Okt
Ich schĂ€tze, es ist inzwischen hinreichend bekannt, dass wir unsere Jahrestage immer gerne mit einer Kombination aus AusflĂŒgen und Essengehen feiern. Wir blieben dieser Tradition auch am vergangenem Samstag treu, denn vor genau 12 Jahren kam Carsten mit einem 7,5-Tonner voll Möbel nach Dresden und ich habe vor 15 Jahren die Arbeit in der gleichen Firma aufgenommen, in der ich immer noch meine Brötchen verdiene.
Als Andenken an seine Kindheit im goldenen Westen bekam Carsten am frĂŒhen Morgen zur Feier des Tages von mir eine Kleinigkeit geschenkt …
… keine Angst, das Verfallsdatum war nicht (!) hoffnungslos ĂŒberschritten, denn bei Lidl heiĂt Twix kurz mal wieder Raider – sonst Ă€ndert sich nix!
Danach haben wir beim BĂ€cker etwas gefrĂŒhstĂŒckt, um unseren zu Hause schlafenden Teenager ungestört pennen zu lassen und brachen im Anschluss daran zu unserem Ziel des Tages auf, dem MilitĂ€r- und Bunkermuseum in Kossa:
Wir kauften Tageskarten, damit wir nicht nur vormittags gemĂŒtlich die Entdeckertour auf eigene Faust und nachmittags mit einer Gruppe auf die gefĂŒhrte Exkursion gehen konnten, sondern auch noch eine (echt superleckere!) Erbsensuppe mit je einem GetrĂ€nk dazu nehmen durften.
Unsere Tageskarten zeigte Carsten auch ganz gewissenhaft jedem mageren und vermummten Soldaten am Eingang zu den frei zugÀnglichen Ausstellungen, egal ob es der Museumsbunker, der Rechnerbunker oder der Technikbunker war.
Man beachte auch die Kamera links ĂŒber dem Soldatenkopf!   đ    In dem GehĂ€use war wohl einst eine wesentlich gröĂere AusfĂŒhrung beheimatet, heute verrichtet eine sehr viel kleinere ihren Dienst darin    đ
Wir mussten uns auch mit der damaligen VerstĂ€ndigung beim Betreten der drei Zugangsschleusen vertraut machen – die 1. Schleuse war fĂŒr das SĂ€ubern und Ablegen der ÀuĂeren Kleidung, die 2. fĂŒr die UnterwĂ€sche und die 3. fĂŒr die nackte Haut (wenn man mal von einer Gasmaske und Handschuhen absieht):
Der Hammer war bei unserem Besuch ĂŒbrigens weg! Bestimmt hat er aber schon zu sozialistischen Zeiten eine andere HeimstĂ€tte gefunden   đ    es hieĂ in der DDR ja schlieĂlich nicht umsonst „Aus unseren Betrieben ist noch mehr herauszuholen“   đ
Die Freizeitecke der NVA-Soldaten kam mir sehr bekannt vor, auch wenn ich selber nie gedient habe   đ
Weiss noch jeder, wie die drei bĂ€rtigen Herren hieĂen?
Manche Ecken der Bunkeranlagen habe ich lieber nur aus der Entfernung angeschaut, denn eine Familientruppe, der wir im Rechnerbunker begegneten und aufgrund des Prollbenehmens kurzerhand den Nachnamen „Flodder“ verpassten, bemerkte dĂ€mlich aber wahrheitsgemĂ€Ă: „Mann, ist das alles dreckig hier! Können die nicht mal putzen?“
Da guckte ich auf irgendwelche Dieselgeneratoren lieber von Weitem und sah aus wie ein Schwein, das ins Uhrwerk blickt:
Allerdings glĂ€nzte der Rechnerbunker ziemlich sauber und Carsten war sehr von der damaligen Technik angetan – man beachte die hellblauen Lochstreifen im Vordergrund   đ
Nach der Entdeckertour genossen wir die megaleckere Erbsensuppe mit BrĂŒhwurst und rĂŒmpften unseren Nasen ĂŒber eine Truppe extrem lauter Jungkerle, welche mit ihrem unĂŒberhörbaren Stimmen den ganzen Kantinenraum ĂŒbertönten. Mann, was war es ruhig als die endlich gingen!
Dann brachen wir zum Treffpunkt auf, um an der gefĂŒhrten Tour mitzumachen. Die gefĂŒrchtete Familie Flodder sowie die Kerletruppe waren zum GlĂŒck nicht dabei, dafĂŒr hatten wir aber eine andere Familie samt Familienoberhaupt dabei, welches mit groĂer Klappe, hohler Birne, einem Ă€uĂerst losem Mundwerk und einer schwachen Blase ausgestattet war. Unser FremdenfĂŒhrer war einsame spitze, denn er verstand es echt gut, diesen Kerl in Schach zu halten! Wie schon mal bei einer historischen StĂ€dtetour der ErzĂ€hlende den Satz „Zeitzeugen sind die Schlimmsten“ prĂ€gte, wetterte unser Proll schon am ersten AusstellungsstĂŒck (ein Trabbi mit grĂŒner Tarnfarbe), dass das ja wohl niemals die originale Farblackierung sein könne – er hatte schlieĂlich 19 Jahre im Trabbiwerk gearbeitet.
Mit der Gruppe besuchten wir dann den Nachrichten- und FĂŒhrungsbunker. Die ZugĂ€ge waren verdammt gut gesichert!:
Ăbrigens, weiĂ jemand, wozu dieses GerĂ€t dient?    đ
Die FĂŒhrung war sehr interessant, lebendig und sehr informativ. Auch fĂŒr euch mal zur ErklĂ€rung: Von der Existenz dieser Bunkeranlage wussten nur ganz wenige Eingeweihte und sie wurde primĂ€r als KommandostĂŒtzpunkt fĂŒr den 3. Weltkrieges gebaut. Von der Fertigstellung in den 70ern bis zur Wiedervereinigung hielt die NVA sie top in Schuss. Im Falle des Falles hĂ€tte hier die Rote Armee Stellung bezogen und die NVA-Truppen als Kanonenfutter in Richtung Paris geschickt. Um die Bunkerkonstruktion zu errichten, hat man damals mehr als 1 Mio DDR-Mark ausgegeben, von den Kosten des Equipments und der Instandhaltung ganz zu schweigen. Aber so wie es heiĂt, diente es im kalten Krieg zwischen den Nato-VerbĂŒndeten und den LĂ€ndern des Warschauer Vertrages der Friedenssicherung – glĂŒcklicherweise musste man am Ende dort nie ernsthaft Stellung beziehen.
Nach diesem Ausflug in die Geschichte fuhren wir in die Leipziger Innenstadt. Dort wollten wir im „Cafe Madrid“ nach einer wĂ€rmsten Empfehlung von Francis Mohr lecker essen, was wir auch taten und das Mahl in vollen ZĂŒgen genossen! Danke nochmals fĂŒr den tollen Tipp! Das Bild sagt doch schon alles, nicht wahr?   đ
Als wir damit fertig waren, kullerten wir mit vollen BÀuchen zu unserem Tiefgaragenparkplatz eines Einkaufscenters, wo ich noch diesem netten Herren begegnete:
Ich habe mich aber ganz brav an die Hinweise auf dem Schild gehalten und alle meine SĂŒĂigkeiten schön bei mir in der Handtasche behalten   đ
Wir hatten wirklich viel Spaà bei diesem Tagesausflug und ich kann nun nur noch hoffen, dass ihr es beim Lesen genau so empfunden habt!
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