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Kommentar:   

 
Manchmal hat man eben Lust darauf, etwas zu schreiben   ;0)

 
Web|log,  der;  -s,  <engl.>,  meist abgekürzt mit "Blog"
   
Digitales Tagebuch im Internet. Ein Weblog ist eine Webseite, die periodisch neue Einträge enthält. Es ist ein Medium zur Darstellung des eigenen Lebens und von Meinungen zu oftmals spezifischen Themengruppen. Weiter vertieft kann es auch sowohl dem Austausch von Informationen, Gedanken und Erfahrung als auch der Kommunikation dienen und ist insofern mit dem Internetforum sehr verwandt. Die Tätigkeit des Schreibens in einem Blog wird als "bloggen" bezeichnet.

Quelle: http://www.wikipedia.de    


 
2021 25.
Apr

Gleich vorweg: Stephanies Hang zum Essen hat glĂŒcklicherweise angehalten, aber ihre neu dazugewonnene Leidenschaft artet irgendwie immer mehr aus. Jeder, der sich im Zimmer befindet, wird des öfteren von ihr um Essen angebettelt … gefolgt von einem Hundeblick, dem sich wahrscheinlich so schnell niemand entziehen kann. Wir beschrĂ€nken uns noch auf das Schnuppern …

… denn derzeit dĂŒrfen nur die LogopĂ€dinnen fĂŒttern. Aber ich glaube, dass wenn das Pflegepersonal einmal mit involviert ist, dann werden am Ende vielleicht mehr Personen schwach werden und ihrem sĂŒĂŸ-bettelnden Blicken erliegen – wetten?!? Und da sie jetzt auch schon seit zwei Tagen mit dem Kauen anfĂ€ngt, wird sich ihr mögliches Repertoire an Leckerlies also noch erweitern.

Ja, ihr habt richtig gelesen! Die Mahlzeiten und Nachrichten an der Pinnwand steigerten sich von Tag zu Tag bis zu dem freudigen Ereignis:

Dienstag: Carsten war abends mit dabei, als sie Kartoffelstampf und als Nachtisch vier Löffel Erdbeer-Vanille-Marmelade verputzt hat.

Mittwoch: Ein Zettel am analogen Chatboard in Stephanies Zimmer:

Stephie hat 200g Kartoffel-Möhren-PĂŒree gegessen.
Und sie hat einige kleine Schlucke Smoothie mit dem Strohhalm getrunken.

Donnerstag: Mittags eine weitere Info an der Pinnwand …

„Heute gab es 200g Obstsnack (pĂŒriert)“

… und abends war Carsten mit dabei, als sie sich eine SchĂŒssel Griesbrei mit Erdbeer-Vanille-Marmelade und zum Abschluss noch einen viertel Becher FrĂŒhlingsquark einverleibte.

Freitag: An ihrem 200. Tag in der Rehaklinik dann die absolute Überraschung … schon nach nur 10 Tagen Essen hat sie mit dem Kauen angefangen. An der Pinnwand stand fĂŒr den Mittagsbesuch geschrieben:

Stephie hat heute einen halben Toast mit Nutella gegessen.
Die Zungenmotorik und das Kauen werden immer besser.“

Und abends nochmals eine Steigerung des Ganzen:

Stephie hatte zum Mittag großen Hunger, es gab 100g KartoffelpĂŒree und 100g Schokopudding.
Vorher haben wir das Kauen von Gnocchi mit Tomatensoße geĂŒbt.
5 Gnocchi hat sie gegessen, dann war es ihr zu anstrengend.“

Seid ihr jetzt genau so geplĂ€ttet wie ich es war? Wir haben uns so dermaßen fĂŒr sie gefreut … das Thema Essen scheint bei ihr nun wirklich angekommen zu sein. Man ĂŒbt jetzt mit ihr, dass sie selbst ihren Arm nutzt, aber auch das ist ihr nach ein paar Versuchen viel zu anstrengend und sie hat dann einfach keine Lust mehr, weiter zu essen.

Als ich am Samstag ins Zimmer kam, wurde Stephanie mit stĂŒckiger Kartoffelsuppe und gekochten Möhren gefĂŒttert.

Da die LogopĂ€din kurz mal woanders hin musste, durfte ich auch schon mit einspringen und mit dem Kind ganz gewissenhaft das Kauen ĂŒben. Es ist wie es ist: das Kind (fr)isst mir (wieder mal) aus der Hand    đŸ˜‰

Eine andere RĂŒckkehr ins Kinderleben bewirken derzeit die ihr beigebrachten Lieder. Singen ist ein wichtiger Bestandteil fĂŒr das ZurĂŒckfinden zum Sprechen und somit werden die guten, alten Erinnerungen an die Kindergartenzeit wieder rausgeholt: „Alle meine Entchen“, „Backe Backe Kuchen“ und „Bruder Jakob“. Auf meine Initiative hin, haben wir heute bei Amazon gleich mal drei CD-Schmankerl aus ihrer Kindheit bestellt: „Die Jahresuhr“ von Rolf Zuckowski, „Kinderlieder aus aller Welt“ von Gerhard Schöne und „Der Traumzauberbaum“ von Reinhard Lakomy … ich freu mich    đŸ™‚    mal sehen, ob es bei Stephanie genau so ist. Doch keine Angst, auch modernes Liedgut wird durch das Pflegepersonal beigebracht: „Maria“ von Scooter (den Dööp-Dööp-Dööp-Dööp-Teil beherrscht sie nahezu perfekt) und „Atemlos (durch die Nacht)“ lassen sich bei ihr durchaus recht gut erkennen.

Und wie macht sich ihr Sprechen? Sie versucht sich schon seit lĂ€ngerem an zweisilbigen Wörtern und ihre derzeitigen Lieblingsworte sind Danke (4x pro Stunde), Carsten (7x pro Stunde) und Essen (gefĂŒhlte 30x pro Stunde) … hören sich aber aus ihrem Mund leider noch alle sehr Ă€hnlich an: „HnnnnnHmmmmm“. Carsten hat mit ihr explizit mal das „O“ (Lippenstellung recht ok, aber da geht noch was) und das „S“ (hier streikt die Zunge noch zu sehr und sie versucht leider immer wieder den Laut beim Einatmen zu machen und nicht beim Ausatmen) geĂŒbt. Von mir hat sie die SĂ€tze „Ich möchte essen“ und „Ich hab dich lieb“ bzw. „Ich dich auch“ gelernt und mit Andrea versucht sie sich per Video am Nachmachen von Tierstimmen – wie oft wir dieses fast 10-minĂŒtige Video schon angeguckt haben, weiß ich schon gar nicht mehr. Aber wer jemals kleine Kinder gehabt hat, weiß wovon ich rede, gell?

Wie angekĂŒndigt haben wir seit Montag die Verdopplung der Besuche an den Arbeitstagen (MO-FR) eingefĂŒhrt und derzeit kommen wir ganz gut damit zurecht. Zum einen kann Carsten somit endlich auch mal wieder zu ihr ins Zimmer (MO, MI & FR) und ich habe an diesen Abenden ganz eigennĂŒtzig mal Zeit fĂŒr mich zum Lesen, fĂŒr meine BĂŒcher oder andere Dinge, die aufgrund der vorherigen tĂ€glichen Besuche etwas in den Hintergrund rĂŒcken mussten. Ich fahre nun alleine am Dienstag, Donnerstag und an den Wochenenden zu ihr – so können Carsten und ich Arbeitszeiten, Überstundenkontingente und die eigene Freizeit recht gut in Einklang bringen, obwohl wir die Schlagzahl der Besuche außer an den Wochenenden (da bleibe ich 3-4 Stunden bei ihr) verdoppelt haben.

Hier noch ein paar Informationen fĂŒr euch in Kurzform:

  • Ich habe mit Stephanie das Ritual „Hallo“, „Ciao“ und „TschĂŒhĂŒĂŸ“ eingefĂŒhrt, Carsten konnte sie auf ein High-Five einspielen – alles natĂŒrlich noch sehr verbesserungswĂŒrdig und ausbaufĂ€hig.
  • Als Carsten am Montag von einem leckeren Döner geredet hat (auf den sie sich sehr freut!), machte er ihr im wahrsten Sinne des Wortes den Mund wĂ€ssrig und sie fing richtig dolle mit Sabbern an … vielleicht das nĂ€chste Ziel, auf das sie hinarbeitet    đŸ˜‰    man braucht ja immer persönliche Ziele, die man ins Auge fasst, um sich weiter zu entwickeln    đŸ™‚
  • Sie lĂ€sst sich mittlerweile an allen Körperstellen recht gut anfassen, ohne gleich zusammenzuzucken oder dagegen anzukĂ€mpfen und auch die linke Hand wird zunehmend unempfindlicher. Wenn sie jetzt im Rollstuhl sitzt, schlagen ihre Beine nicht mehr die ganze Zeit aus und treten nicht um sich – toll!
  • Ihre GerĂ€uschempfindlichkeit hat ebenfalls nachgelassen. Wenn die SchranktĂŒr mal unerwartet zu laut zufĂ€llt oder etwas auf den Boden fĂ€llt, erschreckt sie sich nicht mehr ganz so heftig wie zuvor.
  • Am Montag konnten wir mit dem Rollstuhl raus und zufĂ€lligerweise waren wir auch gerade mit ihrem WĂŒrfelchen da … das Auto hat sie erkannt, den Namen aber nicht mehr.

  • Das Monitoring wurde diese Woche reduziert, sodass nur noch der Sauerstoffmesser an einem Zeh oder Finger verblieben ist. Alle anderen Sonden (Herzfrequenz etc.), die am Körper befestigt waren und fĂŒr Kabelwirrwarr sorgten, sind nun Geschichte. Ein weiteres StĂŒckchen Freiheit fĂŒr sie.
  • Ich bin mal wieder Postkarten mit ihr durchgegangen und an einer Stelle war ich fies: diese war nĂ€mlich in Russisch geschrieben. Stephanie war wohl etwas verwirrt und hat sich anscheinend ĂŒber sich selbst geĂ€rgert, dass sie das dort auf dem Papier nicht lesen konnte. Ich habe es ihr dann vorgelesen und hoffentlich hat sie es dabei auch verstanden. Sie hat zumindest so getan, als ob.
  • Auf dem Stehbrett bleibt es vorerst bei einer ca. 70 Grad-Aufrichtung, da dann der Kreislauf nach einer Zeitspanne von ca. 5-10 Minuten etwas in den Keller geht. Doch er erholt sich auch genau so schnell wieder, wenn sie in die Waagerechte zurĂŒckgeholt wird. Wahrscheinlich spielen dabei u.a. ihre FĂŒĂŸe und das eigene Gewicht darauf eine große Rolle. Der linke Fuß richtet sich mittlerweile (aufgrund der letzten Botoxbehandlung) schon recht selbststĂ€ndig auf das Stehen aus und bleibt nicht wie damals in der SchrĂ€glage (bildlich: wie ein Handkantenschlag). Die Physiotherapeuten freut es sehr! Und uns natĂŒrlich auch!
  • Die Orthese an der linken Hand mag sie weiterhin nicht sonderlich, wobei es sich eher auf das An- und Ablegen beschrĂ€nkt, doch die Justierung der Finger und der Hand wĂ€hrend des Anlegens durch die Ergotherapeutinnen lĂ€sst sie schon viel mehr ohne Kraft und Gegenwirken zu als es frĂŒher immer der Fall war. Auch hier sieht man weiterhin ein gutes Gelingen.

