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Kommentar:   

 
Manchmal hat man eben Lust darauf, etwas zu schreiben   ;0)

 
Web|log,  der;  -s,  <engl.>,  meist abgekürzt mit "Blog"
   
Digitales Tagebuch im Internet. Ein Weblog ist eine Webseite, die periodisch neue Einträge enthält. Es ist ein Medium zur Darstellung des eigenen Lebens und von Meinungen zu oftmals spezifischen Themengruppen. Weiter vertieft kann es auch sowohl dem Austausch von Informationen, Gedanken und Erfahrung als auch der Kommunikation dienen und ist insofern mit dem Internetforum sehr verwandt. Die Tätigkeit des Schreibens in einem Blog wird als "bloggen" bezeichnet.

Quelle: http://www.wikipedia.de    


 
2021 24.
Okt.

Bevor ich diesmal die Highlights der Woche anspreche, fasse ich zuerst mal die Kleinigkeiten in Wort und Bild zusammen:

Wenn Stephanie und ich sonntags unseren Mädelstag haben, gucken wir u.a. für einige Stunden ihre Fotoalben durch, die sie von mir zum 18. Geburtstag bekommen hat. Damals überreichte ich ihr insgesamt 10 Stück … liebevoll mit Abzügen ab dem Babyalter gefüllt, mit Kommentaren versehen und im letzten Album sogar mit ganz persönlichen Fragebögen und Zeilen ihrer Freunde, der Familie und aus dem sonstigen Umfeld – eben all diejenigen, dich ich damals unbemerkt erreichen konnte. Nun kommt ihr und uns diese gebündelte Sammlung an Fotos bzw. Dokumentation ihrer Jahre bis zur Volljährigkeit sehr zu Gute, denn hiermit kann sie nicht nur das Umblättern üben, sondern auch gleich mal nachprüfen, was noch im Gedächtnis geblieben ist und was durch Bilder und Storys von mir aufgefrischt werden muss.

In dieser Woche haben wir zudem öfters mal mit den Holzklötzen die Konzentration (Vorgaben nachbauen) und die Geschicklichkeit beider Hände (von Person zu Person weiterreichen) geübt. Dabei zeigten sich leider wieder die üblichen Schwierigkeiten bei der Orientierung und einer Problemlösung, wenn sie eine sinnvolle Drehung der Steine (um welche Achse ?) überdenken musste oder einfach nur eine Vorgabe (Buchstaben & Gebilde) nachlegen sollte. Wir denken aber, dass die stetige Wiederholung dabei helfen wird, zudem es ihr ja sogar noch recht viel Spaß macht    🙂

Und natürlich kamen auch diesmal wieder etliche Hunde an unserem Pavillon vorbei, die uns mittlerweile sehr gut kennen, da wir ja immer wieder den Weg hierhin suchen. Einmal haben wir aber schon geschwächelt, denn das stundenlange Sitzen in der Kälte wird zunehmend unangenehmer: da Stephanies Zimmergenossin nicht da war, konnten Carsten und ich mit dem Kind im warmen Zimmer bleiben und eben dort unsere gesamte Besuchszeit zelebrieren.

An dem Tag übergaben wir ihr eine Seniorenfernbedienung – also nur mit Knöpfen für Ein/Aus (1x), für den Programmwechsel vor & zurück (2x) sowie für die Lautstärke lauter, leiser & stumm (3x):

Im Zimmer konnten wir mit ihr jedenfalls mehrfach die Nutzung dieser intensiv üben, ohne vorher Trockenübungen fernab des Fernsehers einplanen zu müssen. Doch es ist echt erstaunlich, wie sehr sie schon nur diese sechs Tasten aus dem Konzept bringen können, während sie andere komplexe Dinge im Nu beherrscht oder sogar noch im Gedächtnis hat. Egal, jetzt könnte sie jedenfalls selbstständig durch die Grundsender ARD, ZDF, NDR, RTL, RTL2, SAT1, Kabel1, Pro7, VOX und vor allem ihr heißgeliebtes Deluxe Music zappen. Sie braucht sich jetzt nur noch mit ihrer Mitbewohnerin einigen und nicht mehr umständlich für jede Veränderung die Pflege zu sich rufen.

In dieser Woche waren der Geschmack-des-Tages ein Kringel Fleischwurst am Dienstag (wir waren echt überrascht, wie selbstverständlich sie die mundgerechten Stücke mit der Gabel wahlweise in Ketchup, Senf, Remoulade oder in einer Kombination aus diesen eingetunkt hat!), eine Schale Kartoffelsalat am Donnerstag, Dominosteine und gefüllte Lebkuchenherzen am Samstag und heute eine Schlangengurke. Doch bald müssen wir uns wahrscheinlich extravagantere Dinge einfallen lassen, denn die Logopäden scheinen weiter gelockert zu haben – Stephanie bekommt ihr Mittagessen mittlerweile unpüriert! Allerdings ergeben sich für uns dadurch nun auch endlich mehr Möglichkeiten (z.B. Currywurst) und vor allem ihr Zwischenziel (Burger) sowie das Endziel (Döner) rücken immer näher. Sie freut sich jedenfalls bärigst und überlegt schon in Gedanken eifrig ihre Wunschzutaten …    😉

Schon beim allgemeinen Abendessen zeigen sich durch die Lockerungen ganz andere Möglichkeiten:

Und auch das fleißige Lernen für ein bisschen mehr Selbstständigkeit bei der Zubereitung ist nach wie vor ungebändigt. Sie schmiert ihre Brote in unserem Beisein immer besser und das Herausholen von Butter oder Schmelzkäse aus dem Töpfchen klappt mit Linki als Festhalter und Rechti als Messerschwinger schon fast perfekt bzw. mit nur noch wenig Hilfe durch uns – an der Front gibt sie auch nicht so schnell auf!

Im Gegenteil, denn sie ist weiterhin sehr enttäuscht, wenn wir es mal nicht rechtzeitig in die Küche schaffen, um an unseren Besuchstagen die vollumfängliche Vorbereitung ihrer Schnitten zu verhindern    😉

Und gestern freute sie sich zwar, als wir gegen 13:00 zu Besuch kamen, doch sie konnte noch nicht ihren Teller mit Oktoberfestköstlichkeiten beenden. Für die Bewohner hatte man am Samstag ein kleines bajuvarisches Fest ausgerichtet und typische Leckereien kredenzt, auf die Stephanie nun nicht so gerne verzichten wollte. Also schoben wir sie auf ihren Wunsch hin mitsamt der unpürierten (!) Wurst- und Leberkäsestückchen mit süßem Senf sowie Kartoffelsalat und Obadzda zum Pavillon, wo sie sogar ohne Schunkelmusik („So gar nicht mein Fall!“) ganz genüsslich zu Ende futtern konnte. Wie auch bei unseren bisherigen Mitbringseln genoss sie hiervon ebenfalls sichtlich jeden Bissen:

OK, nun zu den Highlights:

Nummer 1 ist definitiv ihre supergut überstandene, kleine OP zur PEG-Entfernung am Montag. Ihr erinnert euch, ich schrieb ja am 3. Oktober:

„In der 42. KW ist die Entfernung der PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie = künstlicher Mageneingang) geplant … Stephanie freut sich wie Bolle und damit verbleibt am Ende mit dem Urostoma (künstlicher Blasenausgang bzw. SPK) nur noch ein einziger Dauerschlauch an ihrem Körper“

… nun hat sie auch das endlich hinter sich!!! Wir sind sogar ganz außerplanmäßig am Montag extra einmal zu ihr nach Lüneburg gefahren, denn da konnte mein Mutterherz einfach nicht anders. Ich wollte wissen, wie es ihr geht und wie sie den kleinen Eingriff inklusive Magenspiegelung so überstanden hat. Es verlief alles perfekt und schon am nächsten Tag spürte sie gar nichts mehr davon. Nach unseren Übungen und denen der Ergotherapeuten am Dienstag bescheinigten wir ihr das Gütesiegel „Fit wie’n Turnschuh“, denn sie scheute absolut keine Bewegung mit den Armen, dem Oberkörper und dem Rumpf, welche Auswirkungen und Spannungen auf die Bauchregion mit sich brachten. Puh, ich war sehr erleichtert!!!

Das zweite Highlight war der gestrige Besuchstag, weshalb ich diesen jetzt auch gerne noch etwas ausführlicher beschreiben möchte – in Wort, Bild und Ton.

Am Dienstag lockten wir sie schon einmal aus ihrer Komfortzone heraus, indem wir sie dazu brachten, sich und ihre Arme ganz lang zu strecken, um von Carsten oder mir etwas in die Hand zu bekommen, was sie dann zur anderen Seite an die wartende Person wieder abgeben musste. Es war echt erstaunlich, wie viel Kontrolle sie wieder über ihren Rumpf bzw. die dortigen Muskeln zu haben scheint!!!

Am Samstag toppte sie das Ganze sogar noch einmal, als sie sich völlig unvermittelt nach vorne beugte, um ihr Trinken vom Tisch zu holen:

Weil Stephanie sehr wahrscheinlich beim Oktoberfestschunkeln ihr Getränk verschüttet hatte, wollte Carsten einmal den Rollitisch reinigen. Er hat ihn also abmontiert und wienerte auch gleich die Rollilehne mit, als sie sich dann ganz selbstständig nach vorne bewegte und nach ihrem Becher griff. Die Bewegung bis dahin kannten Carsten und ich schon: wenn sie ihre Arme nach vorne streckte, plumpste der Oberkörper wie ein nasser Sack in Richtung Schoss und blieb dort liegen – zum Glück ist sie im Rolli ja angeschnallt. Doch diesmal schaffte Stephanie es auch ganz alleine wieder, den ganzen, für sie bislang viel zu beschwerlichen Weg zurück in die Rückenlehne. Wir guckten uns und den mitgebrachten Gast an und wir müssen wie ein Honigkuchenpferd gegrinst haben, denn weder der Gast noch das Kind konnten anfangs unsere überschwängliche Freude verstehen. Ohne Fremdhilfe zurück in den Rolli zu schafften war uns völlig neu, also scheinen ihr endlich auch die Bauch- und Rückenmuskeln wieder zu gehorchen – klasse!

Das wir vorher in dieser Richtung nichts gemerkt haben ist völlig verständlich, denn wir haben in der Regel ja grundsätzlich den Tisch vor ihr angeschnallt und deshalb kam es nach unseren vorherig gemachten Erfahrungen im Krankenhaus (Stichwort: Plumpssack) nie beabsichtigt zu so einer Situation. Am Samstag ließen wir die Bewegungseinschränkung dann natürlich für weitere Übungen dieser Art weg. Sie nahm Gegenstände vom Tisch auf …

… und reichte sie uns …

… oder bekam sie auch mal von dem dritten Besucher:

Zu dieser Person nun endlich mehr:
Wir hatten an dem Samstag eine Freundin mitgebracht und trotzdem sich beide bisher noch nicht persönlich gesehen hatten, erkannte Stephanie sie schon nur nach der Vorgabe des ersten Buchstaben vom Vornamen … auch hier eindeutig ein Beweis für die Rückkehr ihres Kurzzeitgedächtnisses. Wir haben dem Kind sicherlich schon ein paar Male von meiner Arbeitskollegin erzählt und auch schon Fotos gezeigt, aber in der letzten Woche kam Stina und ihre Absicht, einmal mit nach Lüneburg zu fahren, jedenfalls nicht zur Sprache. Also ist das Wissen über sie schon älter als zwei bis drei Wochen.

Als nächstes überraschte Stephanie alle mit der Kommunikation, denn wir unterhalten uns mit Stina, einer gebürtigen Französin, in der Regel in einem Mischmasch aus Deutsch und Englisch, Doch mit Stephanie konnte sie nun auch recht viel Französisch sprechen, vor allem, da unsere Kleine als Schülerin mal einen B2-Abschluss im DELF-Sprachlevel absolviert hat. Klar, Stephanie philosophierte nun nicht gerade in langen Sätzen oder über komplizierte Themen, aber dennoch waren wir auch hier wieder einmal erstaunt, was sie ganz spontan so alles an Französisch aus ihrem Wissensfundus hervorkramen konnte:

 
Stina meinte, dass ihre Aussprache super sei und man merkte dem Kind an, dass sie auch echt viel von allem verstanden hat. Stephanie biss sich zu diesem Zeitpunkt mit der französischen Sprache, der Rumpfbewegungen und sogar der Nutzung von Linki gleichzeitig durch und hatte trotzdem ihren Spaß dabei. Toll!!!

Weil das Wetter den ganzen Tag schon so herrlich war – nach zwei Tagen Dauerregen und Sturm auf jeden Fall eine Wohltat – drehten wir zudem mal eine kleine Runde durch die an das Pflegezentrum angrenzenden Felder bzw. Wälder.

Und wieder ein Ah und Oh, denn Stephanie sah auch mal ohne langes Umhergucken Tiere rechts und links abseits des Weges … am Himmel waren z.B. mehrere Keile von Gänsen zu sehen und auf der Bank saß eine Katze, die sie ebenfalls recht schnell nach unserer Richtungsweisung fokussieren konnte.

Wir glauben, dass sie auch mal wieder froh war, etwas anderes als nur den Innenhof und das Pflegezentrum zu sehen, obgleich sie bei den vielen neuen Eindrücken teilweise etwas überfordert schien:

Schade, dass der Sommer bzw. die warmen Tage gerade jetzt vorbei sind …

Ebenfalls schade ist, dass sie das Lesen einer analogen Uhr komplett vergessen hat. Bevor wir sie zum Abendessen schoben, blieben wir an einer solchen Uhr stehen und fragten sie nach der Zeit:

Anhand des kleinen Zeigers gelang es ihr noch, die 5 zu erkennen, aber die Einordnung des großen Zeigers zwischen der 2 und 3 und somit die Verknüpfung zu 10 bzw. 15 Minuten war ihr nicht mehr möglich. Diese Aufgabe wird sich also in die Liste ganz weit nach hinten einreihen müssen, da sind zunächst noch ganz andere, viel wichtigere Baustellen auf der Agenda.

Doch an diesem Besuchstag waren Carsten und ich schon völlig begeistert, was Stephanie für Fortschritte zeigte und welche anderen Überraschungen, u.a. der Gedächtnisleistung, sie so ad hoc aus dem Hut zaubern konnte. Es bleibt demnach weiterhin hartnäckig bei unseren Credos „üben, üben, üben“ und „nicht aufgeben“ …



2021 17.
Okt.

Schwupps, erneut ist eine Woche vorbei und ich durchforste die Meldungen aus dem Familienchat, gucke noch einmal durch alle meine erstellten Fotos (101 Stück) und Videos (51 Stück), um die Highlights für den Blogeintrag rauszusuchen und kann es wieder nicht glauben, was sich in der kurzen Zeit doch noch so alles an Veränderungen ergeben hat. Im Vergleich mit dem vorherigen Besuch ist es immer nur wenig, aber mit dem Wochenrückblick wird es dann doch so einiges!!! Stephanie entwickelt sich weiterhin äußerst prächtig und es gibt glücklicherweise erneut nur Schönes zu berichten – und vor allem von Fortschritten!

Als fast täglicher Besucher fällt einem das, wie gesagt, nicht immer so sehr auf, aber hier mal zwei Beispiele, die es dann doch sehr eindrucksvoll wiederspiegeln:

Als ein persönliches Fazit aus dem letzten Wochenende haben ihr Vater und seine Frau den folgenden Kommentar an die Familie geschrieben:

„Wir konnten mit den Besuchen wieder einige Fortschritte bei ihr sehen, gegenüber dem letzten Besuch. Und so sind wir gespannt auf die Fortschritte bei unserem nächsten Besuch.“

Es fällt also nicht nur uns auf!!! Zudem können wir auch noch die folgenden Bilder gegenüberstellen:

In etwas weniger als zwei Wochen schafft Stephanie (höchstwahrscheinlich besonders Dank der kontinuierlichen Botox-Behandlungen), ihre linke Hand bzw. die letzten beiden Finger aus eigener Kraft immer weiter zu öffnen. Auf dem Foto links sieht man ganz deutlich, dass sie den Ringfinger und den kleinen Finger relativ gekrümmt hält, da der Spasmus im Unterarm und im Handgelenk die Muskeln noch zu sehr an der kurzen Leine halten. Als sie mir dann aber gestern mal ihre Fingernägel zeigen sollte, gelang ihr schon diese weite Öffnung – klasse! Und ich konnte zudem alle Finger mit meiner Hand noch etwas gerader ziehen, ohne dass es ihr Probleme bereitete oder schmerzte:

Bei unseren Besuchen ist es uns nicht so sehr aufgefallen, aber durch den direkten Vergleich der Fotos mit fast 14 Tagen Unterschied ergibt sich eine ganz andere Sicht auf solche Fortschritte. Stephanie und wir freuen uns jedes Mal wie Schneekönige … und zum Glück motiviert sie das immer noch zusätzlich, trotz der gefühlten „Langsamkeit“ kontinuierlich weiterzumachen, egal wie stupide und langweilig die Übungen auch sein mögen.

Ja, selbst bei den „stupidesten“ Übungen macht sie tapfer mit – manchmal muss sie sogar selbst so herzlich darüber lachen, dass ihr Tränchen über die Wangen kullern (die sie mittlerweile aber auch selbst wieder wegwischen kann!). Führt doch mal selbst als Erwachsener folgende Sprachübungen für ca. 10 Minuten durch, ohne vorher gelangweilt abzubrechen    😉

Carsten liest vor und Stephanie muss das (sinnlose) Wortkonstrukt dreimal deutlich wiederholen:

BA-LA-KA … BA-LA-KA, BA-LA-KA, BA-LA-KA
DA-LA-KA … DA-LA-KA, DA-LA-KA, DA-LA-KA
BA-LA-KE … BA-LA-KE, BA-LA-KE, BA-LA-KE
DA-LA-KE … DA-LA-KE, DA-LA-KE, DA-LA-KE
BA-LA-KI … BA-LA-KI, BA-LA-KI, BA-LA-KI
DA-LA-KI … DA-LA-KI, DA-LA-KI, DA-LA-KI
BA-LA-KO … BA-LA-KO, BA-LA-KO, BA-LA-KO
DA-LA-KO … DA-LA-KO, DA-LA-KO, DA-LA-KO
BA-LA-KU … BA-LA-KU, BA-LA-KU, BA-LA-KU
DA-LA-KU … DA-LA-KU, DA-LA-KU, DA-LA-KU
BA-LA-KÄ … BA-LA-KÄ, BA-LA-KÄ, BA-LA-KÄ
DA-LA-KÄ … DA-LA-KÄ, DA-LA-KÄ, DA-LA-KÄ
BA-LA-KÖ … BA-LA-KÖ, BA-LA-KÖ, BA-LA-KÖ
DA-LA-KÖ … DA-LA-KÖ, DA-LA-KÖ, DA-LA-KÖ
BA-LA-KÜ … BA-LA-KÜ, BA-LA-KÜ, BA-LA-KÜ
DA-LA-KÜ … DA-LA-KÜ, DA-LA-KÜ, DA-LA-KÜ
BA-LA-KAU … BA-LA-KAU, BA-LA-KAU, BA-LA-KAU
DA-LA-KAU … DA-LA-KAU, DA-LA-KAU, DA-LA-KAU
BA-LA-KEI … BA-LA-KEI, BA-LA-KEI, BA-LA-KEI
DA-LA-KEI … DA-LA-KEI, DA-LA-KEI, DA-LA-KEI
BA-LA-KEU … BA-LA-KEU, BA-LA-KEU, BA-LA-KEU
DA-LA-KEU … DA-LA-KEU, DA-LA-KEU, DA-LA-KEU

Und danach sogar als Doppelwort:

BA-LA-KA-DA-LA-KA … BA-LA-KA-DA-LA-KA, BA-LA-KA-DA-LA-KA, BA-LA-KA-DA-LA-KA
BA-LA-KE-DA-LA-KE … BA-LA-KE-DA-LA-KE, BA-LA-KE-DA-LA-KE, BA-LA-KE-DA-LA-KE
usw.

