stephanie liebte bislang jede kulinarische Köstlichkeit, die wir ihr vorsetzten. Noch geben wir ihr auch ausschließlich nur ihre Lieblingsdinge, aber es werden sicherlich bald auch mal Mitbringsel für ein „so lala“ oder „bäh pfui“ mit dabei sein. Schließlich wollen wir mit ihr ja noch richtig viel ausprobieren    🙂

Und unsere Raupe Nimmersatt möchte sowieso ständig essen. Erst heute haben wir erfahren, dass sie noch einmal zwei Schnitten zum Frühstück ausgehändigt bekam, weil Stephanie der Meinung war, dass sie noch nicht gefrühstückt hätte. Im Nachhinein stellte sich aber heraus, dass das nicht so ganz stimmte und sie dennoch hungrig war oder Lust auf mehr hatte. Für die erste Hälfte ihres Tellers reichte es zwar noch, aber dann war sie satt und wollte doch nicht mehr alles aufessen …

Wechseln wir mal vom Essen zum Lernen. Grundlegend können wir dem, was wir letzte Woche im Therapeutengespräch zu hören bekamen, nur voll zustimmen: sie lässt sich allzu gerne ablenken – besonders beim Neulernen oder Trainieren. Wenn wir jetzt mit ihr unter unseren Lieblingspavillon gehen, entscheiden wir anhand der geplanten Übungen, ob wir sie und den Rolli mit dem Blick in Richtung einer leeren Wiese oder doch lieber in Richtung des mitunter lebhaften Innenhofes positionieren. Bei unseren Aktivitäten guckt sie nämlich auch immer wieder mal gerne in der Weltgeschichte herum und interessiert sich für jeden Gesprächsfetzen oder jedes Umgebungsgeräusch, was bei Trainings und Übungen natürlich mehr als hinderlich ist. Also machen wir es von ihrer Lust und Laune sowie von unseren Intentionen abhängig – was bislang recht gut klappt.

Die Themen der heutigen Woche reichten vom Russisch …

(Da diese kyrillischen Buchstaben auch genau so im lateinischen Alphabet vorkommen, würde man sicherlich eher an das Silbendurcheinander „CA-PO-TA“ denken, aber Stephanie liegt mit ihren Antworten schon richtig und lacht sich eher über „SA-RO-TA“ kaputt. Carstens Lieblingsbeispiel bleibt in diesem Zusammenhang „CCCP“, was aber eigentlich SSSR ausgesprochen wird Sojus Sowetskich Sozialistitscheskich Respublik.)

… über die Bedienung eines Tablets …

(Das Tippen, Ziehen und Schaltflächen suchen bzw. immer nur mit der Fingerkuppe und nicht dem Fingernagel oder gar mehreren Fingern bedienen klappt schon recht gut.)

… das Aufschlagen eines Buches, das Umblättern von Seiten und auch das Lesen von Texten …

(Aufschlagen klappt, beim Blättern erwischt sie mitunter noch mehr als eine Seite und beim Lesen reicht die Übersicht gerade mal für 2-3 Zeilen, danach verliert sie etwas die Orientierung.)

… die Gesamtprozedur für eine Briefwahl …

(Sie wollte zunächst noch alles alleine machen und somit im Geheimen wählen, aber spätestens nach „du nimmst den Wahlzettel und setzt zwei Kreuze an die richtigen Stellen“ entschloss sie sich dann doch zu einer gemeinsamen Erledigung der zugeschickten Wahlunterlagen.)

… das Lesen einer Zeitung …

(Sie wollte eine Zeitung zum Lesen haben – bekam sie. Aber dann fragte sie „Wie geht das ?“ – wir zeigten es ihr und sie verzichtete lieber mit den Worten „zu kompliziert“.)

… bis hin zum Öffnen und Lesen eines Briefes.

(Schon beim ersten Schritt, den Inhalt aus dem Umschlag zu bekommen, zeigten sich wieder sehr deutlich ihre Defizite im strategischen und logischen Umgang mit Dingen bzw. für das Erkennen einer Lösungsstrategie. Selbst beim Vorlesen versuchte sie eher die Worte hinter Carstens Positionszeigers (Finger oder Stift) zu lesen, statt die deutlich erkennbarer am Ende des Zeigers … leider ist sie damit noch lange nicht bereit, eigenhändig Post zu empfangen und selbst zu lesen – schade.)

