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Kommentar:   

 
Manchmal hat man eben Lust darauf, etwas zu schreiben   ;0)

 
Web|log,  der;  -s,  <engl.>,  meist abgekürzt mit "Blog"
   
Digitales Tagebuch im Internet. Ein Weblog ist eine Webseite, die periodisch neue Einträge enthält. Es ist ein Medium zur Darstellung des eigenen Lebens und von Meinungen zu oftmals spezifischen Themengruppen. Weiter vertieft kann es auch sowohl dem Austausch von Informationen, Gedanken und Erfahrung als auch der Kommunikation dienen und ist insofern mit dem Internetforum sehr verwandt. Die Tätigkeit des Schreibens in einem Blog wird als "bloggen" bezeichnet.

Quelle: http://www.wikipedia.de    


 
2021 31.
Okt

Wahnsinn, bis zum Ende der nächsten Woche werden es bereits 100 Tage im Pflegezentrum in Lüneburg sein. Und was Stephanie alleine nur in dieser Zeit insgesamt geschafft hat, lässt uns weiterhin hoffen und das Kind weiter enthusiastisch durchhalten – manches beherrscht sie schon wieder auf dem Effeff, für manches muss sie noch eine gewisse Routine entwickeln und manches steht allerdings noch ganz tief in den Startblöcken.

Auch diese Woche haben sich wieder Dinge gezeigt, die in diese drei Kategorien eingeteilt werden können – und dabei war es trainings- und übungstechnisch eine wirklich sehr kurze Woche für uns, denn am Donnerstag bekam sie am Spätnachmittag Besuch von einer Geo-Kommilitonin aus Potsdam, die gerade auf der Durchreise nach Bremen war (wir ließen die beiden nach dem Erhalt des Abendessens und dem Erledigen des Organisatorischen, wie z.B. Medikamente, alles Zeigen etc., dann auch schon frühzeitig alleine) …

… und da unser gestriger Samstag recht voll mit Terminen war, fuhren wir diesmal schon morgens zu Stephanie und frühstückten gegen 9 Uhr zusammen mit ihr – für sie war es bereits das zweite, wir waren noch nüchtern.

Sie durfte natürlich alles, was wir für uns so vom Bäcker oder von zuhause mitgebracht haben, einmal probieren:

  • Kaffee … „Hmmmmm!“
  • Eibrötchen … „Lecker!“
  • Mettbrötchen … „Noch leckerer!“
  • Käsebrötchen mit Schinken und Tomate … „Noch noch noch leckererer!“
  • Knacker … „Ich bin leider schon so satt.“
  • Franzbrötchen, eine süße Zimtspezialität hier aus dem Norden … „Mist, ich bin doch schon so voll!!!“

Bei dem ganzen Gemapfe konnten wir natürlich sehr viel weniger trainieren, üben und spielen, doch dafür haben wir uns mal wieder so richtig leergequatscht. Sprechen gehört definitiv zur Kategorie „Effeff“, auch wenn so manche Aussprache noch etwas hapert, und auch das Essen hat sich mittlerweile in diese Kategorie eingereiht. Ja, es wurde nun größtenteils offiziell freigegeben – für das Kind wird ein Traum wahr: nichts ist mehr püriert und es winken noch mehr Freiheiten beim Geschmack-des-Tages und Probieren!!!

Wir haben am Anfang der Woche mit der Logopädin telefoniert und Stephanie hat nun wohl die letzte Stufe vor der Vollkost erreicht, da sie die letzten vier Wochen beim gemeinsamen Esstraining nicht ein einziges Mal husten musste und auch so keinerlei Probleme mit dem Kauen und Schlucken zeigte. Einzig stark Knuspriges mit Krümelbildung (Chips, Crouton, Kekse etc.) und Nüsse (diese Brösel werden nämlich trotz Spucke leider nicht weich) dürfen noch nicht gegeben werden. Alles andere kann sie nun in kleinen Schritten und möglichst noch unter Beobachtung ausprobieren und essen. Im Rahmen ihrer eigenen Zielsetzung planen wir deshalb zu Olgas Geburtstag Ende November ihre erste Pizza, in der ersten Dezemberhälfte ihren erster Burger (muss ja nicht unbedingt einer vom Goldenen M sein) und zum Jahresende ihr selbsterklärtes Endziel, einen Döner. Zum Eingewöhnen schieben wir vielleicht vorher noch einen Dürüm in den Ablauf mit rein. Aber ihre Freude könnte ihr euch sicherlich sehr gut vorstellen, oder?

Die „Selbstversorgung“ steckt dafür leider noch stark in den Kinderschuhen. Beim Schmieren benötigt sich viel Hilfe und Feintuning – doch es wird zunehmend besser:

Ein Essen mit Messer und Gabel ist von uns zum Beispiel noch gar nicht in Erwägung gezogen worden. Dafür kann man sie mittlerweile mit einem Teller, auf dem mundgerechten Stücke liegen, sowie dem dazugehörigen Gabel oder Löffel getrost alleine lassen. Damit geht sie auf alle Fälle verletzungsfrei und erfolgreich um – gehört also zur Kategorie „Effeff“.

Als wir Stephanie am Samstag zum Mittagessen in den Speisesaal geschoben haben, hat sie sich ab da komplett alleine um das Löffeln ihrer Kohlsuppe und ihres Yoghurts gekümmert, sodass wir uns nach dem Verabreichen der Medikamente und vor dem ersten Bissen bei ihr verabschieden konnten. Doch schon beim Umrühren durch Carsten flatterten ihre Nüstern und sie freute sich total auf dieses Mittagessen:

Carsten sagte, dass er glücklicherweise die Maske im Gesicht bzw. über dem Mund hatte, denn auch für ihn war die Versuchung groß, einen Löffel davon zu probieren – es ist endlich wieder Kohlzeit, herrlich!

Zurück zum Trainieren und Üben … so manches haben wir im Laufe der letzten Woche doch durchführen können:

Unter unserer Mithilfe und Anweisung kann Stephanie mittlerweile ein Tablet bedienen, z.B. um ein Video anzugucken, um bei Facebook einmal die Timeline ihrer Freunde anzusteuern und auch, um mit dem ein oder anderen ein kurzes Telefonat zu führen. Alleine dürfte man ihr das iPad sicherlich noch nicht in die Hand drücken, aber das mit dem Wischen, Scrollen und Antippen von Schaltflächen klappt recht gut. Also Kategorie „Vertiefen & Routine entwickeln“.

Sie wechselt aber auch sehr gerne mal in die analoge Fotowelt und guckt mit mir weiterhin stundenlang ihre zahlreichen Fotoalben durch. Heute war Nummer 5 an der Reihe und wir konnten wieder viele Gedanken austauschen, Erinnerungen ausgraben und Geschichten erzählen. Manches erkennt sie auf Anhieb, manches erst nach einer gewissen Hilfestellung und manches ist noch gar nicht freigelegt, d.h. es ist ihr völlig unbekannt.

Doch ihr Erkennen von Personen hat sich im Vergleich zum ersten Halbjahr sehr deutlich verbessert und auch eine Analyse von Bildern gestaltet sich mittlerweile immer zielsicherer. Ich kann mich noch erinnern, dass sie nicht einmal eindeutige Dinge oder Situationen auf zweidimensionalen Abbildungen identifizieren konnte, da sich ihr das Gesamtbild einfach nicht erschloss.

Jetzt kann sie mit sehr sehr sehr großer Hilfe die kleinen Puzzles (6 Teile) zusammenbringen – Kategorie „Startlöcher“ – und Fragen zum Bild beantworten:

Sie findet die darauf abgebildeten Würfel(augen) recht schnell, erkennt die Arme und Füße des Maulwurfs und auf dem oben gezeigten Foto auch sofort den Ball. Und das sogar mit den korrekten Farben. Daran war vor zwei bis drei Monaten ebenfalls noch gar nicht zu denken. Ihr fehlte damals wohl noch völlig das abstrakte Verständnis für Formen (rund), Dimensionen (auf dem Bild wirkt alles ganz klein) und Gegenstände (Auto ? Nö. Tiere ? Alles Wuff oder Miau.).

Es gibt insgesamt drei 6er-Puzzles mit dem Maulwurf, den sicherlich jeder noch aus seiner eigenen Kindheit kennt, doch man merkte sehr deutlich, dass sie beim ersten Zusammenlegen noch hochkonzentriert war, aber dann immer weiter nachließ. Doch an dem Tag wollte sie unbedingt alle Puzzles beenden und nicht aufgeben! Ja, so kennen und lieben wir sie …

Dieses Durchbeißen und Durchhaltevermögen zeigt sie auch jedes Mal beim hier im Blog schon öfters beschriebenen Memory, mit dem wir uns ja auch immer mehr rantasten mussten:

Zuerst mit sechs (eigentlich eindeutigen) Abbildungen … anfangs ein großes Problem, die Darstellungen von Wolke, Regenschirm, Huhn, Apfel, Birne und Möhre zu erkennen. Mittlerweile sind die ersten drei Genannten „Easy Peasy“ und selbst bei den drei „Früchten“ wirkt sie heute sehr zielsicher    😉

Eine erste Steigerung waren dann die Bildchen der übrigen 18 Kärtchen (Auto, Hydrant, Basketball, Zwiebel, Zitrone, Baum, Lineal, Affe, Hund etc.), die jetzt ebenfalls gut sitzen und nur noch bis auf sehr wenige Ausnahmen Probleme bereiten, d.h. erst nach kleineren Tipps erkannt werden. Da es aber nicht immer die gleichen Gegenstände sind, die sie „vergisst“, denken wir hier eher an eine Konzentrationsschwäche oder Ablenkung, als an das Nichterkennen dieses Bildes. Spätestens in der zweiten Runde kommen nämlich auch die nach kurzem Überlegen wieder zurück ins Gedächtnis.

