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Manchmal hat man eben Lust darauf, etwas zu schreiben   ;0)

 
Web|log,  der;  -s,  <engl.>,  meist abgekürzt mit "Blog"
   
Digitales Tagebuch im Internet. Ein Weblog ist eine Webseite, die periodisch neue Einträge enthält. Es ist ein Medium zur Darstellung des eigenen Lebens und von Meinungen zu oftmals spezifischen Themengruppen. Weiter vertieft kann es auch sowohl dem Austausch von Informationen, Gedanken und Erfahrung als auch der Kommunikation dienen und ist insofern mit dem Internetforum sehr verwandt. Die Tätigkeit des Schreibens in einem Blog wird als "bloggen" bezeichnet.

Quelle: http://www.wikipedia.de    


 
2021 14.
Nov.

Heute tue ich mich zugegeben etwas schwer mit dem Einteilen der Themen, denn sowohl ein Revue passieren lassen nach Tagen wäre möglich, aber eigentlich auch nach Fortschritten und Ereignissen – ich habe mich nun letztendlich für das zweite entschieden.

Am ereignisreichsten war wohl eindeutig der Donnerstag … der 11.11. … St. Martin … und für diesen Tag hat sich das Pflegezentrum mal wieder etwas ganz Tolles und Rührendes einfallen lassen. Zunächst hat man alle Bewohner am späten Nachmittag zusammengeholt und gemeinsam gegessen – Stephanie war von der Ente und dem Rotkohl total begeistert! Danach brachte man die Anwesenden mit ihren, in den letzten Tagen gebastelten Laternen nach draußen und versammelte sie um den Rasen im Innenhof, wo mit Lichtern, Fackeln und Lagerfeuer eine richtig tolle Stimmung geschaffen wurde:

Und mit eben diesen Laternen in den Händen stimmten dann alle, Bewohner und Personal, in Begleitung einer Gitarre zu den typischen St. Martin-Liedern an: „Laterne, Laterne – Sonne, Mond und Sterne“ und „Ich geh‘ mit meiner Laterne“. Wir waren sehr erstaunt, wie gut Stephanie die Texte wieder aus ihren Erinnerungen kramen konnte und sie mit uns allen mitgesungen hat – so toll!

Anschließend wurde wärmender Punsch gereicht und Stephanie kam sogar sehr schön mit ihrem heißen Getränk in der Tasse zurecht. Nur das Pusten musste Carsten übernehmen …

Und genau dieses direkte Trinken aus der Tasse, also ganz ohne Strohhalm oder andere Hilfsmittel, zeigte sie gleich mehrfach in dieser Woche – für uns wäre damit mal wieder ein kleiner Meilenstein von der Aufgabenliste geschafft. Denn egal ob Kaffee aus der Tasse oder ein Kaltgetränk aus dem Pappbecher, es wird nicht gekleckert, nichts zerdrückt oder fallengelassen:

Ok, das Feintuning, wie z.B. das Halten einer Tasse am Henkel, fehlt noch    😉

Auch beim Essen geht nun immer weniger daneben bzw. fällt auf den Latz. Selbst beim ganz alleinigen Auslöffeln einer halben Dose Mais (sie war ja sooooo glücklich über diese Köstlichkeit!) hat sie am Ende nicht ein einziges Körnchen vom Teelöffel verloren. Ihre rechte Hand führt mittlerweile eine so ruhige und zielgerichtete Bewegung aus, an die vor ein paar Monaten noch gar nicht zu denken war:

Mit Linki konnten wir im Nachhinein noch das unterstützende Festhalten der Dose üben, da Stephanie derzeit noch das Abstellen auf dem Tisch für einen festeren Stand und das waagerechte Halten nicht ganz konsequent einhält – sie hebt vieles automatisch hoch. Ein solche Maisdose ist nämlich doch etwas größer im Umfang als die bisher zu haltenden Yoghurtbecher und das wird dann eben sehr viel komplizierter und anstrengender für ihre linke Hand …

Eigentlich fehlt ihr jetzt (mal vom Zu- und Vorbereiten abgesehen) nur noch das Essen mit Messer und Gabel bzw. das Schneiden von Dingen. Demnach hat sie die Grundfertigkeiten doch relativ schnell wieder erlernen können, denn sie beherrscht völlig ohne Probleme:

  • die selbstständige Einnahme von Medikamenten, egal ob flüssig im kleinen Becher oder in Tablettenform
  • das Trinken aus einem Becher, einer Tasse, einer Dose oder einer Flasche
  • das Essen mit Besteck vom Teller oder Brettchen
  • das relativ gute Leeren von Tellern, Schälchen oder Dosen

(Mutter)Herz, was willst du mehr?!?!    🙂

Und auch mit ungewöhnlicheren Darreichungen kommt sie nach einer kleinen mündlichen und optischen Anleitung wunderbar zurecht. Diesen (neudeutsch) Schaum- bzw. Schokokuss …

… verputzte sie genau so souverän und „unfallfrei“, wie auch unsere mitgebrachten TicTacs und „Pfeffis“ (erst lutschen, dann zerbeißen), Gummibärchen und Kaubonbons sowie ihre damalige und heute auch noch allerliebste Kalorienbombe: Donuts

Weil wir die Woche mal im Hamburger Hauptbahnhof waren, kauften wir bei ihrem favorisierten Donut-Händler gleich mal ein Duzend dieser Köstlichkeiten ein, die wir dann an mehren Tagen unter uns dreien aufteilten, damit sie auch wirklich mal von jeder Variation probieren konnte. Und dabei strahlte sie wieder wie ein Honigkuchenpferd, mein überaus glückliches Kind!

Für sie und uns gab es die letzten Tage aber auch noch andere Gründe zum Freuen. Am Samstag bekam sie z.B. Besuch aus Berlin, mit dem sie wieder alte Erinnerungen austauschen konnte – manches ist sogar recht gut abrufbar gewesen:

Nur an den Besuch von Laura in der Klinik in Geesthacht Mitte Juli konnte sie sich leider so gar nicht mehr so genau erinnern. Doch die beiden haben sicherlich vieles wieder auffrischen können, denn in den fast vier Monaten von damals bis heute hat Stephanie laut wortwörtlicher Aussage einer Therapeutin „einen Quantensprung“ hingelegt … auch wenn mein Kind das nicht immer so ganz sieht und obgleich ihrer Fortschritte immer ein klein wenig ungeduldig ist.

Und um eben genau diese Auffrischung von damaligen Ereignissen weiter zu fördern, verbringen wir beide an unseren Mädels-Sonntagen gleich mehrere Stunden mit dem Blättern durch Fotoalben und dem gegenseitigen Austausch über das Wann, Wo, Warum und vor allem mit wem:

Dadurch wird aber nicht nur ihr Geist und die Erinnerung trainiert, sondern gleich auch ihre Motorik – guckt euch hier mal an, wie sie mittlerweile selbstständig die Seiten umblättert:

Vor nicht allzu langer Zeit hat sie die Seiten nicht einzeln in die Finger bekommen, beim Blättern geknickt und ihre linke Hand wusste auch noch nicht, welche Hilfestellung in ihr steckt. Ein weiterer Haken auf unserer langen Liste an Baustellen konnte somit endlich gesetzt werden.

Wo sie aber derzeit gar keinen Draht zu findet, ist das Öffnen und Schließen einer Pappbox. Wir üben jetzt sogar schon mit verschiedenen Größen, aber der zündende Gedanke blieb bei ihr bislang aus. Auf Anweisung und mit kleineren Hilfestellungen bekommt sie zwar irgendwann den Deckel auf, aber eine eigene Strategie hat sich bei ihr leider noch nicht entwickelt. Es scheint so, als hätte sie noch immer nicht ganz verinnerlicht, was eigentlich das Öffnen und Schließen des Deckels von ihr verlangt. Aber wir bleiben weiter am Ball, um ihr mit diversen großen, kleinen, eckigen und runden Boxen aus Pappe und Blech immer wieder das Prinzip zu zeigen, zu erklären und zu verdeutlichen. Irgendwann wird es wie bei den anderen Dingen schon Klick machen und dann lachen wir alle über die bisher sehr unbeholfen aussehenden Versuche und gelegentliche Verzweiflung – wäre ja nicht das erste Mal.

Beim Schachbrett hat es so doch ebenfalls geklappt – was zunächst wie ein unmögliches Unterfangen begann, bereitet ihr heute keinerlei Probleme mehr. Das Karomuster bringt sie nicht mehr aus der Ruhe, Schachfiguren und Damespielsteine werden auf Anweisung dort positioniert, wo sie hingehören und auch mit dedizierten Feldangaben, wie z.B. A4 oder C7, kann sie durch Abzählen jetzt schon etwas anfangen. Darin ist Stephanie allerdings noch nicht so ganz sattelfest, sodass sie oft noch mühsam zählend jedes Feld abhüpft oder manchmal auch statt nur schnurstracks nach oben mal nach rechts oder links abbiegt.

Und sie setzt immer selbstverständlicher Linki gleich mit ins Geschehen ein, sei es zum Herausholen und Übergeben oder auch zum Fixieren und Festhalten. Selbst, wenn sie durch diese zusätzliche Fummelei (Greifen und Feinjustierung fällt ihr mit dieser Hand noch besonders schwer) meist sehr viel langsamer ist, sie gibt einfach nicht auf und von uns bekommt sie alle Zeit der Welt, die sie braucht. Unsere Ungeduld und das Bewältigen der vielen Baustellen können wir heute sehr viel besser koordinieren und auf die jeweilige Gemütslage des Kindes und der Umwelt abstimmen, als noch vor einem halben Jahr. In dem Sinne ist sie sowieso ihr schärfster Kritiker    😉

Dabei sieht sie aber leider eben nicht immer die wirklichen „Fortschrittchen“ – wir aber. Und wir testen diese auch hin und wieder mal aus. So z.B. kurz vor dem Gehen, wo Carsten ihr einmal wortlos die Seniorenfernbedienung übergeben hat und sie ohne Anweisungen oder ähnliches ihren Fernseher einschaltete, den Kanal auf ihr geliebtes „Deluxe Music“ umstellte und auch weil nötig die Lautstärke justierte. Wir waren sehr beeindruckt, denn bei der Übergabe und dem Anlernen im Oktober schüttelten wir beide noch die Köpfe darüber, dass sie so viele Probleme mit den lediglich sechs Knöpfen hatte … und jetzt trotz wenig Übung durch uns: Profimodus!

Zum Abschluss möchte ich noch eine kurze Erklärung zu diesem tollen Bild abgeben:

Am Donnerstag ist eine Therapeutin noch einmal durch die Zimmer gegangen, um auch den Patienten ein kleines Ständchen auf der Gitarre zu geben, die eben nicht das Bett verlassen und mit in den Innenhof zum Feiern kommen konnten. So also auch für die Zimmergenossin von Stephanie. Wir haben natürlich auch mitgelauscht und wurden in die Findung des dargebotenen Musikstückes mit einbezogen – die Entscheidung fiel am Ende auf „Marmor, Stein und Eisen bricht“ und interessanterweise war unser Kind beim Refrain auch hier relativ textsicher. Man kam danach so ins Gespräch und da Stephanie während ihrer Dresdner Zeit mal sowohl Flöten- als auch Gitarrenspielen gelernt hat, durfte sie das Instrument halten und selbst an den Saiten zupfen – damit hofften wir eventuell noch weitere Erinnerungen ausgraben zu können und Stephanie war ebenfalls nicht ganz abgeneigt. Wir wollen daran nun irgendwann mal anknüpfen und sie zukünftig auf ihrer Gitarre von damals herumklimpern lassen, denn ggf. kann dadurch sogar etwas mehr Anreiz für eine noch viel bessere Bewegung (und Verwendung) von Linki mit herausspringen. Das hängt dann am Ende aber natürlich ganz vom Kind ab …



2021 07.
Nov.

Ich glaube, diesmal könnte es wirklich mal ein etwas kürzerer Eintrag werden … viel Text sollte es jedenfalls nicht geben, denn wir waren nur dreimal bei Stephanie in Lüneburg (DI, DO & SO – am Samstag kam ihr leiblicher Vater samt Frau aus Sachsen vorbei) und außer Essen und Üben ist eigentlich nicht viel passiert, über das man hier berichten könnte.

Mittlerweile haben wir zudem fest eingefahren Rituale, die ich natürlich nicht in jedem Blogeintrag ausführlich beschreiben möchte. So z.B. das stundenlange Durchgucken von Fotoalben an unserem sonntäglichen Mädelstag oder ihr Versuch, eigenständig eine Pappbox zu öffnen, um dann darin eine kleine Süßigkeit oder wie heute den Geschmack-des-Tages zu finden:

Leider tut sich Stephanie immer noch sehr schwer damit, aber wir kennen das ja. Wichtig ist, dass man nicht die Geduld dabei verliert, denn stetes Wiederholen hat bislang noch immer zum gewünschten Ziel geführt.

Durch das viele Angucken der Fotoalben kehren ebenfalls immer mehr Erinnerungen zurück oder werden durch mein ergänzendes Erzählen aufgefrischt. Und bei unseren Spielen mit Zahlen, Bildern und Kärtchen schleicht sich zunehmend eine Routine ein, die ihr dann hilft, für neue Dingen gleich von Anfang an ein besseres Verständnis zu haben.

So konnte Stephanie letztens eine für sie völlig neue Puzzle-App innerhalb kürzester Zeit verstehen und dabei die Ziele erreichen, ohne vorher noch viele Anweisungen oder Erklärungen von uns zu bekommen, wie es jedenfalls noch vor ein paar Wochen notwendig war:

Carsten hat diese Woche zudem mal wieder das Schachbrett rausgeholt – ihre Verwirrtheit durch das Muster Mitte August werden wir jedenfalls nicht so schnell vergessen:

„Ebenfalls irritiert waren wir, als sie […] so unvorstellbar große Probleme beim Aufstellen von Schachfiguren hatte. Sie sollte nur die acht weißen Bauern auf die zweite Reihe stellen, aber selbst unsere Hilfen per Fingerzeig halfen am Ende nicht und sie stellte die Figur nicht vor den Finger, sondern nur daneben oder versuchte es sogar dahinter. Jede Bauernfigur stellte für sie eine fast unmögliche Herausforderung dar! Wir vermuten mal, dass sie einfach schon das Schachbrettmuster total überfordert hat …“

Und dieses Mal? Keine Probleme! Alles klappte auf Anhieb!

Sie hat von Carsten die ersten zwei Bauern als Vorlage auf das Spielbrett aufgestellt bekommen und er drückte ihr danach jede Figur einzeln in die Hand, damit sie diese auf das benachbarte Feld positioniert. Klar, auch hier brauchte sie manchmal noch einen kleinen Fingerzeig auf die richtige Stelle, aber von Verwirrtheit war diesmal überhaupt keine Spur. Am Ende standen in kurzer Zeit alle 16 Figuren dort wo sie hingehören und das Kind freute sich wie Bolle … mit uns!

Ich habe insgesamt das Gefühl, dass Stephanie mittlerweile sehr viel schneller begreift und erlernt, als noch vor ein paar Monaten. Innerhalb kürzester Zeit hat sie sich jetzt u.a. schon eine fast autarke Einnahme der Medikamente erarbeitet, bei dem die Flüssigmedizin im Becherchen angereicht werden kann und sie trinkt diesen ohne etwas zu verschütten bis auf den letzten Tropfen aus. Dieses Einüben hat erstaunlicherweise nur ganze zwei Besuchstage gedauert, danach konnte sie es schon. Die Tabletten legt man ihr auf den Tisch und sie greift und schluckt alle, egal wie groß oder klein sie sind. Nur das Auspacken aus dem Tütchen oder dem Blister kann sie natürlich noch nicht.