An diesem Wochenende habe ich ihr zwei PĂ€ckchen ihrer Freundinnen mitgebracht und zusammen mit ihr ausgepackt. Am Samstag eines aus Potsdam und heute sogar eines aus Australien. In letzterem war u.a. ein Bilby als Stofftier, welches sie sofort sehr innig ins Herz geschlossen hat und danach eigentlich nicht wieder aus der (rechten) Hand legen wollte. Warum ich euch das erzĂ€hle? NatĂŒrlich nicht, damit jetzt alle gefĂ€lligst irgendwelche Geschenke zusenden sollen, sondern weil Carsten und ich all denen mal unendlich dafĂŒr danken wollen, die durch ihre Anteilnahme, Briefe, Postkarten, Emails, Audio. & Videobotschaften, Pakete, Blogkommentare, Fazzebuck-Meldungen und sonstigen GrĂŒĂŸen immer an Stephanie denken und mit dazu beitragen, dass die GesprĂ€chsthemen zwischen ihr und uns, ihren Besuchern, immer weiter ausgedehnt werden. Ich muss gestehen, ich kenne nicht einmal alle Leute, die mir derzeit bei Telegram und per Email Dinge zuschicken, persönlich – ich bin einfach total ĂŒberwĂ€ltigt! Das wollte ich mal loswerden.

Noch was am Rande berichtet: Ich habe mal einer Pflegerin aus dem FrĂŒhdienst, die Stephanie schon lange in ihr Herz geschlossen hat (wie eigentlich alle), den Tipp verraten, zu unserem Kind „Ich habe dich lieb“ zu sagen, denn darauf bekommen Carsten und ich immer ein „Ich dich auch“ als Antwort zu hören. Das hat nun offensichtlich auch bei ihr funktioniert. Als ich nachmittags bei Stephanie hockte, kam eine andere Pflegerin zu uns ins Zimmer. Wir haben uns ĂŒber dies und jenes unterhalten und am Ende sagt sie zu Stephanie „Ich hab‘ dich lieb“    🙂    und natĂŒrlich kam die erwĂŒnschte Antwort auch bei ihr. Ich habe dann geschmunzelt und gefragt, ob sie diesen Spruch von ihrer Kollegin aus der FrĂŒhschicht erfahren hat, und so war es auch    🙂
Aber selbst wenn alle Stationsmitarbeiter dies zu Stephanie sagen wĂŒrden, wĂŒrde sie zu allen die gleiche Antwort geben – und zwar aus voller Überzeugung. Ich habe mich nĂ€mlich bei meinem Kind erkundigt, ob sie alle dort lieb zu ihr sind, und habe als Antwort ein sehr ĂŒberzeugtes „Ja“ zu hören bekommen    đŸ™‚    ganz ehrlich, ich bin wirklich sehr sehr glĂŒcklich darĂŒber!

Neuerdings mag Stephanie uns Besucher nicht mehr gehen lassen … es ist ein wenig so wie damals am frĂŒhen Morgen zu Kindergartenzeiten. Doch wenn jemand von der Station reinschneit, um ihr ihre Medikamente zu geben oder sie einmal anders zu positionieren, dann sind sogar Carsten und ich total abgeschrieben und werden mit Ciao und LĂ€cheln ganz problemlos verabschiedet. Glaubt mir, DAS ist echt ein gutes GefĂŒhl!



2021 04.
Apr

Gestern ist tatsĂ€chlich die 180-Tage-Marke gerissen worden … Stephanie ist jetzt also schon fast ein halbes Jahr in der Reha und seit ihrem Vorfall sind 220 Tage vergangen. FĂŒr uns zĂ€hlen vorrangig aber nur ihre Ergebnisse und erreichten Stufen nach ihrem Aufwachen im Januar diesen Jahres – auch diese Woche konnte sie uns an der ein oder anderen Stelle wieder ĂŒberraschen.

So habe ich z.B. mit ihr aktiv die große, leere Wand auf ihrer rechten Seite gestaltet (links ist die Fensterfront):

Ich habe Stephanie verschiedene Fotos und Postkarten gezeigt und sie konnte dann entscheiden, ob sie dieses Bild an der Wand haben möchte oder nicht. Dabei hat sie sich auch jede Postkarte wirklich genau angeguckt, meiner Meinung nach die Texte durchgelesen und in der Regel wohl recht gut verstanden, denn sie lachte an den richtigen Stellen oder nahm es hin, wenn es nur ein Sinnspruch war. Nur bei komplizierten Wortspielen oder SÀchsisch kam sie irgendwie nicht weiter und runzelte die Stirn. Jedenfalls guckt sie jetzt immer wieder gerne auf die neu gestaltete Bilderwand wenn ich zu Besuch ins Zimmer komme oder nach dem Besuch gehe, d.h. es scheint ihr also zu gefallen, was sie sich da ausgesucht hat.

Auch diese Woche ermöglichte uns das tolle und herzensgute Klinikpersonal zwei RolliausflĂŒge in die Umgebung – beim ersten konnte Carsten sogar mit dabei sein. Diese eine Stunde haben nicht nur wir, sondern auch das Kind sicherlich sehr genossen. Schon bei der BegrĂŒĂŸung ohne Maske hat sie sich sichtlich gefreut und somit Carsten also auch wiedererkannt:

Wir sind um das KlinikgebĂ€ude gefahren und haben an einem Spielplatz eine Bank gefunden, wo wir in der Sonne sitzen und uns besser und direkter mit Stephanie beschĂ€ftigen konnten … ist beim Schieben bzw. in Bewegung ja nicht immer ganz so einfach. Carsten hat diverse Dinge angesprochen, welche man jetzt in den nĂ€chsten Wochen von ihr erwartet und die auch bezĂŒglich der Entlassung in eine Pflegeeinrichtung entscheidend werden könnten. In dem Zuge probierte er eben auch die Dinge aus, welche ich ihm sonst nur im Nachgang erklĂ€ren oder anhand von Fotos und Videos zeigen kann.

Bei diesen Interaktionen nutzte er ihre RĂŒckmeldung von Ja und Nein, als er ihr ĂŒber die infrage kommenden Pflegestationen berichtete, dass das Essen ein ganz wichtiges ZĂŒnglein an der (Entscheidungs-)Waage sein wird und somit immens wichtig fĂŒr sie ist, er ihr viele einfache Fragen stellte und somit nebenbei auch gleich mal ein paar Tests mit ihr durchfĂŒhrte. Mal war sie relativ teilnahmslos und starrte in den Wald oder Himmel und lauschte vielleicht etwas mehr den gerade lauthals zwitschernden Vögeln, aber sehr oft folgte sie ihm mit ihren Blicken, bestĂ€tigte an den richtigen Stellen mit „hmmmm“ und lachte auch sehr viel:

WĂ€hrend dieser Zeit ließ sie sich auch ĂŒberall sehr gut berĂŒhren, z.B. am rechten Arm und der Hand, im Gesicht, um den Mund herum, am Kopf, an den Beinen, an den Schultern und sogar ein ganz klein wenig am linken Arm und der Hand. Und am darauffolgenden Tag schient es fĂŒr mich so, als hĂ€tten dieser Ausritt und vor allem auch Carstens Appelle wirklich etwas Wirkung gezeigt. Leider hĂ€lt das bei ihr ja nicht immer so lange an …

Derzeit signalisiert sie mir z.B. eine große Abneigung gegen die Kamera, was natĂŒrlich das Einfangen von Bildern fĂŒr eine tĂ€gliche Familienberichterstattung stark einschrĂ€nkt. Das ist, so wie ich es denke, auch wieder nur eine ihrer plötzlichen Launen und erledigt sich hoffentlich bald. An einem Tag war sie richtig gut drauf und hat einiges mitgemacht, aber sobald ich das Handy hob, weigerte sie sich weiterzumachen. Das Aufrichten des Oberkörpers mit meiner UnterstĂŒtzung ohne Kamera klappte mehrmals richtig gut – mit Handy in der Hand nicht. Sie lĂ€chelte und strahlte ohne Kamera wie ein Honigkuchenpferd – mit Handy in der Hand nicht. Ohne Kamera hob sie auf meine Bitte mehrfach ihren rechten Arm ca. 10 cm hoch – mit Handy in der Hand nicht. Mein kleiner, großer Dickkopf !!! Dann eben ohne Beweismaterial …

Am Ende der Woche habe ich noch einmal explizit das Lesen testen wollen und drei kurze Fragen auf einen Papierblock geschrieben, um ihr diese zu stellen … ohne ein Vorlesen. Sie hat tatsĂ€chlich jeweils recht adĂ€quat mit Ja, Nein und Mimik darauf geantwortet, sodass ich wirklich glaube, sie kann lesen, sich aber einfach noch nicht verbal artikulieren. Wenn die Muskeln im Mundbereich beim Essen nicht mitspielen, so könnte dies doch sicherlich auch fĂŒrs Sprechen gelten, oder ? Jedenfalls werden wir in den nĂ€chsten Tagen das Lesen und Verstehen noch einmal genauer unter die Lupe nehmen und mit Hilfe von Antwort- (Ja, Nein, Vielleicht), Zahlen- (0-9) und Buchstabenzetteln (A-Z) herumtesten. Ich werde sie also mal nach etwas fragen, um dann mit dem Finger ĂŒber das Papier zu wandern und sie soll mit Hmmmm quasi ihre Auswahl treffen. Sollte sie in der letzten Ausbaustufe tatsĂ€chlich mit dem gesamten Alphabet arbeiten können, wĂ€re das eventuell sogar eine Möglichkeit der erweiterten Kommunikation. Dabei gilt aber immer eines zu beachten: sie muss wirklich gut drauf sein, sonst macht sie leider nicht mit     🙁    wir setzen fĂŒr diese Übungen und Tests natĂŒrlich wieder Wochen an, tasten uns also peu Ă  peu vor.

Ihre heutigen Osterkarten hat sie jedenfalls schon mal ganz alleine (also ohne Vorlesen) sehr intensiv angeschaut und irgendwie auch gelesen, was ich glaube, an ihren Augenbewegungen, am Lachen, Summen und ihrer gelegentlichen RĂŒhrung festmachen zu können. Nachgefragt bzw. tiefer nachgebohrt habe ich heute jedenfalls noch nicht – das kommt erst spĂ€ter.