Zudem versuchten wir es mal bei ihr mit dem Legen von ganz trivialen Puzzles:

Den Anfang machte ein 6-teiliges Puzzle, doch auch hier leider nur mit sehr wenig Erfolg. Stephanie fehlt bislang jegliches Verständnis für das Zusammenlegen von mit Nasen und Buchten ineinandergreifenden Pappkärtchen, wobei da auch leider das Motiv keine große Hilfe für sie zu bieten scheint. Zudem kann sie Ecken- und Seitenteile nicht auseinanderhalten bzw. bestimmen und sie kann die geraden Seiten an einem Puzzleteil nicht richtig einschätzen. Das erste Puzzle haben wir für sie zusammengelegt und viel dazu erklärt, in der Hoffnung, dass etwas hängen bleibt. Fehlanzeige! Auch als wir ihr mündlich eine Anleitung zum Zusammenlegen gaben, schaffte sie nicht, Nasen und Buchten zusammenzustecken. Selbst als nur ein einziges Eckteil fehlte und sie dieses schon richtig gedreht in der Hand hielt, kam für sie nicht der gewünschte Aha-Effekt. Wir haben nach vielen Fehlversuchen abgebrochen, denn egal mit welchen Engelszungen wir auf sie einredeten, wir fanden einfach kein Mittel, ihr das allgemeine Prinzip zu verdeutlichen. Vor Ende nächster Woche starten wir sicherlich keinen zweiten Versuch.

Da sie mit dem iPad schon recht gute Fortschritte zeigte, versuchte Carsten es mal mit einer Puzzle-App für Kleinkinder, bei dem ein vorgeschlagenes Teil (i.d.R. oben rechts angezeigt) nur an die richtige Stelle des Bildes gezogen und losgelassen werden muss. Dabei stehen dem Nutzer nur drei entsprechend geformte Löcher im Bild zur Verfügung, die sich deutlich durch eine Holzmaserung oder eine schwarze Fläche hervorhebt:

Zudem ist dieses Puzzleteil eben nicht klassisch mit Nasen und Buchten geformt, sondern die Lochumrisse zeigen zum Teil ganze Figuren, Wolken, Reifen, Kotflügel oder Häuser. Und am Ende kann man mit dem Bild dann auch noch etwas spielen (Hupen, Motor aufheulen lassen, Tag/Nacht, Blaulicht usw.). Leider gestaltete sich auch dieser Weg lang und steinig und wir waren nach den ersten Minuten der Verzweiflung nahe, aber dann hat sie zum Glück doch noch etwas mehr den Draht dazu gefunden. Anfangs waren für sie große, einfarbige Flächen des Bildes sehr viel schöner als der eigentliche Ablageort für das Puzzleteil mit seiner Maserung oder der dunklen Fläche. Doch da macht eben das Spiel nicht wirklich mit und das zu steckende Objekt schnippte wieder zurück in die rechte, obere Ecke. Bei unseren mündlichen Dirigierversuchen hatte sie zudem wieder ihre Probleme mit oben, unten, rechts und links … in der Trockentheorie (Finger in der Luft) klappte es einwandfrei, aber sobald das iPad mit ins Spiel kam, war ihr Ziehen nach links eher ein „schräg unten“ und „rechts oben“ – das hat aber sicherlich auch etwas mit der Konzentration und den vermehrten Reizen zwischen Vorübung und iPad-Nutzung zu tun. Und wenn man alternativ ihre Hand führen wollte, verkrampfte sie total auf die von ihr ausgewählte Stelle und der Finger ist vor lauter Drücken fast schon „abgebrochen“.

Mit viel Geduld und Spucke haben wir dann aber doch noch drei verschiedene App-Puzzles geschafft und wie wollen mal sehen, wie sie sich nun beim nächsten Mal Anfang kommender Woche schlägt. Schrittchen für Schrittchen … wir werden geduldig sein, aber dennoch nicht so schnell aufgeben, versprochen. Erst wenn die App-Puzzles besser sitzen, holen wir wahrscheinlich wieder mal das analoge Pendant mit seinen Nasen und Buchten raus.