Und auch von den Therapeuten bekam sie diese Woche eine Art Fleißbienchen (mit Sternchen)    😉

Selbst Malen und das Nutzen eines Stiftes geht ihr immer mehr ins Blut über, denn bei diesen Wellenlinien klappt sowohl schon das Nachzeichnen als auch das Setzen einer parallelen Linie sehr viel besser, als noch vor wenigen Wochen bei sehr viel einfacheren Vorgaben:

Vor allem aber, weil sie weiterhin nicht aufgibt, immer ehrgeizig bleibt und am liebsten sogar erst einmal selbst herumtüfteln möchte. Bei der oben erwähnten Box antwortete sie am Donnerstag auf Carstens Frage nach Hilfestellung („Soll ich es dir noch mal zeigen?“) wortwörtlich: „Nein … wenn ich noch darf?“) – natürlich durfte sie, auch wenn sie es am Ende leider doch nicht ohne den entscheidenden Hinweis schaffte. Beim Schmieren ihres Brotes erkennt sie ebenfalls immer wieder Verbesserungspotential und ist am Ende sogar total enttäuscht, wenn die Küchenhilfe diesen Part schon (aus Versehen) übernommen hat …

Oftmals scheitert Stephanie aber leider auch einfach nur an ihrer kurzen Aufmerksamkeitsspanne bzw. schwindender Konzentration, denn hier merkt man immer sehr deutlich, dass sie mit zunehmender Zeit mehr Fehler macht und somit stetig unkonzentrierter wird. Sei es beim Sprechen (zum Zeitpunkt unseres Kommens wird noch recht deutlich gesprochen, kurz vor dem Gehen fragt man fast schon bei jeden zweiten Satz nach) oder beim Üben (anfangs legt sie gut vor, doch mit jedem Durchgang schleichen sich zunehmend Fehler und Nachlässigkeiten ein) … aber ihr Ehrgeiz bleibt ungebrochen, es lässt sich beides leider nur nicht miteinander vereinbaren    🙁

Was dem Kind auch überhaupt nicht schmeckt, ist das jetzige Wetter und die Jahreszeit – sie will eigentlich unbedingt immer nach Draußen und vor allem zum Pavillon, doch spätestens nach der Zeitumstellung am letzten Wochenende haben wir nun nicht mehr nur das Problem der fehlenden, wärmenden Sonne, sondern auch gleich noch das mit den Lichtverhältnissen:

Am Dienstag waren wir noch völlig unvorbereitet und Carsten bastelte mit seinem Handylicht und einer Wasserflasche eine Tischleuchte oder musste mit dem Handy das Schmieren des Brotes ausleuchten, doch gegen Wind und Kälte sind wir komplett machtlos. Das Lichtproblem hätten wir mittlerweile durch einen Zukauf dauerhaft gelöst, aber bei unter 10 Grad für Stunden am Tisch zu sitzen, macht auf Dauer einfach keinen Spaß. Und das, obwohl Stephanie es lieber kühl statt warm mag …

Mit ihrem Muff (hier im Café sitzend) kann sie wenigstens zusätzlich noch die Hände warm halten, aber das schränkt natürlich das Portfolio der Übungen immens ein. Wir sind derzeit auf der Suche nach einer besseren Lösung, mal sehen, was wir da für uns erreichen können.

Zum Abschluss noch ein paar Worte zum Essen:

Das Frühstück können wir nicht beurteilen, aber da sowohl das Mittagessen …

… als auch das Abendessen …

… mehr als reichhaltig und laut Stephanie auch sehr lecker ist, dürfte es beim morgendlichen Mahl sicherlich nicht anders sein. Dennoch freut sich das Kind natürlich auch immer sehr über unsere Mitbringsel, sei es eine kleine Süßigkeit (Schokolade, Gummibärchen, …), ein außergewöhnliches Getränk (Coke, Pepsi, Smoothie, Dunkelbier, …), den Geschmack-des-Tags (diesmal waren es Currywurst, Schafskäse & Camembert) oder einfach etwas, was uns gerade in die Finger fällt und wir denken „Ja, das könnte ihr gefallen.“

Diese Woche waren das u.a. Pfefferminzlutschbonbons, denn „Pfeffis“ hat sie eigentlich immer gemocht. Sie mag sie auch weiterhin sehr, hat das eine recht lange gelutscht und es dann, als es zu klein war, wie eine Tablette heruntergeschluckt … beim nächsten Mal will sie mal das von uns empfohlene Zerbeißen zum Abschluss anwenden    😉

Oder der Milchreis mit Zimt, den sie sich einmal explizit gewünscht hat, und den sie nach dem Abendessen statt des hauseigenen Nachtisches mit Hochgenuss vertilgte. Wir können ja während unserer Besuche am Dienstag und Donnerstag gemeinsam zu Abend essen und teilen dann all das, was wir so mitbringen – hier zwei Sorten Schafskäse und Hähnchenstücke mit Ketchup:

Kurz zusammengefasst: sie fühlt sich in diesem Pflegezentrum weiterhin äußerst pudelwohl, sie entdeckt zunehmend ihre Fähigkeiten wieder und fragt deshalb auch stets nach neuen Herausforderungen, Übungen und Trainings, um a) die aufkommende Langeweile während des restlichen Tages zu bekämpfen und b) schnellstmöglich ihre Genesung voran zu bringen. Heute fragte sie mich z.B., ob wir uns mal eine Weile auf Englisch unterhalten könnten … am Ende wurden es fast 30 Minuten. Da ist definitiv noch sehr viel Luft nach oben und Stagnation ist glücklicherweise noch ein Fremdwort    🙂

Ich habe fertig … und, konnte ich wenigstens diesmal mein Versprechen aus dem ersten Satz einhalten? Vom Text her ist es auf jeden Fall weniger als sonst geworden    😉



2021 31.
Okt.

Wahnsinn, bis zum Ende der nächsten Woche werden es bereits 100 Tage im Pflegezentrum in Lüneburg sein. Und was Stephanie alleine nur in dieser Zeit insgesamt geschafft hat, lässt uns weiterhin hoffen und das Kind weiter enthusiastisch durchhalten – manches beherrscht sie schon wieder auf dem Effeff, für manches muss sie noch eine gewisse Routine entwickeln und manches steht allerdings noch ganz tief in den Startblöcken.

Auch diese Woche haben sich wieder Dinge gezeigt, die in diese drei Kategorien eingeteilt werden können – und dabei war es trainings- und übungstechnisch eine wirklich sehr kurze Woche für uns, denn am Donnerstag bekam sie am Spätnachmittag Besuch von einer Geo-Kommilitonin aus Potsdam, die gerade auf der Durchreise nach Bremen war (wir ließen die beiden nach dem Erhalt des Abendessens und dem Erledigen des Organisatorischen, wie z.B. Medikamente, alles Zeigen etc., dann auch schon frühzeitig alleine) …

… und da unser gestriger Samstag recht voll mit Terminen war, fuhren wir diesmal schon morgens zu Stephanie und frühstückten gegen 9 Uhr zusammen mit ihr – für sie war es bereits das zweite, wir waren noch nüchtern.

Sie durfte natürlich alles, was wir für uns so vom Bäcker oder von zuhause mitgebracht haben, einmal probieren:

  • Kaffee … „Hmmmmm!“
  • Eibrötchen … „Lecker!“
  • Mettbrötchen … „Noch leckerer!“
  • Käsebrötchen mit Schinken und Tomate … „Noch noch noch leckererer!“
  • Knacker … „Ich bin leider schon so satt.“
  • Franzbrötchen, eine süße Zimtspezialität hier aus dem Norden … „Mist, ich bin doch schon so voll!!!“

Bei dem ganzen Gemapfe konnten wir natürlich sehr viel weniger trainieren, üben und spielen, doch dafür haben wir uns mal wieder so richtig leergequatscht. Sprechen gehört definitiv zur Kategorie „Effeff“, auch wenn so manche Aussprache noch etwas hapert, und auch das Essen hat sich mittlerweile in diese Kategorie eingereiht. Ja, es wurde nun größtenteils offiziell freigegeben – für das Kind wird ein Traum wahr: nichts ist mehr püriert und es winken noch mehr Freiheiten beim Geschmack-des-Tages und Probieren!!!

Wir haben am Anfang der Woche mit der Logopädin telefoniert und Stephanie hat nun wohl die letzte Stufe vor der Vollkost erreicht, da sie die letzten vier Wochen beim gemeinsamen Esstraining nicht ein einziges Mal husten musste und auch so keinerlei Probleme mit dem Kauen und Schlucken zeigte. Einzig stark Knuspriges mit Krümelbildung (Chips, Crouton, Kekse etc.) und Nüsse (diese Brösel werden nämlich trotz Spucke leider nicht weich) dürfen noch nicht gegeben werden. Alles andere kann sie nun in kleinen Schritten und möglichst noch unter Beobachtung ausprobieren und essen. Im Rahmen ihrer eigenen Zielsetzung planen wir deshalb zu Olgas Geburtstag Ende November ihre erste Pizza, in der ersten Dezemberhälfte ihren erster Burger (muss ja nicht unbedingt einer vom Goldenen M sein) und zum Jahresende ihr selbsterklärtes Endziel, einen Döner. Zum Eingewöhnen schieben wir vielleicht vorher noch einen Dürüm in den Ablauf mit rein. Aber ihre Freude könnte ihr euch sicherlich sehr gut vorstellen, oder?

Die „Selbstversorgung“ steckt dafür leider noch stark in den Kinderschuhen. Beim Schmieren benötigt sich viel Hilfe und Feintuning – doch es wird zunehmend besser:

Ein Essen mit Messer und Gabel ist von uns zum Beispiel noch gar nicht in Erwägung gezogen worden. Dafür kann man sie mittlerweile mit einem Teller, auf dem mundgerechten Stücke liegen, sowie dem dazugehörigen Gabel oder Löffel getrost alleine lassen. Damit geht sie auf alle Fälle verletzungsfrei und erfolgreich um – gehört also zur Kategorie „Effeff“.

Als wir Stephanie am Samstag zum Mittagessen in den Speisesaal geschoben haben, hat sie sich ab da komplett alleine um das Löffeln ihrer Kohlsuppe und ihres Yoghurts gekümmert, sodass wir uns nach dem Verabreichen der Medikamente und vor dem ersten Bissen bei ihr verabschieden konnten. Doch schon beim Umrühren durch Carsten flatterten ihre Nüstern und sie freute sich total auf dieses Mittagessen:

Carsten sagte, dass er glücklicherweise die Maske im Gesicht bzw. über dem Mund hatte, denn auch für ihn war die Versuchung groß, einen Löffel davon zu probieren – es ist endlich wieder Kohlzeit, herrlich!

Zurück zum Trainieren und Üben … so manches haben wir im Laufe der letzten Woche doch durchführen können:

Unter unserer Mithilfe und Anweisung kann Stephanie mittlerweile ein Tablet bedienen, z.B. um ein Video anzugucken, um bei Facebook einmal die Timeline ihrer Freunde anzusteuern und auch, um mit dem ein oder anderen ein kurzes Telefonat zu führen. Alleine dürfte man ihr das iPad sicherlich noch nicht in die Hand drücken, aber das mit dem Wischen, Scrollen und Antippen von Schaltflächen klappt recht gut. Also Kategorie „Vertiefen & Routine entwickeln“.

Sie wechselt aber auch sehr gerne mal in die analoge Fotowelt und guckt mit mir weiterhin stundenlang ihre zahlreichen Fotoalben durch. Heute war Nummer 5 an der Reihe und wir konnten wieder viele Gedanken austauschen, Erinnerungen ausgraben und Geschichten erzählen. Manches erkennt sie auf Anhieb, manches erst nach einer gewissen Hilfestellung und manches ist noch gar nicht freigelegt, d.h. es ist ihr völlig unbekannt.

Doch ihr Erkennen von Personen hat sich im Vergleich zum ersten Halbjahr sehr deutlich verbessert und auch eine Analyse von Bildern gestaltet sich mittlerweile immer zielsicherer. Ich kann mich noch erinnern, dass sie nicht einmal eindeutige Dinge oder Situationen auf zweidimensionalen Abbildungen identifizieren konnte, da sich ihr das Gesamtbild einfach nicht erschloss.

Jetzt kann sie mit sehr sehr sehr großer Hilfe die kleinen Puzzles (6 Teile) zusammenbringen – Kategorie „Startlöcher“ – und Fragen zum Bild beantworten:

Sie findet die darauf abgebildeten Würfel(augen) recht schnell, erkennt die Arme und Füße des Maulwurfs und auf dem oben gezeigten Foto auch sofort den Ball. Und das sogar mit den korrekten Farben. Daran war vor zwei bis drei Monaten ebenfalls noch gar nicht zu denken. Ihr fehlte damals wohl noch völlig das abstrakte Verständnis für Formen (rund), Dimensionen (auf dem Bild wirkt alles ganz klein) und Gegenstände (Auto ? Nö. Tiere ? Alles Wuff oder Miau.).

Es gibt insgesamt drei 6er-Puzzles mit dem Maulwurf, den sicherlich jeder noch aus seiner eigenen Kindheit kennt, doch man merkte sehr deutlich, dass sie beim ersten Zusammenlegen noch hochkonzentriert war, aber dann immer weiter nachließ. Doch an dem Tag wollte sie unbedingt alle Puzzles beenden und nicht aufgeben! Ja, so kennen und lieben wir sie …

Dieses Durchbeißen und Durchhaltevermögen zeigt sie auch jedes Mal beim hier im Blog schon öfters beschriebenen Memory, mit dem wir uns ja auch immer mehr rantasten mussten:

Zuerst mit sechs (eigentlich eindeutigen) Abbildungen … anfangs ein großes Problem, die Darstellungen von Wolke, Regenschirm, Huhn, Apfel, Birne und Möhre zu erkennen. Mittlerweile sind die ersten drei Genannten „Easy Peasy“ und selbst bei den drei „Früchten“ wirkt sie heute sehr zielsicher    😉

Eine erste Steigerung waren dann die Bildchen der übrigen 18 Kärtchen (Auto, Hydrant, Basketball, Zwiebel, Zitrone, Baum, Lineal, Affe, Hund etc.), die jetzt ebenfalls gut sitzen und nur noch bis auf sehr wenige Ausnahmen Probleme bereiten, d.h. erst nach kleineren Tipps erkannt werden. Da es aber nicht immer die gleichen Gegenstände sind, die sie „vergisst“, denken wir hier eher an eine Konzentrationsschwäche oder Ablenkung, als an das Nichterkennen dieses Bildes. Spätestens in der zweiten Runde kommen nämlich auch die nach kurzem Überlegen wieder zurück ins Gedächtnis.

Stufe 3 ist jetzt sogar schon, dass sie die schwarzen Schatten, also das eigentliche Memorypärchen, zuordnen kann. Es liegen 10 Karten mit den bunten Bildern vor ihr und sie muss ein einzelnes Schattenkärtchen zuordnen. Plus den Zusatzschritten, die Karte vom Tisch aufzunehmen, idealerweise mit Linki umzudrehen, diese auf die bunte Karte abzulegen, das Pärchen in einem Griff aufzunehmen und abschließend nach links auf dem Tisch abzulegen. Das Drehen und Agieren mit Rechti beherrscht sie nahezu perfekt, doch bei Linki hat sie den Dreh noch nicht heraus bzw. verinnerlicht, über den Rest muss man nicht sprechen – eindeutig „Effeff“.