Na, Hand aufs Herz, wer hat mitgemacht und sich wirklich alles durchgelesen?    😉

Wir kannten diese Art der Übung schon aus der Klinik in Geesthacht, wo allerdings mit der Silbenkombination PA-TA-KA (mit E, I, O & U) die Zunge und der Mundraum trainiert werden sollte. Damals noch, damit man Stephanie überhaupt verstehen konnte, heute, damit man sie bald noch sehr viel besser versteht. Und wir ziehen das auch gerne gemeinsam durch, selbst wenn Pataka, Balaka und Dalaka uns allen in drei Wochen mit ziemlicher Sicherheit aus den Ohren herauskommen wird.

Wie sehr sie diese Zungenbewegungen anstrengt, sehen wir alleine schon dadurch, dass Stephanie zu Anfang unseres Besuches nur recht wenig nuschelt, aber nach dem vielen Erzählen und auch den diversen Sprachübungen zum Besuchsende hin immer undeutlicher in ihrer Aussprache wird. Glaubt uns, nach „BA-LA-KA“ und „DA-LA-KA“ folgen nämlich noch weitere Übungen, z.B. mit „Strömern“ und „Klingern“ … eben alles im Dienst der Medizin, der Gesundheit und des Heilungsprozesses.

Wer uns kennt, weiß allerdings auch, dass wir selbst bei solch ernsten Dingen genug Blödelpotential mit unterbringen und sogar das Kind spielt dabei gerne mit. Als es einmal um die Strömungslaute (z.B. „fffffff“) ging, musste Stephanie vorgegeben Worte von Carsten wiederholen. Bei Fffffffffrankfurt hängte sie noch schelmisch lächelnd ein „an der Oder“ mit an und bei Carstens ausgesprochenen „Ffffffffereinigten Staaten von Amerika“ korrigierte sie sofort, dass das nicht gilt und mit einem V geschrieben wird.

Ihr merkt, selbst die drögesten Übungen können wir OLCAs uns noch schmackhaft machen und versüßen … wow, das sind sehr gute Stichwörter, kommen wir gleich mal zum Essen    🙂

Zur Erinnerung: an unseren Besuchstagen in der Woche (nach der Arbeit) essen wir stets mit Stephanie gemeinsam zu Abendbrot und holen dabei in der Regel auch den Geschmack-des-Tages (teils nur für sie, oft aber auch für uns alle) aus dem Transportbeutel. Am Dienstag waren es gleich zwei Sorten Fleischsalat, die unser Kind natürlich äußerst gerne gegen den eigentlich für sie vorgesehenen Frischkäse eingetauscht hat    😉

Einmal gönnten wir uns Baumkuchenspitzen, die im Inneren nicht so krümelig waren, sodass Stephanie diese ohne Verstoß gegen ihre Lebensmittelvorgaben essen konnte. Wir fanden an dem Tag zudem erstaunlich, mit welcher Vorsicht sie die einzelnen Stücke für sich und uns aus der zum Teil hakeligen Verpackung, ähnlich wie bei Dominosteinen, fischte, ohne die mit Schokolade überzogenen Kuchenteilchen zu zerquetschen oder gar zu zerbrechen. Klar, es fehlt ihr sicherlich noch einiges an Feinjustierung und Geschick, aber ansonsten hielten wir ihre Ausführung schon für eine sehr beachtliche Sache. Geschmeckt hat der Baumkuchen natürlich ihr und uns äußerst lecker!

Am Donnerstag bekam sie India-Frischkäse auf Graubrot, welches sie zuvor selbst schmieren musste. Hier machen sich natürlich schon unsere vergangenen Trainingseinheiten bemerkbar, auch wenn Stephanie größtenteils immer noch angewiesen und im Umgang mit dem Besteck etwas geführt werden muss. Beim Essen durfte aber selbst Linki auch mal ran und hatte damit die Stücke einer Brothälfte mit der Gabel zum Mund zu führen. Für den ersten Bissen brauchte sie noch etwas Unterstützung (siehe Foto), aber dann klappte es so gut, als hätte sie das schon seit Wochen so gemacht.

Die weiteren Geschmäcker-des-Tages: da der India-Frischkäse es ihr echt angetan hatte, versprachen wir für Samstagnachmittag den Rest aus der Schale mit kleinen Pitabroten (ungetoastet und somit weich) und heute holte ich ihr den Geschmack von Kiwis ins Gedächtnis zurück. Beim Telefonat mit Carsten äußerte sie jetzt sogar den Wunsch, einmal Rosenkohl probieren zu wollen, da wir diesen heute als Mittagessen hatten. Sie testet echt alles aus!

Vor oder zusammen mit dem Essen muss sie aber auch immer ihre Medikamente nehmen. Eine Zugabe in flüssiger Form gab es bislang immer zu Anfang und die Tabletten wurden entweder in gemörserter Form als Pulver oder zerkleinert mit dem Yoghurt verabreicht. Carsten probierte nun mal die nächste Stufe aus, damit Stephanie ihren Yoghurt zukünftig auch gänzlich ohne bitteren Beigeschmack durch die Medis genießen könnte: er übte mit ihr die Einnahme im Ganzen und mit Trinken. Doch das Kind brauchte gar keine Übung und schluckte die zum Teil schon recht großen Pillen und Kapseln sogar völlig ohne eine zusätzliche Flüssigkeitszufuhr runter. Wir haben nicht schlecht gestaunt und mittlerweile hat sie sogar mit den Pflegern den Deal, die jeweilige Pillendosis auf einmal in den Mund zu bekommen, herunter zu schlucken und anstandshalber danach doch noch etwas zu trinken. RESPEKT !!! Mit einer so raschen Entwicklung hätten wir nicht einmal in unseren kühnsten Träumen gerechnet … vor allem, da wir das so ja selbst nicht mal könnten    🙂

Dafür stehen wir wohl noch vor so mancher Herausforderung, wenn es um das Bewältigen von Alltagssituationen geht. Hier fehlt ihr leider immer noch die Routine, Strategieentwicklung und Problemlösung, wie man an solche Aufgaben heranzugehen hat.

Beim Blättern, Öffnen von Boxen, dem Einschalten von Geräten (z.B. für Musik) oder dem Umgang mit Hilfsmitteln zeigen sich leider noch zu große Lücken, die wir nun mit immerwährendem Training schließen wollen. Dann gibt es jetzt eben eine Überraschung nicht mehr direkt in die Hand gedrückt, sondern in einer Schachtel und Stephanie muss zunächst mal da rankommen. Bislang hilft die linke Hand nur sehr wenig, wenn sie zwar die Box gegen das Verrutschen fixiert, dabei aber leider auch von oben auf den Deckel drückt – ihr fällt das noch nicht intuitiv auf und sie ackert umso mehr mit der rechten Hand an dem störrischen Objekt.

Auch beim Ausziehen ihrer linken Handorthese hat sie das Prinzip von Klettverschlüssen und den Ösen an der Seite nicht verstanden.

Sie findet die Anfänge der Verschlüsse noch nicht selbstständig und bekommt die Halteriemen zudem nicht von alleine aus den Metallringen heraus … erst wenn man ihr Anweisungen gibt und ihre Finger an die jeweiligen Stellen setzt bzw. diese dann in die richtigen Richtungen bewegt.

Carsten und ich haben dazu folgenden Gedanken entwickelt:
Stephanie geht es da wahrscheinlich ähnlich wie einem Baby oder Kleinkind. Diese können solche Handgriffe ja auch nicht sofort, sondern gucken sich in der Regel die Handlungen erst bewusst oder unbewusst bei anderen Personen ab – Beispiele wären hier das Tippen auf einer Fernbedienung oder ein Handy ans Ohr zu halten und dort hinein zu sprechen. Doch genau diese Abguck- und Beobachtungsphase fehlt unserem Kind völlig. Ergo müssen wir nun immer wieder auch mal solche Alltagssituationen, wie z.B. eine Box aufzumachen, einen Brief zu öffnen usw., mit ihr durchgehen und üben.

Das ist ihr zum Glück auch selbst sehr bewusst und somit macht sie jede in ihren Augen noch so stumpfsinnige Übung ganz toll und bis zum Schluss (konzentriert) mit. Wir denken mal, auch das unterscheidet sie sehr von manch anderen Personen in einer ähnlichen Situation, die irgendwann die Lust und Laune verlieren und dann ggf. nur noch resignieren oder abblocken. Davon ist sie derzeit aber noch weit entfernt, vor allem, da sie von allen Seiten so viel Zuspruch, Lob und Anerkennung bekommt – selbst für in ihren Augen schon recht popelige Selbstverständlichkeiten.

Anderes Beispiel: schon beim Ziehen von Grimassen scheint sie ihre Gesichtsmuskeln nicht auf die richtige Art und Weise kontrollieren zu können und wir könnten da noch so viel erklären, was denn genau zu tun wäre. Hier sind wir wahrscheinlich wieder beim Thema Abgucken und Abkupfern von anderen (s.o.) – ihr und uns fehlt da einfach der ganztägliche Kontakt, wie es eben bei Babys oder Kleinkindern normalerweise der Fall ist, wo ja ständig zwischen Kindern und Eltern interagiert wird – „Oh guck mal, ein XYZ!“

Da auf dem Gelände der Pflegeeinrichtung immer wieder mal Leute mit Hunden sind, hat sie dazugehörigen Verhaltensmuster beispielsweise schon sehr gut drauf. Sie freut sich über jeden Dackel und jedes Schwanzwedeln und versucht auch stets, eine Streicheleinheit an den Wuffi abzugeben. Ob am Boden …

… oder auf dem Schoss:

Doch leider werden wir wohl nicht mehr lange vorbeilaufende Hunde sehen können, denn es wird zunehmend schattig in Deutschland, als dass man bald noch stundenlang draußen sitzen könnte. Vor allem, wenn sich unsere Besuchszeiten in der Regel auf 3-4 Stunden ausdehnen. Letztens habe ich schon mal ein wenig geschwächelt:

Mit Stephanies Muff und meinem Schal über der Nase konnte ich dann nur noch an verbalen Spielen und Übungen teilnehmen. Dem kälteliebenden Kind wird es sicherlich auch bald zu ungemütlich werden und wir müssen uns dann ein ruhiges Plätzchen innerhalb der Gebäude suchen. Wir halten euch auf dem Laufenden.

Hier noch ein paar Infos in Newstickerform, da der Blogeintrag eh schon wieder viel zu lang und zu ausführlich geworden ist:

  • Die Pflegekasse und der MDK haben sich nun final auf den Pflegegrad 5 geeinigt … damit wäre zumindest die medizinische und therapeutische Versorgung in trockenen Tüchern.
  • Ihr Kurzzeitgedächtnis scheint wieder etwas aktiver zu werden, denn Stephanie erinnert sich immer mehr an Dinge von gestern oder vor Tagen. Am Dienstag befragten wir sie zum Wochenendbesuch und sie konnte sich unter anderem daran erinnern, mit Andrea telefoniert und beim Kniffel nur verloren zu haben. Und bzgl. Käse denkt sie immer noch daran, wie sie vor zwei Wochen meinen ekeligen Bergkäse erwischt hat … sowas kommt definitiv vor allem aus dem Kurzzeitgedächtnis heraus.
  • Nach Auskunft der Ergotherapeuten war Stephanie selbst nach zwei Wochen Pause 15 min ohne Kreislaufprobleme im Standing, schaffte mit dem Motomed schon stattliche 1,7 km und bedient ein Spiel auf dem Tablet hochkonzentriert für ca. 10 min.
  • Carsten und ich haben uns vor Kurzem darüber unterhalten, dass Stephanie nicht mehr so viel orientierungslos herumblickt, wie es z.B. noch damals in der Vamed-Klinik der Fall war. Ihr Orientierungssinn hat sich demnach schon sehr gebessert und sie fokussiert sich auch sehr viel einfacher auf das Geschehen um sie herum. Leider ist sie dadurch aber auch wieder etwas leichter ablenkbar …
  • An die guten, alten Kindermärchen kann sie sich fast gar nicht mehr erinnern. Wir haben einmal drei Begriffe genannt und sie sollte das dazugehörige Märchen erkennen: Zwerge, Apfel, Hexe = nein … Wolf, rote Mütze, Oma = nein … Geißlein, Wolf, Steine im Magen = nein. Einerseits schade, aber andererseits auch wieder eine Chance, Märchen vorzulesen oder Stephanie am Ende mal selbst lesen zu lassen, wenn sie das mit dem Umblättern, Halten und Durchlesen wieder drauf hat.
  • Dafür überraschte sie uns bei einem (Kinder-)Quiz mit doch noch recht vorherrschendem Wissen. Ich las Fragen und vier Antwortmöglichkeiten vor, die wir dann alle beantworteten bzw. kommentierten. So wusste sie u.a., dass Mode keine Kategorie beim Nobelpreis ist (Physik, Chemie, Frieden, Mode) und dass Marie Curie eine Physikerin war.
  • Mit einem anderen Spiel testeten wir ihr Kurzzeitgedächtnis und wollten mal ihre Phantasie aus der Reserve locken – ich habe ja schon im Blog geschrieben, dass kindliches und somit phantasiereiches Spielen bei ihr gar nicht mehr funktioniert. Also gab Carsten drei Wörter vor und sie sollte daraus eine kurze Geschichte oder einen Witz basteln (z.B. Drache, Schloß & Himmel). Doch auch hier fiel es ihr sehr schwer, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Dafür konnte sie sich anfangs noch recht gut die drei vorgegebenen Worte merken, aber sie verhaspelte sich zunehmend mit früheren Worten und „vergaß“ somit eines von den Aktuellen. Doch nicht vergessen hatte sie, dass wir reihum spielen wollten und nach ihrem berechtigten Protest ging die zweite Kombination aus Hase, Huhn und Ei an mich    😉

So, langsam sollte ich mal Schluss machen – Lob an die, die bis hier noch durchgehalten und aufmerksam mitgelesen haben. Wenn ich die Zusammenfassung der Woche schreibe, komme ich leider auch allzu oft ins Träumen und Schwärmen, sodass ich einfach kein Ende finden kann.

Alle Fotos sind nun in dem Text eingebunden, alle wichtigen Infos weitergegeben (glaubt mir, ich könnte noch sehr viel mehr auflisten!) und das Korrekturlesen wartet ja auch noch auf mich und Carsten. Wahrscheinlich bin ich ebenso wie ihr gespannt, wie sich so manches in der nächsten Woche entwickeln wird!

Habt noch einen schönen Abend und vor allem einen ruhigen Start in die neue (Arbeits-)Woche. Drückt Stephanie bitte weiterhin die Daumen, dass es auch künftig so bergauf geht, und habt nochmals vielen lieben Dank für eure zahlreichen Reaktionen, Kommentare und Wünsche – das bedeutet mir wirklich sehr viel! Und Stephanie hilft es ebenfalls …



2021 10.
Okt.

Dieses Wochenende sind mal wieder Stephanies Vater und seine Frau aus der Nähe von Meißen bzw. Dresden in den Norden gekommen und haben die Besuchszeiten an den beiden Tagen übernommen. Dadurch beschränkt sich meine heutige Zusammenfassung eigentlich auch nur auf drei Besuche in der vergangenen Woche: Dienstag nach der Arbeit war ich alleine bei ihr, da Carsten abends während eines Wartungsfensters anwesend sein musste, Mittwochvormittag warteten Stephanie, Carsten und ich auf jemandem vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen), da eine Vor-Ort-Untersuchung für die Pflegegradbestimmung stattfinden sollte, und am Donnerstagnachmittag hatten wir drei unsere einzige „reguläre“ und gemeinsame Besuchszeit. Dennoch gibt es reichlich zu berichten – keine Angst    😉

Dann fange ich doch gleich mal mit diese Meldung an: wir haben ihr Platzdeckchen gesehen und mal für euch abfotografiert …

Na, warum hat sie sich wohl dafür entschieden? Na klar, dieser tolle Wolkenhimmel ist ganz und gar ihr Ding!!! Das begeistert sie definitiv sehr viel mehr als jedes Bild mit einem Sandstrand, einer Spiegelung im See, einem Fahrzeug, einer Filmsequenz oder einem Vereinsemblem. Unsere kleine Meteorologin …

Toll fand ich diese Woche besonders, dass man mit ihr insgesamt etwas mehr über Dinge des Tages quatschen konnte, da sie sich diesmal sogar recht gut daran erinnern konnte. Sie scheint wohl gerade wieder mal einen erfreulichen Leistungsschub zu haben, denn viele Übungen sitzen bereits nach nur wenigen Versuchen oder zeigen deutliche Entwicklungen von Besuch zu Besuch. So z.B. das Umblättern bei Zeitschriften oder auch Fotoalben, die Nutzung eines Lippenpflegestiftes (darf ich „Labello“ sagen, ohne gleich Werbung dafür zu machen?) hat sie fast schon komplett von der Öffnung bis zu Schließung drauf und selbst bei der Nutzung von bekannten und neuen Spiele-Apps machte sie immer wieder eine sehr gute Figur. So hatte sie bei einer erstmalig genutzten Puzzle-App nur am Anfang etwas Probleme, aber dann flutschte es zunehmend besser. Und bei unseren Gesprächen über die vergangenen Tage nennt sie nun immer öfters Namen der anderen Bewohner, kann sich noch zielsicherer an Übungen und die Dauer bei den Therapiestunden erinnern und spricht auch schon über andere Kleinigkeiten des Tages. Besonders, wenn es ihr wichtig war.

So auch über ihren letzten großen Test der Logopäden, die ja schließlich über die Freigabe weiterer Essensvarianten entscheiden. Am Dienstag bekam sie zum Abendessen schon Graubrot mit Rinde, Scheibenwurst, Gurkenscheiben und Paprikastreifen, da sie mittags mit einem unpürierten (!!!), dafür aber klein geschnittenen Nackensteak (!!!) keine sonderlich großen Schwierigkeiten hatte und dadurch wohl die nächste Lockerung erreichte. Dieses Erfolgserlebnis mit dem Steak erzählte sie sogar Carsten freudestrahlend am Telefon, so wichtig war ihr das:

Wenn wir schon mal beim Essen angelangt sind, kann ich mit diesem Oberbegriff ja erst einmal weitermachen. Da es insgesamt doch nur zwei reguläre Besuchstage waren, bekam sie eben auch nur zwei Mal den Geschmack-des-Tages: am Dienstag waren das Apfel und Birne (sie hat sogar die Begriffe richtig zugeordnet) …

… und am Donnerstag einen Rest meines selbstgemachten Thunfischsalates, den sie trotz „Fisch“ als sehr lecker empfand und zum Abendessen genüsslich weglöffelte.

Doch egal was wir ihr bislang vorsetzt haben, sie genießt derzeit jeden einzelnen kulinarischen Ausflug – selbst Oliven, natürlich ohne Stein (hat sie die vor dem Vorfall auch schon gegessen?), und einen Smoothie mit Banane, Ananas und Kokos fand sie letztendlich sehr lecker.

Nur bei eigentlich harmlosen Cornichons guckte sie uns nach dem ersten Kauen fragend an und betitelte sie als sehr scharf … häh?!? Und dabei hatte sie sogar Recht, denn das Gurkenglas war nicht von uns gekauft, sondern blieb nach einer kleinen Feier übrig und wir hatten vorher nicht genauer auf das Etikett geachtet: Cornichons mit Chili. Sie machte aber dennoch keine großen Anstalten oder wollte es ausspucken, sondern aß tapfer zu Ende und schluckte alles runter. Aber einen Nachschlag wollte sie hiervon natürlich nicht    😉

Doch trotz aller Gelüste und vermisster Geschmäcker, selbst einen Bissen von ihrem heißgeliebten Mettbrot gibt sie weiterhin gerne ab … herrlich, Stephanie füttert Carsten!!!

