Jul
Einen Monat lang Bäume zu fotografieren scheint relativ leicht zu sein, denn zum Glück gibt es ja „Models“ in Hülle und Fülle an jeder Ecke. Dennoch haben wir zusätzlich einige Ausflüge direkt in die Natur unternommen, z.B. in die Sächsische Schweiz oder zum Baumkronenpfad. So gesehen war das Thema optimal, um mich mal wieder ins Freie zu locken   🙂
Beim nachträglichen Sichten der umfangreichen Fotoausbeute wurde ich im Geiste aber immer philosophischer. Zum Beispiel ist mir aufgefallen, dass wir die Bäume um uns herum als sehr selbstverständlich erachten und ihre komplette Schönheit im Alltag schlicht und einfach übersehen. Vielleicht nimmt man sie noch als Fußgänger wahr, aber als Autofahrer? … außerdem unterscheidet sich das Leben der Bäume nicht so sehr von unseren Existenzen. Deshalb habe ich meine endgültige Bilderauswahl mit diesem Gedanken gemacht    🙂
Bereits beim Geburtsort und Aufwachsen gibt es naturgegebene Unterschiede. Manche haben einen schönen Boden und eine sonnige Umgebung.
Die anderen müssen Wind und Wetter widerstehen und mit der rauen und kargen Umgebung klar kommen.
Als Heranwachsender fühlt man sich bestimmt oft ziemlich einsam.
Auf der anderen Seite empfindet man sich als sehr attraktiv und kann vom eigenen Spiegelbild nicht genug bekommen    😉
Dann kommt die Zeit, wo man manchmal ganz allein im Regen steht … auch wenn die Regenzeit in unseren Breiten zum Glück nicht so lang anhält – mit dem Nebel danach muss man ja auch irgendwie klar kommen   😉
Und auch die hübscheste Oberfläche bekommt irgendwann erste Zeichen des Alters verpasst …
Dafür wächst man quasi über sich hinaus.
Oft hat man das Gefühl, nur am Wegesrand stecken zu bleiben.
Hin und wieder wird man gezwungen, sich zwischen zwei Fronten zu stellen.
Und obwohl man mit ganz vielen Gleichen in einer Reihe steht, sind alle doch ziemlich unterschiedlich in ihrer äußeren und auch inneren Größe.
Bei speziellen Anlässen wirft man sich schon mal in ein schickes (Blatt)Kleid.
Man lernt mit den Nachbarn auszukommen, selbst wenn diese aus ganz anderem Holz geschnitzt sind (wie hier die Babisnauer Pappel mit einer Eiche).
Man lernt mit der Zeit, ein wenig geheimnisvoll zu wirken.
Oder man entwickelt richtig viel Kraft und biegt sich seine steife Umgebung zurecht.
Einige gute Freunde gehören nicht zur gleichen Gattung wie wir, aber für uns sind sie ein Fels in der Brandung.
Ab und an fühlen wir uns in der Anonymität unter Gleichen irgendwie wohl. Wir umgeben uns mit ihnen, um nicht weiter aufzufallen …
Das Leben hinterlässt immer mehr Falten, wobei manche uns interessanter erscheinen lassen.
Manche Wunden, welche uns im Laufe des Lebens zugefügt wurden, heilen aber nie komplett. Die Narben bekommen zwar eine Schutzschicht, bleiben aber irgendwie am Ende doch offen.
Die Welt wird mit zunehmenden Alter gelegentlich aus einem anderen Blickwinkel betrachtet.
Früher oder später ist es dann an der Zeit, alle Last der Welt abzuwerfen und zu gehen. Aber auch nach dem Sterben können wir manchen noch eine wertvolle Stütze sein – Bäume natürlich den Vögeln.
Ist das jetzt nun das endgültige Ende? … von wegen! Das neue Leben lässt zum Glück nicht lange auf sich warten   😉
Damit bin ich nun mit den philosophischen Ausführungen, welche durch mein Monatsprojekt in meinem Kopf entstanden sind, fertig. Ich hoffe, dass es für euch verständlich ist, was ich sagen wollte   😉   denn auch das nächste Thema stimmt mich bereits etwas nachdenklich. Streifzüge über Friedhöfe liessen mich ja schon immer über den Sinn des Lebens nachgrübeln   😉
12. Juli 2015 um 20:05
Sehr schöne Motive …Klasse!
Olga antwortet: danke schön!
12. Juli 2015 um 20:52
Wow! Liebe Olga, du hast nicht nur die „Models“ ins rechte Licht gerückt, sonder dazu auch noch die passenden Worte gefunden! Ich bin beeindruckt und freue mich schon auf deinen nächsten Eintrag.
Olga antwortet: Liebe Manu, ich freue mich sehr, dass es dir so gut gefallen hat!
12. Juli 2015 um 21:18
Super schoen gemacht Olga, wunderschoene Eindruecke und sehr passende weise Worte Danke! Viele liebe Gruesse aus den USA, Daniela
Olga antwortet: vielen Dank für dein Lob, liebe Daniela!
15. Juli 2015 um 11:43
Gefallen mir ausgesprochen gut, deine Baum-Models, und der Text dazu ebenfalls.
Auf dein nächstes Projekt bin ich auch schon gespannt, denn über Friedhöfe spaziere ich sehr gerne.
Olga antwortet: Danke schön, liebe Eva! Die Friedhofsbilder sind schon im Kasten, aber jetzt darf ich eine Auswahl treffen – das ist echt schwer, sag ich dir!