Aus den Therapien gibt es außer dem oben bereits erwähnten Erfolg beim Essen (Logopädie) noch eine kleine Information von den Ergotherapeuten: man versucht sich bereits am Transfer ohne Lifter zwischen Bett und Rolli! Dazu fiel im Gespräch sogar schon die auf jeden Fall nicht ganz ernst gemeinte Klage „Meine persönliche Trainingseinheit schwindet immer mehr, da Stephanie mittlerweile doch schon viel zu viel alleine macht.“ – wir waren fast sprachlos … nein, besser: wir waren voll des Lobes!!!

Übrigens, da Stephanie jetzt so gut wie alles essen darf, wird sie wohl demnächst auch hin und wieder bei den „Kochkursen“ mitmachen dürfen und darauf freut sie sich sehr. Das Kochen und Ausprobieren neuer Rezepte hat sie ja schon während ihrer Studentenzeit dank der zahlreichen Kochshows im Fernsehen und der gemeinsamen Kochabende mit Freunden sehr zu schätzen und lieben gelernt. Und als Nebeneffekt ist jetzt natürlich auch die zusätzliche Beschäftigung innerhalb einer Gruppe nicht zu verachten. Unsere Kleine freut sich schließlich immer über die Möglichkeit, mit jemanden zu schnattern oder sich zu beschäftigen    🙂

Funfact: gestern hat sie sich sogar einige Minuten lang mit Spatzen im Baum nebenan gleich mal in ihrer Sprache unterhalten … dabei klang ihr „Tschiep-Tschiep“ zumindest in meinen Ohren äußerst authentisch und sie haben recht häufig geantwortet    😉
Diese kleinen Kerlchen haben ihr Herz ja schon lange erobert    🙂



2021 24.
Okt.

Bevor ich diesmal die Highlights der Woche anspreche, fasse ich zuerst mal die Kleinigkeiten in Wort und Bild zusammen:

Wenn Stephanie und ich sonntags unseren Mädelstag haben, gucken wir u.a. für einige Stunden ihre Fotoalben durch, die sie von mir zum 18. Geburtstag bekommen hat. Damals überreichte ich ihr insgesamt 10 Stück … liebevoll mit Abzügen ab dem Babyalter gefüllt, mit Kommentaren versehen und im letzten Album sogar mit ganz persönlichen Fragebögen und Zeilen ihrer Freunde, der Familie und aus dem sonstigen Umfeld – eben all diejenigen, dich ich damals unbemerkt erreichen konnte. Nun kommt ihr und uns diese gebündelte Sammlung an Fotos bzw. Dokumentation ihrer Jahre bis zur Volljährigkeit sehr zu Gute, denn hiermit kann sie nicht nur das Umblättern üben, sondern auch gleich mal nachprüfen, was noch im Gedächtnis geblieben ist und was durch Bilder und Storys von mir aufgefrischt werden muss.

In dieser Woche haben wir zudem öfters mal mit den Holzklötzen die Konzentration (Vorgaben nachbauen) und die Geschicklichkeit beider Hände (von Person zu Person weiterreichen) geübt. Dabei zeigten sich leider wieder die üblichen Schwierigkeiten bei der Orientierung und einer Problemlösung, wenn sie eine sinnvolle Drehung der Steine (um welche Achse ?) überdenken musste oder einfach nur eine Vorgabe (Buchstaben & Gebilde) nachlegen sollte. Wir denken aber, dass die stetige Wiederholung dabei helfen wird, zudem es ihr ja sogar noch recht viel Spaß macht    🙂

Und natürlich kamen auch diesmal wieder etliche Hunde an unserem Pavillon vorbei, die uns mittlerweile sehr gut kennen, da wir ja immer wieder den Weg hierhin suchen. Einmal haben wir aber schon geschwächelt, denn das stundenlange Sitzen in der Kälte wird zunehmend unangenehmer: da Stephanies Zimmergenossin nicht da war, konnten Carsten und ich mit dem Kind im warmen Zimmer bleiben und eben dort unsere gesamte Besuchszeit zelebrieren.

An dem Tag übergaben wir ihr eine Seniorenfernbedienung – also nur mit Knöpfen für Ein/Aus (1x), für den Programmwechsel vor & zurück (2x) sowie für die Lautstärke lauter, leiser & stumm (3x):

Im Zimmer konnten wir mit ihr jedenfalls mehrfach die Nutzung dieser intensiv üben, ohne vorher Trockenübungen fernab des Fernsehers einplanen zu müssen. Doch es ist echt erstaunlich, wie sehr sie schon nur diese sechs Tasten aus dem Konzept bringen können, während sie andere komplexe Dinge im Nu beherrscht oder sogar noch im Gedächtnis hat. Egal, jetzt könnte sie jedenfalls selbstständig durch die Grundsender ARD, ZDF, NDR, RTL, RTL2, SAT1, Kabel1, Pro7, VOX und vor allem ihr heißgeliebtes Deluxe Music zappen. Sie braucht sich jetzt nur noch mit ihrer Mitbewohnerin einigen und nicht mehr umständlich für jede Veränderung die Pflege zu sich rufen.

In dieser Woche waren der Geschmack-des-Tages ein Kringel Fleischwurst am Dienstag (wir waren echt überrascht, wie selbstverständlich sie die mundgerechten Stücke mit der Gabel wahlweise in Ketchup, Senf, Remoulade oder in einer Kombination aus diesen eingetunkt hat!), eine Schale Kartoffelsalat am Donnerstag, Dominosteine und gefüllte Lebkuchenherzen am Samstag und heute eine Schlangengurke. Doch bald müssen wir uns wahrscheinlich extravagantere Dinge einfallen lassen, denn die Logopäden scheinen weiter gelockert zu haben – Stephanie bekommt ihr Mittagessen mittlerweile unpüriert! Allerdings ergeben sich für uns dadurch nun auch endlich mehr Möglichkeiten (z.B. Currywurst) und vor allem ihr Zwischenziel (Burger) sowie das Endziel (Döner) rücken immer näher. Sie freut sich jedenfalls bärigst und überlegt schon in Gedanken eifrig ihre Wunschzutaten …    😉

Schon beim allgemeinen Abendessen zeigen sich durch die Lockerungen ganz andere Möglichkeiten:

Und auch das fleißige Lernen für ein bisschen mehr Selbstständigkeit bei der Zubereitung ist nach wie vor ungebändigt. Sie schmiert ihre Brote in unserem Beisein immer besser und das Herausholen von Butter oder Schmelzkäse aus dem Töpfchen klappt mit Linki als Festhalter und Rechti als Messerschwinger schon fast perfekt bzw. mit nur noch wenig Hilfe durch uns – an der Front gibt sie auch nicht so schnell auf!

Im Gegenteil, denn sie ist weiterhin sehr enttäuscht, wenn wir es mal nicht rechtzeitig in die Küche schaffen, um an unseren Besuchstagen die vollumfängliche Vorbereitung ihrer Schnitten zu verhindern    😉

Und gestern freute sie sich zwar, als wir gegen 13:00 zu Besuch kamen, doch sie konnte noch nicht ihren Teller mit Oktoberfestköstlichkeiten beenden. Für die Bewohner hatte man am Samstag ein kleines bajuvarisches Fest ausgerichtet und typische Leckereien kredenzt, auf die Stephanie nun nicht so gerne verzichten wollte. Also schoben wir sie auf ihren Wunsch hin mitsamt der unpürierten (!) Wurst- und Leberkäsestückchen mit süßem Senf sowie Kartoffelsalat und Obadzda zum Pavillon, wo sie sogar ohne Schunkelmusik („So gar nicht mein Fall!“) ganz genüsslich zu Ende futtern konnte. Wie auch bei unseren bisherigen Mitbringseln genoss sie hiervon ebenfalls sichtlich jeden Bissen:

OK, nun zu den Highlights:

Nummer 1 ist definitiv ihre supergut überstandene, kleine OP zur PEG-Entfernung am Montag. Ihr erinnert euch, ich schrieb ja am 3. Oktober:

„In der 42. KW ist die Entfernung der PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie = künstlicher Mageneingang) geplant … Stephanie freut sich wie Bolle und damit verbleibt am Ende mit dem Urostoma (künstlicher Blasenausgang bzw. SPK) nur noch ein einziger Dauerschlauch an ihrem Körper“

… nun hat sie auch das endlich hinter sich!!! Wir sind sogar ganz außerplanmäßig am Montag extra einmal zu ihr nach Lüneburg gefahren, denn da konnte mein Mutterherz einfach nicht anders. Ich wollte wissen, wie es ihr geht und wie sie den kleinen Eingriff inklusive Magenspiegelung so überstanden hat. Es verlief alles perfekt und schon am nächsten Tag spürte sie gar nichts mehr davon. Nach unseren Übungen und denen der Ergotherapeuten am Dienstag bescheinigten wir ihr das Gütesiegel „Fit wie’n Turnschuh“, denn sie scheute absolut keine Bewegung mit den Armen, dem Oberkörper und dem Rumpf, welche Auswirkungen und Spannungen auf die Bauchregion mit sich brachten. Puh, ich war sehr erleichtert!!!

Das zweite Highlight war der gestrige Besuchstag, weshalb ich diesen jetzt auch gerne noch etwas ausführlicher beschreiben möchte – in Wort, Bild und Ton.

Am Dienstag lockten wir sie schon einmal aus ihrer Komfortzone heraus, indem wir sie dazu brachten, sich und ihre Arme ganz lang zu strecken, um von Carsten oder mir etwas in die Hand zu bekommen, was sie dann zur anderen Seite an die wartende Person wieder abgeben musste. Es war echt erstaunlich, wie viel Kontrolle sie wieder über ihren Rumpf bzw. die dortigen Muskeln zu haben scheint!!!

Am Samstag toppte sie das Ganze sogar noch einmal, als sie sich völlig unvermittelt nach vorne beugte, um ihr Trinken vom Tisch zu holen:

Weil Stephanie sehr wahrscheinlich beim Oktoberfestschunkeln ihr Getränk verschüttet hatte, wollte Carsten einmal den Rollitisch reinigen. Er hat ihn also abmontiert und wienerte auch gleich die Rollilehne mit, als sie sich dann ganz selbstständig nach vorne bewegte und nach ihrem Becher griff. Die Bewegung bis dahin kannten Carsten und ich schon: wenn sie ihre Arme nach vorne streckte, plumpste der Oberkörper wie ein nasser Sack in Richtung Schoss und blieb dort liegen – zum Glück ist sie im Rolli ja angeschnallt. Doch diesmal schaffte Stephanie es auch ganz alleine wieder, den ganzen, für sie bislang viel zu beschwerlichen Weg zurück in die Rückenlehne. Wir guckten uns und den mitgebrachten Gast an und wir müssen wie ein Honigkuchenpferd gegrinst haben, denn weder der Gast noch das Kind konnten anfangs unsere überschwängliche Freude verstehen. Ohne Fremdhilfe zurück in den Rolli zu schafften war uns völlig neu, also scheinen ihr endlich auch die Bauch- und Rückenmuskeln wieder zu gehorchen – klasse!

Das wir vorher in dieser Richtung nichts gemerkt haben ist völlig verständlich, denn wir haben in der Regel ja grundsätzlich den Tisch vor ihr angeschnallt und deshalb kam es nach unseren vorherig gemachten Erfahrungen im Krankenhaus (Stichwort: Plumpssack) nie beabsichtigt zu so einer Situation. Am Samstag ließen wir die Bewegungseinschränkung dann natürlich für weitere Übungen dieser Art weg. Sie nahm Gegenstände vom Tisch auf …

… und reichte sie uns …

… oder bekam sie auch mal von dem dritten Besucher:

Zu dieser Person nun endlich mehr:
Wir hatten an dem Samstag eine Freundin mitgebracht und trotzdem sich beide bisher noch nicht persönlich gesehen hatten, erkannte Stephanie sie schon nur nach der Vorgabe des ersten Buchstaben vom Vornamen … auch hier eindeutig ein Beweis für die Rückkehr ihres Kurzzeitgedächtnisses. Wir haben dem Kind sicherlich schon ein paar Male von meiner Arbeitskollegin erzählt und auch schon Fotos gezeigt, aber in der letzten Woche kam Stina und ihre Absicht, einmal mit nach Lüneburg zu fahren, jedenfalls nicht zur Sprache. Also ist das Wissen über sie schon älter als zwei bis drei Wochen.

Als nächstes überraschte Stephanie alle mit der Kommunikation, denn wir unterhalten uns mit Stina, einer gebürtigen Französin, in der Regel in einem Mischmasch aus Deutsch und Englisch, Doch mit Stephanie konnte sie nun auch recht viel Französisch sprechen, vor allem, da unsere Kleine als Schülerin mal einen B2-Abschluss im DELF-Sprachlevel absolviert hat. Klar, Stephanie philosophierte nun nicht gerade in langen Sätzen oder über komplizierte Themen, aber dennoch waren wir auch hier wieder einmal erstaunt, was sie ganz spontan so alles an Französisch aus ihrem Wissensfundus hervorkramen konnte:

 
Stina meinte, dass ihre Aussprache super sei und man merkte dem Kind an, dass sie auch echt viel von allem verstanden hat. Stephanie biss sich zu diesem Zeitpunkt mit der französischen Sprache, der Rumpfbewegungen und sogar der Nutzung von Linki gleichzeitig durch und hatte trotzdem ihren Spaß dabei. Toll!!!

Weil das Wetter den ganzen Tag schon so herrlich war – nach zwei Tagen Dauerregen und Sturm auf jeden Fall eine Wohltat – drehten wir zudem mal eine kleine Runde durch die an das Pflegezentrum angrenzenden Felder bzw. Wälder.

Und wieder ein Ah und Oh, denn Stephanie sah auch mal ohne langes Umhergucken Tiere rechts und links abseits des Weges … am Himmel waren z.B. mehrere Keile von Gänsen zu sehen und auf der Bank saß eine Katze, die sie ebenfalls recht schnell nach unserer Richtungsweisung fokussieren konnte.

Wir glauben, dass sie auch mal wieder froh war, etwas anderes als nur den Innenhof und das Pflegezentrum zu sehen, obgleich sie bei den vielen neuen Eindrücken teilweise etwas überfordert schien:

Schade, dass der Sommer bzw. die warmen Tage gerade jetzt vorbei sind …

Ebenfalls schade ist, dass sie das Lesen einer analogen Uhr komplett vergessen hat. Bevor wir sie zum Abendessen schoben, blieben wir an einer solchen Uhr stehen und fragten sie nach der Zeit:

Anhand des kleinen Zeigers gelang es ihr noch, die 5 zu erkennen, aber die Einordnung des großen Zeigers zwischen der 2 und 3 und somit die Verknüpfung zu 10 bzw. 15 Minuten war ihr nicht mehr möglich. Diese Aufgabe wird sich also in die Liste ganz weit nach hinten einreihen müssen, da sind zunächst noch ganz andere, viel wichtigere Baustellen auf der Agenda.

Doch an diesem Besuchstag waren Carsten und ich schon völlig begeistert, was Stephanie für Fortschritte zeigte und welche anderen Überraschungen, u.a. der Gedächtnisleistung, sie so ad hoc aus dem Hut zaubern konnte. Es bleibt demnach weiterhin hartnäckig bei unseren Credos „üben, üben, üben“ und „nicht aufgeben“ …



2021 17.
Okt.