Natürlich haben wir die drei Besuchstage nicht nur gefuttert und gefüttert, sondern auch viel gespielt und geübt … letzteres durchaus öfters im Kontext Essen    🙂

Wie schon die letzten Male, versuchen wir weiterhin ihr Abendbrot ungeschmiert aus der Küche zu bekommen, damit wir mit Stephanie das Schmieren eines Brotes mit Butter und Aufstrich üben können. Selbstverständlich braucht sie weiterhin noch viel Hilfe in Form von Anweisungen, Handgriffen und Halten, aber meiner Meinung nach wird auch das schon zunehmend besser:

Insbesondere Linki ist ja leider noch zu sehr in der Bewegung eingeschränkt, als dass Stephanie mit ihren Händen schon all die Dinge erledigen könnte, wie jeder andere auch. Besonders beim Halten von Schüsselchen und Bechern macht sich das deutlich bemerkbar, während die rechte Hand mit einem Messer, einer Gabel oder einem Löffel etwas herausfischen muss. Durch die Spastik ist es für sie z.B. sehr schwer, die jeweilige Öffnung immer schön gerade nach oben zu bringen oder sie dort zu halten. Sie kann dafür ja nicht mal eben das Handgelenk richtig öffnen und drehen, sondern das Gehaltene eigentlich nur gegen ein Wegrutschen fixieren, besonders wenn es zusätzlich auf dem Tisch o.ä. steht.

Beim Yoghurtbecher wollten wir es dann aber mal wissen, also starteten wir einen Versuch in die andere Richtung. Rechti kann den Becher zwar perfekt halten, aber Linki schafft die Bewegungen in alle Richtungen für das Herausfischen, das Führen zum Mund ohne alles zu verlieren und auch das koordinierte Drehen und Halten des Löffels noch nicht. Wir bleiben da aber dran, denn mit Rechts hatte sie anfangs ja die gleichen Probleme und es landete mehr auf dem Latz als im Mund    😉

Dafür überraschte sie uns auf Anhieb mit dem Schlucken ihrer Medikamente in Pillen- und Kapselform. Anfangs wurde im Vorfeld noch alles gemörsert und während Carsten sich mit Stephanie dem Hauptgang widmete, rührte ich das Pulvergemisch immer munter in den Pudding oder Yoghurt. Wenn wir dann mal ungemörserte Medikamente bekamen, verteilte Carsten die Pillen und das Pulver der Kapseln auf einem Löffel Yoghurt und Stephanie schluckte alles sofort und ohne Kauen runter. Leider blieb dann zu ihrem Leidwesen von Nachtisch am Ende nicht mehr so viel übrig, dass sie diesen noch hätte genießen können. Doch am Donnerstag ließen wir mal alle Pillen und Kapseln in Rohform (auch die etwas Größeren) und Stephanie sollte sie mit ihrem Getränk einzeln hinunterschlucken. Und siehe da, sie hatte Null Probleme damit und ab sofort werden wir ihr die Medis immer nur mit Wasser geben, damit ihr der Nachtisch als Genuss und Abschluss erhalten bleibt. Spätestens nächste Woche wissen wir, ob es immer so klappt und könnten dann einen Hinweis an das Pflegezentrum geben, damit sie zu jeder Mahlzeit auch ohne uns das Schlucken mit einer Flüssigkeit durchführen kann. Denn: sie schluckt zwar die Medikamente erfolgreich runter, aber das Legen der Pille in den Mund bzw. auf die Zunge erfordert natürlich noch ein Zutun durch einen Dritten. Aber der erste Schritt ist mal wieder gemacht und wir drei sind glücklich über diesen weiteren kleinen Fortschritt.

Wir sind auch noch immer mit Eifer dabei, mit ihr das Überziehen der Ärmel zu üben (leider sind noch zu viele Anweisungen und Hilfen notwendig), sowie das Umblättern von Seiten (bei dickeren Seiten, z.B. einem Fotoalbum, erkennt sie sofort, wenn sie mehrere erwischt und korrigiert nach) …

… und das Finden und Berühren der eigenen Ohren (diese Bewegung hat sie jetzt sogar schon ganz autark mit Linki drauf!). Neu hinzugekommen sind nun noch die Benutzung eines Labellos (wie erwähnt ist das schon fast perfekt) und am Donnerstag starteten wir das eigenständige Ausziehen der linken Handorthese.

Warum ausgerechnet das? Weil man ihr nach dem Anlegen mal gesagt hat, dass sie diese nach mehr als drei Stunden Tragen auch gerne selbst abnehmen kann, worauf sie wiederum in Tränen ausbrach, weil sie das leider nicht beherrscht. Deshalb bringen wir ihr nun das Öffnen der insgesamt sechs Klettverschlüsse sowie das Festhalten der Orthese mit Rechti, während Linki sich herauszieht, bei. Beim allerersten Mal klappten die Handgriffe zwar schon recht gut, aber natürlich noch mit viel zu vielen Anweisungen und Hilfestellungen, z.B. wo der Anfang und das Ende eines solchen Klettverschlusses überhaupt ist. Aber das beherrscht sie bald wie aus dem Effeff, wetten? Wir bleiben jedenfalls dran …

Kommen wir zum Spielen. Während ich weiterhin vorrangig für das künstlerische (Malen, Singen etc.) und sprachliche (Russisch, Englisch, Lesen etc.) zuständig bin …

… kümmert sich Carsten in erster Linie um das Variieren und die Zweckentfremdung von Gesellschaftsspielen – der Klassiker und Dauerbrenner ist hierbei schon seit Monaten dieses Memory:

Anfangs nahmen wir nur den hier schon öfters beschriebenen Sechserpack aus Wolke, Regenschirm und Huhn (die drei erkennt sie mittlerweile sofort) sowie Apfel, Birne und Möhre (hierbei kommt sie weiterhin ins Straucheln). Dann erweiterten wir auf die restlichen Kärtchen, die sie zunehmend auch erkannte und mittlerweile fast schon fehlerfrei benennt. Insbesondere hier merkt man, dass sie am Anfang noch völlig konzentriert und dadurch fehlerfrei ist, mit fortschreitender Zeit aber immer unkonzentrierter wird und dann mehr und mehr kleinere Hilfen benötigt.

Nun haben wir alles erweitert und am Mittwoch zum ersten Mal auch den bislang ausgemusterten Kartensatz mit den Umrissen bzw. Schatten dazu genommen. Ein Memorypärchen besteht hier eigentlich aus einem bunten, aber gemalten Echtbild und einem Schattenbild bzw. nur dem schwarzen Umriss. Im richtigen Spiel gilt es also diese Pärchen zu finden und aufzudecken – so weit ist Stephanie aber noch lange nicht. Doch sie bekam nun fünf „Echtbilder“ vor sich gelegt und einen dazugehörigen Umriss, dann sollte sie das Pärchen finden.

Wir waren echt beeindruckt, dass sie im direkten Vergleich der Kärtchen kein Problem mit der Zuordnung hatte, aber man merkte das oben Erwähnte bzgl. der Konzentration schon sehr deutlich. Beim ersten Durchlauf mit allen Bildchen waren Affe und Banane kein Problem für sie und sie wusste auch, dass Affen gerne Bananen essen. Beim Durchlauf mit den Schattenbildern aber „fehlte“ ihr diese Info schon wieder und sie antwortete völlig überzeugt „Affen essen Käse“. Erst mit unserer Hilfe („Affen essen Ba …“) kam sie auf die richtige Lösung. Ergo, das Wissen ist auf jeden Fall da, es wird eben nur nicht immer schnell gefunden. Ach ja, da ist ja wieder die Analogie zu Hund, Katze, Wuff und Miau    🙂

Als Zusatztest haben wir ihr auch mal nur einzeln die Schatten des Sechserpacks gezeigt und hier ebenfalls das gleiche Bild wie mit den Echtbildern: Wolke, Regenschirm und Huhn erkennt sie auf Anhieb, Apfel, Birne und Möhre wiederum nicht, obwohl selbst die Schatten dieser drei Dinge mehr als eindeutig sein dürften    🙁

Zum Abschluss möchte ich noch zwei Themen kurz anreißen.

Thema 1: Beim Warten auf den MDK haben wir von unserem Pavillon aus u.a. dem Treiben auf dem Gelände der Pflegeeinrichtung zugeschaut, wo fleißig für eine kleine Olympiade nach dem Mittag aufgebaut wurde. Zuerst hat Stephanie zwar bezweifelt, dass sie an den Stationen mit teilnehmen kann, doch am nächsten Tag zeigte ihr Stationsschein (unten rechts), dass es doch nicht so war, denn sie hatte ja schließlich für alle sechs Aufgaben einen Aufkleber bekommen:

Hier scheint also immer jeder in alles mit involviert und einbezogen zu werden – wir finden das so toll! Somit bleibt es bei unserer Meinung und unserem Eindruck: diese Einrichtung war mitunter das Beste, was Stephanie nach der Entlassung aus dem Krankenhaus und der Rehastation passieren konnte.

Thema 2 zielt natürlich auf den Besuch des MDK ab. Stephanie hat ihre Sache recht gut gemacht und das Gespräch mit der Dame verlief wie erwartet. Das Kind zeigte zum Glück keine übertriebene Nervosität oder ein ungewöhnliches Ausbrechen aus dem allgemeinen Zustand – bei Tests ist Stephanie leider immer etwas unberechenbar. Also stellte man „Frau Meier“ (das findet sie immer noch sehr komisch) Fragen, auf die sie Antworten wusste (Schmerzen, Geburtsdatum, Alter), aber dann auch welche, die sie zwar wahrheitsgemäß, aber eben nicht richtig beantwortet hat … „Welchen Monat haben wir?“ – „Weiß nicht.“ … „Wo waren Sie vorher?“ – „Wentorf.“ … usw.

Jetzt heißt es für Stephanie, Carsten und mich sowie für die Einrichtung abwarten, bis dass der MDK aufgrund dieses Treffens samt Unterhaltung mit uns und dem Pflegepersonal eine finale Einschätzung zum Pflegegrad abgibt. Stephanie kann zum Glück nicht viel dabei verlieren, aber auf uns kommt dann definitiv wieder etwas Arbeit zu, denn das Ergebnis müssen wir ja an diverse Behörden und Institutionen verteilen, die daraus wiederum neue Berechnungen generieren und uns zurückschreiben werden. Hoffentlich hält sich der resultierende Papierkram in Grenzen … so viele Briefe, wie in den letzten paar Monaten, haben wir nicht mal in den vorangegangenen Jahren frankiert und verschickt.

Aber beenden wir diesen Blogeintrag doch mit etwas Schönerem als diese Erkenntnis – wir finden es jedenfalls immer ganz toll, wie schön und liebevoll man Stephanies Bett über den Tag drapiert:

Oder was sagt ihr dazu?



2021 03.
Okt.

Die richtig guten Nachrichten zuerst im Kurzticker:

  • die Krise von letzter Woche war glücklicherweise nur ein kleines und vor allem kurzes Strohfeuer … wir drei haben uns am Dienstag darüber ausgesprochen, sie hat sich unendlich oft entschuldigt und es wurden auch gleich mal die nächsten Ziele von ihr festgelegt, an denen wir nun eifrig arbeiten
  • in der 42. KW ist die Entfernung der PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie = künstlicher Mageneingang) geplant … Stephanie freut sich wie Bolle und damit verbleibt am Ende mit dem Urostoma (künstlicher Blasenausgang bzw. SPK) nur noch ein einziger Dauerschlauch an ihrem Körper
  • unser Kind ist seit Donnerstag vollständig durchgeimpft … willkommen im Club der 2G-Nutzer
  • Stephanie sagt auch, dass sie wohl schon die positive Wirkung der Botox-Behandlung bemerkt, denn Linki ist ihrer Meinung nach noch etwas freier in der Bewegung geworden und in den Beinen hat sie nun sehr viel weniger Krämpfe

Und mit diesen Stimmungsaufhellern verlief die letzte Woche auch insgesamt wie am Schnürchen. Wir haben viel ausprobieren können, viel geübt und natürlich auch wieder ein paar kleinere Erfolge erzielt.

Mit unserem „Geschmack des Tages“ möchten wir Stephanie im Rahmen ihres erlaubten Kostplans wieder langsam an die vielen kulinarischen Genüsse heranführen und auch ausloten, was sich geschmacklich bei ihr eventuell geändert haben könnte: am Dienstag gab es auf ihrem Brot Zunge als Wurstscheibe (fand sie so lala), am Donnerstag Bierschinken im Ganzen (zugegeben, Wurst ohne Brot ist unfair, denn welcher Nichtvegetarier/-veganer würde das nicht mögen?!?), am Samstag Rindermett (diese Form des „Hackepeters“ haben wir selbst erst hier im Norden kennen- und (wie unser Kind) mittlerweile lieben gelernt) und heute verwöhnte ich sie mit einer frischen Avocado.

Doch die größte Überraschung gab es gestern zum Frühstück, wo sie zu ihrem süßen Brötchen mit Belag auch noch zwei Stücke Pfirsich und zwei Stückchen Ananas bekam:

Ananas war ja eigentlich noch nie so richtig ihr Ding und bei der Beschreibung von Pizza Hawaii zeigt sie auch heute noch trotz ihres Gedächtnisverlusts nicht gerade ein Das-will-ich-essen-Gesicht. Doch pur scheint sie nun echt Freude dran gefunden zu haben – wir waren etwas baff. Gut zu wissen …    🙂

Bei den neu eingeführten Übungen hielten wir uns u.a. an ihren Wunsch, als Freizeitbeschäftigung zuerst das Lesen wieder durchführen zu können. Ergo besorgten wir ihr Zeitschriften und packten diese in eine Art Rollirucksack, mit denen sie ab jetzt immer dann trainieren kann, wenn ihr danach ist … natürlich, wenn ihr jemand zuvor jene herausholt und sie vor ihr auf den Tisch legt. Doch unsere erste Aufgabe war zunächst das Erlernen des Umblätterns:

Zwar erwischt sie noch zu oft mehr als nur eine Seite, aber die Feinmotorik und Fähigkeit, mit den zum Teil auch mal durch Lecken angefeuchteten Fingern zu arbeiten, wurde von Besuch zu Besuch sichtbarer. Sie scheint wohl auch schon selbst hier und da mal zu üben und sich die Bilder und Texte anzuschauen. Der Anfang wäre damit gemacht.

Am Donnerstag musste sie uns eine Postkarte vorlesen, die sie von einer Therapeutin bekommen hat, die derzeit in Dresden und der Sächsischen Schweiz Urlaub macht. Das Lesen des Textblocks klappte dabei sogar schon überraschend gut und Stephanie hat sich eigentlich nur einmal in der Zeile vertan und somit die richtige Stelle verloren, doch sie brauchte nicht lange, um sie wiederzufinden und weiterzulesen.
Heißt: wer also Lust hat, kann ab sofort gerne ein paar Zeilen auch direkt an sie schicken – ob als Brief, als Postkarte oder auch als Email. Falls es nicht mehr bekannt sein sollte, die Postadresse findet ihr hier und die Emailadresse setzt sich bei uns allen aus Vorname.Nachname@marvinchen.de zusammen. Wir werden ihr dann alles bei unserem nächsten Besuch mitbringen und sie selbst durchlesen lassen.

Wie schon im letzten Blogeintrag angedeutet, haben wir auch weiterhin das Schmieren ihres Brotes zum Abendessen geübt und es zeigen sich sogar schon erste Erfolge – doch ganz alleine geht es natürlich noch nicht. Und auch das Hunde-Memory kam wieder zum Einsatz, diesmal mit der Variante, dass vor ihr ein Welpenbild mit abgedecktem Rassenamen liegt und sie aus vier möglichen Fotos von ausgewachsenen Hunden das mögliche Elternteil heraussuchen muss:

Dabei soll sie auf hundetypische Merkmale, wie z.B. Farbe, stehende oder hängende Ohren, Länge der Beine oder des Fells, Kopf, Gesicht und Schwanz achten und erst danach ihre Auswahl durchführen. Manches schließt sie von Vornherein aus uns schiebt diese Karten dann weg, aber manchmal ist sie auch schon bei vier Karten sehr zielsicher. Auf dem Foto ist wohl eindeutig die Farbe der entscheidende Hinweis gewesen    😉

Einmal hatten wir sogar das Glück, dass sich ein echter Hund dazugesellte und Stephanie war außer sich vor Freude. Das Streicheln mit Linki gestaltete sich allerdings etwas suboptimal …

Egal, sie war glücklich und aus dem Häuschen und sie weiß mittlerweile auch ganz genau, dass Hunde „wuff“ und Katzen „miau“ machen … war ja anfangs nicht immer so, ihr erinnert euch sicherlich noch.

Eine weitere praktische Übung war diese Woche das Einfordern ihrer aktiven Hilfe beim Anziehen einer Strickjacke oder eines Pullis. Das Wetter hält sich hier im Norden zwar erstaunlicherweise immer noch ganz gut und Regen bleibt in der Regel während unserer Besuche aus, aber draußen zu sitzen wird nach ein paar Stunden durch die Kälte und den Wind zunehmend ungemütlich, sodass wir jetzt immer öfter reingehen müssen. Bis dieser Schritt aber auch für unsere Kälteliebhaberin (ihr Credo war ja schon immer „Island ist ein besseres Urlaubsland als Spanien“) unausweichlich ist, ziehen wir ihr erst mal eine wärmende Schicht über. Und das Einfädeln der Arme sowie das Hochziehen der Ärmel überlassen wir dabei immer mehr ihr. Selbst mit Linki fasst Stephanie den Stoff mit Daumen und Zeigefinger an und zieht alles Stück für Stück nach oben, bis die vorher eingepackte Hand frei liegt – noch mit sehr viel Hilfe, aber in ein bis zwei Wochen hat sie das sicherlich auch wieder alleine drauf.

Doch der größte und zeitintensivste Block wird derzeit für das Neuerlernen des Schreibens genutzt. Angefacht wurde dies durch eine Therapeutin, welche mit Stephanie selbst schon damit anfing und uns deshalb Übungen für die Handmotorik herausgesucht und mit einer Notiz ins Postfach gelegt hat … „vor allem, damit Stephanie wieder Schreiben lernt und sich traut es auszuprobieren.“

Dieser Aufgabe wollen wir sehr gerne nachkommen, doch leider zeigte sich, dass Stephanie das Nachzeichnen von Figuren und Buchstaben fast gar nicht beherrscht und uns immer nur fragend anschaute, was wir denn eigentlich von ihr wollen. Also fingen wir zunächst mit einfacheren Übungen an, um die Handhabung des Stiftes zu verinnerlichen, Striche und Linien zu zeichnen und vor allem, um ihr immer wieder zu Erfolgserlebnissen zu verhelfen – denn nur dann bleibt sie auch mit Spaß und Eifer dabei.

Wir starteten mit Trockenübungen auf einem weißem Blatt Papier, bei der sie Punkte verbinden oder auch mal Carstens Stift folgen sollte:

Hierbei ging es uns vor allem darum, bei ihr ein Verständnis aufzubauen, was mit dem Stift möglich ist und was man wie nachzeichnen oder verbinden sollte.

Dann wollten wir schon etwas koordinierter vorgehen und sie nach einem bestimmten Schema „malen“ lassen. Carsten hatte dafür ein paar der sicherlich jedem bekannten Bilder ausgedruckt, bei denen man Punkte von 1 bis irgendwas verbinden soll und am Ende zeichnet sich dadurch eine Figur oder ein Ding ab.