Ich hoffe sehr, dass uns das nordische Wetter bald wieder mit wĂ€rmeren und sonnigeren Tagen verwöhnen wird, denn das könnte die HĂ€ufigkeit der AusflĂŒge nach Draußen positiv beeinflussen. Ich merke, dass es ihr gut tut und ihr auch neue Impulse gibt: GerĂŒche, GerĂ€usche, Sonnenlicht …
Dazu findet sie das Fahren auf unebenen FlĂ€chen spannender und lustiger, als das Rollen auf einem schön geteerten und planen Weg. Zudem könnte ich so ja auch mal mein sportliches BetĂ€tigungsfeld erweitern, indem ich ihres und das Gewicht des Rollstuhls auf solchen Hindernisparcours herumschiebe    đŸ˜‰

Übrigens hat ihr Interesse an meinem Vorlesen in den letzten Tagen etwas nachgelassen, dafĂŒr findet sie das Unterhalten bzw. mein ErzĂ€hlen aus dem Leben viel interessanter. Irgendwie verstĂ€ndlich, da sie sich dann auch dazu irgendwie Ă€ußern kann    🙂    man will ja schließlich doch irgendwann auch mitreden dĂŒrfen. Aber die entspannende und einschlĂ€fernde Wirkung des Vorlesens fehlt irgendwie, deshalb werde ich das nach wie vor weitermachen, wenn auch in einem etwas geringerem Umfang. Außerdem hoffe ich, dass Stephanie ĂŒber kurz oder lang ihre HĂ€nde wieder komplett kontrollieren kann, denn derzeit ist das selbststĂ€ndige UmblĂ€ttern noch eine wahre Herausforderung, aber dann könnte sie eben auch selber mal wieder etwas lesen – wenn es soweit ist, werde ich euch garantiert davon berichten.

Doch es bleibt nach wie vor beim bisherigen Credo: Schrittchen fĂŒr Schrittchen !!!



2021 03.
Jan

Stephanie ist jetzt seit genau 90 Tagen in der Rehaklinik und vor 130 Tagen fand alles seinen Anfang. Schon allein die Vorstellung, ĂŒber vier Monate das gesellschaftliche Leben zu verpassen und auch ein Weihnachtsfest ohne Familie und ein Silvester ohne Freunde zu verbringen, ist doch irgendwie schwer vorstellbar, oder nicht? NatĂŒrlich sind die letzten beiden Dinge im Kontext mit den zusĂ€tzlichen EinschrĂ€nkungen durch Corona bzw. Covid-19 bei fast allen so oder Ă€hnlich passiert …

Also eigentlich fĂŒhrt das noch zu einem weiteren komischen GefĂŒhl, denn man muss ihr ja ĂŒberhaupt mal diese ganze Pandemiesituation inklusive der Auswirkungen erklĂ€ren. Denn leider bedeuten die oben erwĂ€hnten 130 Tage gleichzeitig auch die Dauer ihrer Bewusstlosigkeit bzw. ihres komatösen Zustands. Carsten hat mir mal erzĂ€hlt, dass sein Vater nach einem schweren Autounfall fĂŒr ca. einen Monat im Koma lag (es war allerdings noch vor seiner Geburt) und selbst diese, durch seine Familie weitererzĂ€hlte Geschichte, ließ mich immer wieder ĂŒber eine solch lange Komadauer nachdenken. Wie ergeht es jemanden, der mehrere Wochen nichts aus der Umgebung mitbekommt? Und wie holt man diese LĂŒcke am Ende wieder auf? Bei Stephanie steht ja jetzt nicht nur eine noch viel lĂ€ngere Zeitspanne im Raum, sondern leider auch immer noch die Frage, welche FĂ€higkeiten sind geblieben, welche sind verloren und welche können wieder antrainiert werden. Doch vor diesem Ganzen kommt erst einmal noch der große Schritt, dass sie aufwacht und wieder aktiv ein Geschehen um sie herum realisieren kann.

Hieran wird weiterhin krĂ€ftig gearbeitet, denn die Dosierungen der Medikamente sind in den letzten Wochen erfolgreich reduziert worden und sie schlĂ€gt deshalb nun wohl auch immer öfters die Augen auf (fokussiert aber weiterhin noch nichts), so dass ein vollstĂ€ndiges Aufwachen in greifbarer NĂ€he zu sein scheint. Zur Erinnerung: erst dann wird deutlich, welche FĂ€higkeiten und Fertigkeiten wieder gĂ€nzlich zu erlernen und zu erarbeiten wĂ€ren und welche – hoffentlich! – noch erhalten geblieben sind.

Insbesondere das Öffnen der Augen scheint fĂŒr alle Wartenden sehr positiv zu sein, denn auch die Therapeutinnen berichten mir immer sehr gerne davon:

Und selbst, wenn ĂŒber die Feiertage jetzt nicht viel medizinisches und therapeutisches passiert ist, so gibt es dennoch wieder ein paar Neuigkeiten zu vermelden:

  • Die Beatmung mittels „Feuchter Nase“ (ohne Maschine) ist in der letzten Woche von 12 auf 15 Stunden erweitert worden und man schĂ€tzt, dass man bald die gewĂŒnschten 16 Stunden erreicht und vielleicht sogar schon langsam anfĂ€ngt, an den verbleibenden 8 Stunden Nachtzeit zu „knabbern“.
  • Das Abhusten und Schlucken wird immer besser, auch wenn es fĂŒr Außenstehende sicherlich zum Teil eher schlimm klingen dĂŒrfte … das Personal findest diese Entwicklung jedenfalls sehr sehr gut.
  • Selbst wenn ein Arm oder Bein steif oder verkrampft neben ihr liegt, kann auch ich mit viel Zureden und sanfter Mobilisierung eine Verlagerung schaffen, so z.B. ihre HĂ€nde dauerhaft auf dem Bauch ablegen, ohne dass diese gleich wieder neben den Körper herunterrutschen.

Zudem interpretiere ich manche Dinge fĂŒr mich, als wĂŒrde Stephanie schon etwas bewusst mitbekommen und irgendwie darauf reagieren wollen. Ihre Herzfrequenz, eine leichte Mimik und das Aufschlagen der Augen gehen meist mit irgendwelchen direkten EinflĂŒssen einher, als wenn sie ihre Umgebung wohl doch schon irgendwie wahrnehmen könnte:

  • Wenn ich zu Anfang meiner Besuchszeit in den Vorraum komme und mich umziehe (Kittel anziehen, HĂ€nde desinfizieren), fĂŒhrt bei ihr entweder Vorfreude oder Entsetzen (wer weiß das schon so genau) zu einem leichten Anstieg der Herzfrequenz, ohne dass ich sie ĂŒberhaupt berĂŒhrt oder sie schon angesprochen habe.
  • Bei meinem WohlfĂŒhlprogramm mit Vorlesen, Massieren, Eincremen und „BetĂŒdeln“ sinkt die Herzfrequenz in der Regel sehr schnell … bis hin zum entspannten Eindösen beim Vorlesen aus dem Metorologiebuch „Wetter macht Liebe“.
  • Wenn ich die mir zugeschickten Sprachnachrichten abspiele, reagiert sie auf manche Personen irgendwie gelassener (insbesondere auf MĂ€nnerstimmen, wie die von Carsten, Karl & Uwe) oder scheint noch gespannter zuhören zu wollen, um am Ende ja nichts zu verpassen.
  • Ich glaube sogar, dass sie minimal auf gesprochene Inhalte reagiert, z.B. als Andrea und Karl das letzte Kapitel ihres Vorlesens angekĂŒndigt haben, meine ich eine gewisse EnttĂ€uschung in ihrer Mimik entdeckt zu haben.

Ab morgen ist Stephanies Therapieplan erneut gut gefĂŒllt, denn nach den Feiertagen sind endlich auch wieder alle Gewerke vor Ort. Somit ist sie mit zahlreichen Übungen fĂŒr die verschiedenen Sinne ĂŒber den Tag verteilt beschĂ€ftigt und sie hat vielleicht auch wieder etwas weniger Zeit zum Langweilen. Aber da auch wir ab Montag unseren Arbeitgebern zur VerfĂŒgung stehen mĂŒssen, werden wir unser Kind jetzt wieder erst am Abend besuchen können. Die arbeitsfreien Tage nutzten wir nĂ€mlich in der Regel fĂŒr eine Besuchszeit ĂŒber den Mittag bzw. den Nachmittag, denn da war Stephanie noch nicht ganz so schlĂ€frig – man sieht, die therapeutische Umstellung auf Tag- und Nachtzeiten scheint schon zu funktionieren. Ich bin allerdings schon jetzt sehr gespannt, ob sie dann immer noch genug Kraft und Aufmerksamkeit fĂŒr mich ĂŒbrig hat    đŸ˜‰



2020 27.
Dez

Wir hoffen, ihr hattet eine genauso ruhige und schöne Weihnachtszeit wie wir. Zwar konnten uns die Kinder nicht besuchen (Andrea wĂ€re aus Österreich nicht ohne 14-tĂ€gige QuarantĂ€ne raus und wieder rein gekommen) und andere Verwandte haben wir nicht in Deutschland. Dennoch hatten wir mit meiner Arbeitskollegin Stina vom 24. bis zum 26. unseren ersten Übernachtungsgast in der Residencia OLCA, der damit auch endlich mal das neue Besucherbett bzw. -zimmer einweihen konnte. 

UrsprĂŒnglich kommt sie aus Frankreich und hat durch ihre Eltern komorische Wurzeln … zur Info: die Inselgruppe der Komoren liegt zwischen Ostafrika bzw. Mosambik und Madagaskar. Stina lebt zwar schon seit mehreren Jahren in Deutschland und seit Anfang 2020 in Hamburg, aber wie wollten ihr ĂŒber die Weihnachtstage noch so manchen kulturellen Einfluss in praktischer AusfĂŒhrung nĂ€her bringen. So unter anderem den deutschen Weihnachtsfilm „Drei HaselnĂŒsse fĂŒr Aschenbrödel“, den ungeschlagenen Weihnachtsfilm der OLCAs „Stirb langsam“, lecker Kartoffelsalat mit WĂŒrstchen zu Heiligabend, Ente mit KlĂ¶ĂŸe & Rotkohl am 1. Weihnachtstag, Dresdner Christstollen, das Zelebrieren des stundenlangen Geschenkeauspackens bei den OLCAs und die ganzjĂ€hrig fĂŒr nahezu jeden Deutschen liebste Fleischvariante auf Brötchen namens Mett bzw. Hackepeter sowie den durchaus gewöhnungsbedĂŒrftigen Brotaufstrich Griebenschmalz. Die Zeit zu Dritt verging mit Kochen, Probieren, Essen, Quatschen und einem kulturellen Austausch in Deutsch, Russisch, Englisch und Französisch ĂŒber das Leben in Deutschland, der Ukraine, in Frankreich und auf den Komoren wie im Flug – es bleibt fĂŒr uns neben unserem Umzug in den Norden und die tolle Wohnung in Wentorf als ein weiteres Highlight im eigentlich durch Corona sehr gebrandmarkten Jahr 2020 haften.