Stufe 3 ist jetzt sogar schon, dass sie die schwarzen Schatten, also das eigentliche Memorypärchen, zuordnen kann. Es liegen 10 Karten mit den bunten Bildern vor ihr und sie muss ein einzelnes Schattenkärtchen zuordnen. Plus den Zusatzschritten, die Karte vom Tisch aufzunehmen, idealerweise mit Linki umzudrehen, diese auf die bunte Karte abzulegen, das Pärchen in einem Griff aufzunehmen und abschließend nach links auf dem Tisch abzulegen. Das Drehen und Agieren mit Rechti beherrscht sie nahezu perfekt, doch bei Linki hat sie den Dreh noch nicht heraus bzw. verinnerlicht, über den Rest muss man nicht sprechen – eindeutig „Effeff“.

Aus den Therapien gibt es außer dem oben bereits erwähnten Erfolg beim Essen (Logopädie) noch eine kleine Information von den Ergotherapeuten: man versucht sich bereits am Transfer ohne Lifter zwischen Bett und Rolli! Dazu fiel im Gespräch sogar schon die auf jeden Fall nicht ganz ernst gemeinte Klage „Meine persönliche Trainingseinheit schwindet immer mehr, da Stephanie mittlerweile doch schon viel zu viel alleine macht.“ – wir waren fast sprachlos … nein, besser: wir waren voll des Lobes!!!

Übrigens, da Stephanie jetzt so gut wie alles essen darf, wird sie wohl demnächst auch hin und wieder bei den „Kochkursen“ mitmachen dürfen und darauf freut sie sich sehr. Das Kochen und Ausprobieren neuer Rezepte hat sie ja schon während ihrer Studentenzeit dank der zahlreichen Kochshows im Fernsehen und der gemeinsamen Kochabende mit Freunden sehr zu schätzen und lieben gelernt. Und als Nebeneffekt ist jetzt natürlich auch die zusätzliche Beschäftigung innerhalb einer Gruppe nicht zu verachten. Unsere Kleine freut sich schließlich immer über die Möglichkeit, mit jemanden zu schnattern oder sich zu beschäftigen    🙂

Funfact: gestern hat sie sich sogar einige Minuten lang mit Spatzen im Baum nebenan gleich mal in ihrer Sprache unterhalten … dabei klang ihr „Tschiep-Tschiep“ zumindest in meinen Ohren äußerst authentisch und sie haben recht häufig geantwortet    😉
Diese kleinen Kerlchen haben ihr Herz ja schon lange erobert    🙂



2021 24.
Okt

Bevor ich diesmal die Highlights der Woche anspreche, fasse ich zuerst mal die Kleinigkeiten in Wort und Bild zusammen:

Wenn Stephanie und ich sonntags unseren Mädelstag haben, gucken wir u.a. für einige Stunden ihre Fotoalben durch, die sie von mir zum 18. Geburtstag bekommen hat. Damals überreichte ich ihr insgesamt 10 Stück … liebevoll mit Abzügen ab dem Babyalter gefüllt, mit Kommentaren versehen und im letzten Album sogar mit ganz persönlichen Fragebögen und Zeilen ihrer Freunde, der Familie und aus dem sonstigen Umfeld – eben all diejenigen, dich ich damals unbemerkt erreichen konnte. Nun kommt ihr und uns diese gebündelte Sammlung an Fotos bzw. Dokumentation ihrer Jahre bis zur Volljährigkeit sehr zu Gute, denn hiermit kann sie nicht nur das Umblättern üben, sondern auch gleich mal nachprüfen, was noch im Gedächtnis geblieben ist und was durch Bilder und Storys von mir aufgefrischt werden muss.

In dieser Woche haben wir zudem öfters mal mit den Holzklötzen die Konzentration (Vorgaben nachbauen) und die Geschicklichkeit beider Hände (von Person zu Person weiterreichen) geübt. Dabei zeigten sich leider wieder die üblichen Schwierigkeiten bei der Orientierung und einer Problemlösung, wenn sie eine sinnvolle Drehung der Steine (um welche Achse ?) überdenken musste oder einfach nur eine Vorgabe (Buchstaben & Gebilde) nachlegen sollte. Wir denken aber, dass die stetige Wiederholung dabei helfen wird, zudem es ihr ja sogar noch recht viel Spaß macht    🙂

Und natürlich kamen auch diesmal wieder etliche Hunde an unserem Pavillon vorbei, die uns mittlerweile sehr gut kennen, da wir ja immer wieder den Weg hierhin suchen. Einmal haben wir aber schon geschwächelt, denn das stundenlange Sitzen in der Kälte wird zunehmend unangenehmer: da Stephanies Zimmergenossin nicht da war, konnten Carsten und ich mit dem Kind im warmen Zimmer bleiben und eben dort unsere gesamte Besuchszeit zelebrieren.

An dem Tag übergaben wir ihr eine Seniorenfernbedienung – also nur mit Knöpfen für Ein/Aus (1x), für den Programmwechsel vor & zurück (2x) sowie für die Lautstärke lauter, leiser & stumm (3x):

Im Zimmer konnten wir mit ihr jedenfalls mehrfach die Nutzung dieser intensiv üben, ohne vorher Trockenübungen fernab des Fernsehers einplanen zu müssen. Doch es ist echt erstaunlich, wie sehr sie schon nur diese sechs Tasten aus dem Konzept bringen können, während sie andere komplexe Dinge im Nu beherrscht oder sogar noch im Gedächtnis hat. Egal, jetzt könnte sie jedenfalls selbstständig durch die Grundsender ARD, ZDF, NDR, RTL, RTL2, SAT1, Kabel1, Pro7, VOX und vor allem ihr heißgeliebtes Deluxe Music zappen. Sie braucht sich jetzt nur noch mit ihrer Mitbewohnerin einigen und nicht mehr umständlich für jede Veränderung die Pflege zu sich rufen.

In dieser Woche waren der Geschmack-des-Tages ein Kringel Fleischwurst am Dienstag (wir waren echt überrascht, wie selbstverständlich sie die mundgerechten Stücke mit der Gabel wahlweise in Ketchup, Senf, Remoulade oder in einer Kombination aus diesen eingetunkt hat!), eine Schale Kartoffelsalat am Donnerstag, Dominosteine und gefüllte Lebkuchenherzen am Samstag und heute eine Schlangengurke. Doch bald müssen wir uns wahrscheinlich extravagantere Dinge einfallen lassen, denn die Logopäden scheinen weiter gelockert zu haben – Stephanie bekommt ihr Mittagessen mittlerweile unpüriert! Allerdings ergeben sich für uns dadurch nun auch endlich mehr Möglichkeiten (z.B. Currywurst) und vor allem ihr Zwischenziel (Burger) sowie das Endziel (Döner) rücken immer näher. Sie freut sich jedenfalls bärigst und überlegt schon in Gedanken eifrig ihre Wunschzutaten …    😉

Schon beim allgemeinen Abendessen zeigen sich durch die Lockerungen ganz andere Möglichkeiten:

Und auch das fleißige Lernen für ein bisschen mehr Selbstständigkeit bei der Zubereitung ist nach wie vor ungebändigt. Sie schmiert ihre Brote in unserem Beisein immer besser und das Herausholen von Butter oder Schmelzkäse aus dem Töpfchen klappt mit Linki als Festhalter und Rechti als Messerschwinger schon fast perfekt bzw. mit nur noch wenig Hilfe durch uns – an der Front gibt sie auch nicht so schnell auf!

Im Gegenteil, denn sie ist weiterhin sehr enttäuscht, wenn wir es mal nicht rechtzeitig in die Küche schaffen, um an unseren Besuchstagen die vollumfängliche Vorbereitung ihrer Schnitten zu verhindern    😉

Und gestern freute sie sich zwar, als wir gegen 13:00 zu Besuch kamen, doch sie konnte noch nicht ihren Teller mit Oktoberfestköstlichkeiten beenden. Für die Bewohner hatte man am Samstag ein kleines bajuvarisches Fest ausgerichtet und typische Leckereien kredenzt, auf die Stephanie nun nicht so gerne verzichten wollte. Also schoben wir sie auf ihren Wunsch hin mitsamt der unpürierten (!) Wurst- und Leberkäsestückchen mit süßem Senf sowie Kartoffelsalat und Obadzda zum Pavillon, wo sie sogar ohne Schunkelmusik („So gar nicht mein Fall!“) ganz genüsslich zu Ende futtern konnte. Wie auch bei unseren bisherigen Mitbringseln genoss sie hiervon ebenfalls sichtlich jeden Bissen:

OK, nun zu den Highlights:

Nummer 1 ist definitiv ihre supergut überstandene, kleine OP zur PEG-Entfernung am Montag. Ihr erinnert euch, ich schrieb ja am 3. Oktober:

„In der 42. KW ist die Entfernung der PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie = künstlicher Mageneingang) geplant … Stephanie freut sich wie Bolle und damit verbleibt am Ende mit dem Urostoma (künstlicher Blasenausgang bzw. SPK) nur noch ein einziger Dauerschlauch an ihrem Körper“

… nun hat sie auch das endlich hinter sich!!! Wir sind sogar ganz außerplanmäßig am Montag extra einmal zu ihr nach Lüneburg gefahren, denn da konnte mein Mutterherz einfach nicht anders. Ich wollte wissen, wie es ihr geht und wie sie den kleinen Eingriff inklusive Magenspiegelung so überstanden hat. Es verlief alles perfekt und schon am nächsten Tag spürte sie gar nichts mehr davon. Nach unseren Übungen und denen der Ergotherapeuten am Dienstag bescheinigten wir ihr das Gütesiegel „Fit wie’n Turnschuh“, denn sie scheute absolut keine Bewegung mit den Armen, dem Oberkörper und dem Rumpf, welche Auswirkungen und Spannungen auf die Bauchregion mit sich brachten. Puh, ich war sehr erleichtert!!!