Sie war voll konzentriert, hochmotiviert und es klappte auch gleich schon beim ersten Mal ganz wunderbar:

Dass es sich hierbei allerdings um eine Birne handelte, das erkannte sie natürlich nicht    😉

Auch auf dem Bild 2 hat sie alle Punkte toll verbunden, aber auch hier konnte sie das final sichtbare Tier nicht benennen (siehe rechts):

Doch darauf kam es ihr uns uns ja auch gar nicht an. Das Verbinden und die Handhabung mit dem Stift war das Ziel und bis hier hatten wir durchschlagenden Erfolg. Wir stellten nur immer wieder fest, dass sie die Zahlen nicht registrierte, die sich hinter ihren Fingern oder dem Handrücken befanden. Sie hat aber auch kein Gefühl dafür, dass sie diese einfach nur durch sich selbst verdecken könnten – der fehlende Überblick und der nicht vorhandene Orientierungssinn für die Suche schlugen ihr erneut ein Schnippchen …

Und ab Bild Nummer 3, 4 und 5 lässt sie zudem ihre Konzentration im Stich, denn ab da verliert sie immer mehr den Faden. Wie schon letzte Woche beschrieben, ist hier leider deutlich der Nebeneffekt „Kleinkind vs. Erwachsener“ offensichtlich: das Kleinkind in ihr baut sehr schnell ab und sie gerät völlig neben die Spur. Dann heißt es genug geübt, Zeit für Ablenkung und Zerstreuung schaffen. z.B. mit einem leeren Blatt, auf das sie malen könnte, was sie nur will. Doch hier verliert wieder das Kleinkind, was sicherlich sofort drauflos malen würde (Baum, Haus, Sonne etc.), und Stephanies Erwachsenenbewusstsein lässt sie ideen- und phantasielos auf das Papier starren. Hier braucht sie dann doch etwas Input und eine Vorgabe, was sie denn malen soll. Allerdings, wenn man ihr erneut etwas vorgibt, z.B. ein Haus oder ein Schriftzug, meldet sich das Kleinkind und fragt „Wie geht das?“ … ein Teufelskreis, denn sie müsste zwar zunächst erst einmal alles lernen, aber am Ende darf diese Lernperiode dann auch nicht all zu lange dauern. Dabei sitzt sie eigentlich auf heißen Kohlen, denn es geht ihr so nicht schnell genug.

Wir sind echt gespannt, wann und wie wir dieses „Hindernis“ überwinden werden und vor allem, wann wir das Kleinkind vom Alter her einschulen können … so kann Stephanie zwar schon gut lesen, aber nicht selbstständig schreiben, auch nicht mit einem direkten Abgucken des zu schreibenden Wortes und am Ende leider auch nicht, wenn sie auf dem Wort nur die Linien nachziehen müsste. Aber unsere Zeit wird kommen und eines Tages schreien wir „Heureka!“ in die große, weite Welt hinaus …     😉



2021 26.
Sep.

Da wir ja fleißig mitzählen, möchten wir euch die runden Zahlen zu Stephanie natürlich nicht vorenthalten: heute ist sie schon seit 60 Tagen im Pflegezentrum und am 30.9. werden es insgesamt 400 Tage seit dem Vorfall sein … man, wie doch die Zeit vergeht!

Aber es hat sich auch in dieser Woche wieder viel ereignet, wenn auch nicht immer alles sehr positiv war. Doch zu „unserem“ bzw. ihrem Kopfproblem möchte ich erst am Ende meinen Senf dazugeben. Zuerst zu den Fortschritten und Weiterentwicklungen:

Am Montag wurde endlich ihr finaler Rollstuhl geliefert, denn der bisherige war eigentlich nur eine Leihgabe aus dem Geesthachter Krankenhaus. Voila, hier ist er:

Stephanie sagt, dass dieser hier megabequem ist (sie Sitzfläche ist ja auch fast 10 cm breiter!) und durch die ausgepolsterten Seitenteile hat sie nun sehr viel mehr Stabilität beim Sitzen. Somit fällt jetzt sogar das Brustgeschirr weg und sie braucht nur noch zwei Sicherheitsgurte im Becken- und Oberschenkelbereich anzulegen. Er passt also perfekt … selbst die Radabdeckung mit VC Dresden gefällt ihr. Gut, es ist jetzt nicht gerade Grün-Weiß Dresden Coschütz oder der SV Babelsberg 03 (also einer ihrer ehemaligen Vereine), aber bei Volleyball und Dresden hat sich jemand zur Übergabe „ab Werk“ doch schon ein paar persönliche Gedanken gemacht. Wir wissen nur nicht, bei wem wir uns dafür bedanken können … und es hätte für sie z.B. mit Dynamo Dresden o.ä. auch sehr viel härter kommen können    😉

Am Dienstag musste sie während unserer Besuchszeit leider im Bett bleiben, da sich der Neurologe angekündigt hat, um ihr eine weitere Botox-Behandlung zu Gute kommen zu lassen. Stephanies linke Hand sowie beide Füße werden es ihm sicherlich danken, denn die damit einhergehende Entspannung sollte auch zu sehr viel weniger Tonus und Anspannungsschmerz verhelfen. Und wir haben an dem Nachmittag die Zeit im Liegen auch so ganz gut herumgebracht:

Hier zeigt Carsten ihr, wie kalt ihre Hände sind, indem sie sich selbst mal im Gesicht berühren sollte und mit einem Spiegel bekam sie wieder mal die Möglichkeit, ihr Gesicht zu erforschen und die verschiedenen Bereiche zu berühren – Nase, Augen, Stirn, Kinn und Ohren. Wobei letztere leider immer noch weit aus ihrem Fokus liegen und sie diese nicht alleine mit den Fingern lokalisieren kann. Egal ob mit oder ohne Spiegel …

Von den Ergotherapeuten bekamen wir die Info, dass Stephanie sich derzeit ganz toll im Standing (30 min ohne große Probleme) und mittlerweile auch schon bei der nächsten Stufe, dem Fast-ganz-alleine-Stehen, macht. Hierbei wird sie nahezu mit ihrem vollen Gewicht auf ihre eigenen Beine gestellt und durch die Ergos oder andere Hilfsmitteln nur noch sehr notdürftig entlastet, damit sich ihr Körper und Kreislauf langsam an das selbstständige Stehen gewöhnen kann. OK, hier erreicht sie gerade mal 3 Minuten und sie lamentiert wohl etwas mit „Nein“ und „Tut weh“ herum, aber am Ende hat sie es doch versucht und vor allem sehr gut durchgezogen und konnte dabei sogar mal beide Arme in die Höhe reißen („Hoch die Hände – Wochenende“). Die Therapeuten sind jedenfalls schwer beeindruckt und wir stolz wie Bolle. Ein weiteres Schrittchen …

Ebenfalls großen Lobes sind wir immer, wenn sie Linki vermehrt für diverse Standardhandgriffe nutzt. So z.B. beim Spielen oder für das Abwischen des Mundes und zum Greifen sowie zum Mund führen eines Marshmallows:

Gänzlich ohne Probleme ist sie mittlerweile beim Auswählen ihrer Eissorte (s.u.) und beim Auslöffeln ihres Wunscheises aus einer Tasse, denn gestern blieb nicht einmal mehr noch etwas Nennenswertes für Carsten zum Nachbearbeiten übrig. In der Regel hat er ihr nämlich die letzten Löffelchen Eiswasser nachfüttern müssen …

Am Donnerstag konnten wir Stephanie zum ersten Mal nach über einem Jahr ein Messer und Schmierbelag in die Hand drücken, sodass sie sich selbst das Abendessen vorbereiten musste – jedenfalls ansatzweise. Sie bekam zu ihrem weichen und bereits mit Butter beschmierten Brötchen …

… Töpfchen mit Mett und Frischkäse, dessen Verteilung wir ihr dann überlassen wollten. Carsten hat natürlich noch hier und da etwas Hilfestellung geben müssen (Haltung des Messers mit der rechten Hand, Festhalten des Töpfchens Mett mit der linken Hand, wie bekommt man das Zeug vom Töpfchen aufs Brötchen, wie verteilt man es am besten mit dem Messer auf dem mit Linki festgehaltenen Brötchen etc.), aber alles in allem waren wir drei sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Und Stephanie natürlich noch zusätzlich mit dem Geschmack ihres Lieblingsbelages    😉

Wie man auf den Bildern sehen kann, mussten wir zwischenzeitlich vom Pavillon draußen in die Essensräumlichkeiten nach drinnen wechseln, da neben der Kälte es auch zunehmend mit starkem Wind und Regen recht ungemütlich wurde … sowas muss man sich ja nicht unbedingt freiwillig antun.

Diese Woche brachten wir folgende Dinge als Geschmack-des-Tages mit: eine Dose Mandarinen (DI), mit Standardformat und Sticks zweierlei Gewürzgurken (DO), Marshmallows (SA) und heute kleine Käsewürfel, die sie mit einem Zahnstocher aufpieksen und sich in den Mund stecken musste. Was soll ich sagen, geschmacklich haben ihr alle mitgebrachten Dinge sehr gefallen und für nächste Woche sind auch schon die ersten Wünsche geäußert worden. So erhofft sie sich u.a. mal wieder eine Avocado als Mitbringsel.

Wenn wir bei unseren Besuchen mit Sack und Pack zum Pavillon aufbrechen, haben wir mittlerweile ganz schön viel dabei:

Doch den meisten Platz nehmen neben unserem eigenen mitgebrachten Abendessen in der Brotdose (Stephanies Abendessen kommt ja erst ein paar Stunden später und wird zudem frisch zubereitet) eindeutig die diversen Spiele ein. Wir probieren eben viel aus und für sie ist das Spielen mit uns zudem die schönste Beschäftigung, auf die sie sich jedes Mal auch sehr freut. Noch kann sie das ja leider nicht alleine machen … also weder Spielen, noch Aufbauen oder Organisieren.

Diese Woche haben wir ein Geschenk von einem Besucher aus der Vamed-Klinik ausprobiert …

… bei dem anhand von Hundebildern (als Welpe und als Ausgewachsener) das Pärchen gesucht werden muss. Wir glauben allerdings nicht, dass Stephanie das an sichtbaren Merkmalen festmacht (Farbe, Fell, Schnauze, Schwanz etc.), sondern leider nur an den darunter geschriebenen Hunderassen – lesen kann sie ja sehr gut und auch recht schnell. Schon beim Raten des Namens eines Gegenübers schielte sie ja immer sofort auf das Namensschildchen    🙂

Natürlich verbrachten wir auch diesmal viel Zeit mit der Klötzchenbox, bei der sie alle Steine mittlerweile sehr schnell und auch gleich zu mehreren auf einmal mit der rechten Hand aus der Box rausfischt, danach alle Zahlen nach oben drehen muss, diese dann aufsteigend in einer Reihe ablegen soll (sie behält jetzt sogar den Überblick auf dem Tisch und findet selbst gesuchte Steine außerhalb ihres bislang sehr eingeschränkten Blickwinkels) und auch immer wieder die Farben und Formen zu benennen bzw. finden hat. Die Box wird in den nächsten ein bis zwei Wochen wohl mal Pause haben, um nicht ganz langweilig zu werden.

Ebenfalls neu wie das Hunde-Memory war in dieser Woche ein sogenanntes Matching-Game oder Buchstabenspiel, welches sie von einer Freundin aus den USA geschenkt bekommen hat:

Wir haben das Spiel zwar schon mehrmals mit an den Tisch unterm Pavillon genommen, aber bislang kamen wir dann doch nie dazu, es auszuprobieren. Am Samstag sollte es dann gleich das erste Spiel sein, was wir durchführen und wir nahmen uns zuerst die Spielanleitung zur Hand. Carsten las sie in der Originalsprache vor und Stephanie hat währenddessen auch gleich mit uns ein paar Sätze auf Englisch gesprochen. Wir waren sehr beeindruckt.

Und so geht es: eine Karte zeigt ein Objekt mit 3-4 Buchstaben (natürlich im Englischen) und unser Kind sollte zuerst das Objekt erkennen und auf Deutsch benennen. Danach musste sie es übersetzen und aus den vor ihr liegenden Buchstabenwürfeln die entsprechenden Buchstaben suchen, um sie dann in der richtigen Reihenfolge in das lila Spielfeld zu setzen. Zum Abschluss wird die Karte einmal nach vorne gekippt und wieder zurückgelehnt, sodass durch einen Klappmechanismus das gesuchte Wort auf der Karte sichtbar wird. Perfekt, das sind ja gleich mehrere Aufgaben und Übungen für beide Hände auf einmal!!!    🙂

Die Fleischdose auf der ersten Karte hat sie gleich erkannt und auch die dazugehörige Vokabel „can“ wusste sie. Das Greifen der Würfel, das Suchen der Buchstaben und das Einsetzen ins das Spielfeld hat sie nach unserer Anleitung recht schnell kapiert, aber natürlich dauert es zum Teil etwas länger, bis sie es richtig durchgeführt hat. Insbesondere beim Drehen der Würfel übersieht sie auch gerne mal den benötigten Buchstaben und legt diesen zu schnell aus der Hand. Hier müssen wir dann helfend eingreifen und sagen, dass wir den gesuchten Buchstaben schon darauf gesehen haben … da fehlt ihr leider der Überblick, welche Würfelseiten sie schon durchgesehen hat und vor allem die Strategie, wie sie dabei am besten vorgehen kann.

Ein Schwein (für sie ein Hund) und eine Kuh auf den nächsten Karten hat sie weder erkannt, noch die Übersetzung dazu gewußt. Fuß / foot klappte wieder hervorragend und eine Eule / owl war für sie im Deutschen ein Uhu … hier fehlte selbst uns die richtige Vokabel. Doch buchstabieren und die Buchstaben suchen und stecken gelang ihr immer besser.

Aber bei all den Spielen, sowie bei den Kinder-Apps und den Bauklötzen zeigt sich das größte Problem von Stephanie: sie ist sowohl als 3-Jährige, als auch als 25-Jährige in ein und demselben Körper gefangen. Wenn es um eigenständiges Spielen und ein fantasievolles Ausleben geht, fehlt der älteren Stephanie schlicht das kindliche Gemüt, und wenn sie als 25-Jährige agieren will, macht ihr zu oft das Können und Benehmen eines Kleinkindes zu schaffen.

Hier ein paar Beispiele zur Erklärung, was ich genau damit meine:

Die vollumfängliche und eigenständige Bedienung eines iPads ist ihr noch zu fremd, aber für die Kinderspiel-Apps mit simplem Antippen und Verschieben kann sie sich eben auch nicht besonders lange begeistern. Dennoch scheitert sie aber bereits bei den Kleinkinder-Apps an völlig simplen Aufgaben, wie z.B. das Verschieben eines Puzzleteils in die sehr eindeutige und sichtbare Aussparung oder das Antippen aller vorhandenen Möglichkeiten.

Das Gleiche Dilemma beim Spielen mit Holzklötzen. Ein Kind würde die Teile nehmen, sie durch die Gegend schubsen, sie stapeln, umreißen, mit Autogeräuschen über den Tisch ziehen oder Figuren daraus bauen … eben seiner Fantasie völlig freien Lauf lassen. Stephanies Erwachsenengedanken „verbieten“ ihr anscheinend ein solches Verhalten und sie muss von uns immer erst eine Aufgabe gestellt bekommen, da sie selbst mit sich und den Klötzchen nichts anzufangen weiß – eine regelrechte Zwickmühle!

Und zudem gesellt sich dann auch noch immer wieder ihre Zweifel an den erbrachten Fortschritten, denn es geht ihr nicht schnell genug oder sie hält sich für dumm. Vor allem, da sie die aus ihrer Sicht einfachsten Dinge nicht beherrscht.

Besonders dann bedarf es immer einer kleinen Aufmunterung und vor allem einer Aufzählung der bisher tatsächlich erreichten Ziele. Klar, in den Augen und Gedanken einer 25-Jährigen ist das eigenständige Essen, Atmen und kurzes Stehen auf den Beinen nicht gerade eine besonders herausragende Leistung, aber mit den Einschränkungen und Fähigkeiten eines Kleinkindes muss man hier eben immer wieder den Unterschied machen. Stephanie weiß beispielsweise ohne großartig nachzudenken, was Initialen sind und kann die der Familie auch sofort aufzählen (SM, AM, CS, OS), aber eben an dem Erkennen eines Schweins auf einem Bild oder dem Begriff „Euter“ scheitert sie kläglich. Das nervt sie ungemein und sie hält sich deshalb für dumm und unfähig. Hier ist durch uns immer wieder gebetsmühlenartig die oben erwähnte Aufbauarbeit zu leisten.

Es geht ihr eigentlich alles viel zu langsam, doch was in ihren Augen schon mehr als ein Jahr her ist, ist für uns doch eher erst seit ihres langsamen Aufwachens im Januar/Februar möglich geworden. Und vor allem, nachdem wir sie monatelang als Häufchen Elend an Maschinen angeschlossen gesehen haben und in der Charité die vielen weißen Bereiche auf dem Gehirnscan erläutert bekamen, ist es umso erstaunlicher, was ihr verbliebener Rest des Gehirns (und Körpers) nun alles übernehmen muss … und anscheinend ja auch schon übernommen hat und gut kann. Gut, der Muskelaufbau gehört natürlich noch zu den größten Baustellen derzeit.

Aber vermittelt das mal einer Mischung aus 3- und 25-Jährigen, die sich zudem gerade in ihrer zweiten Pubertät zu befinden scheint … im einen Moment himmelhoch jauchzend und kurze Zeit später wieder zu Tode betrübt – ein völliges Wechselbad der Gefühle. Zum Glück passiert das alles noch nicht täglich, denn dann würden wir es schlichtweg Depression nennen, aber zwei- bis dreimal im Monat ist auch schon äußerst anstrengend für sie und für uns.

Doch Carsten und ich geben sicherlich nicht auf! Vor allem nicht, da wir es mit ihr gemeinsam und in dieser kurzen Zeit schon so weit geschafft haben!!! TSCHAKKA!!!!!

Unser Fazit lautet, dass es echt notwendig wird, dass sie sich endlich selbst beschäftigen kann, um sich Erwachsen zu fühlen und wenn sie es braucht, sich ablenken zu können. Damit meinen wir vor allem das Lesen, Schreiben und ein Bedienen von Technik (z.B. Musik ein-/ausschalten, ein Tablet oder Telefon nutzen, selbständiges Aufladen), damit sie endlich aus ihrer täglichen Langeweile rauskommt. Fernsehen mag sie z.B. überhaupt nicht, ja sie will nicht mal einen für sich gekauft haben.

Doch bis zum Erreichen dieses Fazits dürfte es noch etwas dauern … möge sie noch genau diese Geduld dafür aufbringen. Das wünschen wir ihr aus ganzem Herzen!



2021 12.
Sep.

Und wieder ist eine Woche vorbei – gefühlt diesmal sogar noch schneller als sonst. Das könnte sicherlich aber auch daran liegen, dass es unsere letzte Urlaubswoche war und wir morgen schon wieder im allgemeinen Arbeitsalltag stehen werden. Geht euch doch bestimmt auch so, dass die letzte Woche einer Reise oder eines Urlaubs immer besonders flink an einem vorbeirast, oder nicht?

Doch beim Zurückblicken und Recherchieren für diesen Blogeintrag realisierte ich, was wir in der gefühlt kurzen Zeit dennoch alles unternommen und geschafft haben. Wir nutzten das schöne Wetter jedenfalls voll aus und machten u.a. zwei Tagestouren in die Lüneburger Heide (zum Serengeti-Park Hodenhagen und Weltvogelpark Walsrode) mit anschließendem Umweg zu Stephanie auf dem Rückweg und haben unter den strengen Blicken unseres Kindes ein neues Möbelstück für ihr Zimmer aufgebaut. Dann unternahmen wir nebenbei noch einen Abstecher zum Russenladen in Hamburg-Bergedorf und zum Baumarkt, haben den Smartie zusammen mit dem ADAC wieder ans Laufen gebracht und jetzt am Wochenende konnten wir endlich zahlreiche Formulare ausfüllen, die aufgrund von Stephanies Umzug von Geesthacht in Schleswig-Holstein (Krankenhaus) nach Lüneburg in Niedersachsen (Pflegezentrum) auf unseren Tisch flatterten. Dank des leiblichen Vaters und seiner Frau hatten wir am Samstag und Sonntag nämlich besuchsfrei, da sie extra für diese beiden Tage aus Sachsen zu ihr gekommen sind.

Versteht mich nicht falsch, ich besuche Stephanie immer liebend gerne, aber insbesondere die Fahrerei von ca. zwei Stunden für das Hin und Zurück raubt schon sehr viel Zeit von einem ohnehin schon gefühlt viel zu kurzen Tag. Und da ab nächste Woche unsere Arbeitgeber berechtigterweise wieder ihre vertraglich zugesicherten 40-Stunden-Wochen einfordern, startet zudem das Agreement mit dem Kind, jetzt nur noch am Dienstag, Donnerstag und am Wochenende zu Besuch zu kommen – dafür aber dann bestimmt auch mal ein Stündchen länger als bisher. Das bringt ebenfalls sicher wieder etwas mehr Ruhe in unseren Alltag …

Genug über mich bzw. uns geschrieben, wechseln wir einmal zu Stephanies Fortschritten oder auch zu ihren Problemchen – hier ist nämlich auch schon wieder viel passiert.

