Durch den Feiertag Christi Himmelfahrt am Donnerstag und einen BrĂŒckentag am darauffolgenden Freitag hatten Carsten und ich ein superlanges Wochenende vor uns. Also haben wir diese Tage im Nachbarland Tschechien verbracht und schauten uns vom 24. (Mittwochmittags losgefahren) bis zum 28. Mai (Sonntagabends zurĂŒckgekommen) einige, fĂŒr uns bislang noch unbekannte Gegenden in Böhmen an.
Unser erster Stopp war das StĂ€dtchen Gablonz oder wie es in der Sprache der Einheimischen richtig heiĂt: Jablonec nad Nisou. Die meisten von euch werden diese Stadt kaum kennen, aber fĂŒr diejenigen, welche in den Zeiten des Waschauer Pakts auf der Suche nach Geschirr oder Schmuck aus böhmischem Glas waren, wussten, dass alles von einem Betrieb namens Jablonex kam. Und diese Exportfirma hatte eben ihren Sitz in Jablonec / Gablonz.
Deshalb war natĂŒrlich ein Muss fĂŒr mich, dort das Museum fĂŒr Glas und Bijouterie zu besuchen. Immerhin hĂ€ngt dort auch die lĂ€ngste Halskette der Welt, welche auch einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde inne hat … aber wer will so etwas schon tragen ? đ
Das Museum ist aus historischer, aber auch aus reiner MĂ€dchensicht sehr interessant. Wir haben sogar unter all den Devotionalien eine Möglichkeit fĂŒr ein Spielgelselfie entdeckt đ
Dieses AusstellungsstĂŒck hat mir besonders gut gefallen, denn ich fĂŒhlte mich damit sehr verbunden. Zwar sind meine Gedanken nicht so blutrot, aber genau so verworren und chaotisch sind sie auf jeden Fall đ
FĂŒr Touristen bietet die Stadt einen gut beschriebenen Rundgang an. Dieses Angebot haben wir dankbar angenommen und es nicht bereut. So konnten wir eben nicht nur die entspannt-verschlafenen GĂ€sschen der Stadt kennenlernen, sondern sind auch einige Punkte mit etwas Geschichte abgelaufen und konnten nach einem relativ steilen Aufstieg vom HĂŒgel diese Gegend in der Totalen bewundern.
Wir haben sogar, wie wir es genannt haben, Hobbit-SchloĂ entdeckt đ dies ist aber leider nicht im Rundgang erwĂ€hnt … warum nur ? đ
Der Teufelsstein war aber schon als ein Punkt der Wanderroute gekennzeichnet:
Ăbrigens, die NeiĂe ist hier noch ganz klein und niedlich …
… dennoch reicht ihr WasserfluĂ sogar fĂŒr eine recht groĂe Talsperre aus.
Ach ja, ganz nah an dieser Stelle befindet sich eben das oben erwĂ€hnte VerwaltungsgebĂ€ude der Firma Jablonex, wo sich jetzt unter anderem ein groĂer Werksverkauf fĂŒr alle möglichen Waren aus böhmischem Glas befindet. Als Carsten zu dem Laden ging, wusste er noch nicht, was ihn so erwartet đ
NatĂŒrlich bin ich aus diesem Blink-Blink-GeschĂ€ft (dieses Foto zeigt nur ein FĂŒnftel der gesamten VerkaufsflĂ€che) nicht mit leeren HĂ€nden herausgekommen đ
Auf unseren Reisen ist es so geregelt, dass ich kein Geld dabei habe und dass mein Mann dann eben immer alles bezahlen darf đ am Ende waren es gerade mal 1662 Kronen … ca. 60 Euro. Ich habe mich nur auf ein wenig Schmuck beschrĂ€nkt und keine TrinkglĂ€ser und Glasplatten gekauft. An der Stelle konnte ich mich gut zusammenreiĂen, denn da weiĂ selbst ich, dass es in unserem Smart nicht so viel Platz dafĂŒr gibt und wir ja noch ein paar Tage unterwegs waren đ
Unser nĂ€chstes Ziel war Pilsen. Die GröĂe dieser Stadt hat uns etwas ĂŒberrascht, aber eigentlich recht logisch, denn hier befindet sich eben nicht nur die weltbekannte Brauerei „Pilsner Urquell“ und die Skoda-Werke, sondern z.B. auch die in Europa zweitgröĂte und weltweit viertgröĂte Synagoge. Seht ihr auf diesem Bild zwei TĂŒrme mit roten Kuppeln? Relativ mittig, das ist sie.