Das zweite Highlight war der gestrige Besuchstag, weshalb ich diesen jetzt auch gerne noch etwas ausführlicher beschreiben möchte – in Wort, Bild und Ton.

Am Dienstag lockten wir sie schon einmal aus ihrer Komfortzone heraus, indem wir sie dazu brachten, sich und ihre Arme ganz lang zu strecken, um von Carsten oder mir etwas in die Hand zu bekommen, was sie dann zur anderen Seite an die wartende Person wieder abgeben musste. Es war echt erstaunlich, wie viel Kontrolle sie wieder über ihren Rumpf bzw. die dortigen Muskeln zu haben scheint!!!

Am Samstag toppte sie das Ganze sogar noch einmal, als sie sich völlig unvermittelt nach vorne beugte, um ihr Trinken vom Tisch zu holen:

Weil Stephanie sehr wahrscheinlich beim Oktoberfestschunkeln ihr Getränk verschüttet hatte, wollte Carsten einmal den Rollitisch reinigen. Er hat ihn also abmontiert und wienerte auch gleich die Rollilehne mit, als sie sich dann ganz selbstständig nach vorne bewegte und nach ihrem Becher griff. Die Bewegung bis dahin kannten Carsten und ich schon: wenn sie ihre Arme nach vorne streckte, plumpste der Oberkörper wie ein nasser Sack in Richtung Schoss und blieb dort liegen – zum Glück ist sie im Rolli ja angeschnallt. Doch diesmal schaffte Stephanie es auch ganz alleine wieder, den ganzen, für sie bislang viel zu beschwerlichen Weg zurück in die Rückenlehne. Wir guckten uns und den mitgebrachten Gast an und wir müssen wie ein Honigkuchenpferd gegrinst haben, denn weder der Gast noch das Kind konnten anfangs unsere überschwängliche Freude verstehen. Ohne Fremdhilfe zurück in den Rolli zu schafften war uns völlig neu, also scheinen ihr endlich auch die Bauch- und Rückenmuskeln wieder zu gehorchen – klasse!

Das wir vorher in dieser Richtung nichts gemerkt haben ist völlig verständlich, denn wir haben in der Regel ja grundsätzlich den Tisch vor ihr angeschnallt und deshalb kam es nach unseren vorherig gemachten Erfahrungen im Krankenhaus (Stichwort: Plumpssack) nie beabsichtigt zu so einer Situation. Am Samstag ließen wir die Bewegungseinschränkung dann natürlich für weitere Übungen dieser Art weg. Sie nahm Gegenstände vom Tisch auf …

… und reichte sie uns …

… oder bekam sie auch mal von dem dritten Besucher:

Zu dieser Person nun endlich mehr:
Wir hatten an dem Samstag eine Freundin mitgebracht und trotzdem sich beide bisher noch nicht persönlich gesehen hatten, erkannte Stephanie sie schon nur nach der Vorgabe des ersten Buchstaben vom Vornamen … auch hier eindeutig ein Beweis für die Rückkehr ihres Kurzzeitgedächtnisses. Wir haben dem Kind sicherlich schon ein paar Male von meiner Arbeitskollegin erzählt und auch schon Fotos gezeigt, aber in der letzten Woche kam Stina und ihre Absicht, einmal mit nach Lüneburg zu fahren, jedenfalls nicht zur Sprache. Also ist das Wissen über sie schon älter als zwei bis drei Wochen.

Als nächstes überraschte Stephanie alle mit der Kommunikation, denn wir unterhalten uns mit Stina, einer gebürtigen Französin, in der Regel in einem Mischmasch aus Deutsch und Englisch, Doch mit Stephanie konnte sie nun auch recht viel Französisch sprechen, vor allem, da unsere Kleine als Schülerin mal einen B2-Abschluss im DELF-Sprachlevel absolviert hat. Klar, Stephanie philosophierte nun nicht gerade in langen Sätzen oder über komplizierte Themen, aber dennoch waren wir auch hier wieder einmal erstaunt, was sie ganz spontan so alles an Französisch aus ihrem Wissensfundus hervorkramen konnte:

 
Stina meinte, dass ihre Aussprache super sei und man merkte dem Kind an, dass sie auch echt viel von allem verstanden hat. Stephanie biss sich zu diesem Zeitpunkt mit der französischen Sprache, der Rumpfbewegungen und sogar der Nutzung von Linki gleichzeitig durch und hatte trotzdem ihren Spaß dabei. Toll!!!

Weil das Wetter den ganzen Tag schon so herrlich war – nach zwei Tagen Dauerregen und Sturm auf jeden Fall eine Wohltat – drehten wir zudem mal eine kleine Runde durch die an das Pflegezentrum angrenzenden Felder bzw. Wälder.

Und wieder ein Ah und Oh, denn Stephanie sah auch mal ohne langes Umhergucken Tiere rechts und links abseits des Weges … am Himmel waren z.B. mehrere Keile von Gänsen zu sehen und auf der Bank saß eine Katze, die sie ebenfalls recht schnell nach unserer Richtungsweisung fokussieren konnte.

Wir glauben, dass sie auch mal wieder froh war, etwas anderes als nur den Innenhof und das Pflegezentrum zu sehen, obgleich sie bei den vielen neuen Eindrücken teilweise etwas überfordert schien:

Schade, dass der Sommer bzw. die warmen Tage gerade jetzt vorbei sind …

Ebenfalls schade ist, dass sie das Lesen einer analogen Uhr komplett vergessen hat. Bevor wir sie zum Abendessen schoben, blieben wir an einer solchen Uhr stehen und fragten sie nach der Zeit:

Anhand des kleinen Zeigers gelang es ihr noch, die 5 zu erkennen, aber die Einordnung des großen Zeigers zwischen der 2 und 3 und somit die Verknüpfung zu 10 bzw. 15 Minuten war ihr nicht mehr möglich. Diese Aufgabe wird sich also in die Liste ganz weit nach hinten einreihen müssen, da sind zunächst noch ganz andere, viel wichtigere Baustellen auf der Agenda.

Doch an diesem Besuchstag waren Carsten und ich schon völlig begeistert, was Stephanie für Fortschritte zeigte und welche anderen Überraschungen, u.a. der Gedächtnisleistung, sie so ad hoc aus dem Hut zaubern konnte. Es bleibt demnach weiterhin hartnäckig bei unseren Credos „üben, üben, üben“ und „nicht aufgeben“ …



2021 17.
Okt

Schwupps, erneut ist eine Woche vorbei und ich durchforste die Meldungen aus dem Familienchat, gucke noch einmal durch alle meine erstellten Fotos (101 Stück) und Videos (51 Stück), um die Highlights für den Blogeintrag rauszusuchen und kann es wieder nicht glauben, was sich in der kurzen Zeit doch noch so alles an Veränderungen ergeben hat. Im Vergleich mit dem vorherigen Besuch ist es immer nur wenig, aber mit dem Wochenrückblick wird es dann doch so einiges!!! Stephanie entwickelt sich weiterhin äußerst prächtig und es gibt glücklicherweise erneut nur Schönes zu berichten – und vor allem von Fortschritten!

Als fast täglicher Besucher fällt einem das, wie gesagt, nicht immer so sehr auf, aber hier mal zwei Beispiele, die es dann doch sehr eindrucksvoll wiederspiegeln:

Als ein persönliches Fazit aus dem letzten Wochenende haben ihr Vater und seine Frau den folgenden Kommentar an die Familie geschrieben:

„Wir konnten mit den Besuchen wieder einige Fortschritte bei ihr sehen, gegenüber dem letzten Besuch. Und so sind wir gespannt auf die Fortschritte bei unserem nächsten Besuch.“

Es fällt also nicht nur uns auf!!! Zudem können wir auch noch die folgenden Bilder gegenüberstellen:

In etwas weniger als zwei Wochen schafft Stephanie (höchstwahrscheinlich besonders Dank der kontinuierlichen Botox-Behandlungen), ihre linke Hand bzw. die letzten beiden Finger aus eigener Kraft immer weiter zu öffnen. Auf dem Foto links sieht man ganz deutlich, dass sie den Ringfinger und den kleinen Finger relativ gekrümmt hält, da der Spasmus im Unterarm und im Handgelenk die Muskeln noch zu sehr an der kurzen Leine halten. Als sie mir dann aber gestern mal ihre Fingernägel zeigen sollte, gelang ihr schon diese weite Öffnung – klasse! Und ich konnte zudem alle Finger mit meiner Hand noch etwas gerader ziehen, ohne dass es ihr Probleme bereitete oder schmerzte:

Bei unseren Besuchen ist es uns nicht so sehr aufgefallen, aber durch den direkten Vergleich der Fotos mit fast 14 Tagen Unterschied ergibt sich eine ganz andere Sicht auf solche Fortschritte. Stephanie und wir freuen uns jedes Mal wie Schneekönige … und zum Glück motiviert sie das immer noch zusätzlich, trotz der gefühlten „Langsamkeit“ kontinuierlich weiterzumachen, egal wie stupide und langweilig die Übungen auch sein mögen.