Beginnen wir mit dem Essen. Dort geht es bei ihr weiter stetig voran, denn sie bekommt für ihr Brot nun Scheibenkäse und -wurst, morgens dürfen es mittlerweile auch schon weiche Milchbrötchen sein und beim Trinken wird sehr viel weniger angedickt. Zusätzlich haben wir ihr versprochen, an jedem unserer Besuchstage einen für sie „neuen“ Geschmack mitzubringen – natürlich unter Einhaltung jeglicher Ess- und Trinkbeschränkungen. Wir starteten am Montag auf ihren eigenen Wunsch hin mit einer halben Flasche Dunkelbier/Malzbier/Kinderbier (das hat sie früher geliebt und trinkt es auch immer noch gerne), am Dienstag gab es inklusive Anstoßen mit mir ein kleines Glas alkoholfreies Bier (auch dieser Geschmack bleibt weiterhin positiv für sie) und am Donnerstag servierten wir ihr ein kleines Potpourri von McDonalds …

… bei dem für sie ein Nugget mit süß-sauer Soße, ein kleiner Bissen vom Hamburger, ein kleines Stück vom Veggi-Burger-Patty und drei Bissen Hähnchenfilets ohne knusprige Panade aber mit süß-sauer Soße abfiel. Leider haben wir von ihrem seligen Gesicht kein Foto gemacht, aber ihr könnte mir glauben, sie genoss wirklich jeden einzelnen Bissen!!!
Bei ihr braucht man auch nicht zu sagen, dass sie jeden Bissen 32 mal kauen soll … sie bringt es locker auf 60 mal und mehr    😉    und selbst bei solchen Dingen, wie das hier, kaut sie wie eine Besessene:

Dabei waren die am Freitag verkosteten Pflaumen- und Zwetschgenstücke bereits butterweich, ohne Kern und ohne Haut. Aber wir kennen das ja von uns selbst: beim Kauen setzen sich noch viel mehr Geschmacksmoleküle frei. Stephanie liebte bislang jede kulinarische Köstlichkeit, die wir ihr vorsetzten. Noch geben wir ihr auch ausschließlich nur ihre Lieblingsdinge, aber es werden sicherlich bald auch mal Mitbringsel für ein „so lala“ oder „bäh pfui“ mit dabei sein. Schließlich wollen wir mit ihr ja noch richtig viel ausprobieren    🙂

Und unsere Raupe Nimmersatt möchte sowieso ständig essen. Erst heute haben wir erfahren, dass sie noch einmal zwei Schnitten zum Frühstück ausgehändigt bekam, weil Stephanie der Meinung war, dass sie noch nicht gefrühstückt hätte. Im Nachhinein stellte sich aber heraus, dass das nicht so ganz stimmte und sie dennoch hungrig war oder Lust auf mehr hatte. Für die erste Hälfte ihres Tellers reichte es zwar noch, aber dann war sie satt und wollte doch nicht mehr alles aufessen …

Wechseln wir mal vom Essen zum Lernen. Grundlegend können wir dem, was wir letzte Woche im Therapeutengespräch zu hören bekamen, nur voll zustimmen: sie lässt sich allzu gerne ablenken – besonders beim Neulernen oder Trainieren. Wenn wir jetzt mit ihr unter unseren Lieblingspavillon gehen, entscheiden wir anhand der geplanten Übungen, ob wir sie und den Rolli mit dem Blick in Richtung einer leeren Wiese oder doch lieber in Richtung des mitunter lebhaften Innenhofes positionieren. Bei unseren Aktivitäten guckt sie nämlich auch immer wieder mal gerne in der Weltgeschichte herum und interessiert sich für jeden Gesprächsfetzen oder jedes Umgebungsgeräusch, was bei Trainings und Übungen natürlich mehr als hinderlich ist. Also machen wir es von ihrer Lust und Laune sowie von unseren Intentionen abhängig – was bislang recht gut klappt.

Die Themen der heutigen Woche reichten vom Russisch …

(Da diese kyrillischen Buchstaben auch genau so im lateinischen Alphabet vorkommen, würde man sicherlich eher an das Silbendurcheinander „CA-PO-TA“ denken, aber Stephanie liegt mit ihren Antworten schon richtig und lacht sich eher über „SA-RO-TA“ kaputt. Carstens Lieblingsbeispiel bleibt in diesem Zusammenhang „CCCP“, was aber eigentlich SSSR ausgesprochen wird Sojus Sowetskich Sozialistitscheskich Respublik.)

… über die Bedienung eines Tablets …

(Das Tippen, Ziehen und Schaltflächen suchen bzw. immer nur mit der Fingerkuppe und nicht dem Fingernagel oder gar mehreren Fingern bedienen klappt schon recht gut.)

… das Aufschlagen eines Buches, das Umblättern von Seiten und auch das Lesen von Texten …

(Aufschlagen klappt, beim Blättern erwischt sie mitunter noch mehr als eine Seite und beim Lesen reicht die Übersicht gerade mal für 2-3 Zeilen, danach verliert sie etwas die Orientierung.)

… die Gesamtprozedur für eine Briefwahl …

(Sie wollte zunächst noch alles alleine machen und somit im Geheimen wählen, aber spätestens nach „du nimmst den Wahlzettel und setzt zwei Kreuze an die richtigen Stellen“ entschloss sie sich dann doch zu einer gemeinsamen Erledigung der zugeschickten Wahlunterlagen.)

… das Lesen einer Zeitung …

(Sie wollte eine Zeitung zum Lesen haben – bekam sie. Aber dann fragte sie „Wie geht das ?“ – wir zeigten es ihr und sie verzichtete lieber mit den Worten „zu kompliziert“.)

… bis hin zum Öffnen und Lesen eines Briefes.

(Schon beim ersten Schritt, den Inhalt aus dem Umschlag zu bekommen, zeigten sich wieder sehr deutlich ihre Defizite im strategischen und logischen Umgang mit Dingen bzw. für das Erkennen einer Lösungsstrategie. Selbst beim Vorlesen versuchte sie eher die Worte hinter Carstens Positionszeigers (Finger oder Stift) zu lesen, statt die deutlich erkennbarer am Ende des Zeigers … leider ist sie damit noch lange nicht bereit, eigenhändig Post zu empfangen und selbst zu lesen – schade.)

Zudem versuchten wir es mal bei ihr mit dem Legen von ganz trivialen Puzzles:

Den Anfang machte ein 6-teiliges Puzzle, doch auch hier leider nur mit sehr wenig Erfolg. Stephanie fehlt bislang jegliches Verständnis für das Zusammenlegen von mit Nasen und Buchten ineinandergreifenden Pappkärtchen, wobei da auch leider das Motiv keine große Hilfe für sie zu bieten scheint. Zudem kann sie Ecken- und Seitenteile nicht auseinanderhalten bzw. bestimmen und sie kann die geraden Seiten an einem Puzzleteil nicht richtig einschätzen. Das erste Puzzle haben wir für sie zusammengelegt und viel dazu erklärt, in der Hoffnung, dass etwas hängen bleibt. Fehlanzeige! Auch als wir ihr mündlich eine Anleitung zum Zusammenlegen gaben, schaffte sie nicht, Nasen und Buchten zusammenzustecken. Selbst als nur ein einziges Eckteil fehlte und sie dieses schon richtig gedreht in der Hand hielt, kam für sie nicht der gewünschte Aha-Effekt. Wir haben nach vielen Fehlversuchen abgebrochen, denn egal mit welchen Engelszungen wir auf sie einredeten, wir fanden einfach kein Mittel, ihr das allgemeine Prinzip zu verdeutlichen. Vor Ende nächster Woche starten wir sicherlich keinen zweiten Versuch.

Da sie mit dem iPad schon recht gute Fortschritte zeigte, versuchte Carsten es mal mit einer Puzzle-App für Kleinkinder, bei dem ein vorgeschlagenes Teil (i.d.R. oben rechts angezeigt) nur an die richtige Stelle des Bildes gezogen und losgelassen werden muss. Dabei stehen dem Nutzer nur drei entsprechend geformte Löcher im Bild zur Verfügung, die sich deutlich durch eine Holzmaserung oder eine schwarze Fläche hervorhebt:

Zudem ist dieses Puzzleteil eben nicht klassisch mit Nasen und Buchten geformt, sondern die Lochumrisse zeigen zum Teil ganze Figuren, Wolken, Reifen, Kotflügel oder Häuser. Und am Ende kann man mit dem Bild dann auch noch etwas spielen (Hupen, Motor aufheulen lassen, Tag/Nacht, Blaulicht usw.). Leider gestaltete sich auch dieser Weg lang und steinig und wir waren nach den ersten Minuten der Verzweiflung nahe, aber dann hat sie zum Glück doch noch etwas mehr den Draht dazu gefunden. Anfangs waren für sie große, einfarbige Flächen des Bildes sehr viel schöner als der eigentliche Ablageort für das Puzzleteil mit seiner Maserung oder der dunklen Fläche. Doch da macht eben das Spiel nicht wirklich mit und das zu steckende Objekt schnippte wieder zurück in die rechte, obere Ecke. Bei unseren mündlichen Dirigierversuchen hatte sie zudem wieder ihre Probleme mit oben, unten, rechts und links … in der Trockentheorie (Finger in der Luft) klappte es einwandfrei, aber sobald das iPad mit ins Spiel kam, war ihr Ziehen nach links eher ein „schräg unten“ und „rechts oben“ – das hat aber sicherlich auch etwas mit der Konzentration und den vermehrten Reizen zwischen Vorübung und iPad-Nutzung zu tun. Und wenn man alternativ ihre Hand führen wollte, verkrampfte sie total auf die von ihr ausgewählte Stelle und der Finger ist vor lauter Drücken fast schon „abgebrochen“.

Mit viel Geduld und Spucke haben wir dann aber doch noch drei verschiedene App-Puzzles geschafft und wie wollen mal sehen, wie sie sich nun beim nächsten Mal Anfang kommender Woche schlägt. Schrittchen für Schrittchen … wir werden geduldig sein, aber dennoch nicht so schnell aufgeben, versprochen. Erst wenn die App-Puzzles besser sitzen, holen wir wahrscheinlich wieder mal das analoge Pendant mit seinen Nasen und Buchten raus.

Besonders am Ende eines fertiggestellten App-Bildes, also beim belohnenden Spielen, zeigte sich wieder ein deutlicher Unterschied zwischen dem Verhalten einer 25-Jährigen (ihr Wissen, die Sprachen, die Erinnerungen, der Wortschatz) und dem einer 3-Jährigen (ein leichter Anlass reicht zu Freude und Spaß). Sie freute sich über die Show auf dem Bildschirm und lachte wie ein Kleinkind über ihr selbst erzeugtes Hupen, geräuschvolles Anfahren, den Wechsel zwischen Tag und Nacht sowie über das Bedienen von Blaulicht & Co..

Gar nicht wie ein Kleinkind verhielt sie sich dagegen bei den Diskussionen über das Ablegen der Orthesen. Denn wenn es nach ihr ginge, würde sie sie lieber 24 Stunden lang tragen und erhofft sich dadurch eine schnellere Korrektur, als sie immer wieder mal abzulegen. Stellten wir bei ihr zunehmend Krämpfe oder Unruhe fest, wollten wir ihr die Orthesen nach dem ausreichenden Tragen (mindestens 2-3 Stunden) lieber abnehmen – das wollte sie auf keinen Fall. Zum Glück kam einmal gerade bei einem solchen Disput ihre Ergotherapeutin vorbei und machte mit ihr folgenden Deal: die Orthesen werden für 30 min ausgezogen und wenn ihre Muskeln danach noch krampfen sollten, bekommt sie sie wieder angezogen … bleiben die Krämpfe aber aus, wäre das nächste Anlegen erst wieder am nächsten Morgen. Natürlich krampfte sie fortan nicht mehr und sie hielt sich auch brav an die Abmachung mit der Therapeutin.

Gegenüber Therapeuten zeigt sie sich ohnehin stets folgsam und ehrgeizig, denn sie weiß, dass deren Übungen zu ihrem gewünschten Endziel führen. So hängt sie sich derzeit auch beim Standing (relativ alleine mit durchgedrückten Knien auf ihren Beinen stehen und der Körper wird nur noch mittels Haltebändern einer Maschine unterstützt) sehr rein und gibt vor allem nicht auf. Wo ihr Kreislauf Anfang der Woche noch gestreikt hat und sie nach einer Viertelstunde recht blass geworden ist, schaffte sie am Donnerstag schon wieder ihre 30 min komplett und der Kreislauf spielte wieder sehr gut mit. Sowas sind dann natürlich immer ihre größten Erfolgserlebnisse des Tages!

Am Montag wurde es frei Haus geliefert, am Dienstag wurde es von Carsten an „unserem“ Pavillon innerhalb von ca. 3 Stunden aufgebaut: ein Kallax-Regal mit neun Einschüben, damit Stephanies Dinge etwas benutzerfreundlicher verstaut werden können, als bislang alles nur im Kleiderschrank.

Nun können wir endlich zwischen Kleidung und Non-Kleidung trennen, denn die ganzen Spiele, Trainingsgeräte und sonstiger Schnulli kann ab sofort in diesem Regal untergebracht werden – Stephanie gefällt’s:

Zum Abschluss möchte ich noch eine für mich überraschend ausgegangene Übung beschreiben. Als Schulkind musste Stephanie einmal das Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ von Theodor Fontane auswendig lernen und bei vielen Gelegenheiten (z.B. im Auto) haben wir immer wieder mal aus Spaß ein paar Zeilen (insbesondere die erste Strophe) rezitiert. Ich wollte diese Woche testen, ob davon immer noch etwas hängen geblieben ist. Also habe ich das Gedicht ausgedruckt und nach Absprache mit ihr für sie vorgelesen. Dabei kam dann folgendes raus:

  • Ich: „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“
  • Sie: „Ein Birnbaum in seinem Garten stand“

Wow, ich war begeistert!!! OK, diese Textsicherheit war aber wirklich auch nur bei der ersten Strophe so toll …

  • Ich: „Da sagte von Ribbeck: Ich scheide nun ab. Legt mir eine Birne mit ins …“
  • Sie: „Grab“

Immerhin …

  • Ich: „Aber der Alte, vorahnend schon und voll Mißtraun gegen den eigenen …“
  • Sie: „Sohn“

Einzelne Passagen saßen also weiterhin abrufbar im Hinterkopf …

  • Ich: „Und die Jahre gingen wohl auf und ab, Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem …“
  • Sie: “ Grab“

Hat sie das am Sinn oder an der Reimform erkannt oder sogar aus den Erinnerungen herausgeholt ? Egal …

  • Ich: „So spendet Segen noch immer die Hand des von …“
  • Sie: „Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“

Glaubt mir, ich war perplex und hatte kleine Tränchen im Auge. Klar, es war sicherlich keine Glanzleistung, die in der Schule eine gute Note herbeigeführt hätte, aber nach all den oben aufgeführten Problemen bei den für uns einfachsten Dingen (Brief, iPad, Lesen, Puzzle etc.) finde ich, dass es doch ein recht ansehnliches Ergebnis für mein Experiment war, oder?

Wir arbeiten weiter an ihrem Erinnerungsvermögen, an ihren Fingerfertigkeiten und vor allem an den vielen alltäglichen Dingen, die sie erst noch wieder neu erlernen muss. Drückt uns bitte auch zukünftig ganz fest die Daumen, dass sie es schafft, dass wir durchhalten werden und dass wir vor allem unsere Geduld nicht obgleich der Erfolge verlieren mögen. Wir ertappen uns nämlich immer wieder dabei, dass wir für uns normale Dinge auch bei ihr irgendwie als gegeben voraussetzen … zum Glück sind wir zu zweit und haben auf jeder Fahrt hin oder zurück bis zu einer Stunde Zeit, unsere Eindrücke, Wünsche und Erwartungen auszudiskutieren. Das erdet manchmal ungemein    🙂



2021 05.
Sep.

Da es im letzten Blogeintrag so gut geklappt hat, werde ich auch diese Woche mal ausnahmsweise in der täglichen Chronologie bleiben – es passt gerade einfach zu gut. Zusätzlich möchte ich in dieser Zusammenfassung auch etwas mehr OLCA-Leben als sonst mit einfließen lassen, denn zum einen haben Carsten und ich ja gerade Urlaub und zum anderen ist vieles davon auch Grundlage für Stephanies Erlebnisse.

Eine (deutsche) Woche beginnt bekanntlich mit dem Montag … doch ausgerechnet an diesem Tag waren wir Stephanie leider nicht besuchen. Aber bevor ihr uns jetzt schief anguckt, sei hiermit auch gleich der Grund dafür nachgeschoben: wir haben ihre Schwester aus Dresden abgeholt, die dann wiederum bis Samstagmorgen im Norden geblieben ist. Also definitiv ein Langzeitbesuch, an dem sich Stephanie sehr erfreut hat!

Eine Fahrt Wentorf-Dresden-Wentorf (ca. 1000 km) reißt man nicht gerne an einem Tag ab, also haben wir in Dresden eine Übernachtung eingeplant. Ist schon komisch, in seiner eigenen (ehemaligen) Heimatstadt in einem Hotel einzuchecken    😉

Auf dem Hinweg hatten wir diesmal eine Vollsperrung (ca. 45 min) und bei Potsdam einen längeren Stau (auch ca. 45 min), doch das Abendprogramm entschädigte für alle Unannehmlichkeiten der Anreise:

Endlich mal wieder einen richtig leckeren Döner mit vernünftigem Inhalt (Dönertier, Salat, Rotkraut, Weißkraut, Tomaten, Gurken, Käse) und den richtigen Soßen (rot/scharf, Knoblauch, Yoghurt) – hier im Norden packen sie viel weniger rein und es gibt so etwas wie Currysoße und/oder Cocktailsoße. Nicht gerade typisch türkisch, oder? Egal, unser Dresdner Lieblingsdönermann hat uns gleich wiedererkannt, daraufhin ganz herzlich begrüßt und uns erst einmal durchgeknuddelt, um uns dann wie in alten Zeiten einen eingepackten (!) Superdöner mit Käse (für Carsten) und einen großen Dönerteller mit Käse (für mich) zu servieren – herrlich!!! Und sooooooooooo unendlich lecker!!! Leider hat es magentechnisch nicht mehr noch für einen ordentlichen Dürum gereicht – hier im Norden haben die wenigsten Dönerbuden nämlich einen Ofen und somit bleibt deren Teigrolle leider immer labbrig und zuweilen etwas zäh.

Zudem stand für den Abend ein Treffen mit meiner besten Freundin Anna und meinem ehemaligen Arbeitskollegen Alexander auf dem Programm. Meine ehemalige Chefin sollte eigentlich auch noch mit dazu, aber sie weilt derzeit leider an der Ostsee – dafür haben wir sie ja schon letzte Woche besucht … Stichwort: Kalifornien.

Diese beiden Dinge entschädigten letztendlich für alles, was uns die Autobahnen A24, A10 & A13 zuvor an Nerven gekostet hatten – aber unsere Dresden-Reise sollte sogar noch besser werden.