NatĂŒrlich bekam Stephanie auch diese Woche jeden Tag ihren einstĂŒndigen Besuch von mir (Carsten wartete derweil draußen im Auto oder ging mit Stina durch den angrenzenden Wald spazieren), aber wĂ€hrend der Weihnachtszeit wird eben auch in einer Rehaklinik das tĂ€gliche Gewusel auf ein Minimum heruntergefahren. Demnach wurde wenig Neues ausprobiert und auch fĂŒr GesprĂ€che mit dem reduzierten Pflege- und Ärztepersonal sowie mit den Therapeuten traf ich eben nicht immer jemanden an. Deshalb gibt es eben nur wenig von unserer Kleinen zu berichten, aber trotzdem waren durchaus sehr schöne Neuigkeiten mit dabei:

  • Sie hat immer wieder mal in meinem Beisein die Augen aufgemacht und auch das Ärzte- und Pflegepersonal melden, dass es jetzt hĂ€ufiger passiert.
  • Die Medikamente Clonidin und Frisium (beides Epilepsiemittel) sind nun vollstĂ€ndig abgesetzt und Valproat (ebenfalls ein Antikonvulsivum) wird weiterhin schrittweise schnellstmöglich minimiert. Doch aufgrund der damit reduzierten Dosierungen muss sich Stephanies Kreislauf wohl erst einmal wieder etwas besser einschwingen, denn sie braucht z.B. beim Entblocken jetzt schon nach 20 min statt der vorher möglichen 30 min eine Verschnaufpause.
  • Der bislang per Spritze verabreichte BlutverdĂŒnner wurde nun gegen eine Zugabe ĂŒber die Sonde getauscht, damit sich endlich auch mal die durch die Einstichstellen verursachten blauen Flecken an ihren Oberschenkel endlich verblassen können.
  • Aus den 11 Stunden Feuchte Nase sind jetzt schon tĂ€glich 12 Stunden geworden.
  • Mein Vorlesen aus euren Zusendungen, ErinnerungsbĂŒchern und Briefen sowie aus Stephanies Gute-Nacht-Geschichten-Meteorologie-Buch und das Abspielen von Sprachdateien der Familie haben weiterhin eine sehr beruhigende Wirkung auf sie und senken die Herzfrequenz immer wieder schnell runter auf ca. 50 pro Minute.
  • Anfang dieser Woche ist ihr neuer Rollstuhl geliefert, angepasst und ĂŒbergeben worden – er wird aber vorerst weiterhin nur zum aufrechten Sitzen genommen und ist eben noch nicht fĂŒr Ausflugsfahrten geplant:

Jetzt in der Weihnachtswoche ist dieses GefĂ€hrt vorerst noch eher ein schmĂŒckendes Utensil in ihrem Zimmer, denn man braucht immerhin ein paar Leute, um Stephanie vom Bett auf ihren „Thron“ zu hieven. Aber so wie ich heute aus dem Therapieplan fĂŒr Montag deuten konnte, wird er morgen sicherlich schon wieder genutzt.

Es gibt noch eine weitere, kleine VerĂ€nderung: Stephanie ist jetzt nicht mehr auf die einfachen Nachthemden aus dem Krankenhaus angewiesen, denn sie darf jetzt schon eigene T-Shirts tragen. Diese mĂŒssen zwar noch auf dem RĂŒcken aufgeschnitten werden, damit das An- und Ausziehen einfacher ist, aber es ist zumindest schon mal ein etwas weicherer Stoff und dazu sicherlich auch noch ein vertrauteres GefĂŒhl auf der Haut. Übrigens, fĂŒr das Sitzen im Rollstuhl hat man ein paar T-Shirts heil gelassen, damit sie nicht mit dem nackten RĂŒcken auf der kalten Lehne landet. Ihr seht, man bewegt sich auch hier wieder mit kleinen Schritten in Richtung eines normalen, gewöhnlichen Lebens.

Wie schon gesagt, in der Feiertagszeit hat also auch Stephanie eine kleine Verschnaufpause. Jetzt kann sie das, was sie bislang erreicht hat, weiter verfestigen und fĂŒr sich mehr ausbauen. Denn schon bald folgen bei ihr wieder Tage, die mit vielen Therapien und Terminen, weiteren Umstellungen der Medikation und ganz viel Arbeit auf ihrem Weg zum Alltag, welcher fĂŒr die meisten von uns so normal und selbstverstĂ€ndlich ist, gespickt sind. Aber so wie wir sie alle kennen, wird sie auf diesem Pfad bleiben, denn sie möchte ganz gewiss ihre EigenstĂ€ndigkeit wieder haben. Und wir alle hoffen natĂŒrlich, dass wir das nĂ€chste Weihnachtsfest nicht nur mit einem lieben Gast, sondern dazu noch wieder mit unseren beiden MĂ€dels feiern können    đŸ˜‰



2020 01.
Nov

Da schrieb ich letzte Woche noch „Dennoch freue ich mich wie Bolle, dass meinem bzw. unserem tĂ€glichen Besuch bei ihr nichts mehr im Weg steht. So haben wir immer die Chance, auch die kleinsten VerĂ€nderungen mit eigenen Augen zu sehen und diese dann aus eigener Erfahrung mit euch zu teilen.“ und dann gestern schon wieder der nĂ€chste DĂ€mpfer. Eine anscheinend neue Schwester war nicht damit einverstanden, dass wir zu zweit an Stephanies Bett stehen … 1 Person pro Tag fĂŒr 1 Stunde. Auch, dass wir das fast schon seit 4 Wochen dĂŒrfen, konnte sie nicht ĂŒberzeugen. Die telefonisch herbeigerufene, am Wochenende diensthabende Ärztin ließ das ebenfalls nicht gelten. Mal sehen, was wir nun am Montag mit der uns bekannten Pflegertruppe und der StationsĂ€rztin klĂ€ren können: Persilschein oder Einzelbesuche. DrĂŒckt uns bitte die Daumen, dass wir weiterhin im allseits bekannten OLCA-Doppelpack zum Kind dĂŒrfen …

Und wenn ihr schon beim DaumendrĂŒcken seit, dann auch gleich fĂŒr die noch unbekannten Maßnahmen des Krankenhauses aufgrund des baldigen, bundesweiten „Lockdown light 2.0“ und vor allem natĂŒrlich weiterhin fĂŒr Stephanies Weg zur Genesung.

Es bleibt bei den Schrittchen:

  • Die intravenöse Verabreichung der Medikamente Clonidin (Sedativum), Midazolam (Antiepileptikum) und Morphin (Schmerzmittel) wird weiterhin reduziert, allerdings noch nicht ganz (wie wir dachten) abgesetzt, sondern auf anderem Wege (via Sonde) mit weniger Nebenwirkungen zugegeben. Ebenso sind da derzeit noch die Medikationen von Pipamperon (Neuroleptika) und Heparin (BlutverdĂŒnner) sowie bald eventuell eine Baklofen-Pumpe (gegen Spastik). Puh, was fĂŒr eine Menge!!!
  • Kleine NebenschauplĂ€tze treten bei ihr immer wieder mal auf, können aber auch erfolgreich eingedĂ€mmt oder beseitigt werden, wie z.B. entzĂŒndungsbedingtes Fieber oder reibungsbedingter Hautausschlag.
  • Die Eigenatmung wird immer besser, aber noch kann sie nicht vom BeatmungsgerĂ€t bzw. vom Tracheostoma befreit werden. Doch es werden stĂ€ndig verschiedene Programme ausprobiert, auf die sie wohl auch ganz gut reagiert.
  • Ihre Bewegungen scheinen weiterhin noch nicht bewusst gesteuert und wenn sie die Augen öffnet, was wohl immer öfters der Fall ist, findet leider keine Fokussierung oder bewusste Reaktion statt.
  • Im dauerhaft ruhigen Zustand kann man sie auch mal im sogenannten Sitzbett positionieren.
  • Die LogopĂ€den wenden die Therapie des Facio-Oralen Trakts (F.O.T.T.) an, was ebenfalls schon erste Erfolge nach sich zieht, z.B. erste Anzeichen zum Schluckreflex.
  • Die Ergotherapeuten arbeiten bereits mit dem zeitweiligen Einsatz von Armschienen und als man zudem einmal die rechte Hand zur Nase fĂŒhrte, hat Stephanie wohl sehr positiv darauf reagiert.
  • Im sogenannten Waschbett durfte sie einmal fĂŒr ca. 1 Std. unter der Dusche und hat laut Pfleger ganz toll mitgemacht 
 alleine das Waschen und Pflegen der Haare haben ihn aber schon fast 40 min beschĂ€ftigt.

Es ist schwer nachvollziehbar, dass sich Stephanie heute schon seit insgesamt 67 Tagen in diesem Zustand befindet und wir auch schon seit 27 Tagen vornehmlich am Nachmittag/Abend tĂ€glich in die Rehaklinik fahren. Aber es unterstreicht erneut, wie viel Geduld und auch Zeit wir alle noch aufbringen mĂŒssen, bis es zu einer KlĂ€rung und vor allem Verbesserung ihrer Situation kommt. Da werden wohl noch so einige DaumenkrĂ€mpfe bei uns ausgestanden werden mĂŒssen, denn das DrĂŒcken ist noch lange nicht vorbei …

Unsere Kleine bringt uns jetzt ganz stark bei, sich wieder mehr ĂŒber Kleinigkeiten zu freuen und auch sehr viel geduldiger zu sein. Ich glaube zwar nicht, dass dies ihr Plan war, aber das ist inzwischen zu unserer alltĂ€glichen RealitĂ€t geworden. Ich verbringe nebenbei auch etwas Zeit damit, mich mit fĂŒr Laien verstĂ€ndlich gemachter Fachliteratur zu befassen, denn es gibt wahrlich nicht allzu viel Lesbares zu diesem Thema. Um so glĂŒcklicher sind wir, dass das Gros des medizinischen Personals dieser Klinik nach wie vor einiges an Zeit fĂŒr uns aufbringt, um uns ihr Tun und Handeln nicht nur aufzuzĂ€hlen, sondern auch verstĂ€ndlich zu erklĂ€ren. Bei der LogopĂ€die durfte Carsten sogar im wahrsten Sinne des Wortes fĂŒr ein paar kurze Momente selbst Hand anlegen, als es darum ging, der Therapeutin zu helfen, die Beißschiene herauszunehmen. Andernfalls hĂ€tte sie eine Kollegin herbeirufen mĂŒssen. Ich wiederum habe wĂ€hrenddessen gut auf unser Kind eingeredet    🙂    und sie zum Mitmachen aufgefordert.