Besonders am Ende eines fertiggestellten App-Bildes, also beim belohnenden Spielen, zeigte sich wieder ein deutlicher Unterschied zwischen dem Verhalten einer 25-Jährigen (ihr Wissen, die Sprachen, die Erinnerungen, der Wortschatz) und dem einer 3-Jährigen (ein leichter Anlass reicht zu Freude und Spaß). Sie freute sich über die Show auf dem Bildschirm und lachte wie ein Kleinkind über ihr selbst erzeugtes Hupen, geräuschvolles Anfahren, den Wechsel zwischen Tag und Nacht sowie über das Bedienen von Blaulicht & Co..

Gar nicht wie ein Kleinkind verhielt sie sich dagegen bei den Diskussionen über das Ablegen der Orthesen. Denn wenn es nach ihr ginge, würde sie sie lieber 24 Stunden lang tragen und erhofft sich dadurch eine schnellere Korrektur, als sie immer wieder mal abzulegen. Stellten wir bei ihr zunehmend Krämpfe oder Unruhe fest, wollten wir ihr die Orthesen nach dem ausreichenden Tragen (mindestens 2-3 Stunden) lieber abnehmen – das wollte sie auf keinen Fall. Zum Glück kam einmal gerade bei einem solchen Disput ihre Ergotherapeutin vorbei und machte mit ihr folgenden Deal: die Orthesen werden für 30 min ausgezogen und wenn ihre Muskeln danach noch krampfen sollten, bekommt sie sie wieder angezogen … bleiben die Krämpfe aber aus, wäre das nächste Anlegen erst wieder am nächsten Morgen. Natürlich krampfte sie fortan nicht mehr und sie hielt sich auch brav an die Abmachung mit der Therapeutin.

Gegenüber Therapeuten zeigt sie sich ohnehin stets folgsam und ehrgeizig, denn sie weiß, dass deren Übungen zu ihrem gewünschten Endziel führen. So hängt sie sich derzeit auch beim Standing (relativ alleine mit durchgedrückten Knien auf ihren Beinen stehen und der Körper wird nur noch mittels Haltebändern einer Maschine unterstützt) sehr rein und gibt vor allem nicht auf. Wo ihr Kreislauf Anfang der Woche noch gestreikt hat und sie nach einer Viertelstunde recht blass geworden ist, schaffte sie am Donnerstag schon wieder ihre 30 min komplett und der Kreislauf spielte wieder sehr gut mit. Sowas sind dann natürlich immer ihre größten Erfolgserlebnisse des Tages!

Am Montag wurde es frei Haus geliefert, am Dienstag wurde es von Carsten an „unserem“ Pavillon innerhalb von ca. 3 Stunden aufgebaut: ein Kallax-Regal mit neun Einschüben, damit Stephanies Dinge etwas benutzerfreundlicher verstaut werden können, als bislang alles nur im Kleiderschrank.

Nun können wir endlich zwischen Kleidung und Non-Kleidung trennen, denn die ganzen Spiele, Trainingsgeräte und sonstiger Schnulli kann ab sofort in diesem Regal untergebracht werden – Stephanie gefällt’s:

Zum Abschluss möchte ich noch eine für mich überraschend ausgegangene Übung beschreiben. Als Schulkind musste Stephanie einmal das Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ von Theodor Fontane auswendig lernen und bei vielen Gelegenheiten (z.B. im Auto) haben wir immer wieder mal aus Spaß ein paar Zeilen (insbesondere die erste Strophe) rezitiert. Ich wollte diese Woche testen, ob davon immer noch etwas hängen geblieben ist. Also habe ich das Gedicht ausgedruckt und nach Absprache mit ihr für sie vorgelesen. Dabei kam dann folgendes raus:

  • Ich: „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“
  • Sie: „Ein Birnbaum in seinem Garten stand“

Wow, ich war begeistert!!! OK, diese Textsicherheit war aber wirklich auch nur bei der ersten Strophe so toll …