Schwupps, erneut ist eine Woche vorbei und ich durchforste die Meldungen aus dem Familienchat, gucke noch einmal durch alle meine erstellten Fotos (101 Stück) und Videos (51 Stück), um die Highlights für den Blogeintrag rauszusuchen und kann es wieder nicht glauben, was sich in der kurzen Zeit doch noch so alles an Veränderungen ergeben hat. Im Vergleich mit dem vorherigen Besuch ist es immer nur wenig, aber mit dem Wochenrückblick wird es dann doch so einiges!!! Stephanie entwickelt sich weiterhin äußerst prächtig und es gibt glücklicherweise erneut nur Schönes zu berichten – und vor allem von Fortschritten!

Als fast täglicher Besucher fällt einem das, wie gesagt, nicht immer so sehr auf, aber hier mal zwei Beispiele, die es dann doch sehr eindrucksvoll wiederspiegeln:

Als ein persönliches Fazit aus dem letzten Wochenende haben ihr Vater und seine Frau den folgenden Kommentar an die Familie geschrieben:

„Wir konnten mit den Besuchen wieder einige Fortschritte bei ihr sehen, gegenüber dem letzten Besuch. Und so sind wir gespannt auf die Fortschritte bei unserem nächsten Besuch.“

Es fällt also nicht nur uns auf!!! Zudem können wir auch noch die folgenden Bilder gegenüberstellen:

In etwas weniger als zwei Wochen schafft Stephanie (höchstwahrscheinlich besonders Dank der kontinuierlichen Botox-Behandlungen), ihre linke Hand bzw. die letzten beiden Finger aus eigener Kraft immer weiter zu öffnen. Auf dem Foto links sieht man ganz deutlich, dass sie den Ringfinger und den kleinen Finger relativ gekrümmt hält, da der Spasmus im Unterarm und im Handgelenk die Muskeln noch zu sehr an der kurzen Leine halten. Als sie mir dann aber gestern mal ihre Fingernägel zeigen sollte, gelang ihr schon diese weite Öffnung – klasse! Und ich konnte zudem alle Finger mit meiner Hand noch etwas gerader ziehen, ohne dass es ihr Probleme bereitete oder schmerzte:

Bei unseren Besuchen ist es uns nicht so sehr aufgefallen, aber durch den direkten Vergleich der Fotos mit fast 14 Tagen Unterschied ergibt sich eine ganz andere Sicht auf solche Fortschritte. Stephanie und wir freuen uns jedes Mal wie Schneekönige … und zum Glück motiviert sie das immer noch zusätzlich, trotz der gefühlten „Langsamkeit“ kontinuierlich weiterzumachen, egal wie stupide und langweilig die Übungen auch sein mögen.

Ja, selbst bei den „stupidesten“ Übungen macht sie tapfer mit – manchmal muss sie sogar selbst so herzlich darüber lachen, dass ihr Tränchen über die Wangen kullern (die sie mittlerweile aber auch selbst wieder wegwischen kann!). Führt doch mal selbst als Erwachsener folgende Sprachübungen für ca. 10 Minuten durch, ohne vorher gelangweilt abzubrechen    😉

Carsten liest vor und Stephanie muss das (sinnlose) Wortkonstrukt dreimal deutlich wiederholen:

BA-LA-KA … BA-LA-KA, BA-LA-KA, BA-LA-KA
DA-LA-KA … DA-LA-KA, DA-LA-KA, DA-LA-KA
BA-LA-KE … BA-LA-KE, BA-LA-KE, BA-LA-KE
DA-LA-KE … DA-LA-KE, DA-LA-KE, DA-LA-KE
BA-LA-KI … BA-LA-KI, BA-LA-KI, BA-LA-KI
DA-LA-KI … DA-LA-KI, DA-LA-KI, DA-LA-KI
BA-LA-KO … BA-LA-KO, BA-LA-KO, BA-LA-KO
DA-LA-KO … DA-LA-KO, DA-LA-KO, DA-LA-KO
BA-LA-KU … BA-LA-KU, BA-LA-KU, BA-LA-KU
DA-LA-KU … DA-LA-KU, DA-LA-KU, DA-LA-KU
BA-LA-KÄ … BA-LA-KÄ, BA-LA-KÄ, BA-LA-KÄ
DA-LA-KÄ … DA-LA-KÄ, DA-LA-KÄ, DA-LA-KÄ
BA-LA-KÖ … BA-LA-KÖ, BA-LA-KÖ, BA-LA-KÖ
DA-LA-KÖ … DA-LA-KÖ, DA-LA-KÖ, DA-LA-KÖ
BA-LA-KÜ … BA-LA-KÜ, BA-LA-KÜ, BA-LA-KÜ
DA-LA-KÜ … DA-LA-KÜ, DA-LA-KÜ, DA-LA-KÜ
BA-LA-KAU … BA-LA-KAU, BA-LA-KAU, BA-LA-KAU
DA-LA-KAU … DA-LA-KAU, DA-LA-KAU, DA-LA-KAU
BA-LA-KEI … BA-LA-KEI, BA-LA-KEI, BA-LA-KEI
DA-LA-KEI … DA-LA-KEI, DA-LA-KEI, DA-LA-KEI
BA-LA-KEU … BA-LA-KEU, BA-LA-KEU, BA-LA-KEU
DA-LA-KEU … DA-LA-KEU, DA-LA-KEU, DA-LA-KEU

Und danach sogar als Doppelwort:

BA-LA-KA-DA-LA-KA … BA-LA-KA-DA-LA-KA, BA-LA-KA-DA-LA-KA, BA-LA-KA-DA-LA-KA
BA-LA-KE-DA-LA-KE … BA-LA-KE-DA-LA-KE, BA-LA-KE-DA-LA-KE, BA-LA-KE-DA-LA-KE
usw.

Na, Hand aufs Herz, wer hat mitgemacht und sich wirklich alles durchgelesen?    😉

Wir kannten diese Art der Übung schon aus der Klinik in Geesthacht, wo allerdings mit der Silbenkombination PA-TA-KA (mit E, I, O & U) die Zunge und der Mundraum trainiert werden sollte. Damals noch, damit man Stephanie überhaupt verstehen konnte, heute, damit man sie bald noch sehr viel besser versteht. Und wir ziehen das auch gerne gemeinsam durch, selbst wenn Pataka, Balaka und Dalaka uns allen in drei Wochen mit ziemlicher Sicherheit aus den Ohren herauskommen wird.

Wie sehr sie diese Zungenbewegungen anstrengt, sehen wir alleine schon dadurch, dass Stephanie zu Anfang unseres Besuches nur recht wenig nuschelt, aber nach dem vielen Erzählen und auch den diversen Sprachübungen zum Besuchsende hin immer undeutlicher in ihrer Aussprache wird. Glaubt uns, nach „BA-LA-KA“ und „DA-LA-KA“ folgen nämlich noch weitere Übungen, z.B. mit „Strömern“ und „Klingern“ … eben alles im Dienst der Medizin, der Gesundheit und des Heilungsprozesses.

Wer uns kennt, weiß allerdings auch, dass wir selbst bei solch ernsten Dingen genug Blödelpotential mit unterbringen und sogar das Kind spielt dabei gerne mit. Als es einmal um die Strömungslaute (z.B. „fffffff“) ging, musste Stephanie vorgegeben Worte von Carsten wiederholen. Bei Fffffffffrankfurt hängte sie noch schelmisch lächelnd ein „an der Oder“ mit an und bei Carstens ausgesprochenen „Ffffffffereinigten Staaten von Amerika“ korrigierte sie sofort, dass das nicht gilt und mit einem V geschrieben wird.

Ihr merkt, selbst die drögesten Übungen können wir OLCAs uns noch schmackhaft machen und versüßen … wow, das sind sehr gute Stichwörter, kommen wir gleich mal zum Essen    🙂

Zur Erinnerung: an unseren Besuchstagen in der Woche (nach der Arbeit) essen wir stets mit Stephanie gemeinsam zu Abendbrot und holen dabei in der Regel auch den Geschmack-des-Tages (teils nur für sie, oft aber auch für uns alle) aus dem Transportbeutel. Am Dienstag waren es gleich zwei Sorten Fleischsalat, die unser Kind natürlich äußerst gerne gegen den eigentlich für sie vorgesehenen Frischkäse eingetauscht hat    😉

Einmal gönnten wir uns Baumkuchenspitzen, die im Inneren nicht so krümelig waren, sodass Stephanie diese ohne Verstoß gegen ihre Lebensmittelvorgaben essen konnte. Wir fanden an dem Tag zudem erstaunlich, mit welcher Vorsicht sie die einzelnen Stücke für sich und uns aus der zum Teil hakeligen Verpackung, ähnlich wie bei Dominosteinen, fischte, ohne die mit Schokolade überzogenen Kuchenteilchen zu zerquetschen oder gar zu zerbrechen. Klar, es fehlt ihr sicherlich noch einiges an Feinjustierung und Geschick, aber ansonsten hielten wir ihre Ausführung schon für eine sehr beachtliche Sache. Geschmeckt hat der Baumkuchen natürlich ihr und uns äußerst lecker!

Am Donnerstag bekam sie India-Frischkäse auf Graubrot, welches sie zuvor selbst schmieren musste. Hier machen sich natürlich schon unsere vergangenen Trainingseinheiten bemerkbar, auch wenn Stephanie größtenteils immer noch angewiesen und im Umgang mit dem Besteck etwas geführt werden muss. Beim Essen durfte aber selbst Linki auch mal ran und hatte damit die Stücke einer Brothälfte mit der Gabel zum Mund zu führen. Für den ersten Bissen brauchte sie noch etwas Unterstützung (siehe Foto), aber dann klappte es so gut, als hätte sie das schon seit Wochen so gemacht.

Die weiteren Geschmäcker-des-Tages: da der India-Frischkäse es ihr echt angetan hatte, versprachen wir für Samstagnachmittag den Rest aus der Schale mit kleinen Pitabroten (ungetoastet und somit weich) und heute holte ich ihr den Geschmack von Kiwis ins Gedächtnis zurück. Beim Telefonat mit Carsten äußerte sie jetzt sogar den Wunsch, einmal Rosenkohl probieren zu wollen, da wir diesen heute als Mittagessen hatten. Sie testet echt alles aus!

Vor oder zusammen mit dem Essen muss sie aber auch immer ihre Medikamente nehmen. Eine Zugabe in flüssiger Form gab es bislang immer zu Anfang und die Tabletten wurden entweder in gemörserter Form als Pulver oder zerkleinert mit dem Yoghurt verabreicht. Carsten probierte nun mal die nächste Stufe aus, damit Stephanie ihren Yoghurt zukünftig auch gänzlich ohne bitteren Beigeschmack durch die Medis genießen könnte: er übte mit ihr die Einnahme im Ganzen und mit Trinken. Doch das Kind brauchte gar keine Übung und schluckte die zum Teil schon recht großen Pillen und Kapseln sogar völlig ohne eine zusätzliche Flüssigkeitszufuhr runter. Wir haben nicht schlecht gestaunt und mittlerweile hat sie sogar mit den Pflegern den Deal, die jeweilige Pillendosis auf einmal in den Mund zu bekommen, herunter zu schlucken und anstandshalber danach doch noch etwas zu trinken. RESPEKT !!! Mit einer so raschen Entwicklung hätten wir nicht einmal in unseren kühnsten Träumen gerechnet … vor allem, da wir das so ja selbst nicht mal könnten    🙂

Dafür stehen wir wohl noch vor so mancher Herausforderung, wenn es um das Bewältigen von Alltagssituationen geht. Hier fehlt ihr leider immer noch die Routine, Strategieentwicklung und Problemlösung, wie man an solche Aufgaben heranzugehen hat.

Beim Blättern, Öffnen von Boxen, dem Einschalten von Geräten (z.B. für Musik) oder dem Umgang mit Hilfsmitteln zeigen sich leider noch zu große Lücken, die wir nun mit immerwährendem Training schließen wollen. Dann gibt es jetzt eben eine Überraschung nicht mehr direkt in die Hand gedrückt, sondern in einer Schachtel und Stephanie muss zunächst mal da rankommen. Bislang hilft die linke Hand nur sehr wenig, wenn sie zwar die Box gegen das Verrutschen fixiert, dabei aber leider auch von oben auf den Deckel drückt – ihr fällt das noch nicht intuitiv auf und sie ackert umso mehr mit der rechten Hand an dem störrischen Objekt.

Auch beim Ausziehen ihrer linken Handorthese hat sie das Prinzip von Klettverschlüssen und den Ösen an der Seite nicht verstanden.

Sie findet die Anfänge der Verschlüsse noch nicht selbstständig und bekommt die Halteriemen zudem nicht von alleine aus den Metallringen heraus … erst wenn man ihr Anweisungen gibt und ihre Finger an die jeweiligen Stellen setzt bzw. diese dann in die richtigen Richtungen bewegt.

Carsten und ich haben dazu folgenden Gedanken entwickelt:
Stephanie geht es da wahrscheinlich ähnlich wie einem Baby oder Kleinkind. Diese können solche Handgriffe ja auch nicht sofort, sondern gucken sich in der Regel die Handlungen erst bewusst oder unbewusst bei anderen Personen ab – Beispiele wären hier das Tippen auf einer Fernbedienung oder ein Handy ans Ohr zu halten und dort hinein zu sprechen. Doch genau diese Abguck- und Beobachtungsphase fehlt unserem Kind völlig. Ergo müssen wir nun immer wieder auch mal solche Alltagssituationen, wie z.B. eine Box aufzumachen, einen Brief zu öffnen usw., mit ihr durchgehen und üben.

Das ist ihr zum Glück auch selbst sehr bewusst und somit macht sie jede in ihren Augen noch so stumpfsinnige Übung ganz toll und bis zum Schluss (konzentriert) mit. Wir denken mal, auch das unterscheidet sie sehr von manch anderen Personen in einer ähnlichen Situation, die irgendwann die Lust und Laune verlieren und dann ggf. nur noch resignieren oder abblocken. Davon ist sie derzeit aber noch weit entfernt, vor allem, da sie von allen Seiten so viel Zuspruch, Lob und Anerkennung bekommt – selbst für in ihren Augen schon recht popelige Selbstverständlichkeiten.

Anderes Beispiel: schon beim Ziehen von Grimassen scheint sie ihre Gesichtsmuskeln nicht auf die richtige Art und Weise kontrollieren zu können und wir könnten da noch so viel erklären, was denn genau zu tun wäre. Hier sind wir wahrscheinlich wieder beim Thema Abgucken und Abkupfern von anderen (s.o.) – ihr und uns fehlt da einfach der ganztägliche Kontakt, wie es eben bei Babys oder Kleinkindern normalerweise der Fall ist, wo ja ständig zwischen Kindern und Eltern interagiert wird – „Oh guck mal, ein XYZ!“

Da auf dem Gelände der Pflegeeinrichtung immer wieder mal Leute mit Hunden sind, hat sie dazugehörigen Verhaltensmuster beispielsweise schon sehr gut drauf. Sie freut sich über jeden Dackel und jedes Schwanzwedeln und versucht auch stets, eine Streicheleinheit an den Wuffi abzugeben. Ob am Boden …

… oder auf dem Schoss:

Doch leider werden wir wohl nicht mehr lange vorbeilaufende Hunde sehen können, denn es wird zunehmend schattig in Deutschland, als dass man bald noch stundenlang draußen sitzen könnte. Vor allem, wenn sich unsere Besuchszeiten in der Regel auf 3-4 Stunden ausdehnen. Letztens habe ich schon mal ein wenig geschwächelt:

Mit Stephanies Muff und meinem Schal über der Nase konnte ich dann nur noch an verbalen Spielen und Übungen teilnehmen. Dem kälteliebenden Kind wird es sicherlich auch bald zu ungemütlich werden und wir müssen uns dann ein ruhiges Plätzchen innerhalb der Gebäude suchen. Wir halten euch auf dem Laufenden.