Wir reden bei unseren Besuchen sowieso sehr viel mit ihr und ich hoffe, dass der Klang unserer Stimmen am Ende eine positive Wirkung auf sie haben wird. Manchmal vermittelt sie uns irgendwie diesen Eindruck (oder wir glauben es zu merken), aber an anderen Tagen ist sie wohl mehr mit sich selbst beschĂ€ftigt und hört offensichtlich gar nicht zu – was dieses Verhalten angeht, Ă€ndern sich Kinder wohl nie    😉



2020 25.
Okt

Von gestern Vormittag bis heute Morgen kam ich immer wieder stark ins GrĂŒbeln, wann ich bzw. wir Stephanie das nĂ€chste Mal besuchen können … gestern mussten wir nĂ€mlich coronabedingt pausieren. Ich erhielt am Samstagmorgen einen Anruf von der Firma, dass einer meiner Kollegen, mit dem ich am Mittwoch noch gemeinsam in einer ganztĂ€gigen Schulung gesessen habe, nun positiv auf Corona getestet wurde. Damit gehörte auch ich folglich zum Kreis der GefĂ€hrdeten aus seinem Umfeld und sollte mich ebenfalls schnellstmöglich testen lassen. Zwar hatten Carsten oder ich keinerlei Symptome, sind auch ansonsten immer recht vorbildliche MaskentrĂ€ger und treffen uns nicht mit vielen Leuten, aber das Risiko wollten wir nicht eingehen, eventuell etwas an Stephanie oder ihre Krankenstation weiterzugeben. Also wurde aus der geplanten Fahrt ins Krankenhaus kurzerhand eine Fahrt zum Testzentrum am Hamburger Flughafen und wir mussten bis heute Vormittag auf das Ergebnis warten: negativ! Mann, da fiel mir/uns aber ein Stein vom Herzen.

NatĂŒrlich habe ich mir immer wieder in allen Farben ausgemalt, wie es denn wĂ€re, wenn ich und somit auch Carsten positiv getestet werden wĂŒrden:

  • 14 Tage QuarantĂ€ne in den eigenen vier WĂ€nden … das wĂ€re natĂŒrlich machbar
  • 14 Tage lang keinen Besuch bei Stephanie … das wĂ€re die grĂ¶ĂŸte Qual fĂŒr uns!!!
  • alle nötigen (Lebensmittel-)EinkĂ€ufe erledigen … Dank Internet sicherlich ohne Probleme möglich
  • unsere Kontakte der letzten Tage informieren … sind nur wenige, aber dennoch eine blöde Situation
  • Arbeiten … kein Problem, da wir eh komplett auf Homeoffice eingestellt sind

Aber egal, nach der heutigen Entwarnung freuen wir uns umso mehr auf den baldigen Sonntagsbesuch bei Stephanie. Und die nĂ€chste Zeit wollen wir das auf keinen Fall mehr gefĂ€hrden und versuchen demnach, nun unsere Arbeit komplett auf HomeOffice umzustellen. Dann hocken wir jetzt eben fĂŒr ein paar Wochen oder gar Monate 24/7 ganz eng aufeinander – piece of cake!

So viel zu mir bzw. uns … und wie verlief die Woche bei Stephanie? Sehr positiv – aus Minimalschrittchensicht natĂŒrlich. Sie schlĂ€ft sehr viel (die Sedierung wirkt ja immer noch) und wenn sie wach ist, ist sie auch mal sehr unruhig mit ihren Armen, Beinen und dem Kopf.

Einerseits kann es an den Entzugserscheinungen liegen, denn das Ketamin ist ja erst letzte Woche komplett abgesetzt worden und in dieser Woche wurden das Morphin um 0,5 ml/h (von 2,5 auf 2,0) und das Clonidin um 0,6 ml/h (von 2,0 auf 1,4) minimiert – immerhin steht sie schon seit 8 Wochen unter intravenös verabreichter Dauermedikation. Andererseits könnte es natĂŒrlich auch mit der HirnschĂ€digung zusammenhĂ€ngen. Diese Woche wurde deshalb noch einmal ein EEG bei ihr gemacht, welches aber u.U. noch nicht voll aussagekrĂ€ftig ist … es zeigt zwar leichte epileptische AktivitĂ€ten, aber Epilepsie möchte man dennoch gerne ausschließen. Doch solange ihr noch das Antiepileptikum Midazolam verabreicht wird, kann man dies leider nicht hundertprozentig sagen.

Sie macht nun auch schon immer öfter mal die Augen auf, aber irgendwie ohne gesteuerte Reaktion oder einen Versuch des Fokussierens. Vielleicht hat sie dafĂŒr aber einfach nur noch nicht genĂŒgend Eigenkontrolle und ist durch die Medikamente noch zu stark sediert. Abwarten heißt die Devise eben an allen Ecken und Enden …

Ach ja, auch die Antibiose (Behandlung mit Antibiotika) ist in dieser Woche beendet worden, denn derzeit ist sie wohl frei von irgendwelchen EntzĂŒndungen und auch ihre ĂŒbrigen Werte sind in Ordnung.

Zum Schluss noch etwas aus der Kategorie „auch Pflegepersonal mag es witzig“ … wir haben das Licht des Pulsoximeters am Finger immer so interpretiert:

Diese Woche hatte sie diesen aber auch mal um den Zeh gewickelt und gleich in Kombination mit ihrem geliebten Donutkissen wie folgt drapiert bekommen:

Es zauberte ein sehr breites LÀcheln auf Carsten und mein Gesicht, als wir das Zimmer im Halbdunkeln (wir können sie i.d.R. ja immer erst nach unserer Arbeit zwischen 18 Uhr und 19 Uhr besuchen) betreten haben.

Wir sind nach wie vor sehr von der Arbeit des Stationspersonals angetan. Das war gestern auf jeden Fall das grĂ¶ĂŸte Trostpflaster fĂŒr mich. Als Mama fĂŒhle ich, dass mein Kind dort in guten HĂ€nden ist und dass man sich um sie mit viel Wissen, viel Erfahrung und auch sehr viel VerstĂ€ndnis und Geduld umsorgt.

Dennoch freue ich mich wie Bolle, dass meinem bzw. unserem tÀglichen Besuch bei ihr nichts mehr im Weg steht. So haben wir immer die Chance, auch die kleinsten VerÀnderungen mit eigenen Augen zu sehen und diese dann aus eigener Erfahrung mit euch zu teilen.



2020 25.
Sep

Schon lange vor Stephanies Vorfall mussten Carsten und ich unsere Jahresurlaubstage in die letzten vier bzw. sechs Monate diesen Jahres quetschen – vor dem Ablauf unserer Probezeit (Carsten Ende Juni, bei mir Ende August) konnten wir bzw. wollten wir ja nichts einreichen. Also haben wir uns unter anderem fĂŒr zwei Wochen um Carstens Geburtstag im September und ebenfalls zwei Wochen um meinen im November entschieden. Dann passierte das mit Stephanie …

Einiges, was wir uns schon seit Monaten fĂŒr diese freien Tage vorgenommen haben, wurde dadurch kurzerhand einfach nicht mehr möglich. Denn so war z.B. angedacht, dass uns die Kleine zusammen mit ihrem Freund fĂŒr ein paar Tage besucht (es wĂ€re ihr erstes Mal in unserer neuen Wohnung gewesen) und auch, dass Carsten und ich mal mit dem Auto einen Abstecher zur Großen nach Österreich machen. 

Nun haben wir jetzt schon seit einer Woche Urlaub und Stephanie liegt noch immer in der CharitĂ© in Berlin. FĂŒr uns kommt aber ein lĂ€ngerer Aufenthalt in der Hauptstadt nicht in Frage, da man pro Tag nur 1 Stunde auf der Intensivstation besuchen darf und die restliche Zeit verbringt man wahrscheinlich nur noch grĂŒbelnd und verzweifelt im Hotelzimmer oder anderswo. Also machten wir eben so weiter, wie wir es schon wĂ€hrend des Arbeitsalltags aufgeteilt hatten: in der Woche sind wir zuhause in Wentorf und am Wochenende fahren wir ans Krankenbett. Ich habe meinen Arbeitskolleginnen Ă¶fters schon gesagt, dass ich trotz der traurigen Lage nach wie vor wirklich sehr gern zur Arbeit komme, da man sich dadurch irgendwie fĂŒr einige Stunden besser dem ewigen Gedankenkreislauf ĂŒber die aktuelle Situation entziehen kann. Die jetzige Freizeit den ganzen Tag nur in der Wohnung zu vertĂ€ndeln, geht auf Dauer gar nicht, weshalb wir uns spontan fĂŒr ein paar Ganztagstouren in der Umgebung entschieden haben – noch einmal das spĂ€te Sommerwetter genießen, etwas Neues sehen, Kraft tanken und mal wieder versuchen abzuschalten, auch wenn die Gedanken eigentlich doch nur immer wieder bei unserer Kleinen landen.

Am Montag  sah es zudem noch so aus, dass Stephanie am Donnerstag (also gestern) in die Reha verlegt werden wĂŒrde. Der Tag versprach herrlich spĂ€tsommerlich zu werden und nun wollten wir das tun, was uns eigentlich den ganzen Sommer verwehrt blieb: an die Ostsee zu fahren. Coronabedingt verbrachten natĂŒrlich bedeutend mehr Leute ihren Urlaub an den hiesigen StrĂ€nden statt im Ausland. Am Ende leider so viele, dass an jedem nicht komplett verregneten Wochenende in der Ferienzeit die Radiosender einstimmig beschwörten, den StrĂ€nden als Tagesbesucher lieber fernzubleiben. Vor Ort wĂŒrde man ggf. sogar abgewiesen werden, da die Ostseeorte samt KĂŒstenstreifen ĂŒberfĂŒllt seien und die AbstĂ€nde nicht mehr eingehalten werden könnten. Mitte September war das jetzt nicht mehr von Bedeutung und wir wollten endlich dahin. Das Lied „Tag am Meer“ der Fanta 4 gehört mit zu unseren Lieblingsliedern und es dudelte immer wieder in unseren Köpfen herum, als wir uns die Meeresbrise um die Nase wehen ließen:

Nach etwa einer Stunde Fahrzeit waren wir schon in Grömitz und liefen auf dem Strand bis zum Ende und ĂŒber die Promenade zurĂŒck zum Parkplatz am Yachthafen. Danach blieb sogar noch Zeit fĂŒr einen Abstecher nach Dahme. An beiden Orten schlenderten wir barfuß an der Wasserkante entlang …

… beobachteten das lustige und muntere Treiben der Menschen und ihrer geliebten Vierbeiner am jeweiligen Hundestrand …

… testeten diverse Fischbrötchen, gönnten uns ein Eis, ließen den Blick immer wieder ĂŒber das Wasser und den Sand schweifen, um nach Booten sowie Muscheln und Krebsen Ausschau zu halten, und machten wie ĂŒblich auch die Fotos fĂŒr meine Sammlung „FĂŒĂŸe-im-Wasser“ – eben ganz ein Sommertag wie man sich ihn wĂŒnscht!

Das derzeit schöne Wetter fĂŒr den Norden sollte nur noch bis Donnerstag bleiben, denn danach rechnete man fest mit einem Umschwung ins nasskalte und ungemĂŒtliche Herbstwetter. Also entschieden wir uns, diesen Dienstag erneut einen Strandtag einzulegen, diesmal allerdings in der anderen Richtung: es ging an die Nordsee nach Sankt Peter-Ording. Die dortige Strandbreite und -lĂ€nge hat uns ĂŒberwĂ€ltigt … einfach nur riesig!