Am Dienstag trafen wir uns dann zum ersten Mal mit Andrea und ihrem Freund Karl im Café „Milchmädchen“ , wo wir noch zusammen frühstücken wollten, bevor sich unsere Wege letztendlich wieder trennen würden. Carsten, Andrea und ich hatten das Pflegezentrum in Lüneburg als nächstes Ziel auf dem Schirm, für Karl sollte es schon zurück nach Österreich gehen, da er leider keinen Urlaub für die Woche bei uns bzw. Stephanie bekam. In einem recht unauffälligen Moment zog sich Andrea ihren Pulli aus und meinte nur, dass ihr etwas warm wäre:

Der tatsächliche Grund war eindeutig ein völlig anderer – wir haben uns tierisch über diese Neuigkeit gefreut, auch wenn ich mich eigentlich noch lange nicht als Oma fühle. Wir wünschen den beiden … sorry … dreien selbstverständlich alles Glück dieser Erde und gratulieren zur nächsten OLCA-Familienerweiterung. Was war ich gespannt, wie Stephanie am Nachmittag darauf reagieren würde …

Als wir im Pflegezentrum ankamen, stand die Kleine mit ihrem Rolli im Zimmer und wir schickten Andrea zur Begrüßung bzw. Abholung rein. Leider hat sie sie nicht erkannt … erst, als Andrea die Maske herunterzog und noch einen weiteren Tipp gab, quiekte Stephanie freudestrahlend ein „Eumy“ durch den Raum – puh, es lag zum Glück größtenteils nur an der coronabedingten Gesichtsverschleierung und nicht am Gedächtnis    🙂

Unter unserem Stammpavillon bekam Stephanie von Andrea einen Briefumschlag, aus dem hervorging, dass sie demnächst Tante wird – ein Armband betitelt sie fortan sogar als „Coole Tante Steph“. Erstaunlicherweise hat sie das mit dem Baby recht schnell begriffen und sie freute sich ebenfalls ganz dolle darüber. Natürlich sprachen wir in dem Zusammenhang auch mal über unsere neuen Begrifflichkeiten: Bonusopa und Oma bzw. Babuschka … Mensch, so alt fühle ich mich doch noch nicht    :betteln:

Zum Abendessen gab es zwar auch eine Art Mett(wurst) für sie, dennoch wollte sie sich es nicht nehmen lassen, mal ordentlich an unseren „richtigen“ Mettbrötchen mit Zwiebeln vom Bäcker zu schnuppern:

Denn knusprige Brötchen darf sie aufgrund ihrer Schluckprobleme leider immer noch nicht, aber spätestens morgen könnte der geplante Schluck-Endo-Test langfristig gesehen endlich weitere Freiheiten mit sich bringen.

Bei einem abschließenden Spaziergang wechselten Carsten und Stephanie die Brillen, was sehr zur Belustigung beigetragen hat … Stephanie steht Carstens Sonnenbrille jedenfalls sehr viel besser als anders herum    🙂

Den Mittwoch haben Carsten, Andrea und ich mit einem Besuch im Wildpark Lüneburger Heide begonnen …

… von dem auch Stephanie noch etwas haben sollte, denn bei unserem Besuch am Nachmittag stanken zumindest unsere Hände total nach Stall! Egal wie oft wir sie gewaschen haben, Schaf, Reh und Co. hinterließen eine äußerst eindeutige Duftnote, die eben auch der Kleinen ab und an mal penetrant in die Nase stieg.

Vormittags war tatsächlich ihr Schluck-Endo-Test, vor dem sie anfangs tierische Angst hatte. Aber sie scheint ihre Sache wohl sehr gut gemacht zu haben, denn man hat sie kräftig gelobt und auch die Trink- und Essenseinschränkungen können nun peu a peu gelockert werden. Allerdings wird es bis zu ihrem erhofften Ziel (ein Döner !) noch etwas dauern und bis dahin sicherlich auch noch sehr viel Training benötigen. Doch egal, für sie zeigt sich wieder, dass etwas weitergeht und das ist doch das Wichtigste.

Den Besuch verbrachten wir hauptsächlich mit der Übergabe von Geschenken: eine Postkarte von Andrea & Karl aus dem Urlaub im Salzkammergut, die Stephanie trotz Handschrift recht gut vorlesen konnte, zwei Geschenke von Andrea, die erst nach dem gestrigen Besuch aus dem Koffer gezupft werden konnten, und ein Paket von meiner Bekannten Olga aus Dresden. Wie der Name es schon vermuten lässt, verbindet uns u.a. die russische Sprache und somit sollen auch ihre Geschenke dies bei Stephanie auffrischen. Erst kürzlich meinte mein Kind ja, dass sie Gefallen am Russischen gefunden hat und die Sprache schön findet. Jetzt können wir mit einem Buchstaben-Bilderbuch ab und an mal wieder darin eintauchen. Und da für Carsten gerade geballtes Wissen am Tisch saß, hat er gleich schon mal die ersten Seiten ausprobiert. Stephanie wusste echt noch viele Vokabeln, Andrea sprang gerne bei den einfachen Dingen ein und ich wurde natürlich für die „Spezialfälle“ zu Rate gezogen:

Aber ihr größtes Manko bleibt doch noch das Erkennen von Gegenständen, Tieren oder Personen auf Bildern – egal ob als Foto oder als gemalte Version. Einen Fernseher z.B. erkennt sie nicht, weil er wahrscheinlich auf dem Bild viel zu klein für sie wirkt. Oder auch viele Tiere interpretiert sie eher als Hund statt richtigerweise als Hase, Bär, Wombat oder Löwe … die Größenunterschiede gehen auf Bildern eben nicht deutlich hervor. Das abstrakte Denken schlummert noch viel zu sehr, als dass es bei der richtigen Einschätzung von Situationen hilfreich zur Seite stehen könnte – kommt noch!

Eine Überraschung des Tages war aber ihr Umgang mit einem Fidget Popper:

Sie hatte den Dreh recht schnell raus und konnte sich dann damit etwas intensiver beschäftigt, doch schon nach dem dritten Umdrehen war dann aber Schluss und sie verlor die Lust daran – komisch, eigentlich soll das doch den Nutzer über Stunden beschäftigen können    😉

Am Donnerstag waren wir schon ab Mittag bei ihr, da Carsten und ich um 14:00 unser Gespräch mit den Therapeuten und Personal haben sollten. Nach unserem Mittagessen und dem Auspacken eines Paketes aus Australien ließen wir die Kinder auch schon alleine und hatten unser sehr informatives Gespräch, was am Ende sogar an die 2,5 Stunden dauerte.

Wir bleiben dabei: Diese Einrichtung ist eine sehr große Bereicherung für unser Kind und wir werden unsere Entscheidung für dieses Pflegezentrum sicherlich auch auf lange Sicht nicht bereuen. Insgesamt sagen alle Gewerke, dass Stephanie bei allem sehr gut mitmacht und sogar viel Spaß dabei hat, somit sieht sie die Übungen auch glücklicherweise nicht als nervenden Zwang und sperrt sich jedenfalls gegen nichts. Beste Voraussetzung also für einen aussichtsreichen Trainingserfolg und weiterhin sichtbare Fortschritte. Aber auch immer mit dem Credo „Gut Ding will Weile haben“ sowie „Schrittchen für Schrittchen“ im Hinterkopf. Wie gut, dass wir das schon in den letzten 12 Monaten erfolgreich gelernt haben und jedenfalls mit entsprechender Ausdauer an die Sache rangehen werden.

Selbst ihre körperlichen Baustellen geben weiterhin Anlass zur Zuversicht, so z.B. den immer rückläufiger werdenden Muskeltonus an den Beinen und am linken Arm sowie die Aussicht auf eine baldige Entfernung der PEG, da bisher keine weitere Verwendung mehr vorliegt. Einen Tag vor Carstens Geburtstag wird sie zudem ihre zweite Biontec-Spritze bekommen und somit am Ende dieses Monats wie wir durchgeimpft sein    :verliebt:

Mit diesen tollen Neuigkeiten kehrten wir dann wieder zu den Kindern zurück und brachten dabei sogar eine kleine OLCA-Tradition mit an den Tisch: zum Geburtstag oder einer anderen Feierlichkeit gab es bei uns auf Wunsch der Kinder immer eine Benjamin Blümchen-Torte. Der Besuch von Andrea und das so toll verlaufene Gespräch war jedenfalls Anlass genug …

Keine Angst, dieses Gesicht bekam Stephanie nicht aufgrund des Angebots, sondern nur aus der Situation heraus … ich habe leider kein anderes Foto mit Törööö-Torte gefunden    😉

Am Freitag erfüllten wir Andrea einen Herzenswunsch und machten einen Ausflug ans Meer … schließlich ist es von uns zu beiden Möglichkeiten nur eine 1-2 stündige Fahrt. Sie hat sich gegen die Nordsee (breiter Strand in Sankt Peter-Ording oder Watt z.B. in Büsum) und für die Ostsee entschieden:

Das Wetter passte jedenfalls perfekt dazu und auch beim anschließenden Besuch im Pflegezentrum konnten wir zu viert wieder die ganze Zeit draußen verbringen.

Im Café „Gut Wienebüttel“ zeigte uns Stephanie einen grünen „Stein“, den sie beim Gottesdienst bekam, zu dem sie sich wiederum freiwillig gemeldet hatte … ist wenigstens mal etwas Abwechslung    😉
Erstaunt waren wir nur, dass sie zwar den Ursprung bzw. die Geschichte dazu leider nicht mehr nacherzählen konnte, aber sie wusste von sich aus, dass die Farbe Grün für die Hoffnung steht … wurde es beim Gottesdienst gesagt oder ist das noch Wissen von vor dem Vorfall? Sie konnte es nicht beantworten    🙁

Eine weitere Antwort überraschte uns, doch diesmal waren wir uns 100%ig sicher, dass dies aus dem Wissensfundus von vor dem 26. August 2020 stammte: ich fragte sie, wer das Buch „Der Schwarm“ geschrieben hat und sie sagte ad hoc den Namen Frank Schätzing. Eigentlich hat sie das Buch schon während unseres Kanada-Urlaubs im Sommer 2019 durchgelesen, doch trotz des Vorfalls hat sie den Autor namentlich noch gewusst – Hut ab !

Leider war dieser Tag auch schon der letzte Besuchstag mit Andrea, denn sie musste am Samstagmorgen wieder zurück nach Leoben aufbrechen. Eigentlich sollte sie von uns zum Hauptbahnhof gebracht werden und gegen 8:00 den Zug nach Österreich nehmen, aber durch den Bahnstreik wechselte sie um aufs Flugzeug, sodass wir sie nun bis 6:30 zum Flughafen bringen mussten. Dafür sind wir schon um 4:00 aufgestanden … aber egal, am Ende hat alles wie geplant geklappt und ein wenig Übermüdung nimmt man für die lieben Kleinen immer mal gerne in Kauf.

Nur an eine zweite Runde Schlaf konnten wir nicht denken, da wir vor dem Besuch bei Stephanie noch über den in Vögelsen stattfindenden Flohmarkt streifen wollten, um noch ein paar Spiele und Trainingsmöglichkeiten für sie zu ergattern. Ich wurde für dieses Durchhaltevermögen mit zahlreichen Büchern für wenig Geld und das Kind mit insgesamt sieben Spielen belohnt.

Zum Glück konnten wir dabei auch dieses Kinderspielzeug finden:

Wir hatten uns ja schon mal eine Plastikversion im Krankenhaus ausgeliehen und stellten fest, dass es damit sehr viele Möglichkeiten für Stephanie gibt. So ist es auch jetzt bei dieser Holzversion:

  • die Klötzchen durch die richtigen Öffnungen schieben … mit dem richtigen Zurechtdrehen des Bausteins für die Öffnung im Deckel hakt es bei manchen Formen noch etwas
  • alle Klötzchen aufnehmen, in der Hand drehen, die Nummer vorlesen und mit der Nummer nach oben auf dem Tisch abstellen … das Drehen dauert auch hier zwar noch etwas, aber gelingt am Ende immer
  • nacheinander die Zahlen 1 bis 12 suchen, die Farbe des Klötzchens nennen und es dann in einer Reihe aufstellen … größtenteils kein Problem für sie
  • aus der nach Zahlen sortierten Reihe eine bestimmte Farbe (je 2 Klötzchen pro Farbe sind vorhanden) suchen und übergeben … auch damit ist sie relativ zielsicher
  • Linki muss einen Stein ihrer Wahl übergeben und Rechti darf dabei sogar etwas (!) nachhelfen … erstaunlich, wie wenig sie freiwillig die rechte Hand dazu nimmt, wenn eine Aufgabe für die linke Hand bestimmt ist

Jedenfalls werden wir diesen Klötzchenkasten wohl noch sehr viel öfters einsetzen, denn sie hat ihren Spaß damit, es ist abwechslungsreich (und noch nicht einmal in seinen Möglichkeiten ausgeschöpft, denn es gäbe noch die Nennung der Formen, das Aufeinanderstapeln usw.), es ist durch die Box ganz einfach zu transportieren und man kann damit auch gleich mal beide Hände trainieren – was will man mehr?!?!?!

Jedenfalls hatte sie sich ihre anschließende Kugel Eis im Café redlich verdient. Dort hat sie Carstens Arm mit beiden Händen, aber vor allem mit Linki, so schön umschlossen …

… dass wir schon mit der nächsten Kaufidee schwanger gegangen sind: eine Art Ball oder Rolle, bei der alle Finger etwas gestreckt werden, statt sich stets und ständig zusammenzurollen. Da war es natürlich ein sehr glücklicher Umstand, dass heute auf dem Wentorfer Marktplatz ein weiterer, größerer Flohmarkt stattfand …

… auf dem wir erneut nach Spiel- und Trainingsmöglichkeiten schauen konnten (es wurden am Ende mehrere Spiele und Kinder- bzw. Bilderbücher in Russisch) sowie eben nach einer Sache, die sie dauerhaft in der linken Hand behalten kann. So werden am Ende auch die letzten drei Finger öfters aus ihrer starken Krümmung herausgeholt. Und wir sind tatsächlich fündig geworden:

Ab sofort wird bei unseren Besuchen diese Faszienrolle zweckentfremdet und bei jeder Gelegenheit können wir nun Linki zum Halten auffordern und auch das Ablegen und eigenständige Wiederaufnehmen trainieren. Stephanie hält sie jedenfalls lieber in der Hand, als z.B. ihren großen Volleyball. Perfekt, oder?

Und mit diesem schönen Ergebnis möchte ich meinen mal wieder viel zu lang gewordenen Blogbeitrag beenden – sorry … ich weiß, ich weiß, ich muss mich da nicht entschuldigen, ich will es aber dennoch tun    😉    !!!
Aber es ist eben auch sehr viel Neues zu berichten gewesen, oder nicht? Die schönste Überraschung für mich bleibt auf jeden Fall die Ankündigung des Babys … Carsten wird da wohl eher den leckeren Döner als Highlight der Woche herausheben, wetten?!?

Zusatz von Carsten: „Natürlich! Und bitte entschuldigt, Karl und Andrea …“    😉



2021 29.
Aug.

Was war das für eine Woche!!! Statt zwei Personen an einem Tag hatte Stephanie diesmal Besuch von einer Person an zwei Tagen, am Donnerstag war der erste Jahrestag (ja, es sind tatsächlich schon mehr als 365 Tage seit dem Vorfall vergangen), aufgrund unseres dreiwöchigen Urlaubs sind wir derzeit (noch) jeden Tag bei ihr und zusätzlich gönnten wir uns zwischendurch sogar mal einen Ausflug nach Kalifornien – nein, nicht das in den USA, sondern das neben Brasilien    😉

Aber der Reihe nach …

Nach dem Besuch von Tobi und Lena aus Potsdam letzten Samstag (siehe vorhergehenden Blogeintrag) war Anfang dieser Woche Stephanies Freundin und ehemalige Volleyballmitstreiterin Eileen für zwei Tage da. Wir hatten sie schon am Sonntagabend vom Hamburger Hauptbahnhof abgeholt und sie verbrachte zwei Nächte in der Residencia OLCA. So konnten wir zum einen die beiden möglichst lange alleine lassen, hatten zum anderen aber auch die Gelegenheit, mit dem Besuch einmal durch die schöne Innenstadt von Lüneburg laufen zu können.

So viel sei vorweggenommen: Stephanie hat sich auch am Ende dieser Woche noch an alle drei Besucher erinnert und wusste zudem noch recht genau, was sie alles mit ihnen gemacht hat und erleben durfte. Es scheint ihr also sehr wichtig gewesen zu sein und deshalb haben diese Erinnerungen ihr stark vergessliches Kurzzeitgedächtnis überwunden – toll!

Am Montag konnten wir zwischen Stephanies Mittagessen (ca. 11:30) und ihrem Abendessen (ca. 17:30) die ganze Zeit bei ihr bleiben, da für sie keine Therapien angesetzt waren – das war natürlich ideal. Sie hat sich sehr über Eileen gefreut und sie zudem auch sofort erkannt. Kein Wunder, denn neben Andrea hat Eileen eigentlich bislang die meisten Videos und Updates von sich geschickt. So etwas bleibt selbst Stephanie im Gedächtnis.

Und da Carsten und ich nicht der Mittelpunkt an diesem Tag sein wollten, haben wir uns nach dem ersten Wiedersehen und der Geschenkeübergabe verzogen und sind für ein paar Stunden in der Nähe des Pflegezentrums spazieren gegangen – das Gelände und der Wald sind dafür weitläufig genug, befinden wir uns hier ja ganz am Rande der Stadt Lüneburg. Die beiden hatten jedenfalls ihren Spaß …

Am Dienstag teilten wir unseren Besuch terminbedingt in zwei Etappen auf. Vormittags hat Eileen aus Stephanies derzeitigem Lieblingsbuch „Das Neinhorn“ von Marc-Uwe Kling vorgelesen …

… und danach mit ihr das Fotoalbum zum 18. Geburtstag samt Texten von Freunden und Familie durchgeschaut – sie blieben bei den Leuten hängen, die beide kannten, z.B. vom Volleyballverein oder der Schule sowie natürlich auch bei Eileens eigenen Eintrag. Damals waren sie allerdings gerade einmal drei/vier Jahre befreundet.

Mittags standen bei Stephanie das Essen und eine Therapiestunde an, sodass wir zu dritt die Gelegenheit ergriffen und nach Lüneburg reingefahren sind. Zum einen, um unserem Besuch die wirklich sehr hübsche, alte und sehr gut erhaltene Innenstadt zu zeigen und zum anderen natürlich auch, um selbst etwas essen zu können.

Nachmittags ging es dann in Runde 2 im Pflegezentrum und wir haben gemeinsam sehr viel Spaß gehabt und viel gelacht. So z.B. als beide mit tiefstem Sächsisch anfingen und u.a. den Ausspruch „Or’sch wer bleede !“ original zum Besten gaben. Bei der abschließenden Runde Mensch-ärgere-dich-nicht hat Stephanie sogar (fast ehrlich) gewonnen – bei ihr haben wir gelegentlich mal eine Ausnahme bzgl. Rauswurfzwang gemacht. Aber sie stellte alleine das gesamte Spielbrett auf, zog eigenständig ihre Spielfigur wie Carsten es ihr zeigte (sie hat noch große Probleme mit der Richtung und in den Ecken bzw. im Stall), zählte fast immer korrekt die gewürfelten Felder ab und würfelt mittlerweile ja sowieso schon komplett selbstständig.

Einmal begann Stephanie, nachdem ich sie zum dritten Mal rausgeworfen habe, von bislang „Mami“ auf „Olga“ umzuschwenken. Wir haben das dann aufgegriffen und wer nervte, wurde konsequent umbenannt: aus Eileen wurde Franziska, aus Carsten Bernd und Stephanie selbst mutierte zu Chantal. Erstaunlicherweise hatte sie mit den nun völlig anderen Namen keinerlei Probleme und nutzte sie ebenfalls dauerhaft im Spiel. Zudem rief sie nach ihrer Umbenennung zu Chantal sofort den Spruch „Heul leise!“ aus … wer es kennt, es ist ein Zitat aus „Fack Ju Göhte“ – also erneut eine Erinnerung aus alten Zeiten. Zack, ganz nebenbei einen neuen Weg dorthin gefunden    😉

Diese zwei Tage mit Eileen waren echt ein absolut gelungener Wochenanfang für Stephanie – wir haben bis heute noch sehr oft darüber gesprochen.