Hier noch ein paar Infos in Newstickerform, da der Blogeintrag eh schon wieder viel zu lang und zu ausführlich geworden ist:

  • Die Pflegekasse und der MDK haben sich nun final auf den Pflegegrad 5 geeinigt … damit wäre zumindest die medizinische und therapeutische Versorgung in trockenen Tüchern.
  • Ihr Kurzzeitgedächtnis scheint wieder etwas aktiver zu werden, denn Stephanie erinnert sich immer mehr an Dinge von gestern oder vor Tagen. Am Dienstag befragten wir sie zum Wochenendbesuch und sie konnte sich unter anderem daran erinnern, mit Andrea telefoniert und beim Kniffel nur verloren zu haben. Und bzgl. Käse denkt sie immer noch daran, wie sie vor zwei Wochen meinen ekeligen Bergkäse erwischt hat … sowas kommt definitiv vor allem aus dem Kurzzeitgedächtnis heraus.
  • Nach Auskunft der Ergotherapeuten war Stephanie selbst nach zwei Wochen Pause 15 min ohne Kreislaufprobleme im Standing, schaffte mit dem Motomed schon stattliche 1,7 km und bedient ein Spiel auf dem Tablet hochkonzentriert für ca. 10 min.
  • Carsten und ich haben uns vor Kurzem darüber unterhalten, dass Stephanie nicht mehr so viel orientierungslos herumblickt, wie es z.B. noch damals in der Vamed-Klinik der Fall war. Ihr Orientierungssinn hat sich demnach schon sehr gebessert und sie fokussiert sich auch sehr viel einfacher auf das Geschehen um sie herum. Leider ist sie dadurch aber auch wieder etwas leichter ablenkbar …
  • An die guten, alten Kindermärchen kann sie sich fast gar nicht mehr erinnern. Wir haben einmal drei Begriffe genannt und sie sollte das dazugehörige Märchen erkennen: Zwerge, Apfel, Hexe = nein … Wolf, rote Mütze, Oma = nein … Geißlein, Wolf, Steine im Magen = nein. Einerseits schade, aber andererseits auch wieder eine Chance, Märchen vorzulesen oder Stephanie am Ende mal selbst lesen zu lassen, wenn sie das mit dem Umblättern, Halten und Durchlesen wieder drauf hat.
  • Dafür überraschte sie uns bei einem (Kinder-)Quiz mit doch noch recht vorherrschendem Wissen. Ich las Fragen und vier Antwortmöglichkeiten vor, die wir dann alle beantworteten bzw. kommentierten. So wusste sie u.a., dass Mode keine Kategorie beim Nobelpreis ist (Physik, Chemie, Frieden, Mode) und dass Marie Curie eine Physikerin war.
  • Mit einem anderen Spiel testeten wir ihr Kurzzeitgedächtnis und wollten mal ihre Phantasie aus der Reserve locken – ich habe ja schon im Blog geschrieben, dass kindliches und somit phantasiereiches Spielen bei ihr gar nicht mehr funktioniert. Also gab Carsten drei Wörter vor und sie sollte daraus eine kurze Geschichte oder einen Witz basteln (z.B. Drache, Schloß & Himmel). Doch auch hier fiel es ihr sehr schwer, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Dafür konnte sie sich anfangs noch recht gut die drei vorgegebenen Worte merken, aber sie verhaspelte sich zunehmend mit früheren Worten und „vergaß“ somit eines von den Aktuellen. Doch nicht vergessen hatte sie, dass wir reihum spielen wollten und nach ihrem berechtigten Protest ging die zweite Kombination aus Hase, Huhn und Ei an mich    😉

So, langsam sollte ich mal Schluss machen – Lob an die, die bis hier noch durchgehalten und aufmerksam mitgelesen haben. Wenn ich die Zusammenfassung der Woche schreibe, komme ich leider auch allzu oft ins Träumen und Schwärmen, sodass ich einfach kein Ende finden kann.

Alle Fotos sind nun in dem Text eingebunden, alle wichtigen Infos weitergegeben (glaubt mir, ich könnte noch sehr viel mehr auflisten!) und das Korrekturlesen wartet ja auch noch auf mich und Carsten. Wahrscheinlich bin ich ebenso wie ihr gespannt, wie sich so manches in der nächsten Woche entwickeln wird!

Habt noch einen schönen Abend und vor allem einen ruhigen Start in die neue (Arbeits-)Woche. Drückt Stephanie bitte weiterhin die Daumen, dass es auch künftig so bergauf geht, und habt nochmals vielen lieben Dank für eure zahlreichen Reaktionen, Kommentare und Wünsche – das bedeutet mir wirklich sehr viel! Und Stephanie hilft es ebenfalls …



2021 10.
Okt.

Dieses Wochenende sind mal wieder Stephanies Vater und seine Frau aus der Nähe von Meißen bzw. Dresden in den Norden gekommen und haben die Besuchszeiten an den beiden Tagen übernommen. Dadurch beschränkt sich meine heutige Zusammenfassung eigentlich auch nur auf drei Besuche in der vergangenen Woche: Dienstag nach der Arbeit war ich alleine bei ihr, da Carsten abends während eines Wartungsfensters anwesend sein musste, Mittwochvormittag warteten Stephanie, Carsten und ich auf jemandem vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen), da eine Vor-Ort-Untersuchung für die Pflegegradbestimmung stattfinden sollte, und am Donnerstagnachmittag hatten wir drei unsere einzige „reguläre“ und gemeinsame Besuchszeit. Dennoch gibt es reichlich zu berichten – keine Angst    😉

Dann fange ich doch gleich mal mit diese Meldung an: wir haben ihr Platzdeckchen gesehen und mal für euch abfotografiert …

Na, warum hat sie sich wohl dafür entschieden? Na klar, dieser tolle Wolkenhimmel ist ganz und gar ihr Ding!!! Das begeistert sie definitiv sehr viel mehr als jedes Bild mit einem Sandstrand, einer Spiegelung im See, einem Fahrzeug, einer Filmsequenz oder einem Vereinsemblem. Unsere kleine Meteorologin …

Toll fand ich diese Woche besonders, dass man mit ihr insgesamt etwas mehr über Dinge des Tages quatschen konnte, da sie sich diesmal sogar recht gut daran erinnern konnte. Sie scheint wohl gerade wieder mal einen erfreulichen Leistungsschub zu haben, denn viele Übungen sitzen bereits nach nur wenigen Versuchen oder zeigen deutliche Entwicklungen von Besuch zu Besuch. So z.B. das Umblättern bei Zeitschriften oder auch Fotoalben, die Nutzung eines Lippenpflegestiftes (darf ich „Labello“ sagen, ohne gleich Werbung dafür zu machen?) hat sie fast schon komplett von der Öffnung bis zu Schließung drauf und selbst bei der Nutzung von bekannten und neuen Spiele-Apps machte sie immer wieder eine sehr gute Figur. So hatte sie bei einer erstmalig genutzten Puzzle-App nur am Anfang etwas Probleme, aber dann flutschte es zunehmend besser. Und bei unseren Gesprächen über die vergangenen Tage nennt sie nun immer öfters Namen der anderen Bewohner, kann sich noch zielsicherer an Übungen und die Dauer bei den Therapiestunden erinnern und spricht auch schon über andere Kleinigkeiten des Tages. Besonders, wenn es ihr wichtig war.

So auch über ihren letzten großen Test der Logopäden, die ja schließlich über die Freigabe weiterer Essensvarianten entscheiden. Am Dienstag bekam sie zum Abendessen schon Graubrot mit Rinde, Scheibenwurst, Gurkenscheiben und Paprikastreifen, da sie mittags mit einem unpürierten (!!!), dafür aber klein geschnittenen Nackensteak (!!!) keine sonderlich großen Schwierigkeiten hatte und dadurch wohl die nächste Lockerung erreichte. Dieses Erfolgserlebnis mit dem Steak erzählte sie sogar Carsten freudestrahlend am Telefon, so wichtig war ihr das:

Wenn wir schon mal beim Essen angelangt sind, kann ich mit diesem Oberbegriff ja erst einmal weitermachen. Da es insgesamt doch nur zwei reguläre Besuchstage waren, bekam sie eben auch nur zwei Mal den Geschmack-des-Tages: am Dienstag waren das Apfel und Birne (sie hat sogar die Begriffe richtig zugeordnet) …

… und am Donnerstag einen Rest meines selbstgemachten Thunfischsalates, den sie trotz „Fisch“ als sehr lecker empfand und zum Abendessen genüsslich weglöffelte.

Doch egal was wir ihr bislang vorsetzt haben, sie genießt derzeit jeden einzelnen kulinarischen Ausflug – selbst Oliven, natürlich ohne Stein (hat sie die vor dem Vorfall auch schon gegessen?), und einen Smoothie mit Banane, Ananas und Kokos fand sie letztendlich sehr lecker.

Nur bei eigentlich harmlosen Cornichons guckte sie uns nach dem ersten Kauen fragend an und betitelte sie als sehr scharf … häh?!? Und dabei hatte sie sogar Recht, denn das Gurkenglas war nicht von uns gekauft, sondern blieb nach einer kleinen Feier übrig und wir hatten vorher nicht genauer auf das Etikett geachtet: Cornichons mit Chili. Sie machte aber dennoch keine großen Anstalten oder wollte es ausspucken, sondern aß tapfer zu Ende und schluckte alles runter. Aber einen Nachschlag wollte sie hiervon natürlich nicht    😉

Doch trotz aller Gelüste und vermisster Geschmäcker, selbst einen Bissen von ihrem heißgeliebten Mettbrot gibt sie weiterhin gerne ab … herrlich, Stephanie füttert Carsten!!!

Natürlich haben wir die drei Besuchstage nicht nur gefuttert und gefüttert, sondern auch viel gespielt und geübt … letzteres durchaus öfters im Kontext Essen    🙂

Wie schon die letzten Male, versuchen wir weiterhin ihr Abendbrot ungeschmiert aus der Küche zu bekommen, damit wir mit Stephanie das Schmieren eines Brotes mit Butter und Aufstrich üben können. Selbstverständlich braucht sie weiterhin noch viel Hilfe in Form von Anweisungen, Handgriffen und Halten, aber meiner Meinung nach wird auch das schon zunehmend besser:

Insbesondere Linki ist ja leider noch zu sehr in der Bewegung eingeschränkt, als dass Stephanie mit ihren Händen schon all die Dinge erledigen könnte, wie jeder andere auch. Besonders beim Halten von Schüsselchen und Bechern macht sich das deutlich bemerkbar, während die rechte Hand mit einem Messer, einer Gabel oder einem Löffel etwas herausfischen muss. Durch die Spastik ist es für sie z.B. sehr schwer, die jeweilige Öffnung immer schön gerade nach oben zu bringen oder sie dort zu halten. Sie kann dafür ja nicht mal eben das Handgelenk richtig öffnen und drehen, sondern das Gehaltene eigentlich nur gegen ein Wegrutschen fixieren, besonders wenn es zusätzlich auf dem Tisch o.ä. steht.

Beim Yoghurtbecher wollten wir es dann aber mal wissen, also starteten wir einen Versuch in die andere Richtung. Rechti kann den Becher zwar perfekt halten, aber Linki schafft die Bewegungen in alle Richtungen für das Herausfischen, das Führen zum Mund ohne alles zu verlieren und auch das koordinierte Drehen und Halten des Löffels noch nicht. Wir bleiben da aber dran, denn mit Rechts hatte sie anfangs ja die gleichen Probleme und es landete mehr auf dem Latz als im Mund    😉

Dafür überraschte sie uns auf Anhieb mit dem Schlucken ihrer Medikamente in Pillen- und Kapselform. Anfangs wurde im Vorfeld noch alles gemörsert und während Carsten sich mit Stephanie dem Hauptgang widmete, rührte ich das Pulvergemisch immer munter in den Pudding oder Yoghurt. Wenn wir dann mal ungemörserte Medikamente bekamen, verteilte Carsten die Pillen und das Pulver der Kapseln auf einem Löffel Yoghurt und Stephanie schluckte alles sofort und ohne Kauen runter. Leider blieb dann zu ihrem Leidwesen von Nachtisch am Ende nicht mehr so viel übrig, dass sie diesen noch hätte genießen können. Doch am Donnerstag ließen wir mal alle Pillen und Kapseln in Rohform (auch die etwas Größeren) und Stephanie sollte sie mit ihrem Getränk einzeln hinunterschlucken. Und siehe da, sie hatte Null Probleme damit und ab sofort werden wir ihr die Medis immer nur mit Wasser geben, damit ihr der Nachtisch als Genuss und Abschluss erhalten bleibt. Spätestens nächste Woche wissen wir, ob es immer so klappt und könnten dann einen Hinweis an das Pflegezentrum geben, damit sie zu jeder Mahlzeit auch ohne uns das Schlucken mit einer Flüssigkeit durchführen kann. Denn: sie schluckt zwar die Medikamente erfolgreich runter, aber das Legen der Pille in den Mund bzw. auf die Zunge erfordert natürlich noch ein Zutun durch einen Dritten. Aber der erste Schritt ist mal wieder gemacht und wir drei sind glücklich über diesen weiteren kleinen Fortschritt.

Wir sind auch noch immer mit Eifer dabei, mit ihr das Überziehen der Ärmel zu üben (leider sind noch zu viele Anweisungen und Hilfen notwendig), sowie das Umblättern von Seiten (bei dickeren Seiten, z.B. einem Fotoalbum, erkennt sie sofort, wenn sie mehrere erwischt und korrigiert nach) …

… und das Finden und Berühren der eigenen Ohren (diese Bewegung hat sie jetzt sogar schon ganz autark mit Linki drauf!). Neu hinzugekommen sind nun noch die Benutzung eines Labellos (wie erwähnt ist das schon fast perfekt) und am Donnerstag starteten wir das eigenständige Ausziehen der linken Handorthese.

Warum ausgerechnet das? Weil man ihr nach dem Anlegen mal gesagt hat, dass sie diese nach mehr als drei Stunden Tragen auch gerne selbst abnehmen kann, worauf sie wiederum in Tränen ausbrach, weil sie das leider nicht beherrscht. Deshalb bringen wir ihr nun das Öffnen der insgesamt sechs Klettverschlüsse sowie das Festhalten der Orthese mit Rechti, während Linki sich herauszieht, bei. Beim allerersten Mal klappten die Handgriffe zwar schon recht gut, aber natürlich noch mit viel zu vielen Anweisungen und Hilfestellungen, z.B. wo der Anfang und das Ende eines solchen Klettverschlusses überhaupt ist. Aber das beherrscht sie bald wie aus dem Effeff, wetten? Wir bleiben jedenfalls dran …

Kommen wir zum Spielen. Während ich weiterhin vorrangig für das künstlerische (Malen, Singen etc.) und sprachliche (Russisch, Englisch, Lesen etc.) zuständig bin …

… kümmert sich Carsten in erster Linie um das Variieren und die Zweckentfremdung von Gesellschaftsspielen – der Klassiker und Dauerbrenner ist hierbei schon seit Monaten dieses Memory:

Anfangs nahmen wir nur den hier schon öfters beschriebenen Sechserpack aus Wolke, Regenschirm und Huhn (die drei erkennt sie mittlerweile sofort) sowie Apfel, Birne und Möhre (hierbei kommt sie weiterhin ins Straucheln). Dann erweiterten wir auf die restlichen Kärtchen, die sie zunehmend auch erkannte und mittlerweile fast schon fehlerfrei benennt. Insbesondere hier merkt man, dass sie am Anfang noch völlig konzentriert und dadurch fehlerfrei ist, mit fortschreitender Zeit aber immer unkonzentrierter wird und dann mehr und mehr kleinere Hilfen benötigt.