Das Gros des Strandes blieb bislang aufgrund der Auswirkungen durch Ebbe und Flut (Stichwort: Watt) relativ unverbaut, was am Ende allerdings natĂŒrlich auch sehr viel weniger Infrastruktur bedeutet, wie z.B. Strandpromenaden, GeschĂ€ften, Imbissen oder WCs. Das war fĂŒr uns allerdings kein Problem    đŸ™‚

Aber selbst ohne großes Sightseeing haben wir einen etwa vier Stunden langen Spaziergang gemacht, konnten nebenbei ist auch hier ein Foto fĂŒr meine „FĂŒĂŸe-im-Wasser“ schießen und dazu kamen sogar noch ein kleines Heini-Fotoshooting:

Hunde und ihre Menschen sorgten auch hier fĂŒr jede Menge zusĂ€tzlichen Unterhaltungswert:

Nach diesem Spaziergang gönnten wir uns einen Imbiss an einem Campingplatz – natĂŒrlich gab es auch diesmal wieder frischen Fisch als Mahlzeit, denn schließlich sind wir hier im Norden und an der KĂŒste. Die RĂŒckfahrt nach Hause beanspruchte dann allerdings sehr viel mehr Zeit als die Hinfahrt, denn wir standen mehr als eine Stunde auf der A7 im Stau … nur 200 m vor unserer Ausfahrt entfernt! WĂ€hrend dieser Vollsperrung hat man, wie wir spĂ€ter erfahren haben, eine BombenentschĂ€rfung sĂŒdlich von Hamburg durchgefĂŒhrt.

Am Abend erfuhren wir dann noch bei unserem tĂ€glichen Anruf im Krankenhaus, dass durch die verĂ€nderten Planungen bei Stephanies Behandlung und medizinischen Eingriffen, ihr Transport in die Rehaklinik nach Schleswig-Holstein von Donnerstag auf den kommenden Montag verschoben wurde. Schade, denn unsere anvisierten AusflĂŒge am Montag, Dienstag und Mittwoch sowie der Wetterumschwung ab Donnerstag hĂ€tten so gut zusammengepasst und wir wĂ€ren um eine weitere Fahrt von immerhin 270 km bzw. mindestens 3 Stunden pro Weg durch grĂ¶ĂŸtenteils gĂ€hnendlangweilige Autobahnkilometer in Schleswig-Holstein und Brandenburg herum gekommen. Egal, damit steht der Ablauf des kommenden Wochenendes nun fest. Wenn wir seit dem 26.8. eines gelernt haben, dann, dass derzeit eine langfristige und weitsichtige Planung einfach nicht drin ist. Es kann sich eben tĂ€glich etwas Ă€ndern und verschieben, aber gleichzeitig muss man sehr viel Geduld, Ruhe und Ausdauer mitbringen. Aus Tagen werden Wochen, aus Wochen werden Monate …

Aber zurĂŒck zu unseren ablenkenden FreizeitaktivitĂ€ten. Am Mittwoch wollte mein Mann verstĂ€ndlicherweise nicht mehr am Steuer sitzen und daher entschieden wir uns fĂŒr einen Spaziergang entlang der Elbe in Hamburg. Da Carsten meinte, dass er mit seinem Jobticket seit September auch innerhalb der Woche und nicht nur am Wochenende eine Person kostenfrei mitnehmen darf (Benefit statt coronabedingter Erstattung wĂ€hrend HomeOffice), lag es auf der Hand, dass wir uns auf eine Fahrt mit den Öffis entschieden haben. Ich hĂ€tte mich doch lieber fĂŒr eine eigene Fahrkarte entscheiden sollen, denn zum ersten Mal wurden wir in der S-Bahn kontrolliert. Dabei wurden wir davon in Kenntnis gesetzt, dass diese Sonderregelung erst ab 11 Uhr gilt – ergo bin ich jetzt als Schwarzfahrerin erfasst und muss zudem auch noch 60 Euro bezahlen. Carsten hat beim Lesen der Intranetmeldung bzgl. Jobticket die In-der-Woche-Nutzung etwas falsch gedeutet und wir waren jetzt eben leider eine Stunde zu frĂŒh unterwegs – blöd, blöd, blöd …
Das Geld schmerzt mich weniger, aber diese Peinlichkeit im Zug wĂ€hrend der Erfassung meiner Daten wurmt mich schon. Doch wir ließen uns dadurch nicht gleich den gesamten Tag verderben und liefen wie geplant die ca. 13 km von Hamburg-Blankenese bis zu den LandungsbrĂŒcken in St. Pauli. ZunĂ€chst ging es ĂŒber die Strandtreppe durch das berĂŒhmte Treppenviertel bis an die Elbe runter …

… dann immer entlang des Flußes, vorbei an den Airbus-Werken …

.. durch etliche zum Teil schon stark nach Herbst riechende Alleen …

… am Sandstrand von Övelgönne (mitsamt des Findlings „Alter Schwede“) vorbei:

In Övelgönne selbst mussten wir den bis hier sehr natĂŒrlich Teil der Wegstrecke verlassen und wechselten nach dem dortigen Museumshafen auf die Kaimauer mit all seinen Bebauungen fĂŒr Schiffsanleger, BĂŒrokomplexen und Apartments. Die letzten Kilometer fĂŒhrten uns noch ĂŒber den St. Pauli Fischmarkt bis zum geplanten Ziel, der U-Bahnstation an den LandungsbrĂŒcken. Danach gab es fĂŒr mich nur noch den einen Wunsch, schnellstmöglich mit Bus und Bahn nach Hause zu fahren und endlich die FĂŒĂŸe hochlegen zu können!

Gestern und heute sind wir mal zu Hause geblieben, denn mittlerweile gibt es hier auch wieder eine recht beachtliche To-Do-Liste, die mal abgearbeitet werden musste. GlĂŒcklicherweise blieb zudem noch genug Zeit fĂŒr mich zum Lesen sowie fĂŒr uns Zeit am Rechner und die eine oder die andere Doku im TV.

Nun steht das Wochenende vor der TĂŒr und gleich werden noch ein paar Besorgungen und EinkĂ€ufe erledigt, z.B. auch fĂŒr die nĂ€chste Fahrt nach Berlin. Wir hoffen so sehr, dass dies jetzt endlich unser letzter Besuch von Stephanie in der CharitĂ© wird und sie bald in unserer NĂ€he ist! DrĂŒckt bitte die Daumen, dass sie am Montag endlich in die Reha kommt! Vielen lieben Dank …

Was wir jetzt noch mit unserer zweiten Urlaubswoche anstellen, wissen wir noch nicht so genau. Es ist sehr untypisch fĂŒr uns, aber derzeit ist Planen einfach nicht drin. Es wird vermutlich eine Mischung aus Organisation rund um Stephanie werden und vielleicht der einen oder der anderen kleinen Tour in die Umgebung. Mal sehen, wie das Wetter dabei mitspielt.



2020 19.
Sep

Diesmal hat meine Schreibabstinenz einen ziemlich bewegenden und sehr emotionalen Grund. Ein ganz schwieriges Thema … wie fĂ€ngt man am besten an ?

Zuerst eine Kurzform: Unsere Stephanie liegt seit dem 26. August im Krankenhaus CharitĂ© in Berlin und ist bis heute leider nicht in einen ansprechbaren bzw. kommunikativen Zustand zurĂŒckgekehrt. Es hat mit einem kĂŒnstlichen Koma angefangen und sie scheint jetzt hoffentlich in einer Art Wachkoma zu liegen … genaueres weiß man allerdings noch nicht.

Wir haben tagelang auf die erlösende Nachricht gewartet, aber aus einer Woche (danach wollte man die Aufwachphase einleiten) sind mittlerweile fast 4 Wochen geworden. Und um nun die besorgten, freundlichen, lieb und nett gemeinten Nachfragen von Freunden, Bekannten und Kollegen an uns, an unsere Familie und vor allem an ihren Freund etwas einzudĂ€mmen, möchten wir hier auf diesem Blog die Möglichkeit nutzen, ĂŒber ihren Zustand, ihre Entwicklung und vor allem ĂŒber ihre RĂŒckkehr ins tĂ€gliche Leben zu berichten … was allerdings mitunter noch Wochen und Monate dauern kann und vermutlich nicht nur aus Fortschritten bestehen wird. Also bitte bitte weniger direkt bei uns nachfragen und dafĂŒr öfter einfach mal hier reinschauen – die Situation ist fĂŒr uns und allen Beteiligten aus dem engerem Familienkreis momentan bereits schwer genug. Wir mĂŒssen jetzt unsere Zeit, Energie und Kraft weniger fĂŒr Nachfragen, sondern mehr fĂŒr das BewĂ€ltigen der Situation und vor allem fĂŒr unsere Kleine aufwenden. WĂ€re das OK fĂŒr euch ?

Dann will ich mal einen Versuch starten, die letzten 24 Tage hoffentlich verstÀndlich und nachvollziehbar zusammenzufassen:

Stephanie ist an besagtem Mittwochmorgen im August aufgrund einer Lungenembolie zusammengesackt und musste vor Ort sowie im Krankenwagen dreimal reanimiert werden. Vorangegangen ist wohl eine Thrombose im Bein (vielleicht durch die SportuntĂ€tigkeit aufgrund der Coronamaßnahmen seit MĂ€rz?), wobei sich der Thrombus dann irgendwie gelöst hat (wir vermuten durch ihren Start eines Kurses im Fitnessstudio am vorherigen Montag) und durch das Herz bis in die Lunge gelangte, in der er sich dann letztendlich wieder festgesetzt hat. Dies fĂŒhrte am Dienstagabend zu Kreislaufproblemen und dann am nĂ€chsten Morgen, als sie eigentlich zum Hausarzt gebracht werden sollte, zu einem Kreislaufzusammenbruch mit Atemstillstand. Wir können wirklich von einem unglaublichen GlĂŒck sprechen, dass sie zu dieser Zeit ihren Freund Fabian an ihrer Seite hatte und er sehr schnell reagiert hat, indem er umgehend den Rettungsdienst anrief.