  • Ich: „Da sagte von Ribbeck: Ich scheide nun ab. Legt mir eine Birne mit ins …“
  • Sie: „Grab“

Immerhin …

  • Ich: „Aber der Alte, vorahnend schon und voll Mißtraun gegen den eigenen …“
  • Sie: „Sohn“

Einzelne Passagen saßen also weiterhin abrufbar im Hinterkopf …

  • Ich: „Und die Jahre gingen wohl auf und ab, Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem …“
  • Sie: “ Grab“

Hat sie das am Sinn oder an der Reimform erkannt oder sogar aus den Erinnerungen herausgeholt ? Egal …

  • Ich: „So spendet Segen noch immer die Hand des von …“
  • Sie: „Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“

Glaubt mir, ich war perplex und hatte kleine Tränchen im Auge. Klar, es war sicherlich keine Glanzleistung, die in der Schule eine gute Note herbeigeführt hätte, aber nach all den oben aufgeführten Problemen bei den für uns einfachsten Dingen (Brief, iPad, Lesen, Puzzle etc.) finde ich, dass es doch ein recht ansehnliches Ergebnis für mein Experiment war, oder?

Wir arbeiten weiter an ihrem Erinnerungsvermögen, an ihren Fingerfertigkeiten und vor allem an den vielen alltäglichen Dingen, die sie erst noch wieder neu erlernen muss. Drückt uns bitte auch zukünftig ganz fest die Daumen, dass sie es schafft, dass wir durchhalten werden und dass wir vor allem unsere Geduld nicht obgleich der Erfolge verlieren mögen. Wir ertappen uns nämlich immer wieder dabei, dass wir für uns normale Dinge auch bei ihr irgendwie als gegeben voraussetzen … zum Glück sind wir zu zweit und haben auf jeder Fahrt hin oder zurück bis zu einer Stunde Zeit, unsere Eindrücke, Wünsche und Erwartungen auszudiskutieren. Das erdet manchmal ungemein    🙂



2021 05.
Sep

Da es im letzten Blogeintrag so gut geklappt hat, werde ich auch diese Woche mal ausnahmsweise in der täglichen Chronologie bleiben – es passt gerade einfach zu gut. Zusätzlich möchte ich in dieser Zusammenfassung auch etwas mehr OLCA-Leben als sonst mit einfließen lassen, denn zum einen haben Carsten und ich ja gerade Urlaub und zum anderen ist vieles davon auch Grundlage für Stephanies Erlebnisse.

Eine (deutsche) Woche beginnt bekanntlich mit dem Montag … doch ausgerechnet an diesem Tag waren wir Stephanie leider nicht besuchen. Aber bevor ihr uns jetzt schief anguckt, sei hiermit auch gleich der Grund dafür nachgeschoben: wir haben ihre Schwester aus Dresden abgeholt, die dann wiederum bis Samstagmorgen im Norden geblieben ist. Also definitiv ein Langzeitbesuch, an dem sich Stephanie sehr erfreut hat!

Eine Fahrt Wentorf-Dresden-Wentorf (ca. 1000 km) reißt man nicht gerne an einem Tag ab, also haben wir in Dresden eine Übernachtung eingeplant. Ist schon komisch, in seiner eigenen (ehemaligen) Heimatstadt in einem Hotel einzuchecken    😉

Auf dem Hinweg hatten wir diesmal eine Vollsperrung (ca. 45 min) und bei Potsdam einen längeren Stau (auch ca. 45 min), doch das Abendprogramm entschädigte für alle Unannehmlichkeiten der Anreise:

Endlich mal wieder einen richtig leckeren Döner mit vernünftigem Inhalt (Dönertier, Salat, Rotkraut, Weißkraut, Tomaten, Gurken, Käse) und den richtigen Soßen (rot/scharf, Knoblauch, Yoghurt) – hier im Norden packen sie viel weniger rein und es gibt so etwas wie Currysoße und/oder Cocktailsoße. Nicht gerade typisch türkisch, oder? Egal, unser Dresdner Lieblingsdönermann hat uns gleich wiedererkannt, daraufhin ganz herzlich begrüßt und uns erst einmal durchgeknuddelt, um uns dann wie in alten Zeiten einen eingepackten (!) Superdöner mit Käse (für Carsten) und einen großen Dönerteller mit Käse (für mich) zu servieren – herrlich!!! Und sooooooooooo unendlich lecker!!! Leider hat es magentechnisch nicht mehr noch für einen ordentlichen Dürum gereicht – hier im Norden haben die wenigsten Dönerbuden nämlich einen Ofen und somit bleibt deren Teigrolle leider immer labbrig und zuweilen etwas zäh.