Nun haben wir alles erweitert und am Mittwoch zum ersten Mal auch den bislang ausgemusterten Kartensatz mit den Umrissen bzw. Schatten dazu genommen. Ein Memorypärchen besteht hier eigentlich aus einem bunten, aber gemalten Echtbild und einem Schattenbild bzw. nur dem schwarzen Umriss. Im richtigen Spiel gilt es also diese Pärchen zu finden und aufzudecken – so weit ist Stephanie aber noch lange nicht. Doch sie bekam nun fünf „Echtbilder“ vor sich gelegt und einen dazugehörigen Umriss, dann sollte sie das Pärchen finden.

Wir waren echt beeindruckt, dass sie im direkten Vergleich der Kärtchen kein Problem mit der Zuordnung hatte, aber man merkte das oben Erwähnte bzgl. der Konzentration schon sehr deutlich. Beim ersten Durchlauf mit allen Bildchen waren Affe und Banane kein Problem für sie und sie wusste auch, dass Affen gerne Bananen essen. Beim Durchlauf mit den Schattenbildern aber „fehlte“ ihr diese Info schon wieder und sie antwortete völlig überzeugt „Affen essen Käse“. Erst mit unserer Hilfe („Affen essen Ba …“) kam sie auf die richtige Lösung. Ergo, das Wissen ist auf jeden Fall da, es wird eben nur nicht immer schnell gefunden. Ach ja, da ist ja wieder die Analogie zu Hund, Katze, Wuff und Miau    🙂

Als Zusatztest haben wir ihr auch mal nur einzeln die Schatten des Sechserpacks gezeigt und hier ebenfalls das gleiche Bild wie mit den Echtbildern: Wolke, Regenschirm und Huhn erkennt sie auf Anhieb, Apfel, Birne und Möhre wiederum nicht, obwohl selbst die Schatten dieser drei Dinge mehr als eindeutig sein dürften    🙁

Zum Abschluss möchte ich noch zwei Themen kurz anreißen.

Thema 1: Beim Warten auf den MDK haben wir von unserem Pavillon aus u.a. dem Treiben auf dem Gelände der Pflegeeinrichtung zugeschaut, wo fleißig für eine kleine Olympiade nach dem Mittag aufgebaut wurde. Zuerst hat Stephanie zwar bezweifelt, dass sie an den Stationen mit teilnehmen kann, doch am nächsten Tag zeigte ihr Stationsschein (unten rechts), dass es doch nicht so war, denn sie hatte ja schließlich für alle sechs Aufgaben einen Aufkleber bekommen:

Hier scheint also immer jeder in alles mit involviert und einbezogen zu werden – wir finden das so toll! Somit bleibt es bei unserer Meinung und unserem Eindruck: diese Einrichtung war mitunter das Beste, was Stephanie nach der Entlassung aus dem Krankenhaus und der Rehastation passieren konnte.

Thema 2 zielt natürlich auf den Besuch des MDK ab. Stephanie hat ihre Sache recht gut gemacht und das Gespräch mit der Dame verlief wie erwartet. Das Kind zeigte zum Glück keine übertriebene Nervosität oder ein ungewöhnliches Ausbrechen aus dem allgemeinen Zustand – bei Tests ist Stephanie leider immer etwas unberechenbar. Also stellte man „Frau Meier“ (das findet sie immer noch sehr komisch) Fragen, auf die sie Antworten wusste (Schmerzen, Geburtsdatum, Alter), aber dann auch welche, die sie zwar wahrheitsgemäß, aber eben nicht richtig beantwortet hat … „Welchen Monat haben wir?“ – „Weiß nicht.“ … „Wo waren Sie vorher?“ – „Wentorf.“ … usw.

Jetzt heißt es für Stephanie, Carsten und mich sowie für die Einrichtung abwarten, bis dass der MDK aufgrund dieses Treffens samt Unterhaltung mit uns und dem Pflegepersonal eine finale Einschätzung zum Pflegegrad abgibt. Stephanie kann zum Glück nicht viel dabei verlieren, aber auf uns kommt dann definitiv wieder etwas Arbeit zu, denn das Ergebnis müssen wir ja an diverse Behörden und Institutionen verteilen, die daraus wiederum neue Berechnungen generieren und uns zurückschreiben werden. Hoffentlich hält sich der resultierende Papierkram in Grenzen … so viele Briefe, wie in den letzten paar Monaten, haben wir nicht mal in den vorangegangenen Jahren frankiert und verschickt.

Aber beenden wir diesen Blogeintrag doch mit etwas Schönerem als diese Erkenntnis – wir finden es jedenfalls immer ganz toll, wie schön und liebevoll man Stephanies Bett über den Tag drapiert:

Oder was sagt ihr dazu?



2021 03.
Okt.

Die richtig guten Nachrichten zuerst im Kurzticker:

  • die Krise von letzter Woche war glücklicherweise nur ein kleines und vor allem kurzes Strohfeuer … wir drei haben uns am Dienstag darüber ausgesprochen, sie hat sich unendlich oft entschuldigt und es wurden auch gleich mal die nächsten Ziele von ihr festgelegt, an denen wir nun eifrig arbeiten
  • in der 42. KW ist die Entfernung der PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie = künstlicher Mageneingang) geplant … Stephanie freut sich wie Bolle und damit verbleibt am Ende mit dem Urostoma (künstlicher Blasenausgang bzw. SPK) nur noch ein einziger Dauerschlauch an ihrem Körper
  • unser Kind ist seit Donnerstag vollständig durchgeimpft … willkommen im Club der 2G-Nutzer
  • Stephanie sagt auch, dass sie wohl schon die positive Wirkung der Botox-Behandlung bemerkt, denn Linki ist ihrer Meinung nach noch etwas freier in der Bewegung geworden und in den Beinen hat sie nun sehr viel weniger Krämpfe

Und mit diesen Stimmungsaufhellern verlief die letzte Woche auch insgesamt wie am Schnürchen. Wir haben viel ausprobieren können, viel geübt und natürlich auch wieder ein paar kleinere Erfolge erzielt.

Mit unserem „Geschmack des Tages“ möchten wir Stephanie im Rahmen ihres erlaubten Kostplans wieder langsam an die vielen kulinarischen Genüsse heranführen und auch ausloten, was sich geschmacklich bei ihr eventuell geändert haben könnte: am Dienstag gab es auf ihrem Brot Zunge als Wurstscheibe (fand sie so lala), am Donnerstag Bierschinken im Ganzen (zugegeben, Wurst ohne Brot ist unfair, denn welcher Nichtvegetarier/-veganer würde das nicht mögen?!?), am Samstag Rindermett (diese Form des „Hackepeters“ haben wir selbst erst hier im Norden kennen- und (wie unser Kind) mittlerweile lieben gelernt) und heute verwöhnte ich sie mit einer frischen Avocado.

Doch die größte Überraschung gab es gestern zum Frühstück, wo sie zu ihrem süßen Brötchen mit Belag auch noch zwei Stücke Pfirsich und zwei Stückchen Ananas bekam:

Ananas war ja eigentlich noch nie so richtig ihr Ding und bei der Beschreibung von Pizza Hawaii zeigt sie auch heute noch trotz ihres Gedächtnisverlusts nicht gerade ein Das-will-ich-essen-Gesicht. Doch pur scheint sie nun echt Freude dran gefunden zu haben – wir waren etwas baff. Gut zu wissen …    🙂

Bei den neu eingeführten Übungen hielten wir uns u.a. an ihren Wunsch, als Freizeitbeschäftigung zuerst das Lesen wieder durchführen zu können. Ergo besorgten wir ihr Zeitschriften und packten diese in eine Art Rollirucksack, mit denen sie ab jetzt immer dann trainieren kann, wenn ihr danach ist … natürlich, wenn ihr jemand zuvor jene herausholt und sie vor ihr auf den Tisch legt. Doch unsere erste Aufgabe war zunächst das Erlernen des Umblätterns:

Zwar erwischt sie noch zu oft mehr als nur eine Seite, aber die Feinmotorik und Fähigkeit, mit den zum Teil auch mal durch Lecken angefeuchteten Fingern zu arbeiten, wurde von Besuch zu Besuch sichtbarer. Sie scheint wohl auch schon selbst hier und da mal zu üben und sich die Bilder und Texte anzuschauen. Der Anfang wäre damit gemacht.

Am Donnerstag musste sie uns eine Postkarte vorlesen, die sie von einer Therapeutin bekommen hat, die derzeit in Dresden und der Sächsischen Schweiz Urlaub macht. Das Lesen des Textblocks klappte dabei sogar schon überraschend gut und Stephanie hat sich eigentlich nur einmal in der Zeile vertan und somit die richtige Stelle verloren, doch sie brauchte nicht lange, um sie wiederzufinden und weiterzulesen.
Heißt: wer also Lust hat, kann ab sofort gerne ein paar Zeilen auch direkt an sie schicken – ob als Brief, als Postkarte oder auch als Email. Falls es nicht mehr bekannt sein sollte, die Postadresse findet ihr hier und die Emailadresse setzt sich bei uns allen aus Vorname.Nachname@marvinchen.de zusammen. Wir werden ihr dann alles bei unserem nächsten Besuch mitbringen und sie selbst durchlesen lassen.

Wie schon im letzten Blogeintrag angedeutet, haben wir auch weiterhin das Schmieren ihres Brotes zum Abendessen geübt und es zeigen sich sogar schon erste Erfolge – doch ganz alleine geht es natürlich noch nicht. Und auch das Hunde-Memory kam wieder zum Einsatz, diesmal mit der Variante, dass vor ihr ein Welpenbild mit abgedecktem Rassenamen liegt und sie aus vier möglichen Fotos von ausgewachsenen Hunden das mögliche Elternteil heraussuchen muss:

Dabei soll sie auf hundetypische Merkmale, wie z.B. Farbe, stehende oder hängende Ohren, Länge der Beine oder des Fells, Kopf, Gesicht und Schwanz achten und erst danach ihre Auswahl durchführen. Manches schließt sie von Vornherein aus uns schiebt diese Karten dann weg, aber manchmal ist sie auch schon bei vier Karten sehr zielsicher. Auf dem Foto ist wohl eindeutig die Farbe der entscheidende Hinweis gewesen    😉

Einmal hatten wir sogar das Glück, dass sich ein echter Hund dazugesellte und Stephanie war außer sich vor Freude. Das Streicheln mit Linki gestaltete sich allerdings etwas suboptimal …

Egal, sie war glücklich und aus dem Häuschen und sie weiß mittlerweile auch ganz genau, dass Hunde „wuff“ und Katzen „miau“ machen … war ja anfangs nicht immer so, ihr erinnert euch sicherlich noch.

Eine weitere praktische Übung war diese Woche das Einfordern ihrer aktiven Hilfe beim Anziehen einer Strickjacke oder eines Pullis. Das Wetter hält sich hier im Norden zwar erstaunlicherweise immer noch ganz gut und Regen bleibt in der Regel während unserer Besuche aus, aber draußen zu sitzen wird nach ein paar Stunden durch die Kälte und den Wind zunehmend ungemütlich, sodass wir jetzt immer öfter reingehen müssen. Bis dieser Schritt aber auch für unsere Kälteliebhaberin (ihr Credo war ja schon immer „Island ist ein besseres Urlaubsland als Spanien“) unausweichlich ist, ziehen wir ihr erst mal eine wärmende Schicht über. Und das Einfädeln der Arme sowie das Hochziehen der Ärmel überlassen wir dabei immer mehr ihr. Selbst mit Linki fasst Stephanie den Stoff mit Daumen und Zeigefinger an und zieht alles Stück für Stück nach oben, bis die vorher eingepackte Hand frei liegt – noch mit sehr viel Hilfe, aber in ein bis zwei Wochen hat sie das sicherlich auch wieder alleine drauf.

Doch der größte und zeitintensivste Block wird derzeit für das Neuerlernen des Schreibens genutzt. Angefacht wurde dies durch eine Therapeutin, welche mit Stephanie selbst schon damit anfing und uns deshalb Übungen für die Handmotorik herausgesucht und mit einer Notiz ins Postfach gelegt hat … „vor allem, damit Stephanie wieder Schreiben lernt und sich traut es auszuprobieren.“

Dieser Aufgabe wollen wir sehr gerne nachkommen, doch leider zeigte sich, dass Stephanie das Nachzeichnen von Figuren und Buchstaben fast gar nicht beherrscht und uns immer nur fragend anschaute, was wir denn eigentlich von ihr wollen. Also fingen wir zunächst mit einfacheren Übungen an, um die Handhabung des Stiftes zu verinnerlichen, Striche und Linien zu zeichnen und vor allem, um ihr immer wieder zu Erfolgserlebnissen zu verhelfen – denn nur dann bleibt sie auch mit Spaß und Eifer dabei.

Wir starteten mit Trockenübungen auf einem weißem Blatt Papier, bei der sie Punkte verbinden oder auch mal Carstens Stift folgen sollte:

Hierbei ging es uns vor allem darum, bei ihr ein Verständnis aufzubauen, was mit dem Stift möglich ist und was man wie nachzeichnen oder verbinden sollte.

Dann wollten wir schon etwas koordinierter vorgehen und sie nach einem bestimmten Schema „malen“ lassen. Carsten hatte dafür ein paar der sicherlich jedem bekannten Bilder ausgedruckt, bei denen man Punkte von 1 bis irgendwas verbinden soll und am Ende zeichnet sich dadurch eine Figur oder ein Ding ab.

Sie war voll konzentriert, hochmotiviert und es klappte auch gleich schon beim ersten Mal ganz wunderbar:

Dass es sich hierbei allerdings um eine Birne handelte, das erkannte sie natürlich nicht    😉

Auch auf dem Bild 2 hat sie alle Punkte toll verbunden, aber auch hier konnte sie das final sichtbare Tier nicht benennen (siehe rechts):

Doch darauf kam es ihr uns uns ja auch gar nicht an. Das Verbinden und die Handhabung mit dem Stift war das Ziel und bis hier hatten wir durchschlagenden Erfolg. Wir stellten nur immer wieder fest, dass sie die Zahlen nicht registrierte, die sich hinter ihren Fingern oder dem Handrücken befanden. Sie hat aber auch kein Gefühl dafür, dass sie diese einfach nur durch sich selbst verdecken könnten – der fehlende Überblick und der nicht vorhandene Orientierungssinn für die Suche schlugen ihr erneut ein Schnippchen …

Und ab Bild Nummer 3, 4 und 5 lässt sie zudem ihre Konzentration im Stich, denn ab da verliert sie immer mehr den Faden. Wie schon letzte Woche beschrieben, ist hier leider deutlich der Nebeneffekt „Kleinkind vs. Erwachsener“ offensichtlich: das Kleinkind in ihr baut sehr schnell ab und sie gerät völlig neben die Spur. Dann heißt es genug geübt, Zeit für Ablenkung und Zerstreuung schaffen. z.B. mit einem leeren Blatt, auf das sie malen könnte, was sie nur will. Doch hier verliert wieder das Kleinkind, was sicherlich sofort drauflos malen würde (Baum, Haus, Sonne etc.), und Stephanies Erwachsenenbewusstsein lässt sie ideen- und phantasielos auf das Papier starren. Hier braucht sie dann doch etwas Input und eine Vorgabe, was sie denn malen soll. Allerdings, wenn man ihr erneut etwas vorgibt, z.B. ein Haus oder ein Schriftzug, meldet sich das Kleinkind und fragt „Wie geht das?“ … ein Teufelskreis, denn sie müsste zwar zunächst erst einmal alles lernen, aber am Ende darf diese Lernperiode dann auch nicht all zu lange dauern. Dabei sitzt sie eigentlich auf heißen Kohlen, denn es geht ihr so nicht schnell genug.