Ja, selbst bei den „stupidesten“ Übungen macht sie tapfer mit – manchmal muss sie sogar selbst so herzlich darüber lachen, dass ihr Tränchen über die Wangen kullern (die sie mittlerweile aber auch selbst wieder wegwischen kann!). Führt doch mal selbst als Erwachsener folgende Sprachübungen für ca. 10 Minuten durch, ohne vorher gelangweilt abzubrechen    😉

Carsten liest vor und Stephanie muss das (sinnlose) Wortkonstrukt dreimal deutlich wiederholen:

BA-LA-KA … BA-LA-KA, BA-LA-KA, BA-LA-KA
DA-LA-KA … DA-LA-KA, DA-LA-KA, DA-LA-KA
BA-LA-KE … BA-LA-KE, BA-LA-KE, BA-LA-KE
DA-LA-KE … DA-LA-KE, DA-LA-KE, DA-LA-KE
BA-LA-KI … BA-LA-KI, BA-LA-KI, BA-LA-KI
DA-LA-KI … DA-LA-KI, DA-LA-KI, DA-LA-KI
BA-LA-KO … BA-LA-KO, BA-LA-KO, BA-LA-KO
DA-LA-KO … DA-LA-KO, DA-LA-KO, DA-LA-KO
BA-LA-KU … BA-LA-KU, BA-LA-KU, BA-LA-KU
DA-LA-KU … DA-LA-KU, DA-LA-KU, DA-LA-KU
BA-LA-KÄ … BA-LA-KÄ, BA-LA-KÄ, BA-LA-KÄ
DA-LA-KÄ … DA-LA-KÄ, DA-LA-KÄ, DA-LA-KÄ
BA-LA-KÖ … BA-LA-KÖ, BA-LA-KÖ, BA-LA-KÖ
DA-LA-KÖ … DA-LA-KÖ, DA-LA-KÖ, DA-LA-KÖ
BA-LA-KÜ … BA-LA-KÜ, BA-LA-KÜ, BA-LA-KÜ
DA-LA-KÜ … DA-LA-KÜ, DA-LA-KÜ, DA-LA-KÜ
BA-LA-KAU … BA-LA-KAU, BA-LA-KAU, BA-LA-KAU
DA-LA-KAU … DA-LA-KAU, DA-LA-KAU, DA-LA-KAU
BA-LA-KEI … BA-LA-KEI, BA-LA-KEI, BA-LA-KEI
DA-LA-KEI … DA-LA-KEI, DA-LA-KEI, DA-LA-KEI
BA-LA-KEU … BA-LA-KEU, BA-LA-KEU, BA-LA-KEU
DA-LA-KEU … DA-LA-KEU, DA-LA-KEU, DA-LA-KEU

Und danach sogar als Doppelwort:

BA-LA-KA-DA-LA-KA … BA-LA-KA-DA-LA-KA, BA-LA-KA-DA-LA-KA, BA-LA-KA-DA-LA-KA
BA-LA-KE-DA-LA-KE … BA-LA-KE-DA-LA-KE, BA-LA-KE-DA-LA-KE, BA-LA-KE-DA-LA-KE
usw.

Na, Hand aufs Herz, wer hat mitgemacht und sich wirklich alles durchgelesen?    😉

Wir kannten diese Art der Übung schon aus der Klinik in Geesthacht, wo allerdings mit der Silbenkombination PA-TA-KA (mit E, I, O & U) die Zunge und der Mundraum trainiert werden sollte. Damals noch, damit man Stephanie überhaupt verstehen konnte, heute, damit man sie bald noch sehr viel besser versteht. Und wir ziehen das auch gerne gemeinsam durch, selbst wenn Pataka, Balaka und Dalaka uns allen in drei Wochen mit ziemlicher Sicherheit aus den Ohren herauskommen wird.

Wie sehr sie diese Zungenbewegungen anstrengt, sehen wir alleine schon dadurch, dass Stephanie zu Anfang unseres Besuches nur recht wenig nuschelt, aber nach dem vielen Erzählen und auch den diversen Sprachübungen zum Besuchsende hin immer undeutlicher in ihrer Aussprache wird. Glaubt uns, nach „BA-LA-KA“ und „DA-LA-KA“ folgen nämlich noch weitere Übungen, z.B. mit „Strömern“ und „Klingern“ … eben alles im Dienst der Medizin, der Gesundheit und des Heilungsprozesses.

Wer uns kennt, weiß allerdings auch, dass wir selbst bei solch ernsten Dingen genug Blödelpotential mit unterbringen und sogar das Kind spielt dabei gerne mit. Als es einmal um die Strömungslaute (z.B. „fffffff“) ging, musste Stephanie vorgegeben Worte von Carsten wiederholen. Bei Fffffffffrankfurt hängte sie noch schelmisch lächelnd ein „an der Oder“ mit an und bei Carstens ausgesprochenen „Ffffffffereinigten Staaten von Amerika“ korrigierte sie sofort, dass das nicht gilt und mit einem V geschrieben wird.

Ihr merkt, selbst die drögesten Übungen können wir OLCAs uns noch schmackhaft machen und versüßen … wow, das sind sehr gute Stichwörter, kommen wir gleich mal zum Essen    🙂

Zur Erinnerung: an unseren Besuchstagen in der Woche (nach der Arbeit) essen wir stets mit Stephanie gemeinsam zu Abendbrot und holen dabei in der Regel auch den Geschmack-des-Tages (teils nur für sie, oft aber auch für uns alle) aus dem Transportbeutel. Am Dienstag waren es gleich zwei Sorten Fleischsalat, die unser Kind natürlich äußerst gerne gegen den eigentlich für sie vorgesehenen Frischkäse eingetauscht hat    😉

Einmal gönnten wir uns Baumkuchenspitzen, die im Inneren nicht so krümelig waren, sodass Stephanie diese ohne Verstoß gegen ihre Lebensmittelvorgaben essen konnte. Wir fanden an dem Tag zudem erstaunlich, mit welcher Vorsicht sie die einzelnen Stücke für sich und uns aus der zum Teil hakeligen Verpackung, ähnlich wie bei Dominosteinen, fischte, ohne die mit Schokolade überzogenen Kuchenteilchen zu zerquetschen oder gar zu zerbrechen. Klar, es fehlt ihr sicherlich noch einiges an Feinjustierung und Geschick, aber ansonsten hielten wir ihre Ausführung schon für eine sehr beachtliche Sache. Geschmeckt hat der Baumkuchen natürlich ihr und uns äußerst lecker!

Am Donnerstag bekam sie India-Frischkäse auf Graubrot, welches sie zuvor selbst schmieren musste. Hier machen sich natürlich schon unsere vergangenen Trainingseinheiten bemerkbar, auch wenn Stephanie größtenteils immer noch angewiesen und im Umgang mit dem Besteck etwas geführt werden muss. Beim Essen durfte aber selbst Linki auch mal ran und hatte damit die Stücke einer Brothälfte mit der Gabel zum Mund zu führen. Für den ersten Bissen brauchte sie noch etwas Unterstützung (siehe Foto), aber dann klappte es so gut, als hätte sie das schon seit Wochen so gemacht.

Die weiteren Geschmäcker-des-Tages: da der India-Frischkäse es ihr echt angetan hatte, versprachen wir für Samstagnachmittag den Rest aus der Schale mit kleinen Pitabroten (ungetoastet und somit weich) und heute holte ich ihr den Geschmack von Kiwis ins Gedächtnis zurück. Beim Telefonat mit Carsten äußerte sie jetzt sogar den Wunsch, einmal Rosenkohl probieren zu wollen, da wir diesen heute als Mittagessen hatten. Sie testet echt alles aus!

Vor oder zusammen mit dem Essen muss sie aber auch immer ihre Medikamente nehmen. Eine Zugabe in flüssiger Form gab es bislang immer zu Anfang und die Tabletten wurden entweder in gemörserter Form als Pulver oder zerkleinert mit dem Yoghurt verabreicht. Carsten probierte nun mal die nächste Stufe aus, damit Stephanie ihren Yoghurt zukünftig auch gänzlich ohne bitteren Beigeschmack durch die Medis genießen könnte: er übte mit ihr die Einnahme im Ganzen und mit Trinken. Doch das Kind brauchte gar keine Übung und schluckte die zum Teil schon recht großen Pillen und Kapseln sogar völlig ohne eine zusätzliche Flüssigkeitszufuhr runter. Wir haben nicht schlecht gestaunt und mittlerweile hat sie sogar mit den Pflegern den Deal, die jeweilige Pillendosis auf einmal in den Mund zu bekommen, herunter zu schlucken und anstandshalber danach doch noch etwas zu trinken. RESPEKT !!! Mit einer so raschen Entwicklung hätten wir nicht einmal in unseren kühnsten Träumen gerechnet … vor allem, da wir das so ja selbst nicht mal könnten    🙂

Dafür stehen wir wohl noch vor so mancher Herausforderung, wenn es um das Bewältigen von Alltagssituationen geht. Hier fehlt ihr leider immer noch die Routine, Strategieentwicklung und Problemlösung, wie man an solche Aufgaben heranzugehen hat.