Zudem stand für den Abend ein Treffen mit meiner besten Freundin Anna und meinem ehemaligen Arbeitskollegen Alexander auf dem Programm. Meine ehemalige Chefin sollte eigentlich auch noch mit dazu, aber sie weilt derzeit leider an der Ostsee – dafür haben wir sie ja schon letzte Woche besucht … Stichwort: Kalifornien.

Diese beiden Dinge entschädigten letztendlich für alles, was uns die Autobahnen A24, A10 & A13 zuvor an Nerven gekostet hatten – aber unsere Dresden-Reise sollte sogar noch besser werden.

Am Dienstag trafen wir uns dann zum ersten Mal mit Andrea und ihrem Freund Karl im Café „Milchmädchen“ , wo wir noch zusammen frühstücken wollten, bevor sich unsere Wege letztendlich wieder trennen würden. Carsten, Andrea und ich hatten das Pflegezentrum in Lüneburg als nächstes Ziel auf dem Schirm, für Karl sollte es schon zurück nach Österreich gehen, da er leider keinen Urlaub für die Woche bei uns bzw. Stephanie bekam. In einem recht unauffälligen Moment zog sich Andrea ihren Pulli aus und meinte nur, dass ihr etwas warm wäre:

Der tatsächliche Grund war eindeutig ein völlig anderer – wir haben uns tierisch über diese Neuigkeit gefreut, auch wenn ich mich eigentlich noch lange nicht als Oma fühle. Wir wünschen den beiden … sorry … dreien selbstverständlich alles Glück dieser Erde und gratulieren zur nächsten OLCA-Familienerweiterung. Was war ich gespannt, wie Stephanie am Nachmittag darauf reagieren würde …

Als wir im Pflegezentrum ankamen, stand die Kleine mit ihrem Rolli im Zimmer und wir schickten Andrea zur Begrüßung bzw. Abholung rein. Leider hat sie sie nicht erkannt … erst, als Andrea die Maske herunterzog und noch einen weiteren Tipp gab, quiekte Stephanie freudestrahlend ein „Eumy“ durch den Raum – puh, es lag zum Glück größtenteils nur an der coronabedingten Gesichtsverschleierung und nicht am Gedächtnis    🙂

Unter unserem Stammpavillon bekam Stephanie von Andrea einen Briefumschlag, aus dem hervorging, dass sie demnächst Tante wird – ein Armband betitelt sie fortan sogar als „Coole Tante Steph“. Erstaunlicherweise hat sie das mit dem Baby recht schnell begriffen und sie freute sich ebenfalls ganz dolle darüber. Natürlich sprachen wir in dem Zusammenhang auch mal über unsere neuen Begrifflichkeiten: Bonusopa und Oma bzw. Babuschka … Mensch, so alt fühle ich mich doch noch nicht    :betteln:

Zum Abendessen gab es zwar auch eine Art Mett(wurst) für sie, dennoch wollte sie sich es nicht nehmen lassen, mal ordentlich an unseren „richtigen“ Mettbrötchen mit Zwiebeln vom Bäcker zu schnuppern:

Denn knusprige Brötchen darf sie aufgrund ihrer Schluckprobleme leider immer noch nicht, aber spätestens morgen könnte der geplante Schluck-Endo-Test langfristig gesehen endlich weitere Freiheiten mit sich bringen.