Am Mittwoch legten wir unsere Besuchszeit auf den Morgen, da Carsten und ich anschließend noch an die Ostsee fahren wollten. Diesmal statt wie bisher zum Füße-ins-Wasser-stellen, um in Kalifornien (Schleswig-Holstein) meine ehemalige Chefin – jetzt in Rente und derzeit dort im Urlaub – zu besuchen und den Abend mit viel Quatschen und leckerem Essen im Fischrestaurant zu verbringen. Aber auch diese außergewöhnliche Besuchszeit brachte schöne Erkenntnisse: das Kind lag noch im Bett und hatte gerade ganz alleine ihr Marmeladenbrot gegessen. Gut, die „Umgebung“ und ihr Lätzchen sahen dementsprechend aus, aber immerhin! Danach kümmerte ich mich um ihre Haare und sie bekam sogar eine Kopfmassage von mir, die sie wiederum sichtlich genoss:

Als wir zwischen Verwöhnprogramm und Abschied mit unseren Buchstabenkarten noch eine Runde „Länder, Städte und Gegenden mit den entsprechenden Anfangsbuchstaben“ spielten, blitzten ebenfalls wieder so einige Erinnerungen in ihr auf. Dementsprechend suchten wir nicht nur die uns bekannten Orte, wie z.B. USA, Potsdam, Quickborn, Dresden, Greiz, Italien, Helsinki, Spanien, Venedig, Bremerhaven, Verona, Island usw., sondern philosophierten mit denen fast immer noch ein wenig über die Verbindung zu uns, wann wir schon mal waren und wen wir dort kennen würden. Ich weiß, ich wiederhole mich … aber das mache ich gerne: bei ihrem Gedächtnis ist nicht alles verloren, sondern nur etwas verschüttet und muss mit unserer Hilfe wieder ans Erinnerungsnetz angeschlossen werden. Tschakka!!!

OK, wenn wir bis hier chronologisch geblieben sind, dann machen wir da auch gleich mal weiter – es folgt der Donnerstag. Zuerst wollten wir aufgrund unserer Rückkehr aus dem „ganz hohen Norden“ eigentlich mal einen Besuch aussetzen, aber ausgerechnet an diesem Tag war es einfach nicht möglich. Denn vor genau 365 Tagen, also am 26. August 2020, hatte Stephanie ihre beidseitige Lungenembolie, musste auf der Fahrt ins Krankenhaus dreimal reanimiert werden und fiel dann für mehrere Monate ins Koma. So einen Besuchstag können wir natürlich nicht ausfallen lassen und haben somit gemeinsam ihren Geburtstag 2.0 zelebriert.

Anmerkung aus gegebenen Anlass: bitte nicht denken, dass Stephanie mehrere Tage hintereinander immer das gleich T-Shirt tragen musste – die Fotos sind nur nicht immer chronologisch herausgesucht    😉

Zurück zum „Spezialtag“, der sogar noch ein paar andere tolle Neuigkeiten für uns parat hatte:

  • Stephanie wurde heute vom Personal aufgefordert, auch mal Linki zum Essen mit dem Löffel zu verwenden. Anfangs wollte sie natürlich nicht (typisch „Teenager“) und es ging selbstverständlich auch so einiges daneben, aber zum Ende hin soll sie sich gar nicht so schlecht geschlagen haben. Sie war richtig stolz auf sich!
  • Auf dem Nachrichtenblock stand diese tolle Nachricht: „Hallo Familie Sander, Stephanie hat heute in der Therapie 30 min im Standing gestanden.“ – wow! Standing heißt: sie stand relativ alleine mit durchgedrückten Knien auf ihren Beinen und wurde nur noch mittels Haltebändern einer Maschine unterstützt. Ihr Körper und ihr Kreislauf haben es ohne Murren mitgemacht!!!
  • Als wir nun nach längerer Zeit mal wieder die Memory-Kärtchen rausgeholt haben und natürlich mit dem Sechserpack (Wolke, Apfel, Möhre, Regenschirm, Birne & Huhn) anfingen, schaffte sie fast einen kompletten Durchgang – nur beim Apfel hatte sie etwas gezögert. Aber insgesamt ohne Fehler absolviert … das hatten wir noch nie! Selbst bei den restlichen Bildchen gelang ihr schon eine sehr viel höhere Erkennungsrate und sie hat so viel gewusst, wie noch nie: ca. 80% richtig und 20% falsch oder erst mit Hilfe.

Und was gibt es sonst noch so zu berichten ?

Wir haben mal wieder versucht, ihr den Schwesternruf nahezubringen. Doch auch weiterhin scheint es für sie komplizierter zu sein, als wir bislang dachten. Folgende Bewegungsabläufe bringt sie leider immer noch nicht als vollständige Aneinanderreihung zustande: den Drücker aufnehmen, ihn richtig in der Hand platzieren, mit dem Daumen von hinten stabilisieren und mit dem Zeigefinger auf die rote Aussparung drücken bis es klickt oder blinkt. Lag der Daumen einmal korrekt auf der Rückseite, klappte das Klicken schon ohne Probleme. Aber den Drücker erst einmal so weit vorzubereiten und in der Hand zu platzieren, da hat sie für sich leider noch kein Allheilmittel gefunden. Sie kann Münzen in den Fingern drehen, Spielkarten in der Hand drehen und sogar Besteck vernünftig greifen und nutzen, aber beim Drücker mussten wir nach ca. 30 min (etwas entnervt) aufgeben. Und das, obwohl sie eigentlich selbst immer weiter probieren wollte („Noch einmal !“) … bei nächster Gelegenheit werden wir das wieder aufgreifen, derzeit besteht zum Glück wohl noch keine Notwendigkeit, denn sie hat ja bislang immer irgendeinen Weg gefunden, sich bemerkbar zu machen – ohne zu nerven oder unangenehm aufzufallen.

Ein anderes Übungsfeld hat sie dafür mal wieder mit Bravur absolviert: mit Scrabble-Steinen Wörter bilden klappt nahezu perfekt:

Was mit ihrem eigenen Namen anfing, endete schließlich mit allen aktuellen Familiennamen, die die Buchstabensuppe so hergab:

Ihr größtes Problem war dabei eher das Finden eines bestimmten Buchstaben aus der Menge an der vor ihr liegenden Spielsteinen. Zu 75% meisterte sie das umgehend, aber bei manchen Buchstaben suchte sie sich einen Wolf. Dabei lag es nicht an den Buchstaben selbst (die erkennt sie alle problemlos), sondern wohl eher an der Aufmerksamkeitsspanne oder ihrer Konzentration in dem Moment. Nach einer kurzen Pause oder Ablenkung, wie z.B. Trinken oder Quatschen, konnte sie mit unserer mündlichen Hilfe (heiß/kalt sowie oben/unten/rechts/links) dann doch noch fündig werden. Für das Erlernen des Gesamtprinzips haben wir anfangs lediglich 10 min gebraucht und wir ließen sie dabei aus 15 Buchstabensteinen das für sie völlig neue Wort PAGODE schreiben. Mehr nicht!

An einem anderen Tag legten wir ihr neun Buchstaben hin und Stephanie sollte erkennen, welchen unserer drei Namen sie daraus schreiben könne. Zu logischem Denken bzw. zur Nutzung des Ausschlussverfahrens, einer Strategie o.ä. ist sie noch nicht in der Lage, denn von selbst hat sie eben nicht auf Anhieb gesehen, das für Olga ein O und für Carsten ein C fehlte … ergo: es konnte ja nur ihr eigener Name STEPHANIE sein. Den Anfang schaffte sie auch recht fluffig, aber für das A hat es gefühlt unendlich lange gedauert, denn sie hat es unter den restlichen Buchstabensteinen nicht gesehen und wollte somit immer nur das I anlegen.

Dafür überraschte sie uns mal wieder bei einem anderen Versuch: sie sollte durchzählen, ob unser Kleingeld für ihre Kugel Eis zu 1,30 ausreichen würde … Carsten legte folgende Münzen auf den Tisch: 2 Euro, 20 Cent, 10 Cent & 5 Cent. Eigentlich ihre erste Begegnung mit Geld seit Langem, doch sie hat alle Münzen schnell und eindeutig identifiziert und zudem auf ihre eigene (etwas unkonventionelle) Art und Weise korrekt zusammengezählt. Bravo, lass dir deine Kugel schmecken und die Waffel muss du leider immer noch direkt an mich abgeben …

Am Samstag zeigte sie uns, dass sie nicht nur das Frühstück (Brot mit den Fingern), sondern mit einem Löffel auch das Mittagessen ganz alleine und ohne Aufsicht wegmampfen kann – ohne dabei gleich die Hälfte auf dem Teller, dem Tisch oder gar dem Schlabberlatz zu verteilen. Denn als wir reinkamen, lag sie im Bett (sie klagte laut Pflegepersonal kurz zuvor über Schmerzen im rechten Fuß) und hatte soeben ihren Teller Kartoffel-Gemüse-Eintopf leergelöffelt. Nun fehlt ihr eigentlich nur noch, dass sie mehr als Püriertes essen darf (der dafür vorgesehene Test ist am nächsten Mittwoch) und sie dann ihre ersten Schritte mit dem Messer bzw. mit dem Schneiden wagen kann. Mit dem Löffel scheppen und der Gabel aufspießen sowie dann zum Mund zu führen beherrscht sie bereits ausreichend.

Es bleibt dabei, Stephanie lässt sich durch nichts unterkriegen und sie behält eigentlich immer ihr Lächeln bei. Das war diesmal auch meine hauptsächliche Intention bei der Fotoauswahl – ist euch bestimmt schon aufgefallen. Denn Freude steht ihr einfach ins Gesicht geschrieben …

… sei es mit uns, mit dem Personal in der Pflegeeinrichtung, mit anderen Bewohnern oder auch den Besuchern aus ihrem vorherigen Umfeld, sowie mittlerweile auch aus dem aktuellen. Die oben abgebildete Taube aus Ton (Tontaube wäre zwar richtig, klingt aber eher nach einem abzuschießenden Diskus    🙂    ) hat sie z.B. von jemanden aus der Geesthachter Klinik bekommen. Diese Person hat es sich an einem Vormittag nicht nehmen lassen wollen, einmal bei Stephanie vorbeizuschauen, da sie eh schon mal in der Nähe war. Unser Kind ist und bleibt einfach ein Steh-auf-Männchen … oder wie Carsten auf Ruhrpottsch sagen würde „Steht-auf-Männeken“.

So, mein letztes Dankeschön gilt einer Therapeutin des Pflegezentrums, denn diese tolle Frisur habe ich in den letzten Tagen ums Verrecken nicht hinbekommen:

Die ansonsten recht zottelig wirkenden, kurzen Haare im Stirnbereich konnte ich jedenfalls nie so gut verstecken.

Doch ein wenig gedulden müssen wir uns schon noch, damit Stephanies Körper zu einer gewissen altersgemäßen Normalität zurückkehren kann. Denn durch der anfangs gegebene Medikamentencocktail hat zwar in vielerlei Hinsicht zunächst gute Dienste geleistet, führte allerdings im Nachhinein auch zu einem ziemlich starken Haarausfall – besonders am Haaransatz. Diese wachsen nun nach, werden aber noch einiges an Zeit brauchen, bis auch sie wieder mal so lang werden, dass sie mit in den Zopf passen. Die Medis haben insgesamt einen schlimmen Einfluss auf ihren Hormonspiegel gehabt. Dieser pendelt sich zum Glück seit den letzten Tagen wieder sichtlich ein, denn beim Kind kommt derzeit immer mehr die Pubertät mit allen Nebenwirkungen zum Vorschein … Pickel, plötzliche Stimmungsschwankungen sowie schnell fettenden Haare und Hautpartien. Man merkt, es gibt mehr als genug Baustellen an dem Projekt „Stephanie“    😉

Aber ich will mich nicht beklagen – sie bzw. wir konnten im letzten Jahr weitaus mehr schaffen als wir es uns auch nur annähernd zu träumen gewagt hätten. Und so werden wir gemeinsam mit Familie, vielen lieben Freunden und unermüdlichen Unterstützern aus Nah und Fern auch weiterhin die nächsten Schritte erfolgreich bewältigen … Carsten würde es „wuppen“ nennen     😉



2021 15.
Aug.

Ich glaube, wir haben dem Kind den größten Gefallen getan, als wir Anfang der Woche unsere Familienspiele-sammlung mit ins Pflegezentrum genommen haben. Zwar wird derzeit erst noch einiges davon zweckentfremdet, aber egal was wir uns mit dem Inhalt einfallen lassen, es macht ihr Spaß und sie möchte eigentlich nicht eher aufhören, bis es wirklich beendet ist. Selbst wenn die Konzentration deutlich sichtbar mit der Zeit abnimmt, für sie muss ein Abschluss trotzdem einfach mit dabei sein.

Angefangen haben wir mit den Dame/Mühle-Steinen, die sie zuerst nach Farben sortieren und dann durchzählen sollte. Vor dem Zählen mit dem Finger baten wir sie zudem, dass sie erst einmal eine Schätzung nur durchs Angucken abgibt – hier vertut sie sich natürlich ab und an mal um ein bis zwei Steine:

Wenn man aber die Steine nach dem Würfelaugenprinzip anordnet, kann sie selbst Kombinationen aus 5 und 3 schon mit den Augen richtig ausrechnen – diese Anordnung sitzt einfach. Auch wenn sie mit fünf Würfeln gleichzeitig würfelt (das haben wir diese Woche Rechti beigebracht und vertieft), zählt sie nahezu fehlerfrei alles zusammen. Ihre Mathesucht ist dabei fast schon beängstigend!

Doch es macht ihr so viel Spaß und deshalb streuen wir überall immer wieder mal kleinere und größere Zahlen-rätsel ein:

Von der Bravo Hits gibt es mittlerweile 114 Stück. Wenn im Jahr vier Stück erscheinen, wie lange gibt es die Bravo Hits dann schon ?
Carsten: „100 durch 4 ist?“ … Stephanie: „25“ … Carsten: „12 durch 4 ist?“ … Stephanie: „3“ … Carsten: „25 plus 3 ist?“ … Stephanie: „28“ … Carsten: „Also gibt es die Bravo Hits jetzt schon mindestens 28 Jahre – seit 1992.“ … Stephanie: „Toll, länger wie mich!“

Dann haben wir ihr mal die bunten Spielsteine plus die Würfel auf den Tisch gelegt und sie sollte zuerst alle Würfel rausfischen sowie danach einmal die Farben der Püppchen sortieren – zuerst Rot, dann Gelb und zum Abschluss Blau.

Natürlich hat sie sehr viel länger dafür gebraucht als es jemand von uns benötigen würde, aber sie zeigte an mehreren Stellen große Fortschritte bei Dingen, die vor Wochen noch schier unmöglich schienen. Sie behielt in der Regel die Übersicht und Orientierung trotz des gewaltigen Gewusels (aus Farben) auf dem Tisch. Sie griff mit der rechten Hand relativ zielsicher die gerade benötigte Farbe heraus. Sie stellte die Püppchen ohne großes Zittern, Probleme und Umwerfen an der Seite ab, nachdem sie sie zuvor mit den Fingern richtig herum mit der Standfläche nach unten gedreht hatte. Wenn wir eines durch Stephanie gelernt haben, dann ist es das Erkennen von gewissen Komplexitäten bei selbst ganz banalen Dingen und Handgriffen – wir jedenfalls werden unsere Hirnleistungen so schnell nicht mehr unterschätzen!    😉

Als letzte Übung baten wir sie um eine vollständige Aufstellung eines Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielbretts (dies hat sie sogar selbstständig erkannt und namentlich benannt), wobei die Püppchen natürlich diesmal ganz zielgerichtet in den jeweiligen Farbkreisen aufgestellt werden sollten. Auch das hat sie nach einer gewissen Zeit ganz alleine und ohne viele Korrekturen (außer natürlich am Anfang) geschafft. Sie war total happy!!!

Gestern haben wir es dann sogar hinbekommen, dass wir eine komplette Runde Mensch-ärgere-dich-nicht durch-gespielt haben. Stephanie musste dabei selbst würfeln (sie wusste ganz genau, wann sie bei uns dreien an der Reihe war), das Püppchen nehmen und die Felder abzählen (hier hatte sie noch nicht so viel Übersicht und Carsten hat ihr viel mit einem Stäbchen gezeigt – bei seinem Finger achtete sie zu viel auf seine gesamte Hand) und dann den Spielstein auch wieder platziert loslassen (hierbei sind ihr erstaunlich wenig umgekippt). Die Taktik und richtigen Entscheidungen haben wir ihr natürlich abgenommen, denn das wäre beim allerersten Mal sicherlich zu viel geworden.

Wie haben ca. eine ganze Stunde lang gespielt und trotzdem sie etwas unkonzentrierter wurde, wollte sie weiter-machen und hätte am Ende sogar fast auch gewonnen. Carsten kam ihr (leider) zwei Würfelwürfe zuvor, doch wir wollten nicht schummeln und sie somit absichtlich gewinnen lassen.

Egal, sie war auch als Zweite total glücklich, hat am Ende mehrfach über ihre Platzierung und ihr Können abge-klatscht und sich während des Spiels auch dauernd entschuldigt … wenn sie irgendwas nicht gleich verstand und wir mit Engelszungen auf sie einreden mussten, wenn sie Fehler machte und vor allem, wenn sie jemanden raus-zuwerfen hatte. Wir fanden das ja soooo süß!!!

Sie freut sich sowieso immer über so vieles – egal ob groß oder klein. Wenn wir ins Café gehen, freut sie sich über ihr Eis, welches sie ganz autark bis zur Waffel runterschleckt – den Rest im Hörnchen gibt es dann mit einem Löffel und das Gebäck geht sowieso traditionell an mich:

Wenn sie nach längerer Zeit wieder ins Zimmer zurückkommt, freut sie sich über das zum Teil sehr fantasievoll gemachte Bett – Hauptsache Elfi (die Taube), Wali und Schafi liegen griffbereit:

Sie freute sich z.B. auch über diese Karte einer Bewohnerin und hat sich sogar bis zu unserem Besuch die Geschichte dazu gemerkt, sodass sie unsere Fragen darüber auch beantworten konnte (Stichwort: nicht so gutes Kurzzeitgedächtnis). Natürlich wurde das Bild dann auch gleich mit an ihre Fotowand geheftet:

Oder auch über diese Spatzenkinder, die immer wieder mal von den Eltern gefüttert worden sind, hat sie sich gefreut. Und zwar so sehr, dass wir sie locker 20 min lang beobachtet haben. Sie waren aber auch nur weniger als einen Meter von unseren Sitzplätzen entfernt und selbst Stephanie konnte sie somit nicht aus den Augen verlieren:

Ihr seht, es geht ihr gut und sie ist nun definitiv im Pflegezentrum in Lüneburg angekommen. Natürlich denkt sie auch immer noch sehr gerne an die Mitarbeiter aus der Klinik zurück und wir wiederholen oft die Namen und die damit verbundenen Ereignisse (an die sich glücklicherweise bis heute noch erinnern kann), aber mittlerweile sind ihr die hiesigen Pfleger und Bewohner auch nicht mehr fremd und man hat sich gegenseitig sehr ins Herz ge-schlossen. In ihrem jetzigen Zimmer bzw. Bett liegt sie ebenfalls mit dem Gesicht zur Tür, die in der Regel offen ist, und somit kann sie wie schon auf der Rehastation in Geesthacht den Flur beobachten und jeden grüßen oder mal ein kurzes Wort wechseln. Sie erkennt manche sogar schon am Schritt …

Wenn ich mit ihr sonntags alleine bin (= Mädelstag), dann setzen wir uns irgendwohin, wo wir ungestört sind (meist draußen), lassen Musik (derzeit die letzten drei Bravo Hits) laufen und malen. Zwar zieht sie noch immer am liebsten mit den Stiften nur ihre Kreise, aber mir reicht schon, dass sie die Stifte mit Rechti richtig halten und auch aus der Fülle an Stiften gezielt ihre Wunschfarbe herausholen kann. Und da die rechte Hand mittlerweile so geschickt ist, haben wir auch schon einmal mit der Schere gearbeitet. Die kleineren Modelle fand sie jetzt nicht so angenehm in der Hand, aber bei der großen klappt der „Schnipp“ aufgrund der guten Kraftübertragung schon sehr sehr gut – sie zieht jedenfalls ganz ordentlich durch.

Vor allem aber hat sie sich weiterhin ihren Humor bewahrt, denn als wir mal sagten, dass wir „ein wenig Spazieren gehen“ antwortete sie nur schelmisch: „Haha, ich und spazieren !!!“. Oder wenn man sie fragt, ob sie Hunger hat, kontert sie gleich mit „I-M-M-E-R-!-!-!“.