Beim Blättern, Öffnen von Boxen, dem Einschalten von Geräten (z.B. für Musik) oder dem Umgang mit Hilfsmitteln zeigen sich leider noch zu große Lücken, die wir nun mit immerwährendem Training schließen wollen. Dann gibt es jetzt eben eine Überraschung nicht mehr direkt in die Hand gedrückt, sondern in einer Schachtel und Stephanie muss zunächst mal da rankommen. Bislang hilft die linke Hand nur sehr wenig, wenn sie zwar die Box gegen das Verrutschen fixiert, dabei aber leider auch von oben auf den Deckel drückt – ihr fällt das noch nicht intuitiv auf und sie ackert umso mehr mit der rechten Hand an dem störrischen Objekt.

Auch beim Ausziehen ihrer linken Handorthese hat sie das Prinzip von Klettverschlüssen und den Ösen an der Seite nicht verstanden.

Sie findet die Anfänge der Verschlüsse noch nicht selbstständig und bekommt die Halteriemen zudem nicht von alleine aus den Metallringen heraus … erst wenn man ihr Anweisungen gibt und ihre Finger an die jeweiligen Stellen setzt bzw. diese dann in die richtigen Richtungen bewegt.

Carsten und ich haben dazu folgenden Gedanken entwickelt:
Stephanie geht es da wahrscheinlich ähnlich wie einem Baby oder Kleinkind. Diese können solche Handgriffe ja auch nicht sofort, sondern gucken sich in der Regel die Handlungen erst bewusst oder unbewusst bei anderen Personen ab – Beispiele wären hier das Tippen auf einer Fernbedienung oder ein Handy ans Ohr zu halten und dort hinein zu sprechen. Doch genau diese Abguck- und Beobachtungsphase fehlt unserem Kind völlig. Ergo müssen wir nun immer wieder auch mal solche Alltagssituationen, wie z.B. eine Box aufzumachen, einen Brief zu öffnen usw., mit ihr durchgehen und üben.

Das ist ihr zum Glück auch selbst sehr bewusst und somit macht sie jede in ihren Augen noch so stumpfsinnige Übung ganz toll und bis zum Schluss (konzentriert) mit. Wir denken mal, auch das unterscheidet sie sehr von manch anderen Personen in einer ähnlichen Situation, die irgendwann die Lust und Laune verlieren und dann ggf. nur noch resignieren oder abblocken. Davon ist sie derzeit aber noch weit entfernt, vor allem, da sie von allen Seiten so viel Zuspruch, Lob und Anerkennung bekommt – selbst für in ihren Augen schon recht popelige Selbstverständlichkeiten.

Anderes Beispiel: schon beim Ziehen von Grimassen scheint sie ihre Gesichtsmuskeln nicht auf die richtige Art und Weise kontrollieren zu können und wir könnten da noch so viel erklären, was denn genau zu tun wäre. Hier sind wir wahrscheinlich wieder beim Thema Abgucken und Abkupfern von anderen (s.o.) – ihr und uns fehlt da einfach der ganztägliche Kontakt, wie es eben bei Babys oder Kleinkindern normalerweise der Fall ist, wo ja ständig zwischen Kindern und Eltern interagiert wird – „Oh guck mal, ein XYZ!“

Da auf dem Gelände der Pflegeeinrichtung immer wieder mal Leute mit Hunden sind, hat sie dazugehörigen Verhaltensmuster beispielsweise schon sehr gut drauf. Sie freut sich über jeden Dackel und jedes Schwanzwedeln und versucht auch stets, eine Streicheleinheit an den Wuffi abzugeben. Ob am Boden …

… oder auf dem Schoss:

Doch leider werden wir wohl nicht mehr lange vorbeilaufende Hunde sehen können, denn es wird zunehmend schattig in Deutschland, als dass man bald noch stundenlang draußen sitzen könnte. Vor allem, wenn sich unsere Besuchszeiten in der Regel auf 3-4 Stunden ausdehnen. Letztens habe ich schon mal ein wenig geschwächelt:

Mit Stephanies Muff und meinem Schal über der Nase konnte ich dann nur noch an verbalen Spielen und Übungen teilnehmen. Dem kälteliebenden Kind wird es sicherlich auch bald zu ungemütlich werden und wir müssen uns dann ein ruhiges Plätzchen innerhalb der Gebäude suchen. Wir halten euch auf dem Laufenden.

Hier noch ein paar Infos in Newstickerform, da der Blogeintrag eh schon wieder viel zu lang und zu ausführlich geworden ist:

  • Die Pflegekasse und der MDK haben sich nun final auf den Pflegegrad 5 geeinigt … damit wäre zumindest die medizinische und therapeutische Versorgung in trockenen Tüchern.
  • Ihr Kurzzeitgedächtnis scheint wieder etwas aktiver zu werden, denn Stephanie erinnert sich immer mehr an Dinge von gestern oder vor Tagen. Am Dienstag befragten wir sie zum Wochenendbesuch und sie konnte sich unter anderem daran erinnern, mit Andrea telefoniert und beim Kniffel nur verloren zu haben. Und bzgl. Käse denkt sie immer noch daran, wie sie vor zwei Wochen meinen ekeligen Bergkäse erwischt hat … sowas kommt definitiv vor allem aus dem Kurzzeitgedächtnis heraus.
  • Nach Auskunft der Ergotherapeuten war Stephanie selbst nach zwei Wochen Pause 15 min ohne Kreislaufprobleme im Standing, schaffte mit dem Motomed schon stattliche 1,7 km und bedient ein Spiel auf dem Tablet hochkonzentriert für ca. 10 min.
  • Carsten und ich haben uns vor Kurzem darüber unterhalten, dass Stephanie nicht mehr so viel orientierungslos herumblickt, wie es z.B. noch damals in der Vamed-Klinik der Fall war. Ihr Orientierungssinn hat sich demnach schon sehr gebessert und sie fokussiert sich auch sehr viel einfacher auf das Geschehen um sie herum. Leider ist sie dadurch aber auch wieder etwas leichter ablenkbar …
  • An die guten, alten Kindermärchen kann sie sich fast gar nicht mehr erinnern. Wir haben einmal drei Begriffe genannt und sie sollte das dazugehörige Märchen erkennen: Zwerge, Apfel, Hexe = nein … Wolf, rote Mütze, Oma = nein … Geißlein, Wolf, Steine im Magen = nein. Einerseits schade, aber andererseits auch wieder eine Chance, Märchen vorzulesen oder Stephanie am Ende mal selbst lesen zu lassen, wenn sie das mit dem Umblättern, Halten und Durchlesen wieder drauf hat.
  • Dafür überraschte sie uns bei einem (Kinder-)Quiz mit doch noch recht vorherrschendem Wissen. Ich las Fragen und vier Antwortmöglichkeiten vor, die wir dann alle beantworteten bzw. kommentierten. So wusste sie u.a., dass Mode keine Kategorie beim Nobelpreis ist (Physik, Chemie, Frieden, Mode) und dass Marie Curie eine Physikerin war.
  • Mit einem anderen Spiel testeten wir ihr Kurzzeitgedächtnis und wollten mal ihre Phantasie aus der Reserve locken – ich habe ja schon im Blog geschrieben, dass kindliches und somit phantasiereiches Spielen bei ihr gar nicht mehr funktioniert. Also gab Carsten drei Wörter vor und sie sollte daraus eine kurze Geschichte oder einen Witz basteln (z.B. Drache, Schloß & Himmel). Doch auch hier fiel es ihr sehr schwer, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Dafür konnte sie sich anfangs noch recht gut die drei vorgegebenen Worte merken, aber sie verhaspelte sich zunehmend mit früheren Worten und „vergaß“ somit eines von den Aktuellen. Doch nicht vergessen hatte sie, dass wir reihum spielen wollten und nach ihrem berechtigten Protest ging die zweite Kombination aus Hase, Huhn und Ei an mich    😉

So, langsam sollte ich mal Schluss machen – Lob an die, die bis hier noch durchgehalten und aufmerksam mitgelesen haben. Wenn ich die Zusammenfassung der Woche schreibe, komme ich leider auch allzu oft ins Träumen und Schwärmen, sodass ich einfach kein Ende finden kann.

Alle Fotos sind nun in dem Text eingebunden, alle wichtigen Infos weitergegeben (glaubt mir, ich könnte noch sehr viel mehr auflisten!) und das Korrekturlesen wartet ja auch noch auf mich und Carsten. Wahrscheinlich bin ich ebenso wie ihr gespannt, wie sich so manches in der nächsten Woche entwickeln wird!