Bei einem abschließenden Spaziergang wechselten Carsten und Stephanie die Brillen, was sehr zur Belustigung beigetragen hat … Stephanie steht Carstens Sonnenbrille jedenfalls sehr viel besser als anders herum    🙂

Den Mittwoch haben Carsten, Andrea und ich mit einem Besuch im Wildpark Lüneburger Heide begonnen …

… von dem auch Stephanie noch etwas haben sollte, denn bei unserem Besuch am Nachmittag stanken zumindest unsere Hände total nach Stall! Egal wie oft wir sie gewaschen haben, Schaf, Reh und Co. hinterließen eine äußerst eindeutige Duftnote, die eben auch der Kleinen ab und an mal penetrant in die Nase stieg.

Vormittags war tatsächlich ihr Schluck-Endo-Test, vor dem sie anfangs tierische Angst hatte. Aber sie scheint ihre Sache wohl sehr gut gemacht zu haben, denn man hat sie kräftig gelobt und auch die Trink- und Essenseinschränkungen können nun peu a peu gelockert werden. Allerdings wird es bis zu ihrem erhofften Ziel (ein Döner !) noch etwas dauern und bis dahin sicherlich auch noch sehr viel Training benötigen. Doch egal, für sie zeigt sich wieder, dass etwas weitergeht und das ist doch das Wichtigste.

Den Besuch verbrachten wir hauptsächlich mit der Übergabe von Geschenken: eine Postkarte von Andrea & Karl aus dem Urlaub im Salzkammergut, die Stephanie trotz Handschrift recht gut vorlesen konnte, zwei Geschenke von Andrea, die erst nach dem gestrigen Besuch aus dem Koffer gezupft werden konnten, und ein Paket von meiner Bekannten Olga aus Dresden. Wie der Name es schon vermuten lässt, verbindet uns u.a. die russische Sprache und somit sollen auch ihre Geschenke dies bei Stephanie auffrischen. Erst kürzlich meinte mein Kind ja, dass sie Gefallen am Russischen gefunden hat und die Sprache schön findet. Jetzt können wir mit einem Buchstaben-Bilderbuch ab und an mal wieder darin eintauchen. Und da für Carsten gerade geballtes Wissen am Tisch saß, hat er gleich schon mal die ersten Seiten ausprobiert. Stephanie wusste echt noch viele Vokabeln, Andrea sprang gerne bei den einfachen Dingen ein und ich wurde natürlich für die „Spezialfälle“ zu Rate gezogen:

Aber ihr größtes Manko bleibt doch noch das Erkennen von Gegenständen, Tieren oder Personen auf Bildern – egal ob als Foto oder als gemalte Version. Einen Fernseher z.B. erkennt sie nicht, weil er wahrscheinlich auf dem Bild viel zu klein für sie wirkt. Oder auch viele Tiere interpretiert sie eher als Hund statt richtigerweise als Hase, Bär, Wombat oder Löwe … die Größenunterschiede gehen auf Bildern eben nicht deutlich hervor. Das abstrakte Denken schlummert noch viel zu sehr, als dass es bei der richtigen Einschätzung von Situationen hilfreich zur Seite stehen könnte – kommt noch!

Eine Überraschung des Tages war aber ihr Umgang mit einem Fidget Popper:

Sie hatte den Dreh recht schnell raus und konnte sich dann damit etwas intensiver beschäftigt, doch schon nach dem dritten Umdrehen war dann aber Schluss und sie verlor die Lust daran – komisch, eigentlich soll das doch den Nutzer über Stunden beschäftigen können    😉

Am Donnerstag waren wir schon ab Mittag bei ihr, da Carsten und ich um 14:00 unser Gespräch mit den Therapeuten und Personal haben sollten. Nach unserem Mittagessen und dem Auspacken eines Paketes aus Australien ließen wir die Kinder auch schon alleine und hatten unser sehr informatives Gespräch, was am Ende sogar an die 2,5 Stunden dauerte.

Wir bleiben dabei: Diese Einrichtung ist eine sehr große Bereicherung für unser Kind und wir werden unsere Entscheidung für dieses Pflegezentrum sicherlich auch auf lange Sicht nicht bereuen. Insgesamt sagen alle Gewerke, dass Stephanie bei allem sehr gut mitmacht und sogar viel Spaß dabei hat, somit sieht sie die Übungen auch glücklicherweise nicht als nervenden Zwang und sperrt sich jedenfalls gegen nichts. Beste Voraussetzung also für einen aussichtsreichen Trainingserfolg und weiterhin sichtbare Fortschritte. Aber auch immer mit dem Credo „Gut Ding will Weile haben“ sowie „Schrittchen für Schrittchen“ im Hinterkopf. Wie gut, dass wir das schon in den letzten 12 Monaten erfolgreich gelernt haben und jedenfalls mit entsprechender Ausdauer an die Sache rangehen werden.