Bis zur Erstbehandlung durch den Notarzt erlitt sie ca. 10-15 Minuten lang eine Sauerstoffunterversorgung des Körpers, dabei litt insbesondere das Gehirn. Im Krankenhaus versetzte man sie deshalb sofort in ein kĂŒnstliches Koma und die Körpertemperatur wurde auf ca. 33 Grad reduziert, um ihr Gehirn vor weiteren SchĂ€den zu bewahren. Damit sollen heutzutage alle Körperfunktionen auf ein Minimum reduziert werden, um mittels Abregulierung des Energiehaushaltes grĂ¶ĂŸere SchĂ€den am Gehirn zu minimieren – ich hoffe, ich drĂŒcke mich medizinisch auch korrekt aus. Bitte seht es mir nach, sollte ich irgendwie etwas falsch verstanden und somit hier wiedergegeben haben …

Jedenfalls steht es derzeit aufgrund der erlittenen Hypoxie schlecht um ihren Allgemeinzustand und man kann bis heute noch nicht genau feststellen, welche HirnschĂ€digung sie am Ende davontragen wird. Die bisher durchgefĂŒhrten Untersuchungen zeigen auf jeden Fall abgestorbene Hirnregionen (CT, MRT), aber andere Tests machen auch Hoffnung, dass sie wieder zu Bewusstsein kommen wird und halbwegs gesund werden und hoffentlich auch ein eigenstĂ€ndiges Leben in absehbarer Zukunft fĂŒhren kann. Sie reagiert in den letzten Tagen, nachdem die Sedativa (die wie eine Narkose wirken) abgesetzt wurden, auf GerĂ€usche sowie ihren Namen und schlĂ€gt dabei die Augen auf … sie fokussiert aber nichts, ihr Blick wandert lediglich umher. Mechanische Reize am Körper kommen definitiv in der Hirnrinde an und auch spezielle Blutwerte (sogenannte NSE-Werte bzw. Marker) zeigen immer noch genĂŒgend KapazitĂ€ten, die irreparable SchĂ€den in Hirnregionen mal kompensieren könnten. Unklar ist derzeit allerdings, welche Steuerungszentren letztendlich genau betroffen sein könnten: Sprache, Bewegung, Erinnerung, Intelligenz oder ein Mix aus allem. Dies wird erst eine mehrwöchige bzw. mehrmonatige Reha zeigen mĂŒssen.

Hierzu habe ich jetzt, als die von einem Amtsgericht bestimmte BevollmĂ€chtigte (mit 24 ist sie eben nicht mehr automatisch unter der Vormundschaft der Eltern), nach langer Überlegung und vielen GesprĂ€chen mit Carsten letztendlich fĂŒr eine Verlegung in eine Rehaklinik in der NĂ€he von Hamburg entschieden. Leider auch immer mit dem Wissen, dass wir sie dadurch vom Freund (Berlin), von der Familie des Vaters (Meißen / Berlin) und von den vielen Freunden in Potsdam und Berlin entfernen – es tut uns wirklich sehr sehr leid und die Entscheidung ist uns definitiv nicht leicht gefallen. Aber die 2-3 Stunden Fahrt in eine Richtung von uns nach Berlin bzw. Brandenburg sind an einem Tag hin und zurĂŒck einfach nicht zu schaffen und andererseits sind wir als Bezugspersonen, die mit ihr lange Zeit unter einem Dach gelebt haben, vermutlich derzeit diejenigen, die ihr trotz unseres Arbeitsleben ĂŒber einen langen Zeitraum eine Rundumbetreuung auch nach stationĂ€rer Reha vor Ort ermöglichen könnten. Das ist wenigstens der Gedanke fĂŒr die nĂ€chsten Monate, denn wir stehen der Sache natĂŒrlich auch immer positiv gegenĂŒber und glauben ganz fest daran, dass sie eines Tages wieder ein eigenstĂ€ndiges Leben fĂŒhren kann. Dann soll sie auch selbst entscheiden, ob sie wieder zurĂŒck in ihre Berliner Umgebung möchte. Aber das ist leider alles noch offen und Wunschdenken …

Also lasst uns jetzt alle das Beste fĂŒr sie hoffen, informiert euch bitte lieber hier im Blog ĂŒber ihren Gesundheitszustand und ihre Fortschritte statt per Email, Posting oder Anruf bei Angehörigen nachzufragen und bringt vor allem viel Geduld auf. Denn wie wir jetzt die letzten Wochen lernen mussten, geht es derzeit nur sehr sehr langsam voran. Selbst die Reha wird wohl in mĂŒhevoller und zeitaufwĂ€ndiger Kleinarbeit erst nach und nach AufklĂ€rung sowie Besserung bringen. Ärzte und unsere Freunde mit medizinischen Wissen stimmen uns auf eine sehr lange Behandlungszeit ein, da ist nie die Rede von Tagen, sondern vielmehr von Monaten. Die Neuigkeiten von Stephanies Entwicklung gebe ich dann nur zu gerne so schnell wie möglich an euch ĂŒber diesen Blog weiter, versprochen.

DrĂŒckt uns allen und vor allem ihr ganz fest die Daumen und glaubt bitte immer ganz doll an sie – das Wort „konventionell“ kam in Stephanies Sprachgebrauch doch noch nie so richtig vor, oder ? Möge ihr Dickkopf und ihre Beharrlichkeit am Ende ihr eine gelungene RĂŒckkehr in die NormalitĂ€t ermöglichen.

Derzeit ist ein Besuch bei ihr auf der Intensivstation nur von einem kleinen Personenkreis (Uwe, Fabian und wir wechseln uns dabei ab) und auch nur fĂŒr kurze Zeit am Tag möglich, aber wenn sie dann spĂ€ter in der Reha wieder allgemeine Besuche empfangen kann, seid ihr alle recht herzlich willkommen. Wir können dann sicherlich auch den einen oder anderen bei uns in Wentorf beherbergen …



2020 26.
Jul

Wenn ich eine lĂ€ngere Schreibpause habe, dann deutet diese oft daraufhin, dass in meinen Leben einiges los ist. Zum GlĂŒck passiert dann aber auch ĂŒberwiegend etwas Positives    😉

Also dann versuche ich mal kurz zu berichten, was bei uns in den vergangenen Tagen so passierte.

Fangen wir damit an, dass Carsten und ich ein HĂ€uschen gebaut haben. Wir haben an unserer Wohnung einen wirklich großen Balkon dran und inzwischen haben wir dafĂŒr auch einige Gartenmöbel und einen Gasgrill zugelegt. Damit all diese Sachen nicht stets und stĂ€ndig der Sonne, dem Wind, dem Regen usw. ausgesetzt werden, haben wir schon vor einer Weile ins Auge gefasst, dafĂŒr mal einen passenden Schuppen zu suchen und aufzustellen. Vor einer Woche brachte ein Paketbote fĂŒr dieses Bauvorhaben zwei große Pakete mit vielen Einzelteilen zu unserer Wohnung. Carsten stellt sich solchen Herausforderungen nur all zu gern und so verbrachten wir fast den ganzen lieben Samstag damit, alles genau nach Anleitung zusammen zu bauen – zig Schrauben wollten verbaut werden:

Bei solchen Projekten bin ich sooooo froh, einen derart handwerklich begabten Mann „mein Schatz“ nennen zu dĂŒrfen    🙂     allein wĂ€re ich damit schon beim Lesen der Anleitung gnadenlos ĂŒberfordert!

Aber am Ende des Tages war alles gĂ€nzlich aufgebaut und alle Draußendinge fanden darin tatsĂ€chlich ihren Platz:

Ich habe aber auch nicht nur zugeguckt, sondern ĂŒbernahm bereitwillig meine Lieblingsrolle: Helferlein. Wenigstens mit diesen beiden Werkzeugen kann ich inzwischen ein bisschen umgehen    😉

Da unser letztes Wochenende sehr arbeitsreich geworden ist, gönnten wir uns mal einen freien Tag wĂ€hrend der Arbeitswoche. Zum GlĂŒck hatten wir genug Überstunden angesammelt, um uns diesen Luxus ohne große Probleme leisten zu können.

Deshalb ging es am Dienstag gleich nach dem FrĂŒhsporteln, Duschen und FrĂŒhstĂŒcken mit dem Smartie nach Mölln. Dieser Ort gönnt sich den Beinamen „Eulenspiegelstadt“ – denn der wohl berĂŒhmteste Narr Deutschlands, Till Eulenspiegel, ist in dieser Stadt gestorben. Das steht zumindest auf seinem Gedenkstein an der St. Nikolai-Kirche:

Auf dem Marktplatz gibt es auch ein Eulenspiegelmuseum – es ist das linke, das kleinere GebĂ€ude auf dem Foto:

Und natĂŒrlich gibt es auf dem gleichen Platz auch die passende Figur am Brunnen. Wenn man bei dieser gleichzeitig an der Fußspitze und dem Daumen reibt und sich etwas wĂŒnscht, dann soll man damit auch entsprechendes GlĂŒck haben. Und da man von GlĂŒck nie genug haben kann, packte ich nur zu gern die bereits von vielen GlĂŒcksritterfingern glĂ€nzend polierten Teile der Figur ebenfalls an    🙂

Es gab an diesem Dienstag nicht so viele Touristen in den Möllner Straßen, sodass uns mache StraßenzĂŒge ganz allein gehörten:

NatĂŒrlich findet man hier gefĂŒhlt an jeder Ecke entweder einen Narren …

… oder eine Eule:

An einer Straßenecke war die heitere Stimmung leider kurz vorbei, denn hier erinnerte man an ein ziemlich dunkles Kapitel der Möllner Geschichte:

Der Anschlag von Mölln war damals in allen Medien sehr prĂ€sent, das habe sogar ich trotz meiner zu dem Zeitpunkt noch recht eingeschrĂ€nkten Deutschkenntnissen verstanden …

Wir erkundeten weiterhin die Stadt per pedes, schlenderten durch den Kurpark inklusive Kneipp-Areal (siehe ganz unten), stapften einen HĂŒgel hoch zu einem markanten Wasserturm und landeten schon recht bald in einem Wildpark, welcher sogar ohne Eintritt zu besuchen war:

Schon am Eingang hörten wir GerĂ€usche, welche wir so nur von einer Passage aus Jurassic Park kannten. Das schrille, hochtönige Quicken mit asthmatisch anmutenden AtemzĂŒgen wurde hier allerdings von zwei Wildschweinkeilern erzeugt, welche wohl die Rangordnung untereinander klĂ€ren mussten. Das hat diese Hirsche nicht im geringsten gestört, denn sie erholten sich trotzdem in einem, fĂŒr Besucher frei zugĂ€nglichen Gehege und wirkten ganz entspannt hinter ihrer Zweigenbarriere:

Da war dieser WaschbĂ€r wesentlich hektischer unterwegs … immerzu auf der Suche nach etwas Fressbaren, allerdings zum Teil nur mit wenig Erfolg:

Als wir uns ursprĂŒnglich fĂŒr Mölln als Ausflugsziel entscheiden haben, hatten wir unter anderem den Gedanken, dass, falls es regnen sollte, wir die Zeit in einem Laden oder im Museum ĂŒberbrĂŒcken könnten. Aber der Petrus hatte seine eigenen PlĂ€ne und ließ den großen Regen erst dann auf die Erde los, als wir im Wildpark bzw. Wald und somit am weitesten vom stĂ€dtischen Leben entfernt waren:

Die mitunter heftigen Schauer sind derzeit aber nie von langer Dauer und wir hatten sogar das unendlich große GlĂŒck, zugleich einen kleinen Unterstand mit HolzbĂ€nkchen erreicht zu haben – so sehe ich einem Platzregen beim Prasseln auf die BlĂ€tter gern zu    🙂

Am gestrigen Samstag machten wir uns in die Großstadt auf – es ging diesmal nach Hamburg. Genauer gesagt, wollten wir uns einen Überblick darĂŒber verschaffen, was man in der FußgĂ€ngerzone von HH-Bergedorf so alles zu sehen bekommt. Ich fand, dass hier eine gute Mischung aus LĂ€den und alten GebĂ€uden angeboten wird. Dies mal ein paar Impressionen unseres Einkaufs bzw. Ausflugs:

NatĂŒrlich haben wir auch den einen oder anderen Laden besucht, eine Kleinigkeit gegessen, einem Straßenmusiker zugehört  – eben das, was man bei einem Bummelnachmittag so macht … es ist ja schließlich Wochenende.