Diese haben wir natĂŒrlich besucht. Carsten musste auf seine Kippa ganz schön aufpassen, denn sie war nur aufgelegt und drohte immer wieder abzurutschen. Ich hatte in meiner Reisetasche leider keine Haarklammern fĂŒr ihn …
In der Stadt habe ich zwei alte Bekannte aus meiner Kinderzeiten entdeckt – Spejbl und Hurvinek đ
Und bei diesem guten, alten Bekannten aus einem, weit ĂŒber die tschechischen Grenzen hinaus berĂŒhmten Buch haben wir zu Abend gegessen đ
Hier habe ich zum ersten Mal in meinem Leben sogenanntes „geschnittenes Bier“ probiert – eine Mischung aus Dunklem und Hellen. Der Geschmack hat mich positiv ĂŒberrascht!
Da wir gern durch Kellergewölbe laufen, wollten wir natĂŒrlich auch an der vom Brauereimuseum angebotenen FĂŒhrung durch die historischen Keller der Stadt teilnehmen. Zuerst gönnten wir uns aber ein kleines FrĂŒhstĂŒckchen auf dem Platz der Republik. Wie praktisch, dass man kein schattiges PlĂ€tzchen suchen musste, sondern sich ein einfach selber zusammenstellen konnte! Im Rahmen eines Kunstprojektes konnte man die BĂ€ume in Einkaufswagen ĂŒber den Platz schieben.
Es hat sich aber spĂ€ter herausgestellt, dass wir lieber hĂ€tten vorher die Tickets fĂŒr die deutschsprachige Tour durch die Keller kaufen sollen, denn diese waren ratz-fatz ausverkauft – obwohl wir noch eine gute halbe Stunde warten muĂten. In Deutsch werden diese FĂŒhrungen nur zweimal am Tag angeboten, in Tschechisch dafĂŒr jede halbe Stunde. Da es eine Möglichkeit gab, einen Audioguide mit ErlĂ€uterungen in deutscher Sprache dazuzumieten und damit bei der tschechischsprachigen FĂŒhrung mitzulaufen, griffen wir zu. Wir mussten allerdings ganz schön grinsten, als wir feststellten, dass bei der Gruppe aus 11 Touristen gerade mal 3 Leute, nĂ€mlich nur eine Familie, Tschechen und alles andere Deutsche mit dem Audioguide waren đ
Ich will aber nicht meckern – das, was wir dank unseres Audioguides gehört haben, war spitzenmĂ€Ăig und man konnte sogar auf Wunsch die eine oder andere Legende noch dazu schalten – optimal fĂŒr mich! Wir liefen knapp eine Stunde durch völlig unterschiedlichen GĂ€nge und erfuhren nebenbei jede Menge ĂŒber die Geschichte der Stadt – ich kann das wirklich jedem nur sehr empfehlen!
Heute nur noch touristisch wertvoll, waren diese kilometerlangen Stollen damals unentbehrlich und wurden u.a. fĂŒr die Lagerung und vor allem KĂŒhlung von Bier und anderen Lebensmitteln genutzt. Jede Nische muss damals wohl voller Leckereien gewesen sein …
In den Eintrittskarten war auch ein Bierchen fĂŒr die volljĂ€hrigen Teilnehmer in der benachbarten Wirtschaft inkludiert und das lieĂ ich mir natĂŒrlich nicht entgehen đ zum GlĂŒck trinkt Carsten ja kein Alkohol!
Einen Aufstieg auf den höchsten Kirchturm der Tschechischen Republik wollten wir uns selbstverstĂ€ndlich ebenfalls nicht entgehen lassen. Zwar konnte man nicht auf die Gesamthöhe des Turms der St.BartholomĂ€us-Kathedrale von 102,6 m aufsteigen, aber der Blick aus 60 m Höhe war auch schon nicht von schlechten Eltern đ
Als wir hinabstiegen, mussten wir auf meinen Wunsch noch einmal um die Kathedrale laufen, weil ich auf der Suche nach einem ganz besonderen Engelchen war, an welchen man sich festhalten und sich etwas wĂŒnschen konnte. Was glaubt ihr, welcher von diesen Köpfen wird wohl die geheimen WĂŒnsche erfĂŒllen können đ ?
Im GroĂen und Ganzen fand ich Pilsen wirklich sehr schön đ
Aber auĂerhalb der Innenstadt erkennt man doch recht gut den Arbeitercharakter. Deshalb war ich nun auf unsere nĂ€chste Station Krumau bzw. die als ÄeskĂœ Krumlov bekannte Stadt sehr gespannt. Diese Innenstadt gehört nĂ€mlich zum UNESCO-Weltkulturerbe – das habt ihr wohl nicht gewusst, was? Keine Angst, wir auch nicht. Wir mussten es von einem CouchSurfer-PĂ€rchen aus Sibirien (!) erfahren, die uns schon vor Jahren einen Besuch dieses Kleinods sehr ans Herz gelegt haben.