Da Stephanie für den Grad der Fortschritte der direkte Vergleich fehlte und sie diese somit für nicht so großartig erachtete, versprachen wir ihr, einmal gemeinsam ein paar ältere Videos anzugucken. Wir zeigten ihr die, wo man ihre Eingeschränktheit sehr deutlich sehen konnte, damit sie mal eine genaue Vorstellung davon hat, wie großartig ihre Fortschritte eigentlich sind – wir reden hier immerhin von nur drei Monaten !!!

Im ersten Video vom 13. April lag sie noch recht unbeweglich im Bett, konnte nicht sprechen und weigerte sich auch, den Mund aufzumachen. Ich wedelte verführerisch mit einer Pommes im Gesicht, an der sie zwar immer sehr gerne gerochen hat, aber die Lippen blieben trotzdem versiegelt. Heute lacht sie darüber …

Im zweiten Video vom 27. April sollte sie mit der rechten Hand ihren Bilby greifen, anheben und an mich übergeben, doch die Hand und der Arm wollten noch nicht gehorchen. Zudem konnte sie das Erwartete gedanklich noch nicht richtig verarbeiten, sodass sie lediglich die Hand in die Nähe des Stofftieres ablegte. Ihre Augen fragten jetzt beim Angucken nur „Und warum?“ …

Im dritten Video vom 27. Mai starteten wir gerade mit dem Spiel „3-Dinge-zum-Essen-auf-dem-Tisch“, bei der sie sich für ein Wiener Würstchen, eine kleine Gurke oder ein Stück Käse entscheiden sollte, es zum Mund führte, abbiss und wieder zurück auf den Tisch legte. Leider konnte sie sich daran überhaupt nicht mehr erinnern, doch heute ist Essen mit Gabel oder Löffel und Teller kein großes Problem mehr …

Im letzten Video vom 31. Mai sprach sie noch sehr sehr undeutlich. Wir mussten ihr mehrmals das Wort „Leber-wurst“ vorsagen, damit sie es nach unzähligen Malen wenigstens etwas verständlich aussprach. Heute lacht sie sich über sich selbst kaputt …

Und sie überraschte uns, als sie sagte, das sie bei den Videos ja noch in ihrem alten Zimmer (auf der Intensiv-station) gelegen hat. DAS hat sie also auf Anhieb wiedererkannt!

Bevor wir zu den Rückschlägen in dieser Woche kommen    😉    hier noch eine weitere positive Erkenntnis: als wir gestern im Café saßen und uns über Russisch und das kyrillische Alphabet unterhielten, meine sie, dass sie diese Sprache total (!) vergessen hätte und ganz sicher nichts mehr kennen würde. Da liegt sie aber ganz falsch, denn schon nur nach der Nennung des Wortes „Sehenswürdigkeit“ und der Hilfestellung „Dos…“ erinnerte sich sich sofort wieder an dieses lange und komplizierte Wort (siehe auch Blogeintrag vom 8.8.). Bei einzelnen, kyrillischen Buchstaben antwortete sie zwar recht schnell mit „Weiß nicht“, aber bei ganzen Wörtern entstanden ganz andere Eindrücke:

Ich schrieb das erste Wort auf und wie aus der Pistole geschossen sagte das Kind „Stephanie“ … voila! Beim zweiten Wort kam sie leider nicht auf das gesucht „Lüneburg“, aber als ich ihr Nummer 3 zeigte, musste sie erneut nicht lange überlegen und las korrekt „Potsdam“. Mal ehrlich, kann man darauf kommen, wenn man das kyrillische Alphabet nicht mehr kennen würde? Sicher nicht …

Also denken wir, dass die Buchstaben noch sitzen, aber sie kann sie gerade nur nicht gezielt abrufen bzw. hat im Kopf noch nicht „den Weg dorthin“ gefunden. Ich werde ab jetzt auf jeden Fall immer wieder mal Russisch mit einfließen lassen, auch wenn sie behauptet, nix mehr zu wissen. Die Grundlagen und der passive Wortschatz scheinen auf jeden Falls noch da zu sein – wir bleiben also an der Sache dran.

Aber was waren die Rückschläge? Naja, eigentlich sind es keine richtigen Rückschläge, aber neue Erkenntnisse darüber, was entweder verschütt oder gänzlich verloren gegangen ist.

Ihr erinnert euch doch sicherlich an die Memory-Kärtchen und vor allem an den sogenannten Sechserpack? Carsten und ich haben mal drei Dinge davon physisch mitgebracht und sie gefragt, was das ist. Erkennt die vielleicht die Real-Life-Dinge, aber nur deren Abbildung nicht korrekt? Wir hatten im Gepäck: einen Apfel, eine Birne mit langem Hals, eine Birne mit kurzem Hals und einen Bund Möhren:

Leider hat sie die Gegenstände nicht erkannt … auch nicht mit Hilfe der drei Kärtchen. Fast alles bei ihr ist Möhre    🙁    und beim echten Bund Möhren blieb ihr Blick nur auf den großen Büschel Grünzeug hängen, statt auf dem eigentlich wichtigen Teil. Wie bei einem Kleinkind: das was größer ist (das Grünzeug am Möhrenbund) wird interessiert angeguckt, aber die eigentliche, kleinere Sache eben nicht (die orangen Möhren) – das passierte auch bei ihr erst nach Aufforderung. Und selbst nach diesem Haptiktest hat sie die Dinge auf die erneute Nachfrage durcheinander geworfen … sie blieb mehrheitlich bei Möhre. Aber ich bleibe dran und schleppe ab jetzt jeden Tag diese drei Dinge plus auch mal andere (z.B. Banane etc.) mit zu ihr. Irgendwann bleibt es haften – wetten?! Ich muss nur immer wieder den Kopf darüber schütteln, dass sie Apfel, Birne oder Möhre auf den Bildchen nicht auseinander halten kann, aber sie guckt von oben auf ihre Socken und sagt von sich aus korrekterweise „Kirschen“. Unglaublich …

Ebenfalls irritiert waren wir, als sie nach dem wunderbaren Aufstellen des Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielfeldes am nächsten Tag so unvorstellbar große Probleme beim Aufstellen von Schachfiguren hatte. Sie sollte nur die acht weißen Bauern auf die zweite Reihe stellen, aber selbst unsere Hilfen per Fingerzeig halfen am Ende nicht und sie stellte die Figur nicht vor den Finger, sondern nur daneben oder versuchte es sogar dahinter. Jede Bauernfigur stellte für sie eine fast unmögliche Herausforderung dar! Wir vermuten mal, dass sie einfach schon das Schachbrettmuster total überfordert hat, denn wie gesagt, gestern hatte sie auf einem anderen Spielfeld ja nicht solche Probleme, den genauen Punkt zum Hinsetzen des Püppchens zu finden. Aber hier beim Karomuster völlige Desorientierung und bei uns erneut die Frage samt Kopfschütteln, was den eigentlich da oben so im Köpfchen gerade vorgeht.

Damit sie aber danach nicht ganz ohne Erfolgserlebnis blieb, haben wir ein paar sichere Punkte aus der Spiele-sammlung gezogen: sie zählte korrekt auf dem Tisch liegende Damesteine, sie nannte die angezeigte Farbe auf einem selbst geworfenen Farbwürfel und sie versuchte sich auch mehrmals am Würfeln mit der linken Hand. Zack, das Kind war wieder glücklich.

Übrigens, Linki wird mittlerweile sogar schon ganz ohne Aufforderung zum Hochschieben der Brille genutzt. Doch man sieht deutlich, dass Stephanie mehr mit Rechti ausführen will und somit der Linken Hand auch des Öfteren mal die Arbeit wortwörtlich „aus der Hand nimmt“. Solange es klappt, warum nicht?!?!

Mit zwei netten Dingen möchte ich den Blogeintrag dieser Woche dann endlich auch mal beenden – ich hoffe, ihr seid lesenderweise überhaupt bis hierhin gekommen    🙂

1.) Laut mehreren Mitarbeitern – aber man sieht es auch so schon von ganz alleine – hat Stephanie hier ebenfalls mal wieder das ganze Personal im Sturm erobert!!! Sowas darf eine Mutter doch zurecht stolz machen, oder?

2.) Als wir einmal vor dem Regen unter einen schützenden Pavillon geflüchtet sind und dann den Tropfen im Innenhof zugeschaut haben, flogen immer wieder mal Schwalben und Spatzen vorbei. Wir haben den flüchtenden Vögeln zugesehen und Stephanie feuerte sie regelrecht an, dass sie sich doch bitte beeilen mögen, um schnellst-möglich in Sicherheit zu kommen. Ich fand das ja soooo süß!

Und nun wie versprochen das Ende dieser schon recht lang gewordenen Wochenzusammenfassung – mit einer lächelnden Stephanie und auch mit einem Foto, wo ich mal mit drauf bin:

Keine Angst, noch sind es keine grauen Haare beim Kind, sondern nur Trockenshampoo aus der Sprühdose, dessen „Pfffffft“ Stephanie total lustig fand    😀



2021 08.
Aug.

Einerseits haben Carsten und ich uns diese Woche an zwei Tagen (MO & MI) etwas schuldig gefühlt, da wir zum allerersten Mal nicht zu Stephanie gefahren sind, obwohl wir eigentlich zuhause waren. Doch ein Besuch nach meinem Spätdienst (Feierabend erst 17:00) macht bei einer Fahrerei von insgesamt ca. zwei Stunden keinen Sinn, wenn man letztendlich noch etwas vom Besuch und evtl. auch ein wenig vom Feierabend haben möchte. Die Vernunft und erfreulicherweise auch Stephanie selbst haben uns in dieser Einschätzung bestärkt, aber ein klitzekleines Gefühl von Verrat rumorte dennoch den gesamten Abend irgendwie in unseren Köpfen herum. Dafür haben wir die Zeit dann wenigstens sinnvoll für das Durchlesen und Ausfüllen des Sozialhilfeantrags „Hilfe zur Pflege“ genutzt … so viele Formulare hatten wir wahrlich schon lange nicht mehr zu beackern!

Andererseits zeigt sich zum Glück immer mehr, dass Stephanie in ihrer neuen Umgebung angekommen ist und schon jetzt sehr viel Spaß dort hat. Von Tag zu Tag wurde ihre Laune nämlich besser und sie konnte sich sogar an gewisse Unternehmungen während des Tages erinnern sowie davon berichten. Zum Beispiel von ihren Lese-runden, wo Bewohner zusammentreffen und sich aus Zeitungen über die Nachrichten oder das Horoskop austau-schen, von ihren ersten Therapiesitzungen (Physio & Ergo) und sogar von ihrer Enttäuschung, dass sie einmal beim Kaffeeklatsch keine Kekse bekommen hat, weil diese vom Arzt oder den Therapeuten leider noch nicht freigegeben worden ist. Ob positiv oder negativ ist egal, aber wenn sie von so etwas berichten kann, dann nimmt ihr Kurzzeitge-dächtnis so langsam wieder Fahrt auf – hallelujah !

Auch ihr Zimmer wird zusehend heimeliger. Sie bekam am Montag aufgrund ihrer Körpergröße ein größeres bzw. längeres Bett, einen Tag später einen „Galgen“, den wir immer wieder mal für unsere Übungen nutzen wollen, von uns eine für sie sehr viel besser ablesbare Uhr, auf der sie auch das Datum und den Wochentag sieht, …

… und wir planen gerade zusammen mit der Familie ihrer Zimmergenossin an einem nützlichen Regal für mehr Stauraum und einen darauf stehenden Fernseher, den dann beide gleichermaßen optimal nutzen können sollen. Denn was wir auf keinen Fall wollen, sind zwei TV-Geräte in einem Raum, die sich dann vielleicht sogar in der Lautstärke hochschaukeln würden oder am Ende dazu führt, dass die beiden nur noch mit Kopfhörern im Bett liegen. Mal sehen, wie die Mädels das alles am Ende hinbekommen – aber sie werden einen Weg finden, da bin ich mir ganz sicher    🙂

Ihre persönliche Ecke liebt Stephanie schon mal sehr:

Und diese wurde mittlerweile auch um weitere, von ihr gewünschte und ausgesuchte, selbstgemalte Bilder aus der ehemaligen Krankenhauszeit ergänzt. Schon allein deshalb sind wir der Meinung, dass sie angekommen ist.

Ein anderes Indiz dafür ist definitiv der Umgang mit dem Personal, denn wie wir unsere Stephanie ja alle kennen, findet sie sich immer ganz schnell zurecht und knüpft unheimlich schnell Kontakte. Das zeigt zum Beispiel diese Aussage in einem Gespräch, welche wir gestern von einer Pflegekraft bekamen, als Stephanie noch beim Essen war und somit nicht mithören konnte: „Stephanie ist ja so süß, sie macht sich um meine Gesundheit Sorgen und hat mich sogar gebeten, dass ich mit dem Rauchen aufhöre.“

Oder auch die Tatsache, dass sie jetzt chinesische Wörter und Phrasen lernt, da dies die Muttersprache einer Pflegekraft ist. Diese hat ihr anfangs mal „Ni Hau“ (= Hallo) beigebracht und ich googelte sogleich Danke (= Xièxiè), was das Kind dann noch am gleichen Besuchstag anwenden konnte – zumindest hat die Pflegerin danach sehr gelächelt und somit Stephanie bestärkt, noch weitere Wörter herauszufinden … na, da habe ich mir vielleicht was eingebrockt    😉

Gestern überraschte sie wiederum uns, denn wo ihr Russisch eigentlich sehr stark in Vergessenheit zu geraten scheint, erinnerte sich sofort und ohne langes Zögern an die Vokabel „Sehenswürdigkeit“ (= dostoprimecha-tel’nosti). Aber meine Zählung „odin, dva“ (1, 2) vervollständigt sie lieber mit dem spanischen „tres“ statt dem russischen „tri“. Ach ja, das Köpfchen …

Womit man ihr definitiv immer eine Freude machen kann, ist Essen. Gut, die krümeligen Kekse wurden ihr zwar noch verweigert, aber dafür bekommt sie jetzt nicht mehr nur püriertes Mittagessen (nur, wo es wirklich notwendig ist, wie z.B. Schweinebraten mit Soße) und auch schon Scheibenwurst und -käse aufs Brot … ein kulinarischer Traum geht für sie in Erfüllung!

Und wenn wir zu Besuch da sind und sie das Abendessen super kaut und herunterschluckt, so gut wie gar nicht hustet und wirklich jeden Bissen genießt, dann zaubern auch wir mal das ein oder andere Geschmackserlebnis aus dem Ärmel. Einmal hat Carsten als Überraschung aus der Küche zwei Scheiben Salatgurke mitgebracht … DEN glücklichen und genießerischen Gesichtsausdruck beim Kauen hättet ihr sehen müssen! Und gestern im Café auf dem Gelände probierte sie voller Freude unsere beiden Kuchenstücke …

… nachdem sie ihre Kugel Vanilleeis weggeschleckt hatte. Diesbezüglich mussten wir ihr auch gar nichts mehr großartig zeigen, denn nachdem wir ihr die Waffel in die Hand gedrückt hatten, fing sie schon an, wie ein Weltmeister zu lecken – das war letztes Wochenende ja noch völlig anders. Also scheint sie trotz der einen Woche Pause dazwischen die Bewegungsabläufe bereits verinnerlicht zu haben – Herz, was willst du mehr!

So etwas muss natürlich belohnt werden und als sie auch noch Carstens Fritz-Cola probieren wollte, hat er ihr gleich das letzte Viertel seiner Flasche für die nächste Übung gesponsert: trinken ohne Strohhalm … zuerst mit Hilfe, dann mit gebührender Vorsicht …

… und prompt war auch das Thema gegessen. Fortan süppelte sie fast schon wie ein Pullenprofi:

Leider geht es bei vielen anderen Dingen nicht immer ganz so schnell, aber wir geben nie auf. So hat sie z.B. das Prinzip des Drückens auf den Schwesternruf auch nach zigmaligem Übungsansatz und Zeigen nicht hinbekommen. Statt den Schalter richtig in die Hand zu nehmen und das beleuchtete Teil mit dem Zeigefinger wie den Anzug einer Pistole zu drücken, presste sie leider immer wieder nur mit dem Daumen und dem Zeigefinger von der Seite auf das rote Licht – das hat natürlich nicht ganz so zuverlässig funktioniert wie es sollte.

Nun will man ihr mal einen Buzzer besorgen, bei dem diese Schwierigkeiten dann natürlich nicht mehr bestehen.

Zum Glück blieb das Wetter hier im Norden noch recht angenehm, sodass wir während unserer Besuche auch weiterhin viel Zeit mit ihr im Freien verbringen konnten – bei Regen auch durchaus mal unterm schützenden Pavillon – sei es zum Abendessen im Grünen mit stets verfolgendem Blick auf die eifrig umherschwirrenden Schwalben und um sie herum hüpfenden Spatzen …

… oder zum Spielen mit uns, worauf sie sich immer ganz besonders freut. Da wird sie einfach nicht müde, auch wenn ihre Konzentration schon nach ca. 15-20 Minuten deutlich sichtbar abnimmt und sie sich dann mehr und mehr vertut oder auch mal gar nicht weiter weiß. Immer wieder gerne von ihr gewünscht sind erstaunlicherweise das Spiel mit den Memorykärtchen (der „Sechserpack“ aus Wolke, Regenschirm, Apfel, Birne, Möhre und Huhn/Hahn sitzt mittlerweile recht gut, aber auch die anderen Motive erkennt sie schon immer besser und überrascht mit neuen Worten – statt Wagen und Auto fiel einmal die Beschreibung Trabi) sowie Mathematikaufgaben und Zählen, doch auch mit ihren Bauklötzen und den Buchstabenkarten beschäftigen wir uns des Öfteren.

Aber bei all der Euphorie müssen wir weiterhin sehr viel Geduld ansetzen, wie sich u.a. gestern mit den Buchstaben (gesucht waren Tiere) gezeigt hat: beim C kam sie sofort auf Chamäleon, beim A wusste sie über Austern Bescheid (kann man essen, leben im Meer, aus den Perlen kann man eine Kette machen), aber beim H fielen ihr weder Huhn, Hahn noch Hund ein und beim N musste man ihr das Nashorn sogar etwas erläutern, aber beim R reichte das Hören des Wortes Rhinozeros schon wieder aus.

Solange sie nicht eigenständig Lesen oder im Internet surfen kann, bleiben wohl noch so einige Begriffe in ihrem Durcheinander da oben verschüttet, aber am Ende werden wir das sicherlich schon schaukeln. Wie schon öfters angemerkt: eine Baustelle nach der anderen und eben nicht alle gleichzeitig.

Zunächst bleiben wir bei der (Aus-)Sprache und dem Lockern der Zunge, der vollumfänglichen Nutzung der rechten Hand, der unterstützenden Hilfe der linken Hand und einer gewissen Bewegungsfreiheit im oberen Körperbereich – das wäre jedenfalls alles sehr nützlich für die oben genannte Zielstellung „Lesen und Surfen“. Danach kümmern wir uns dann erst aktiv um die Beine, mehr Möglichkeiten in der eigenen Fortbewegung (Wechsel zwischen Bett und Rolli ohne Lifter sowie selbstständiges Herumfahren) und den erneuten Aufbau von Wissen.

Wie würde Stephanie sagen: „Tschakka, ich schaffe das!“ … in diesem Sinne weitermachen und üben, üben, üben. Drückt uns und dem Kind bitte weiterhin die Daumen, dass die von vielen prophezeite Stagnation und die damit einhergehenden Gedanken ans Aufgeben noch ein wenig auf sich warten lassen – vor allem jetzt, wo ihr weder Singer noch Barthel mit Index-Punkten im Nacken sitzen    🙂    vielen lieben Dank. Den soll ich euch übrigens auch von Stephanie ausrichten, wenn wir ihr aus dem Blog, aus Emails oder von den vielen Kommentaren bei Facebook berichten bzw. vorlesen. Ich glaube, genau dies gibt ihr zudem stets weiteren Schub und Kraft für ihren Weg zur Genesung.