Eine Sache muss ich euch aber noch unbedingt berichten: unsere BĂ€renfamilie hat völlig unerwartet Zuwachs bekommen    🙂    dem Blick dieses kleinen BĂ€ren konnten wir beide einfach nicht widerstehen    😉

Darf ich vorstellen: BĂ€rnie    🙂    er wurde von den alteingesessenen BĂ€ren schon mal sehr herzlich empfangen und liebevoll in ihren Kreis mit aufgenommen.

So, das war es, was es von uns zu berichten gibt. Carsten und ich haben uns heute recht spontan einen LĂ€mpeltag gegönnt, d.h. nicht besonders produktiv, aber dafĂŒr sehr sehr erholsam. Muss doch auch mal sein, nicht wahr?    😉



2020 05.
Jul

Die treuen Leser meines Blogs werden bestimmt auch ohne meinen Hinweis wissen, dass der 4. Juli fĂŒr mich persönlich ein besonderer, quasi mein eigener UnabhĂ€ngigkeitstag ist. Denn genau an diesem Tag ĂŒberquerte ich 1992 die deutsch-polnische Grenze und bin seitdem in Deutschland hĂ€ngen geblieben. Nach Adam Ries sind es also inzwischen 28 Jahre geworden! Aber auch nach so vielen Jahren hierzulande stelle ich immer wieder fest, dass ich bei Weitem noch nicht alles gesehen habe, was dieses vielfĂ€ltige und geschichtlich sehr interessante Land zu bieten hat.

Deshalb ist es auch nur zu verstĂ€ndlich, dass wir in diesem Jahr meinen kleinen Feiertag natĂŒrlich dazu nutzen wollen, sich mit unserer neuen Lebensumgebung vertraut zu machen. Die Empfehlung, einmal durch Ratzeburg zu schlendern, habe ich bereits von vielen Freunden und Bekannten gehört. Und da wir unserem Autokennzeichen „RZ“ nach ohnehin zu diesem Einzugsgebiet gehören, lag dieses Ziel auf der Hand.

Carsten hat im Netz einen schönen ca. 7 km langen Rundgang durch das InselstĂ€dtchen aufgetrieben und gleich nach dem zugegeben etwas sehr spĂ€ten FrĂŒhstĂŒcks (unsere einstĂŒndige Sportstunde ist uns eben heilig … und wir wollen ja schließlich auch unbedingt wissen, wie es bei „Lost“ weitergeht) durfte unser Smartie mal wieder die Tiefgarage verlassen. Leider war nicht wirklich Cabrio-Wetter – etwas kĂŒhl und bewölkt – aber immerhin regnete es nicht in Strömen.

Der Name unseres Ziels deutet ĂŒbrigens nicht auf die besonders ausgeprĂ€gte Schlafgewohnheiten ihrer Bewohner hin, sondern auf den slawischen FĂŒrsten Ratibor, der dort einst in einer Ringburg residierte. Da Slawen schon immer viele Kosenamen erfanden, wurde aus dem stolz klingenden Ratibor eben ein Rat’se, welches am Ende eben auch Pate fĂŒr den Stadtnamen stand.

Man hat an mehreren Stellen Teile der Umrisse der einstigen, slawischen Verteidigungsanlage fĂŒr die Umwelt nachgezeichnet:

Ratzeburg ist außerdem etwas ganz besonderes, weil die Innenstadt eine richtige Inselstadt ist. Die Verbindung zum Festland folgt lediglich ĂŒber insgesamt drei DĂ€mme (2x Auto, 1x ehemalige Kleinbahn), ansonsten ist man ĂŒberall vom Wasser umgeben: vom Ratzeburger See, Domsee, Kleiner KĂŒchensee und vom KĂŒchensee. Um unserem Rundweg mĂŒhelos zu folgen, mussten wir lediglich den pinkfarbenen Tatzen auf den Wegen unsere Aufmerksamkeit schenken:

Die links am Rand liegenden, bunten Steine auf dem Foto sind Teil eines Kunstprojektes, welches zu Corona-Zeiten entstand. Die Steine wurden von verschiedenen Kindern und Erwachsenen bemalt und dort aufgereiht. Dem schriftlichen Aufruf nach war der Fantasie dabei keine Grenzen gesetzt. Hier ein paar meiner FundstĂŒcke:

Die Stadt hat nicht mal 15.000 Einwohner vorzuweisen, dafĂŒr aber eine sehr lange Geschichte. Diese wirkt dort an vielen Ecken sogar noch ziemlich lebendig – zum Greifen nahe. Ich fand es zum Beispiel sehr beeindruckend, von dem jahrhundertealten Heinrichstein am sĂŒdwestlichen Eingang zum Domhof zu stehen (auf dem Foto rechts, eingezĂ€unt):

Damit man eine bessere Vorstellung davon hat, von welchem Stein ich spreche, habe ich noch ein besseres Foto vorbereitet    đŸ˜‰

Ich hoffe, dass ihr das ohne Probleme lesen könnt    😉    fĂŒr die sprachlich Unbegabten wie mich hat man aber zum GlĂŒck auch die Übersetzung gleich mit aufgeschrieben: „Zu Zeiten König Konrads und Herzog Heinrichs von Sachsen kam Graf Heinrich nach Ratzeburg und gab dort als erster dem Christentum eine feste Grundlage. Seine Seele ruhe in Frieden. Amen“. Daran merkt man, die Sachsen haben schon frĂŒh ihre Spuren in dieser Gegend hinterlassen und bei unserem Besuch im Ratzeburger Dom, welcher ab 1160 gebaut wurde und heute leider zum Teil eingerĂŒstet ist, fanden wir sehr eindeutige, sĂ€chsische Andenken:

Der Dom war natĂŒrlich sehr beeindruckend, auch wenn es fĂŒr uns etwas seltsam war, durch eine Kirche mit Mundschutz laufen und sitzen zu mĂŒssen:

Aber zum GlĂŒck konnte man wenigstens draußen ohne Nase-Mund-Schutz herumlaufen    đŸ˜‰

Auch im Klosterhof ging es ohne obligatorischen „Schnutenpulli“ und von dort konnte man beim Sitzen auf einer Bank seinen Gedanken nachhĂ€ngen und sich u.a. den Bettler von Ernst Barlach ansehen:

Ein Teil der großzĂŒgigen Domanlage bietet eine Möglichkeit einer schnellen Durchfahrt – mitten durch ein Wohnhaus:

Allerdings scheint die Spannung dieses Bogens die AußenwĂ€nde des Hauses in eine schiefe Lage zu bringen:

Es sah fĂŒr uns aber dennoch sehr stabil aus    đŸ™‚

Der große Dom ist natĂŒrlich nicht das einzige Gotteshaus in Ratzeburg. Wir schauten auch mal bei der evangelischen St.Petri-Kirche vorbei:

Innen ist diese sehr weiß und schlicht gehalten. Die Anordnung der BĂ€nke fanden wir allerdings ziemlich ungewohnt, denn es ist weder ein klassisches Kirchenschiff, noch eine Rundkirche – fĂŒr mich war dies eine ganz neue Art. Stellt euch ein Rechteck wie bei einer Tafel Schokolade vor und dieses Altarportal …

… samt „eingebauter Predigtkanzel (grĂŒn) und Orgel darĂŒber ist mittig an einer der beiden LĂ€ngsseiten an der Wand aufgebaut. Die BĂ€nke gehen dabei frontal und zu beiden Seiten weg. Eine Zeit lang rĂ€tselten Carsten und ich auch darĂŒber, wo denn der Orgelspieler bei diesem Aufbau sitzen könnte – wir kamen von links und des RĂ€tsels Lösung fanden wir dann auf der rechten Altarseite (hier leider etwas verdeckt).

Ebenfalls ungewohnt fanden wir auch die 1973 erbaute, katholische St. Answer Kirche – sie ist sehr modern erbaut:

Die Stadt lebt aber nicht nur von der Geschichte und von Kirchen, sondern auch von der Kunst. Das A. Paul Weber-Museum haben wir diesmal zwar nicht besucht, aber das werden wir sicherlich noch ĂŒber Kurz oder Lang nachholen, denn die bisher gesehenen Bilder (i.d.R. Illustrationen und Karikaturen) haben uns sehr gut gefallen:

Auch das Kreismuseum sieht sehr vielversprechend aus:

Man konnte auch auf den Straßen das eine oder das andere Kunstwerk entdecken, wie zum Beispiel die Skulptur „Junger Weidenhengst“ …

… oder die Statue „Der Landsmann“ vor dem Amt Lauenburgische Seen.

Die Darstellung des Braunschweiger Löwen hat in mir etwas Mitleid erweckt – ich fand, dass der Arme fĂŒr einen König der Tierwelt ganz schön mager und traurig aussieht:

Da sieht der „Taschenmann“ wesentlich gelassener aus, selbst wenn seine Taschen offensichtlich leer sind … aber er steht ja direkt vor der Sparkasse und kann dort sicherlich etwas Geld abholen:

Immerhin hat er – wenn schon kein Geld – dann wenigstens schon mal ein eigenes Gedicht von der Sparkasse bekommen:

Das nenne ich mal zielgruppengenaue Werbung    😉

Aber es gab unterwegs immer wieder etwas Interessantes zu entdecken. Egal ob eine kleine Lok als Wetterfahne auf dem GebĂ€ude des ehemaligen Bahnhofs …

… lustige Straßennamen und Protestaufkleber („Alpakas gegen Nazis“) …

… einen Otter mit Fisch an einem Jugendzentrum …

… oder auch eine riesige Buche, deren Astwerk einen wie in einem Zelt beherbergt:

Allerdings waren wir leider nicht mehr in ihrer NÀhe, als es ein wenig zu Tröpfeln begann:

Zum GlĂŒck war es nur von kurzer Dauer und wir konnten uns danach am Seeufer im „CafĂ© Köbke“ stĂ€rken:

Das gelbliche GetrĂ€nk im Weinglas ist Limoncello Spritz – sehr lecker, aber es hat es in sich und steigt auch sehr schnell zu Kopf, wie ich nun aus eigener Erfahrung berichten kann    🙂    etwas beschwipst machte mir das bisschen Regen aber dann gar nichts mehr aus    😉

Alles in allem: ich fand den Ausflug zu meinem persönlichen Independance Day einfach wunderbar!

Zum Abschluss fuhren wir noch nach Salem (Wer kennt Stephen King ?) und hatten ein superleckeres Festmahl mit Antipasti und Steakteller.

Ich freue mich nun wirklich sehr, dass die Corona-Regeln nach und nach gelockert werden und wir demnÀchst sicherlich noch einige Ausflugsziele in der Umgebung aus- und dann auch besuchen können!