Merke: wir hören auf Empfehlungen und einen nett gemeinten Rat :lachen-xxl:
Wir haben das Kennenlernen dieser Stadt mit der Besichtigung des riesig angelegten Schlosses begonnen. Hier kann man dies im Ganzen (der hohe Turm samt GebĂ€udekomplex links) vom Aussichtspunkt auf der gegenĂŒberliegenden Seite der Moldau sehen:
Der Blick vom Schloss auf die gegenĂŒberliegende Seite sieht dann jedenfalls so aus:
Der spitze Kirchturm gehört zur St. Veit-Kirche – ebenfalls sehr sehenswert!
Ăbrigens, auf dem obigen Bild war ich im obersten, rechten Torbogen:
Der gesamte GebĂ€udekomplex ist einfach nur ein Traum – einen mehr als herzlichen Dank an Julia (damals 19) und Ivan (damals 18) aus Sibirien, denen wir im August 2015 unsere schöne Stadt Dresden zeigen konnten und mit denen ich bis heute noch in sporadischem Kontakt stehe. Sie sind damals von Krumau zu uns ins SachsenlĂ€ndle getrampt und wurden dabei doch glatt von der deutschen Polizei direkt an der Autobahn aufgegriffen … aber das ist eine andere Geschichte.
Auf der Moldau werden jede Menge Floss- und Bootsfahrten angeboten, doch so sehr wir auch wollten, wir haben diesmal wegen der KĂŒrze unseres Besuchs darauf verzichtet, obwohl das ganz gewiss bestimmt ein richtig schönes Erlebnis ist.
Hier musste sich Carsten von seinen heiĂgeliebten Schuhen trennen, denn es war damit wahrlich nicht mehr angenehm, auf den Pflastersteinen der Altstadt zu laufen đ aber sie hatten ja schon einige Kilometer (u.a. auch Wien) hinter sich.
Zum GlĂŒck hatten wir noch ein anderes Paar seiner ich-kann-da-so-einfach-hineinschlĂŒpfen-Deichmann-Treter mit. So musste mein Mann seine Zehen nicht so prĂ€sentieren wie das Fussmodell dieser Sitzgelegenheit đ
Ansonsten muss ich bestĂ€tigen, dass diese Stadt ihren UNESCO-Titel zurecht trĂ€gt – ein wahrlich schönes Touristenparadies! Wenn bloĂ nicht so viele anderen Touristen in der Stadt wĂ€ren đ
NÀchster Tag, nÀchster Stopp. Allerdings nur ein kleiner Zwischenstopp, aber immerhin erneut ein UNESCO-TiteltrÀger. Es geht um ein authentisches, böhmisches Dorf namens Holaƥovice, im Deutschen als Hollschowitz bekannt.
Das Dorf ist in der Tat sehr, sehr malerisch … und sowas von klein und niedlich! Eine HĂ€userreihe links, eine HĂ€userreihe rechts und in der Mitte ein Dorfplatz mit einem Teich – das war’s.
So haben im Mittelalter wohl ganz viele Dörfer ausgesehen, allerdings bezweifle ich ganz stark, dass damals auch alles so adrett ausgeschaut hat đ
Das Adjektiv „adrett“ passt als Beschreibung leider nicht zu unserem letzten Ziel dieser Rundreise – Budweis, auch bekannt als ÄeskĂ© BudÄjovice ist da schon eher ein Kind der Industrialisierung. Gern wollten wir der Einladung der Tschechischen Tourismusorganisation folgen und die Stadt genauer kennenlernen, aber es gelang uns eher mĂ€Ăig. Aber der Reihe nach đ
Bei der Einfahrt in die Stadt konnten wir schon einen Punkt meiner Besichtigungsliste abhaken, denn die Koh-I-Noor-Fabrik wollte ich aus den gleichen GrĂŒnden sehen, wie Jablonex in Gablonz. Was in den alten BundeslĂ€ndern „Faber-Kastell“, war in den LĂ€ndern des sozialistischen Lagers das „Koh-I-Noor“. Man war einfach stolz, Blei- oder Buntstifte dieser Firma zu besitzen! Da war es fĂŒr mich sozusagen ein Muss, diese heilige StĂ€tte der Profi- und Hobbymaler (ich zĂ€hle aber eher zu den Ausmalern) zu besuchen đ
Ich wusste, dass es keinen direkten Fabrikverkauf gibt, deshalb wollte ich gern in dem dazugehörigen Laden in der Stadt ein wenig shoppen. Könnt ihr euch mein Gesicht vorstellen, als ich an dem Tag um ca. 14:30 Uhr vor der geschlossenen TĂŒr dieses Ladens stand?!