Wir sind echt gespannt, wann und wie wir dieses „Hindernis“ überwinden werden und vor allem, wann wir das Kleinkind vom Alter her einschulen können … so kann Stephanie zwar schon gut lesen, aber nicht selbstständig schreiben, auch nicht mit einem direkten Abgucken des zu schreibenden Wortes und am Ende leider auch nicht, wenn sie auf dem Wort nur die Linien nachziehen müsste. Aber unsere Zeit wird kommen und eines Tages schreien wir „Heureka!“ in die große, weite Welt hinaus …     😉



2021 26.
Sep.

Da wir ja fleißig mitzählen, möchten wir euch die runden Zahlen zu Stephanie natürlich nicht vorenthalten: heute ist sie schon seit 60 Tagen im Pflegezentrum und am 30.9. werden es insgesamt 400 Tage seit dem Vorfall sein … man, wie doch die Zeit vergeht!

Aber es hat sich auch in dieser Woche wieder viel ereignet, wenn auch nicht immer alles sehr positiv war. Doch zu „unserem“ bzw. ihrem Kopfproblem möchte ich erst am Ende meinen Senf dazugeben. Zuerst zu den Fortschritten und Weiterentwicklungen:

Am Montag wurde endlich ihr finaler Rollstuhl geliefert, denn der bisherige war eigentlich nur eine Leihgabe aus dem Geesthachter Krankenhaus. Voila, hier ist er:

Stephanie sagt, dass dieser hier megabequem ist (sie Sitzfläche ist ja auch fast 10 cm breiter!) und durch die ausgepolsterten Seitenteile hat sie nun sehr viel mehr Stabilität beim Sitzen. Somit fällt jetzt sogar das Brustgeschirr weg und sie braucht nur noch zwei Sicherheitsgurte im Becken- und Oberschenkelbereich anzulegen. Er passt also perfekt … selbst die Radabdeckung mit VC Dresden gefällt ihr. Gut, es ist jetzt nicht gerade Grün-Weiß Dresden Coschütz oder der SV Babelsberg 03 (also einer ihrer ehemaligen Vereine), aber bei Volleyball und Dresden hat sich jemand zur Übergabe „ab Werk“ doch schon ein paar persönliche Gedanken gemacht. Wir wissen nur nicht, bei wem wir uns dafür bedanken können … und es hätte für sie z.B. mit Dynamo Dresden o.ä. auch sehr viel härter kommen können    😉

Am Dienstag musste sie während unserer Besuchszeit leider im Bett bleiben, da sich der Neurologe angekündigt hat, um ihr eine weitere Botox-Behandlung zu Gute kommen zu lassen. Stephanies linke Hand sowie beide Füße werden es ihm sicherlich danken, denn die damit einhergehende Entspannung sollte auch zu sehr viel weniger Tonus und Anspannungsschmerz verhelfen. Und wir haben an dem Nachmittag die Zeit im Liegen auch so ganz gut herumgebracht:

Hier zeigt Carsten ihr, wie kalt ihre Hände sind, indem sie sich selbst mal im Gesicht berühren sollte und mit einem Spiegel bekam sie wieder mal die Möglichkeit, ihr Gesicht zu erforschen und die verschiedenen Bereiche zu berühren – Nase, Augen, Stirn, Kinn und Ohren. Wobei letztere leider immer noch weit aus ihrem Fokus liegen und sie diese nicht alleine mit den Fingern lokalisieren kann. Egal ob mit oder ohne Spiegel …

Von den Ergotherapeuten bekamen wir die Info, dass Stephanie sich derzeit ganz toll im Standing (30 min ohne große Probleme) und mittlerweile auch schon bei der nächsten Stufe, dem Fast-ganz-alleine-Stehen, macht. Hierbei wird sie nahezu mit ihrem vollen Gewicht auf ihre eigenen Beine gestellt und durch die Ergos oder andere Hilfsmitteln nur noch sehr notdürftig entlastet, damit sich ihr Körper und Kreislauf langsam an das selbstständige Stehen gewöhnen kann. OK, hier erreicht sie gerade mal 3 Minuten und sie lamentiert wohl etwas mit „Nein“ und „Tut weh“ herum, aber am Ende hat sie es doch versucht und vor allem sehr gut durchgezogen und konnte dabei sogar mal beide Arme in die Höhe reißen („Hoch die Hände – Wochenende“). Die Therapeuten sind jedenfalls schwer beeindruckt und wir stolz wie Bolle. Ein weiteres Schrittchen …

Ebenfalls großen Lobes sind wir immer, wenn sie Linki vermehrt für diverse Standardhandgriffe nutzt. So z.B. beim Spielen oder für das Abwischen des Mundes und zum Greifen sowie zum Mund führen eines Marshmallows:

Gänzlich ohne Probleme ist sie mittlerweile beim Auswählen ihrer Eissorte (s.u.) und beim Auslöffeln ihres Wunscheises aus einer Tasse, denn gestern blieb nicht einmal mehr noch etwas Nennenswertes für Carsten zum Nachbearbeiten übrig. In der Regel hat er ihr nämlich die letzten Löffelchen Eiswasser nachfüttern müssen …

Am Donnerstag konnten wir Stephanie zum ersten Mal nach über einem Jahr ein Messer und Schmierbelag in die Hand drücken, sodass sie sich selbst das Abendessen vorbereiten musste – jedenfalls ansatzweise. Sie bekam zu ihrem weichen und bereits mit Butter beschmierten Brötchen …

… Töpfchen mit Mett und Frischkäse, dessen Verteilung wir ihr dann überlassen wollten. Carsten hat natürlich noch hier und da etwas Hilfestellung geben müssen (Haltung des Messers mit der rechten Hand, Festhalten des Töpfchens Mett mit der linken Hand, wie bekommt man das Zeug vom Töpfchen aufs Brötchen, wie verteilt man es am besten mit dem Messer auf dem mit Linki festgehaltenen Brötchen etc.), aber alles in allem waren wir drei sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Und Stephanie natürlich noch zusätzlich mit dem Geschmack ihres Lieblingsbelages    😉

Wie man auf den Bildern sehen kann, mussten wir zwischenzeitlich vom Pavillon draußen in die Essensräumlichkeiten nach drinnen wechseln, da neben der Kälte es auch zunehmend mit starkem Wind und Regen recht ungemütlich wurde … sowas muss man sich ja nicht unbedingt freiwillig antun.

Diese Woche brachten wir folgende Dinge als Geschmack-des-Tages mit: eine Dose Mandarinen (DI), mit Standardformat und Sticks zweierlei Gewürzgurken (DO), Marshmallows (SA) und heute kleine Käsewürfel, die sie mit einem Zahnstocher aufpieksen und sich in den Mund stecken musste. Was soll ich sagen, geschmacklich haben ihr alle mitgebrachten Dinge sehr gefallen und für nächste Woche sind auch schon die ersten Wünsche geäußert worden. So erhofft sie sich u.a. mal wieder eine Avocado als Mitbringsel.

Wenn wir bei unseren Besuchen mit Sack und Pack zum Pavillon aufbrechen, haben wir mittlerweile ganz schön viel dabei:

Doch den meisten Platz nehmen neben unserem eigenen mitgebrachten Abendessen in der Brotdose (Stephanies Abendessen kommt ja erst ein paar Stunden später und wird zudem frisch zubereitet) eindeutig die diversen Spiele ein. Wir probieren eben viel aus und für sie ist das Spielen mit uns zudem die schönste Beschäftigung, auf die sie sich jedes Mal auch sehr freut. Noch kann sie das ja leider nicht alleine machen … also weder Spielen, noch Aufbauen oder Organisieren.

Diese Woche haben wir ein Geschenk von einem Besucher aus der Vamed-Klinik ausprobiert …

… bei dem anhand von Hundebildern (als Welpe und als Ausgewachsener) das Pärchen gesucht werden muss. Wir glauben allerdings nicht, dass Stephanie das an sichtbaren Merkmalen festmacht (Farbe, Fell, Schnauze, Schwanz etc.), sondern leider nur an den darunter geschriebenen Hunderassen – lesen kann sie ja sehr gut und auch recht schnell. Schon beim Raten des Namens eines Gegenübers schielte sie ja immer sofort auf das Namensschildchen    🙂

Natürlich verbrachten wir auch diesmal viel Zeit mit der Klötzchenbox, bei der sie alle Steine mittlerweile sehr schnell und auch gleich zu mehreren auf einmal mit der rechten Hand aus der Box rausfischt, danach alle Zahlen nach oben drehen muss, diese dann aufsteigend in einer Reihe ablegen soll (sie behält jetzt sogar den Überblick auf dem Tisch und findet selbst gesuchte Steine außerhalb ihres bislang sehr eingeschränkten Blickwinkels) und auch immer wieder die Farben und Formen zu benennen bzw. finden hat. Die Box wird in den nächsten ein bis zwei Wochen wohl mal Pause haben, um nicht ganz langweilig zu werden.

Ebenfalls neu wie das Hunde-Memory war in dieser Woche ein sogenanntes Matching-Game oder Buchstabenspiel, welches sie von einer Freundin aus den USA geschenkt bekommen hat:

Wir haben das Spiel zwar schon mehrmals mit an den Tisch unterm Pavillon genommen, aber bislang kamen wir dann doch nie dazu, es auszuprobieren. Am Samstag sollte es dann gleich das erste Spiel sein, was wir durchführen und wir nahmen uns zuerst die Spielanleitung zur Hand. Carsten las sie in der Originalsprache vor und Stephanie hat währenddessen auch gleich mit uns ein paar Sätze auf Englisch gesprochen. Wir waren sehr beeindruckt.

Und so geht es: eine Karte zeigt ein Objekt mit 3-4 Buchstaben (natürlich im Englischen) und unser Kind sollte zuerst das Objekt erkennen und auf Deutsch benennen. Danach musste sie es übersetzen und aus den vor ihr liegenden Buchstabenwürfeln die entsprechenden Buchstaben suchen, um sie dann in der richtigen Reihenfolge in das lila Spielfeld zu setzen. Zum Abschluss wird die Karte einmal nach vorne gekippt und wieder zurückgelehnt, sodass durch einen Klappmechanismus das gesuchte Wort auf der Karte sichtbar wird. Perfekt, das sind ja gleich mehrere Aufgaben und Übungen für beide Hände auf einmal!!!    🙂

Die Fleischdose auf der ersten Karte hat sie gleich erkannt und auch die dazugehörige Vokabel „can“ wusste sie. Das Greifen der Würfel, das Suchen der Buchstaben und das Einsetzen ins das Spielfeld hat sie nach unserer Anleitung recht schnell kapiert, aber natürlich dauert es zum Teil etwas länger, bis sie es richtig durchgeführt hat. Insbesondere beim Drehen der Würfel übersieht sie auch gerne mal den benötigten Buchstaben und legt diesen zu schnell aus der Hand. Hier müssen wir dann helfend eingreifen und sagen, dass wir den gesuchten Buchstaben schon darauf gesehen haben … da fehlt ihr leider der Überblick, welche Würfelseiten sie schon durchgesehen hat und vor allem die Strategie, wie sie dabei am besten vorgehen kann.

Ein Schwein (für sie ein Hund) und eine Kuh auf den nächsten Karten hat sie weder erkannt, noch die Übersetzung dazu gewußt. Fuß / foot klappte wieder hervorragend und eine Eule / owl war für sie im Deutschen ein Uhu … hier fehlte selbst uns die richtige Vokabel. Doch buchstabieren und die Buchstaben suchen und stecken gelang ihr immer besser.

Aber bei all den Spielen, sowie bei den Kinder-Apps und den Bauklötzen zeigt sich das größte Problem von Stephanie: sie ist sowohl als 3-Jährige, als auch als 25-Jährige in ein und demselben Körper gefangen. Wenn es um eigenständiges Spielen und ein fantasievolles Ausleben geht, fehlt der älteren Stephanie schlicht das kindliche Gemüt, und wenn sie als 25-Jährige agieren will, macht ihr zu oft das Können und Benehmen eines Kleinkindes zu schaffen.

Hier ein paar Beispiele zur Erklärung, was ich genau damit meine:

Die vollumfängliche und eigenständige Bedienung eines iPads ist ihr noch zu fremd, aber für die Kinderspiel-Apps mit simplem Antippen und Verschieben kann sie sich eben auch nicht besonders lange begeistern. Dennoch scheitert sie aber bereits bei den Kleinkinder-Apps an völlig simplen Aufgaben, wie z.B. das Verschieben eines Puzzleteils in die sehr eindeutige und sichtbare Aussparung oder das Antippen aller vorhandenen Möglichkeiten.

Das Gleiche Dilemma beim Spielen mit Holzklötzen. Ein Kind würde die Teile nehmen, sie durch die Gegend schubsen, sie stapeln, umreißen, mit Autogeräuschen über den Tisch ziehen oder Figuren daraus bauen … eben seiner Fantasie völlig freien Lauf lassen. Stephanies Erwachsenengedanken „verbieten“ ihr anscheinend ein solches Verhalten und sie muss von uns immer erst eine Aufgabe gestellt bekommen, da sie selbst mit sich und den Klötzchen nichts anzufangen weiß – eine regelrechte Zwickmühle!

Und zudem gesellt sich dann auch noch immer wieder ihre Zweifel an den erbrachten Fortschritten, denn es geht ihr nicht schnell genug oder sie hält sich für dumm. Vor allem, da sie die aus ihrer Sicht einfachsten Dinge nicht beherrscht.

Besonders dann bedarf es immer einer kleinen Aufmunterung und vor allem einer Aufzählung der bisher tatsächlich erreichten Ziele. Klar, in den Augen und Gedanken einer 25-Jährigen ist das eigenständige Essen, Atmen und kurzes Stehen auf den Beinen nicht gerade eine besonders herausragende Leistung, aber mit den Einschränkungen und Fähigkeiten eines Kleinkindes muss man hier eben immer wieder den Unterschied machen. Stephanie weiß beispielsweise ohne großartig nachzudenken, was Initialen sind und kann die der Familie auch sofort aufzählen (SM, AM, CS, OS), aber eben an dem Erkennen eines Schweins auf einem Bild oder dem Begriff „Euter“ scheitert sie kläglich. Das nervt sie ungemein und sie hält sich deshalb für dumm und unfähig. Hier ist durch uns immer wieder gebetsmühlenartig die oben erwähnte Aufbauarbeit zu leisten.