Selbst ihre körperlichen Baustellen geben weiterhin Anlass zur Zuversicht, so z.B. den immer rückläufiger werdenden Muskeltonus an den Beinen und am linken Arm sowie die Aussicht auf eine baldige Entfernung der PEG, da bisher keine weitere Verwendung mehr vorliegt. Einen Tag vor Carstens Geburtstag wird sie zudem ihre zweite Biontec-Spritze bekommen und somit am Ende dieses Monats wie wir durchgeimpft sein    :verliebt:

Mit diesen tollen Neuigkeiten kehrten wir dann wieder zu den Kindern zurück und brachten dabei sogar eine kleine OLCA-Tradition mit an den Tisch: zum Geburtstag oder einer anderen Feierlichkeit gab es bei uns auf Wunsch der Kinder immer eine Benjamin Blümchen-Torte. Der Besuch von Andrea und das so toll verlaufene Gespräch war jedenfalls Anlass genug …

Keine Angst, dieses Gesicht bekam Stephanie nicht aufgrund des Angebots, sondern nur aus der Situation heraus … ich habe leider kein anderes Foto mit Törööö-Torte gefunden    😉

Am Freitag erfüllten wir Andrea einen Herzenswunsch und machten einen Ausflug ans Meer … schließlich ist es von uns zu beiden Möglichkeiten nur eine 1-2 stündige Fahrt. Sie hat sich gegen die Nordsee (breiter Strand in Sankt Peter-Ording oder Watt z.B. in Büsum) und für die Ostsee entschieden:

Das Wetter passte jedenfalls perfekt dazu und auch beim anschließenden Besuch im Pflegezentrum konnten wir zu viert wieder die ganze Zeit draußen verbringen.

Im Café „Gut Wienebüttel“ zeigte uns Stephanie einen grünen „Stein“, den sie beim Gottesdienst bekam, zu dem sie sich wiederum freiwillig gemeldet hatte … ist wenigstens mal etwas Abwechslung    😉
Erstaunt waren wir nur, dass sie zwar den Ursprung bzw. die Geschichte dazu leider nicht mehr nacherzählen konnte, aber sie wusste von sich aus, dass die Farbe Grün für die Hoffnung steht … wurde es beim Gottesdienst gesagt oder ist das noch Wissen von vor dem Vorfall? Sie konnte es nicht beantworten    🙁

Eine weitere Antwort überraschte uns, doch diesmal waren wir uns 100%ig sicher, dass dies aus dem Wissensfundus von vor dem 26. August 2020 stammte: ich fragte sie, wer das Buch „Der Schwarm“ geschrieben hat und sie sagte ad hoc den Namen Frank Schätzing. Eigentlich hat sie das Buch schon während unseres Kanada-Urlaubs im Sommer 2019 durchgelesen, doch trotz des Vorfalls hat sie den Autor namentlich noch gewusst – Hut ab !

Leider war dieser Tag auch schon der letzte Besuchstag mit Andrea, denn sie musste am Samstagmorgen wieder zurück nach Leoben aufbrechen. Eigentlich sollte sie von uns zum Hauptbahnhof gebracht werden und gegen 8:00 den Zug nach Österreich nehmen, aber durch den Bahnstreik wechselte sie um aufs Flugzeug, sodass wir sie nun bis 6:30 zum Flughafen bringen mussten. Dafür sind wir schon um 4:00 aufgestanden … aber egal, am Ende hat alles wie geplant geklappt und ein wenig Übermüdung nimmt man für die lieben Kleinen immer mal gerne in Kauf.

Nur an eine zweite Runde Schlaf konnten wir nicht denken, da wir vor dem Besuch bei Stephanie noch über den in Vögelsen stattfindenden Flohmarkt streifen wollten, um noch ein paar Spiele und Trainingsmöglichkeiten für sie zu ergattern. Ich wurde für dieses Durchhaltevermögen mit zahlreichen Büchern für wenig Geld und das Kind mit insgesamt sieben Spielen belohnt.