Habt noch einen schönen Abend und vor allem einen ruhigen Start in die neue (Arbeits-)Woche. Drückt Stephanie bitte weiterhin die Daumen, dass es auch künftig so bergauf geht, und habt nochmals vielen lieben Dank für eure zahlreichen Reaktionen, Kommentare und Wünsche – das bedeutet mir wirklich sehr viel! Und Stephanie hilft es ebenfalls …



2021 10.
Okt

Dieses Wochenende sind mal wieder Stephanies Vater und seine Frau aus der Nähe von Meißen bzw. Dresden in den Norden gekommen und haben die Besuchszeiten an den beiden Tagen übernommen. Dadurch beschränkt sich meine heutige Zusammenfassung eigentlich auch nur auf drei Besuche in der vergangenen Woche: Dienstag nach der Arbeit war ich alleine bei ihr, da Carsten abends während eines Wartungsfensters anwesend sein musste, Mittwochvormittag warteten Stephanie, Carsten und ich auf jemandem vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen), da eine Vor-Ort-Untersuchung für die Pflegegradbestimmung stattfinden sollte, und am Donnerstagnachmittag hatten wir drei unsere einzige „reguläre“ und gemeinsame Besuchszeit. Dennoch gibt es reichlich zu berichten – keine Angst    😉

Dann fange ich doch gleich mal mit diese Meldung an: wir haben ihr Platzdeckchen gesehen und mal für euch abfotografiert …

Na, warum hat sie sich wohl dafür entschieden? Na klar, dieser tolle Wolkenhimmel ist ganz und gar ihr Ding!!! Das begeistert sie definitiv sehr viel mehr als jedes Bild mit einem Sandstrand, einer Spiegelung im See, einem Fahrzeug, einer Filmsequenz oder einem Vereinsemblem. Unsere kleine Meteorologin …

Toll fand ich diese Woche besonders, dass man mit ihr insgesamt etwas mehr über Dinge des Tages quatschen konnte, da sie sich diesmal sogar recht gut daran erinnern konnte. Sie scheint wohl gerade wieder mal einen erfreulichen Leistungsschub zu haben, denn viele Übungen sitzen bereits nach nur wenigen Versuchen oder zeigen deutliche Entwicklungen von Besuch zu Besuch. So z.B. das Umblättern bei Zeitschriften oder auch Fotoalben, die Nutzung eines Lippenpflegestiftes (darf ich „Labello“ sagen, ohne gleich Werbung dafür zu machen?) hat sie fast schon komplett von der Öffnung bis zu Schließung drauf und selbst bei der Nutzung von bekannten und neuen Spiele-Apps machte sie immer wieder eine sehr gute Figur. So hatte sie bei einer erstmalig genutzten Puzzle-App nur am Anfang etwas Probleme, aber dann flutschte es zunehmend besser. Und bei unseren Gesprächen über die vergangenen Tage nennt sie nun immer öfters Namen der anderen Bewohner, kann sich noch zielsicherer an Übungen und die Dauer bei den Therapiestunden erinnern und spricht auch schon über andere Kleinigkeiten des Tages. Besonders, wenn es ihr wichtig war.

So auch über ihren letzten großen Test der Logopäden, die ja schließlich über die Freigabe weiterer Essensvarianten entscheiden. Am Dienstag bekam sie zum Abendessen schon Graubrot mit Rinde, Scheibenwurst, Gurkenscheiben und Paprikastreifen, da sie mittags mit einem unpürierten (!!!), dafür aber klein geschnittenen Nackensteak (!!!) keine sonderlich großen Schwierigkeiten hatte und dadurch wohl die nächste Lockerung erreichte. Dieses Erfolgserlebnis mit dem Steak erzählte sie sogar Carsten freudestrahlend am Telefon, so wichtig war ihr das:

Wenn wir schon mal beim Essen angelangt sind, kann ich mit diesem Oberbegriff ja erst einmal weitermachen. Da es insgesamt doch nur zwei reguläre Besuchstage waren, bekam sie eben auch nur zwei Mal den Geschmack-des-Tages: am Dienstag waren das Apfel und Birne (sie hat sogar die Begriffe richtig zugeordnet) …

… und am Donnerstag einen Rest meines selbstgemachten Thunfischsalates, den sie trotz „Fisch“ als sehr lecker empfand und zum Abendessen genüsslich weglöffelte.

Doch egal was wir ihr bislang vorsetzt haben, sie genießt derzeit jeden einzelnen kulinarischen Ausflug – selbst Oliven, natürlich ohne Stein (hat sie die vor dem Vorfall auch schon gegessen?), und einen Smoothie mit Banane, Ananas und Kokos fand sie letztendlich sehr lecker.

Nur bei eigentlich harmlosen Cornichons guckte sie uns nach dem ersten Kauen fragend an und betitelte sie als sehr scharf … häh?!? Und dabei hatte sie sogar Recht, denn das Gurkenglas war nicht von uns gekauft, sondern blieb nach einer kleinen Feier übrig und wir hatten vorher nicht genauer auf das Etikett geachtet: Cornichons mit Chili. Sie machte aber dennoch keine großen Anstalten oder wollte es ausspucken, sondern aß tapfer zu Ende und schluckte alles runter. Aber einen Nachschlag wollte sie hiervon natürlich nicht    😉

Doch trotz aller Gelüste und vermisster Geschmäcker, selbst einen Bissen von ihrem heißgeliebten Mettbrot gibt sie weiterhin gerne ab … herrlich, Stephanie füttert Carsten!!!

Natürlich haben wir die drei Besuchstage nicht nur gefuttert und gefüttert, sondern auch viel gespielt und geübt … letzteres durchaus öfters im Kontext Essen    🙂

Wie schon die letzten Male, versuchen wir weiterhin ihr Abendbrot ungeschmiert aus der Küche zu bekommen, damit wir mit Stephanie das Schmieren eines Brotes mit Butter und Aufstrich üben können. Selbstverständlich braucht sie weiterhin noch viel Hilfe in Form von Anweisungen, Handgriffen und Halten, aber meiner Meinung nach wird auch das schon zunehmend besser:

Insbesondere Linki ist ja leider noch zu sehr in der Bewegung eingeschränkt, als dass Stephanie mit ihren Händen schon all die Dinge erledigen könnte, wie jeder andere auch. Besonders beim Halten von Schüsselchen und Bechern macht sich das deutlich bemerkbar, während die rechte Hand mit einem Messer, einer Gabel oder einem Löffel etwas herausfischen muss. Durch die Spastik ist es für sie z.B. sehr schwer, die jeweilige Öffnung immer schön gerade nach oben zu bringen oder sie dort zu halten. Sie kann dafür ja nicht mal eben das Handgelenk richtig öffnen und drehen, sondern das Gehaltene eigentlich nur gegen ein Wegrutschen fixieren, besonders wenn es zusätzlich auf dem Tisch o.ä. steht.

Beim Yoghurtbecher wollten wir es dann aber mal wissen, also starteten wir einen Versuch in die andere Richtung. Rechti kann den Becher zwar perfekt halten, aber Linki schafft die Bewegungen in alle Richtungen für das Herausfischen, das Führen zum Mund ohne alles zu verlieren und auch das koordinierte Drehen und Halten des Löffels noch nicht. Wir bleiben da aber dran, denn mit Rechts hatte sie anfangs ja die gleichen Probleme und es landete mehr auf dem Latz als im Mund    😉

Dafür überraschte sie uns auf Anhieb mit dem Schlucken ihrer Medikamente in Pillen- und Kapselform. Anfangs wurde im Vorfeld noch alles gemörsert und während Carsten sich mit Stephanie dem Hauptgang widmete, rührte ich das Pulvergemisch immer munter in den Pudding oder Yoghurt. Wenn wir dann mal ungemörserte Medikamente bekamen, verteilte Carsten die Pillen und das Pulver der Kapseln auf einem Löffel Yoghurt und Stephanie schluckte alles sofort und ohne Kauen runter. Leider blieb dann zu ihrem Leidwesen von Nachtisch am Ende nicht mehr so viel übrig, dass sie diesen noch hätte genießen können. Doch am Donnerstag ließen wir mal alle Pillen und Kapseln in Rohform (auch die etwas Größeren) und Stephanie sollte sie mit ihrem Getränk einzeln hinunterschlucken. Und siehe da, sie hatte Null Probleme damit und ab sofort werden wir ihr die Medis immer nur mit Wasser geben, damit ihr der Nachtisch als Genuss und Abschluss erhalten bleibt. Spätestens nächste Woche wissen wir, ob es immer so klappt und könnten dann einen Hinweis an das Pflegezentrum geben, damit sie zu jeder Mahlzeit auch ohne uns das Schlucken mit einer Flüssigkeit durchführen kann. Denn: sie schluckt zwar die Medikamente erfolgreich runter, aber das Legen der Pille in den Mund bzw. auf die Zunge erfordert natürlich noch ein Zutun durch einen Dritten. Aber der erste Schritt ist mal wieder gemacht und wir drei sind glücklich über diesen weiteren kleinen Fortschritt.

Wir sind auch noch immer mit Eifer dabei, mit ihr das Überziehen der Ärmel zu üben (leider sind noch zu viele Anweisungen und Hilfen notwendig), sowie das Umblättern von Seiten (bei dickeren Seiten, z.B. einem Fotoalbum, erkennt sie sofort, wenn sie mehrere erwischt und korrigiert nach) …

… und das Finden und Berühren der eigenen Ohren (diese Bewegung hat sie jetzt sogar schon ganz autark mit Linki drauf!). Neu hinzugekommen sind nun noch die Benutzung eines Labellos (wie erwähnt ist das schon fast perfekt) und am Donnerstag starteten wir das eigenständige Ausziehen der linken Handorthese.