Er macht am Samstag nĂ€mlich schon um 12:00 Uhr zu und bleibt dann bis Montag 8:30 Uhr geschlossen … ich muss allerdings erklĂ€rend hinzufĂŒgen, dass man in Tschechien im Gegensatz zu Deutschland sonst sehr wohl am Wochenende, einschlieĂlich des Sonntags, einkaufen gehen kann.
Dann die nĂ€chste EnttĂ€uschung: Auf dem Premysl- Ottokar-II.-Platz gab es ein Volksfest .. ergo, alles, was man sehen und fotografieren wollte, war mit diversen ĂŒblichen Buden und BĂŒhnen verdeckt.
Auf einer der BĂŒhnen tobte eine Band (anders kann man es nicht bezeichnen), welche wohl der Meinung war, dass laut zu spielen absolut ausreicht und melodisch zu spielen völlig ĂŒberbewertet wird. Ich glaube, der Samson vom gleichnamigen Brunnen wĂ€re am liebsten auch schnellstens von seinem Platz verschwunden, als er die krĂ€chzend gebrĂŒllten Lieder, im Original von Bob Marley und Simply Red, hörte …
Wir wollten die Stadt noch von der Spitze des Schwarzen Turms besichtigen, um einen mehr oder weniger ungestörten Blick auf bzw. ĂŒber die Stadt zu haben …
… aber diese hĂŒbsche TĂŒr zum Aufstieg war „aus technischen GrĂŒnden“ verschlossen – Mist!!!
Wir flĂŒchteten vor dem LĂ€rm in die benachbarte St. Nicolaus Kirche, um wenigstens etwas Stille zu genieĂen, aber es gelang uns jedoch nur bedingt, denn man hörte immer noch zu viel von DrauĂen bis ins sakrale Gewölbe.
Ich hoffe insgeheim, dass der SĂ€nger MikrofonquĂ€ler nach 22 Uhr unwissentlich ĂŒber diesen Irrstein auf dem Marktplatz schritt und deshalb bis zu Morgengrauen nicht mehr nach Hause gefunden hat! Der Legende nach soll dieser Stein eben genau diese Wirkung haben đ
Da es im Stadtzentrum nun nichts mehr gab, was uns noch hier halten wĂŒrde, gingen wir zur Kirche MariĂ€ Opferung. FĂŒr einen kleinen Obolus konnten wir nicht nur die Kirche besichtigen …
… sondern auch die Stille im Kreuzgang und im kleinen Garten genieĂen – das war echt schön!
NatĂŒrlich haben wir nach dem Hinausgehen den legendĂ€ren Wasserspeierfrosch an der Wand dieser Kirche gesucht. Es heiĂt nĂ€mlich, wenn dieser Frosch irgendwann das Dach erreichen sollte, wird die Welt untergehen – sieht noch nicht so aus, dass unsere Generation sich Sorgen machen sollte :zunge-rechts:
In dem Salzhaus in der NĂ€he dieser Kirche hat man ein Motorradmuseum untergebracht, aber wir vergnĂŒgten uns lediglich mit der AuĂenansicht.
Budweis spiel ĂŒbrigens ebenfalls eine Rolle im weltbekannten Buch „Der brave Soldat Schwejk“ von Jaroslav Hasek. Mit Sicherheit, weil der Schriftsteller selber in dieser Kaserne eine Zeit lang als Freiwilliger untergebracht war.
Summa sumarum konnten wir mehr oder weniger einiges von dem sehen, was wir uns im Vorfeld vorgenommen haben, einschlieĂlich der hiesigen Humanoiden von Michal Trpak:
Zum Abschluss des Tages beschlossen wir, uns an die Ufer von Moldau und Maltsch, die hier zusammenkommen, zurĂŒckzuziehen und das alles, was wir in den vergangenen Tagen so erlebt haben, Revue passieren zu lassen.
Wir haben ja definitiv enorm viel gesehen und mussten das Ganze nun erst einmal verarbeiten. Auch wenn die Menge der Fotos und die LĂ€nge des Blogeintrags es nicht vermuten lassen, aber hier ist ja nur ein Bruchteil davon beschrieben und gezeigt worden đ aus diesem Grund verzogen wir uns auch schon recht frĂŒh in unser Hotel und am Tag drauf fuhren wir bereits vormittags zurĂŒck nach Hause gen Dresden.
Nachdem wir letztes Jahr schon Einiges aus dem tschechischen Leben sehen und erleben durften, plus die Erfahrungen dieses Jahres, lassen wir uns jetzt erst einmal eine kleine Pause fĂŒr weitere Erkundungen dieses Landes. Vielleicht sind wir aber bald doch schon wieder zu wandern dort, denn die Böhmische Schweiz ist ein wirklich wunderschönes Fleckchen Erde – wer weiĂ :lachen-xxl:
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