Zum Glück konnten wir dabei auch dieses Kinderspielzeug finden:

Wir hatten uns ja schon mal eine Plastikversion im Krankenhaus ausgeliehen und stellten fest, dass es damit sehr viele Möglichkeiten für Stephanie gibt. So ist es auch jetzt bei dieser Holzversion:

  • die Klötzchen durch die richtigen Öffnungen schieben … mit dem richtigen Zurechtdrehen des Bausteins für die Öffnung im Deckel hakt es bei manchen Formen noch etwas
  • alle Klötzchen aufnehmen, in der Hand drehen, die Nummer vorlesen und mit der Nummer nach oben auf dem Tisch abstellen … das Drehen dauert auch hier zwar noch etwas, aber gelingt am Ende immer
  • nacheinander die Zahlen 1 bis 12 suchen, die Farbe des Klötzchens nennen und es dann in einer Reihe aufstellen … größtenteils kein Problem für sie
  • aus der nach Zahlen sortierten Reihe eine bestimmte Farbe (je 2 Klötzchen pro Farbe sind vorhanden) suchen und übergeben … auch damit ist sie relativ zielsicher
  • Linki muss einen Stein ihrer Wahl übergeben und Rechti darf dabei sogar etwas (!) nachhelfen … erstaunlich, wie wenig sie freiwillig die rechte Hand dazu nimmt, wenn eine Aufgabe für die linke Hand bestimmt ist

Jedenfalls werden wir diesen Klötzchenkasten wohl noch sehr viel öfters einsetzen, denn sie hat ihren Spaß damit, es ist abwechslungsreich (und noch nicht einmal in seinen Möglichkeiten ausgeschöpft, denn es gäbe noch die Nennung der Formen, das Aufeinanderstapeln usw.), es ist durch die Box ganz einfach zu transportieren und man kann damit auch gleich mal beide Hände trainieren – was will man mehr?!?!?!

Jedenfalls hatte sie sich ihre anschließende Kugel Eis im Café redlich verdient. Dort hat sie Carstens Arm mit beiden Händen, aber vor allem mit Linki, so schön umschlossen …

… dass wir schon mit der nächsten Kaufidee schwanger gegangen sind: eine Art Ball oder Rolle, bei der alle Finger etwas gestreckt werden, statt sich stets und ständig zusammenzurollen. Da war es natürlich ein sehr glücklicher Umstand, dass heute auf dem Wentorfer Marktplatz ein weiterer, größerer Flohmarkt stattfand …

… auf dem wir erneut nach Spiel- und Trainingsmöglichkeiten schauen konnten (es wurden am Ende mehrere Spiele und Kinder- bzw. Bilderbücher in Russisch) sowie eben nach einer Sache, die sie dauerhaft in der linken Hand behalten kann. So werden am Ende auch die letzten drei Finger öfters aus ihrer starken Krümmung herausgeholt. Und wir sind tatsächlich fündig geworden:

Ab sofort wird bei unseren Besuchen diese Faszienrolle zweckentfremdet und bei jeder Gelegenheit können wir nun Linki zum Halten auffordern und auch das Ablegen und eigenständige Wiederaufnehmen trainieren. Stephanie hält sie jedenfalls lieber in der Hand, als z.B. ihren großen Volleyball. Perfekt, oder?

Und mit diesem schönen Ergebnis möchte ich meinen mal wieder viel zu lang gewordenen Blogbeitrag beenden – sorry … ich weiß, ich weiß, ich muss mich da nicht entschuldigen, ich will es aber dennoch tun    😉    !!!
Aber es ist eben auch sehr viel Neues zu berichten gewesen, oder nicht? Die schönste Überraschung für mich bleibt auf jeden Fall die Ankündigung des Babys … Carsten wird da wohl eher den leckeren Döner als Highlight der Woche herausheben, wetten?!?

Zusatz von Carsten: „Natürlich! Und bitte entschuldigt, Karl und Andrea …“    😉