Warum ausgerechnet das? Weil man ihr nach dem Anlegen mal gesagt hat, dass sie diese nach mehr als drei Stunden Tragen auch gerne selbst abnehmen kann, worauf sie wiederum in Tränen ausbrach, weil sie das leider nicht beherrscht. Deshalb bringen wir ihr nun das Öffnen der insgesamt sechs Klettverschlüsse sowie das Festhalten der Orthese mit Rechti, während Linki sich herauszieht, bei. Beim allerersten Mal klappten die Handgriffe zwar schon recht gut, aber natürlich noch mit viel zu vielen Anweisungen und Hilfestellungen, z.B. wo der Anfang und das Ende eines solchen Klettverschlusses überhaupt ist. Aber das beherrscht sie bald wie aus dem Effeff, wetten? Wir bleiben jedenfalls dran …

Kommen wir zum Spielen. Während ich weiterhin vorrangig für das künstlerische (Malen, Singen etc.) und sprachliche (Russisch, Englisch, Lesen etc.) zuständig bin …

… kümmert sich Carsten in erster Linie um das Variieren und die Zweckentfremdung von Gesellschaftsspielen – der Klassiker und Dauerbrenner ist hierbei schon seit Monaten dieses Memory:

Anfangs nahmen wir nur den hier schon öfters beschriebenen Sechserpack aus Wolke, Regenschirm und Huhn (die drei erkennt sie mittlerweile sofort) sowie Apfel, Birne und Möhre (hierbei kommt sie weiterhin ins Straucheln). Dann erweiterten wir auf die restlichen Kärtchen, die sie zunehmend auch erkannte und mittlerweile fast schon fehlerfrei benennt. Insbesondere hier merkt man, dass sie am Anfang noch völlig konzentriert und dadurch fehlerfrei ist, mit fortschreitender Zeit aber immer unkonzentrierter wird und dann mehr und mehr kleinere Hilfen benötigt.

Nun haben wir alles erweitert und am Mittwoch zum ersten Mal auch den bislang ausgemusterten Kartensatz mit den Umrissen bzw. Schatten dazu genommen. Ein Memorypärchen besteht hier eigentlich aus einem bunten, aber gemalten Echtbild und einem Schattenbild bzw. nur dem schwarzen Umriss. Im richtigen Spiel gilt es also diese Pärchen zu finden und aufzudecken – so weit ist Stephanie aber noch lange nicht. Doch sie bekam nun fünf „Echtbilder“ vor sich gelegt und einen dazugehörigen Umriss, dann sollte sie das Pärchen finden.

Wir waren echt beeindruckt, dass sie im direkten Vergleich der Kärtchen kein Problem mit der Zuordnung hatte, aber man merkte das oben Erwähnte bzgl. der Konzentration schon sehr deutlich. Beim ersten Durchlauf mit allen Bildchen waren Affe und Banane kein Problem für sie und sie wusste auch, dass Affen gerne Bananen essen. Beim Durchlauf mit den Schattenbildern aber „fehlte“ ihr diese Info schon wieder und sie antwortete völlig überzeugt „Affen essen Käse“. Erst mit unserer Hilfe („Affen essen Ba …“) kam sie auf die richtige Lösung. Ergo, das Wissen ist auf jeden Fall da, es wird eben nur nicht immer schnell gefunden. Ach ja, da ist ja wieder die Analogie zu Hund, Katze, Wuff und Miau    🙂

Als Zusatztest haben wir ihr auch mal nur einzeln die Schatten des Sechserpacks gezeigt und hier ebenfalls das gleiche Bild wie mit den Echtbildern: Wolke, Regenschirm und Huhn erkennt sie auf Anhieb, Apfel, Birne und Möhre wiederum nicht, obwohl selbst die Schatten dieser drei Dinge mehr als eindeutig sein dürften    🙁

Zum Abschluss möchte ich noch zwei Themen kurz anreißen.

Thema 1: Beim Warten auf den MDK haben wir von unserem Pavillon aus u.a. dem Treiben auf dem Gelände der Pflegeeinrichtung zugeschaut, wo fleißig für eine kleine Olympiade nach dem Mittag aufgebaut wurde. Zuerst hat Stephanie zwar bezweifelt, dass sie an den Stationen mit teilnehmen kann, doch am nächsten Tag zeigte ihr Stationsschein (unten rechts), dass es doch nicht so war, denn sie hatte ja schließlich für alle sechs Aufgaben einen Aufkleber bekommen:

Hier scheint also immer jeder in alles mit involviert und einbezogen zu werden – wir finden das so toll! Somit bleibt es bei unserer Meinung und unserem Eindruck: diese Einrichtung war mitunter das Beste, was Stephanie nach der Entlassung aus dem Krankenhaus und der Rehastation passieren konnte.

Thema 2 zielt natürlich auf den Besuch des MDK ab. Stephanie hat ihre Sache recht gut gemacht und das Gespräch mit der Dame verlief wie erwartet. Das Kind zeigte zum Glück keine übertriebene Nervosität oder ein ungewöhnliches Ausbrechen aus dem allgemeinen Zustand – bei Tests ist Stephanie leider immer etwas unberechenbar. Also stellte man „Frau Meier“ (das findet sie immer noch sehr komisch) Fragen, auf die sie Antworten wusste (Schmerzen, Geburtsdatum, Alter), aber dann auch welche, die sie zwar wahrheitsgemäß, aber eben nicht richtig beantwortet hat … „Welchen Monat haben wir?“ – „Weiß nicht.“ … „Wo waren Sie vorher?“ – „Wentorf.“ … usw.

Jetzt heißt es für Stephanie, Carsten und mich sowie für die Einrichtung abwarten, bis dass der MDK aufgrund dieses Treffens samt Unterhaltung mit uns und dem Pflegepersonal eine finale Einschätzung zum Pflegegrad abgibt. Stephanie kann zum Glück nicht viel dabei verlieren, aber auf uns kommt dann definitiv wieder etwas Arbeit zu, denn das Ergebnis müssen wir ja an diverse Behörden und Institutionen verteilen, die daraus wiederum neue Berechnungen generieren und uns zurückschreiben werden. Hoffentlich hält sich der resultierende Papierkram in Grenzen … so viele Briefe, wie in den letzten paar Monaten, haben wir nicht mal in den vorangegangenen Jahren frankiert und verschickt.

Aber beenden wir diesen Blogeintrag doch mit etwas Schönerem als diese Erkenntnis – wir finden es jedenfalls immer ganz toll, wie schön und liebevoll man Stephanies Bett über den Tag drapiert:

Oder was sagt ihr dazu?



2021 03.
Okt

Die richtig guten Nachrichten zuerst im Kurzticker:

  • die Krise von letzter Woche war glücklicherweise nur ein kleines und vor allem kurzes Strohfeuer … wir drei haben uns am Dienstag darüber ausgesprochen, sie hat sich unendlich oft entschuldigt und es wurden auch gleich mal die nächsten Ziele von ihr festgelegt, an denen wir nun eifrig arbeiten
  • in der 42. KW ist die Entfernung der PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie = künstlicher Mageneingang) geplant … Stephanie freut sich wie Bolle und damit verbleibt am Ende mit dem Urostoma (künstlicher Blasenausgang bzw. SPK) nur noch ein einziger Dauerschlauch an ihrem Körper
  • unser Kind ist seit Donnerstag vollständig durchgeimpft … willkommen im Club der 2G-Nutzer
  • Stephanie sagt auch, dass sie wohl schon die positive Wirkung der Botox-Behandlung bemerkt, denn Linki ist ihrer Meinung nach noch etwas freier in der Bewegung geworden und in den Beinen hat sie nun sehr viel weniger Krämpfe

Und mit diesen Stimmungsaufhellern verlief die letzte Woche auch insgesamt wie am Schnürchen. Wir haben viel ausprobieren können, viel geübt und natürlich auch wieder ein paar kleinere Erfolge erzielt.

Mit unserem „Geschmack des Tages“ möchten wir Stephanie im Rahmen ihres erlaubten Kostplans wieder langsam an die vielen kulinarischen Genüsse heranführen und auch ausloten, was sich geschmacklich bei ihr eventuell geändert haben könnte: am Dienstag gab es auf ihrem Brot Zunge als Wurstscheibe (fand sie so lala), am Donnerstag Bierschinken im Ganzen (zugegeben, Wurst ohne Brot ist unfair, denn welcher Nichtvegetarier/-veganer würde das nicht mögen?!?), am Samstag Rindermett (diese Form des „Hackepeters“ haben wir selbst erst hier im Norden kennen- und (wie unser Kind) mittlerweile lieben gelernt) und heute verwöhnte ich sie mit einer frischen Avocado.

Doch die größte Überraschung gab es gestern zum Frühstück, wo sie zu ihrem süßen Brötchen mit Belag auch noch zwei Stücke Pfirsich und zwei Stückchen Ananas bekam:

Ananas war ja eigentlich noch nie so richtig ihr Ding und bei der Beschreibung von Pizza Hawaii zeigt sie auch heute noch trotz ihres Gedächtnisverlusts nicht gerade ein Das-will-ich-essen-Gesicht. Doch pur scheint sie nun echt Freude dran gefunden zu haben – wir waren etwas baff. Gut zu wissen …    🙂

Bei den neu eingeführten Übungen hielten wir uns u.a. an ihren Wunsch, als Freizeitbeschäftigung zuerst das Lesen wieder durchführen zu können. Ergo besorgten wir ihr Zeitschriften und packten diese in eine Art Rollirucksack, mit denen sie ab jetzt immer dann trainieren kann, wenn ihr danach ist … natürlich, wenn ihr jemand zuvor jene herausholt und sie vor ihr auf den Tisch legt. Doch unsere erste Aufgabe war zunächst das Erlernen des Umblätterns:

Zwar erwischt sie noch zu oft mehr als nur eine Seite, aber die Feinmotorik und Fähigkeit, mit den zum Teil auch mal durch Lecken angefeuchteten Fingern zu arbeiten, wurde von Besuch zu Besuch sichtbarer. Sie scheint wohl auch schon selbst hier und da mal zu üben und sich die Bilder und Texte anzuschauen. Der Anfang wäre damit gemacht.

Am Donnerstag musste sie uns eine Postkarte vorlesen, die sie von einer Therapeutin bekommen hat, die derzeit in Dresden und der Sächsischen Schweiz Urlaub macht. Das Lesen des Textblocks klappte dabei sogar schon überraschend gut und Stephanie hat sich eigentlich nur einmal in der Zeile vertan und somit die richtige Stelle verloren, doch sie brauchte nicht lange, um sie wiederzufinden und weiterzulesen.
Heißt: wer also Lust hat, kann ab sofort gerne ein paar Zeilen auch direkt an sie schicken – ob als Brief, als Postkarte oder auch als Email. Falls es nicht mehr bekannt sein sollte, die Postadresse findet ihr hier und die Emailadresse setzt sich bei uns allen aus Vorname.Nachname@marvinchen.de zusammen. Wir werden ihr dann alles bei unserem nächsten Besuch mitbringen und sie selbst durchlesen lassen.

Wie schon im letzten Blogeintrag angedeutet, haben wir auch weiterhin das Schmieren ihres Brotes zum Abendessen geübt und es zeigen sich sogar schon erste Erfolge – doch ganz alleine geht es natürlich noch nicht. Und auch das Hunde-Memory kam wieder zum Einsatz, diesmal mit der Variante, dass vor ihr ein Welpenbild mit abgedecktem Rassenamen liegt und sie aus vier möglichen Fotos von ausgewachsenen Hunden das mögliche Elternteil heraussuchen muss:

Dabei soll sie auf hundetypische Merkmale, wie z.B. Farbe, stehende oder hängende Ohren, Länge der Beine oder des Fells, Kopf, Gesicht und Schwanz achten und erst danach ihre Auswahl durchführen. Manches schließt sie von Vornherein aus uns schiebt diese Karten dann weg, aber manchmal ist sie auch schon bei vier Karten sehr zielsicher. Auf dem Foto ist wohl eindeutig die Farbe der entscheidende Hinweis gewesen    😉

Einmal hatten wir sogar das Glück, dass sich ein echter Hund dazugesellte und Stephanie war außer sich vor Freude. Das Streicheln mit Linki gestaltete sich allerdings etwas suboptimal …

Egal, sie war glücklich und aus dem Häuschen und sie weiß mittlerweile auch ganz genau, dass Hunde „wuff“ und Katzen „miau“ machen … war ja anfangs nicht immer so, ihr erinnert euch sicherlich noch.

Eine weitere praktische Übung war diese Woche das Einfordern ihrer aktiven Hilfe beim Anziehen einer Strickjacke oder eines Pullis. Das Wetter hält sich hier im Norden zwar erstaunlicherweise immer noch ganz gut und Regen bleibt in der Regel während unserer Besuche aus, aber draußen zu sitzen wird nach ein paar Stunden durch die Kälte und den Wind zunehmend ungemütlich, sodass wir jetzt immer öfter reingehen müssen. Bis dieser Schritt aber auch für unsere Kälteliebhaberin (ihr Credo war ja schon immer „Island ist ein besseres Urlaubsland als Spanien“) unausweichlich ist, ziehen wir ihr erst mal eine wärmende Schicht über. Und das Einfädeln der Arme sowie das Hochziehen der Ärmel überlassen wir dabei immer mehr ihr. Selbst mit Linki fasst Stephanie den Stoff mit Daumen und Zeigefinger an und zieht alles Stück für Stück nach oben, bis die vorher eingepackte Hand frei liegt – noch mit sehr viel Hilfe, aber in ein bis zwei Wochen hat sie das sicherlich auch wieder alleine drauf.

Doch der größte und zeitintensivste Block wird derzeit für das Neuerlernen des Schreibens genutzt. Angefacht wurde dies durch eine Therapeutin, welche mit Stephanie selbst schon damit anfing und uns deshalb Übungen für die Handmotorik herausgesucht und mit einer Notiz ins Postfach gelegt hat … „vor allem, damit Stephanie wieder Schreiben lernt und sich traut es auszuprobieren.“

Dieser Aufgabe wollen wir sehr gerne nachkommen, doch leider zeigte sich, dass Stephanie das Nachzeichnen von Figuren und Buchstaben fast gar nicht beherrscht und uns immer nur fragend anschaute, was wir denn eigentlich von ihr wollen. Also fingen wir zunächst mit einfacheren Übungen an, um die Handhabung des Stiftes zu verinnerlichen, Striche und Linien zu zeichnen und vor allem, um ihr immer wieder zu Erfolgserlebnissen zu verhelfen – denn nur dann bleibt sie auch mit Spaß und Eifer dabei.

Wir starteten mit Trockenübungen auf einem weißem Blatt Papier, bei der sie Punkte verbinden oder auch mal Carstens Stift folgen sollte:

Hierbei ging es uns vor allem darum, bei ihr ein Verständnis aufzubauen, was mit dem Stift möglich ist und was man wie nachzeichnen oder verbinden sollte.

Dann wollten wir schon etwas koordinierter vorgehen und sie nach einem bestimmten Schema „malen“ lassen. Carsten hatte dafür ein paar der sicherlich jedem bekannten Bilder ausgedruckt, bei denen man Punkte von 1 bis irgendwas verbinden soll und am Ende zeichnet sich dadurch eine Figur oder ein Ding ab.

Sie war voll konzentriert, hochmotiviert und es klappte auch gleich schon beim ersten Mal ganz wunderbar:

Dass es sich hierbei allerdings um eine Birne handelte, das erkannte sie natürlich nicht    😉

Auch auf dem Bild 2 hat sie alle Punkte toll verbunden, aber auch hier konnte sie das final sichtbare Tier nicht benennen (siehe rechts):

Doch darauf kam es ihr uns uns ja auch gar nicht an. Das Verbinden und die Handhabung mit dem Stift war das Ziel und bis hier hatten wir durchschlagenden Erfolg. Wir stellten nur immer wieder fest, dass sie die Zahlen nicht registrierte, die sich hinter ihren Fingern oder dem Handrücken befanden. Sie hat aber auch kein Gefühl dafür, dass sie diese einfach nur durch sich selbst verdecken könnten – der fehlende Überblick und der nicht vorhandene Orientierungssinn für die Suche schlugen ihr erneut ein Schnippchen …

Und ab Bild Nummer 3, 4 und 5 lässt sie zudem ihre Konzentration im Stich, denn ab da verliert sie immer mehr den Faden. Wie schon letzte Woche beschrieben, ist hier leider deutlich der Nebeneffekt „Kleinkind vs. Erwachsener“ offensichtlich: das Kleinkind in ihr baut sehr schnell ab und sie gerät völlig neben die Spur. Dann heißt es genug geübt, Zeit für Ablenkung und Zerstreuung schaffen. z.B. mit einem leeren Blatt, auf das sie malen könnte, was sie nur will. Doch hier verliert wieder das Kleinkind, was sicherlich sofort drauflos malen würde (Baum, Haus, Sonne etc.), und Stephanies Erwachsenenbewusstsein lässt sie ideen- und phantasielos auf das Papier starren. Hier braucht sie dann doch etwas Input und eine Vorgabe, was sie denn malen soll. Allerdings, wenn man ihr erneut etwas vorgibt, z.B. ein Haus oder ein Schriftzug, meldet sich das Kleinkind und fragt „Wie geht das?“ … ein Teufelskreis, denn sie müsste zwar zunächst erst einmal alles lernen, aber am Ende darf diese Lernperiode dann auch nicht all zu lange dauern. Dabei sitzt sie eigentlich auf heißen Kohlen, denn es geht ihr so nicht schnell genug.

Wir sind echt gespannt, wann und wie wir dieses „Hindernis“ überwinden werden und vor allem, wann wir das Kleinkind vom Alter her einschulen können … so kann Stephanie zwar schon gut lesen, aber nicht selbstständig schreiben, auch nicht mit einem direkten Abgucken des zu schreibenden Wortes und am Ende leider auch nicht, wenn sie auf dem Wort nur die Linien nachziehen müsste. Aber unsere Zeit wird kommen und eines Tages schreien wir „Heureka!“ in die große, weite Welt hinaus …     😉