Es geht ihr eigentlich alles viel zu langsam, doch was in ihren Augen schon mehr als ein Jahr her ist, ist für uns doch eher erst seit ihres langsamen Aufwachens im Januar/Februar möglich geworden. Und vor allem, nachdem wir sie monatelang als Häufchen Elend an Maschinen angeschlossen gesehen haben und in der Charité die vielen weißen Bereiche auf dem Gehirnscan erläutert bekamen, ist es umso erstaunlicher, was ihr verbliebener Rest des Gehirns (und Körpers) nun alles übernehmen muss … und anscheinend ja auch schon übernommen hat und gut kann. Gut, der Muskelaufbau gehört natürlich noch zu den größten Baustellen derzeit.

Aber vermittelt das mal einer Mischung aus 3- und 25-Jährigen, die sich zudem gerade in ihrer zweiten Pubertät zu befinden scheint … im einen Moment himmelhoch jauchzend und kurze Zeit später wieder zu Tode betrübt – ein völliges Wechselbad der Gefühle. Zum Glück passiert das alles noch nicht täglich, denn dann würden wir es schlichtweg Depression nennen, aber zwei- bis dreimal im Monat ist auch schon äußerst anstrengend für sie und für uns.

Doch Carsten und ich geben sicherlich nicht auf! Vor allem nicht, da wir es mit ihr gemeinsam und in dieser kurzen Zeit schon so weit geschafft haben!!! TSCHAKKA!!!!!

Unser Fazit lautet, dass es echt notwendig wird, dass sie sich endlich selbst beschäftigen kann, um sich Erwachsen zu fühlen und wenn sie es braucht, sich ablenken zu können. Damit meinen wir vor allem das Lesen, Schreiben und ein Bedienen von Technik (z.B. Musik ein-/ausschalten, ein Tablet oder Telefon nutzen, selbständiges Aufladen), damit sie endlich aus ihrer täglichen Langeweile rauskommt. Fernsehen mag sie z.B. überhaupt nicht, ja sie will nicht mal einen für sich gekauft haben.

Doch bis zum Erreichen dieses Fazits dürfte es noch etwas dauern … möge sie noch genau diese Geduld dafür aufbringen. Das wünschen wir ihr aus ganzem Herzen!



2021 19.
Sep.

Zack und die erste Arbeitswoche ist schon wieder rum … und für uns und Stephanie war es gleich auch die erste Woche mit dem neuen Besuchsschema: dienstags, donnerstags & samstags zusammen mit Carsten und sonntags ohne Carsten – letzteres nennen wir ja schon seit Monaten „Mädelstag“    🙂

Unsere gemeinsamen Besuche in der Woche lassen sich mittlerweile auch ganz schön auf dieses wiederkehrende Schema runterbrechen: Quatschen, Spielen und Essen … und wenn es geht, natürlich immer draußen!

Kaum zeigt sich so ein Himmel …

… oder es regnet nicht in Strömen, dann zieht es uns sofort in Richtung des Lieblingspavillons. Bislang konnten wir das jedenfalls noch jeden Tag so machen und wir hoffen mal, dass die Möglichkeiten auch noch etwas länger anhalten werden. Nur etwas wärmer einpacken werden wir uns wohl bald müssen    😉

Punkt 1: das Quatschen

Wie schon zu Kinderzeiten versuchen wir auch jetzt wieder durch gezielte Fragen, den Tag oder die Woche betreffend, das Erinnerungsvermögen zu trainieren. Anfangs wussten Andrea und Stephanie z.B. nicht einmal mehr, was es in der Schule zum Mittag gab, aber nach ein paar Wochen nervigem Nachhaken durch uns beim Abendessen, wussten sie ganz genau, was Carsten und mir wichtig war und was wir alles nachfragen würden – also hatten sie es sich schon mal sehr viel besser eingeprägt. So ähnlich ergeht es jetzt auch Stephanie wieder. Wir fragen sie über die letzten zwei Tage aus und von Besuch zu Besuch schafft sie es, sich wieder etwas mehr zu merken.

Noch reicht es zwar nicht ganz für den Geschmack des Mittagessens („Eintopf“ … püriert eben) oder das Gesprächsthema der gerade stattgefundenen Bewohnerrunde („War nicht spannend“), aber so manche Info kann man ihr mittlerweile doch ganz gut entlocken. So erinnerte sie sich z.B. glücklich an ihren „zweiten Pieks Biontech“ (d.h. sie ist ab Anfang Oktober ebenfalls vollständig durchgeimpft) und dass sie wie wir beiden am nächsten Tag keine Probleme bzw. Nachwirkungen hatte. Oder auch ihre mehr oder weniger guten Erfolge beim Standing, wobei sie mit sich selbst wohl sehr viel härter ins Gericht zu gehen scheint als die Ergotherapeuten. Letztere sind nämlich sehr zufrieden mit ihr und auch wenn das Training nach etwa 20 Minuten beendet werden muss, ist es immerhin schon eine so lange Zeit, die sie relativ stabil und in aufrechter Position auf ihren eigenen Beinen steht.

Dafür überraschte sie uns diese Woche mit sehr vielen Erinnerungen aus der Zeit vor dem Vorfall und Dingen, die sie sich trotz Problemen mit dem Kurzzeitgedächtnis doch irgendwie wieder sehr gut einprägen kann. Seien es die Namen des Personals und der Therapeuten (sie kann sie echt alle aufsagen!), oder typische Phrasen von früher. Hier mal ein paar konkrete Beispiele:

  • In einem Video von der Familie fällt das Wort „Amsel“ und Stephanie stimmt sofort zu „Amsel, Drossel, Fink und Star … und die ganze Vogelschar“ an.
  • Eine Katze macht bei ihr mittlerweile nur noch Miau und somit bleibt der Hund das einzige „Wuff-Tier“.
  • Nachdem Carsten einmal aus Jux „Allee Allee Allee“ (im Sinne von „es ist alle“) gesagt hatte, stieg sie gleich musikalisch mit ein: „… eine Straße, viele Bäume, ja das ist eine Allee, ALLEE !“ … Stephanie ist sicherlich kein Ballermann- oder Fußballfan, aber diese Ohrwurm (O-Ton von ihr!) blieb eben bis heute hängen.
  • Wer sie etwas besser kennt, kann sich sicherlich auch an einen ihrer Lieblingssprüche der letzten Jahre erinnern, den sie immer sagte, wenn alles OK war: „Juti Potuti“ … den hat sie immer noch drauf und kramte ihn jetzt auf einmal wieder aus ihrem Gedächtnis.
  • Vor zwei Wochen haben Andrea und Stephanie für Carstens Geburtstag ein Geschenk vorbereitet und sie konnte sich gestern wieder daran erinnern, nachdem sie von mir einen kleinen, wortlosen Wink für seinen Ehrentag bekam.
  • Als sie ein Video von Eileen guckte, fragte diese natürlich auch nach, ob sich unser Kind denn noch an die Herkunft und Bedeutung des Namens Chantal erinnern würde … nu gloor tat sie das!!!
  • Selbst unseren Obsttest in „Real-Life und 3D“ hat sie mit Bravour bestanden – auch wenn Carsten sie damit eigentlich mal so richtig veräppeln wollte    😉    zuerst zog er eine kleine Gurke raus und sie antwortete „Gurke“ … dann holte er einen Apfel raus und sie antwortete „Apfel“ … dann holte er den nächsten Apfel raus und sie antwortete grinsend „noch ein Apfel“ … dann holte der Apfel Nr. 3 raus und sie musste lachen. Herrlich! Sie hat nicht ein einziges Mal versucht, uns eine Birne oder Möhre unterzujubeln …
  • Und als wir ein reines Gedächtnisspiel einschoben, damit ihre Arme und Hände auch mal etwas pausieren konnten und sie sich zurücklehnen sollte, sind wir einmal von A bis Z durchs Alphabet gegangen und suchten Automarken. Das hat echt gut geklappt, denn manches hat sie von Anfang an selbst gewusst (BMW, VW/Volkswagen, Hyundai, KIA) und einige Marken konnten wir schon durch die ersten ein bis zwei Silben aus ihr hervorlocken. Vor allem die Franzosen (Citroen, Renault, Peugeot) und so manchen Asiaten (Suzuki, Mitsubishi) kramte sie auf diese Weise erfolgreich aus ihrem wirren Oberstübchen hervor. Wir waren durchaus etwas überrascht, denn ein Autofan war sie wahrlich noch nie … doch Vornamen, Städte, Länder und Orte haben wir schon in den letzten Wochen gespielt. Es sollte also mal was neues her.

Punkt 2: das Spielen

Um ein paar Übungen so richtig zu vertiefen, haben wir uns diesmal nur auf sehr wenige Dinge konzentriert … aber vor allem auf ihre Holzbox:

Sie musste mit Rechti und Linki (!) mehrere Aufgaben erledigen und von Tag zu Tag wurde sie doch etwas schneller und geschickter:

  • die Kiste festhalten, aufklappen und alle Steine rausholen … zum Teil tat sie das einzeln, aber manchmal auch gleich mehrere auf einmal
  • Linki nimmt den Stein vom Tisch auf, beide Hände drehen zusammen bis Stephanie die Zahl vorlesen kann und der Stein wird abschließend mit Zahl nach oben wieder auf den Tisch gestellt … das hat Linki nun auch schon ab und zu mal ganz alleine geschafft
  • Steine nach Farben aussortieren und von Rechti zu Linki geben … sie hatte leichte Unsicherheiten bei Rot, Orange und Pink
  • Zum Abschluss einen Stein in die richtige Öffnung (1 von 3 möglichen) stecken … manches geht leicht von der Hand und mit manchen Formen (z.B. dem Halbkreis) steht sie doch arg auf Kriegsfuß

Am ersten Tag lag die Box noch auf dem Tisch vor ihr, beim nächsten Mal war sie schon in Stephanies Richtung der Augen angekippt …

… und gestern dann auf Augenhöhe:

Wir glauben, dass sie beim Einschätzen der Formen und der richtigen Steindrehung noch Probleme hat, wenn der gleiche Umriss eben nicht auf Anhieb erkennbar ist – Kreis, Quadrat, Halbkreis, Stern, Trapez, Dreieck & Fünfeck. Erst wenn sie frontal auf das Loch und die jeweilige Form des Stein in ihrer Hand gucken konnte, klappte vieles besser. Da fehlt ihr eben noch sehr die Vorstellung und das räumliche Denken. Sie versteht zum Teil auch überhaupt nicht, warum z.B. so etwas denn verflucht-nochmal nicht funktionieren will:

Und es dauert manchmal auch sehr sehr lange, bis sie die Steine richtig in den Händen gedreht hat. Bei einem kleineren Spielwürfel hatte sie da schon sehr viel weniger Probleme: sie sollte mit einem Würfel würfeln und den der Seite gegenüberliegenden Wert mit einem zweiten Würfel auf den Tisch legen – d.h.:

  • würfeln … kann sie mittlerweile ohne Probleme
  • den gegenüberliegenden Wert ausrechnen … beiden Würfelseiten ergeben ja immer 7, dementsprechend sind die Pärchen also 1 und 6, 2 und 5 sowie 3 und 4
  • den errechneten Wert mit Würfel Nr. 2 auf den Tisch legen … Linki und Rechti drehten den Würfel und legten ihn mit der gewünschten Zahl nach oben ab

Sie hat die Aufgabenstellung erstaunlich schnell kapiert und konnte sie auch erfolgreich umsetzen – die Suche einer bestimmten Seite auf dem Holzstein dauerte da schon teilweise recht lange, je nachdem wie sie ihn gerade (durch Zufall?) in den Händen drehte.

Egal, es kommt ja nicht nur auf die Richtigkeit der Übungen an, sondern insbesondere auch auf das Training der Hände und Finger. Ihre Motorik und vor allem das Gefühl, Linki bei bestimmten Dingen mit einzubeziehen (und das nicht nur auf Kommando), scheinen sich jedenfalls stetig zu verbessern. Und wir müssen natürlich ebenfalls viel Fingerspitzengefühl bei ihrer Aufmerksamkeitsspanne beweisen, denn sobald sie unkonzentriert wird, muss eben auch mal abgebrochen oder etwas anderes stimulierendes gefunden werden.

Diese Woche hatten wir leider nur wenig Zeit für die schon einmal beschriebene Puzzle-App, aber die läuft uns nicht weg …

Punkt 3: das Essen

Na, ist es euch aufgefallen? Diesmal erwähne ich das Thema erst zum Ende hin    😉

In der Woche kommen wir ja direkt von der Arbeit (ca. 15:30 machen wir los, ca. 16:15 sind wir bei ihr) und statt wie bisher im Auto unser Abendbrot zu essen, haben wir es uns nun so eingerichtet, dass wir gegen 17:30 mit dem Kind zusammen essen. Sie bekommt ihren Teller und den Nachtisch inklusive Medikamentendosis vom Pflegezentrum und wir bringen unsere „Bemmen“ und die Yoghurts eben in einer Butterbrotdose mit. So schweigen wir uns dann kurzzeitig mal alle mümmelnd an    🙂

Am Ende überreicht sie sogar schon ihren Teller samt aufgelegtem Besteck recht zielsicher an einen von uns … aber es fehlt natürlich noch an der Feinmotorik, wie z.B. das konstant waagerechte Halten, um eine rutschende Gabel zu verhindern.

Mit im Gepäck ist natürlich auch immer „Der Geschmack des Tages“ – diese Woche waren es Banane (DI), Gurke (DO), Camembert (SA) und Rosienenstuten (SO). Stephanie sieht beim Kauen dieser „Spezialitäten“ stets so unendlich glücklich aus! Doch eine Sehnsucht wird fast immer wieder von ihr erwähnt – nein, es ist überraschenderweise nicht der Döner, sondern ganz simples Mett bzw. Hackepeter. Das hat es ihr echt (geschmacklich) angetan und vielleicht ist es auch bald mal wieder so weit …

Zudem hatten wir am Samstag ein Fundstück aus dem Kaufland mit dabei: diesen Pizza Hawaii-Smoothie

Trotz des über 60 prozentigen Anteil an Ananassaft hat Stephanie erstaunlich mehr davon getrunken, als wir im Vorfeld und insbesondere nach unserem eigenen Probieren gedacht hätten. Fragt nicht, es schmeckte … ähm … gewöhnungsbedürftig. Und Carstens Fall war es überhaupt nicht    😉    dabei bestellt er aus der Familie als einziger öfters gerne mal Pizza Hawaii.

Aber was sagt ihr eigentlich hierzu?

Ja, ihr seht richtig: diese Gurke hat sie tatsächlich mit Linki gegessen. Stephanie ist zu Anfang natürlich nicht von allein darauf gekommen, aber sie hat im Laufe des Essens auch keine Anstalten gemacht, sie einmal wieder zurück in die rechte Hand zu geben. Sie hat es echt supergut durchgezogen und das Essen mit Linki klasse zum Mund geführt! Erst die untere Gurkenhälfte ging dann (leider) an mich, denn das Kind war satt. Schade, wir hätten doch so gerne gesehen, wie Linki den unteren Teil bewerkstelligt hätte. Beim nächsten Mal vielleicht …

Wie anfangs erwähnt sind dies also unsere drei Dinge, die wir derzeit jeden Besuchstag geplant durchziehen, um Erlerntes zu vertiefen, zu trainieren und um eine solche Gewohnheit reinzubringen, dass sie vielleicht eines Tages nicht einmal mehr darüber nachdenken muss. Genau so, wie es wahrscheinlich bei jedem von uns angelernt ist, oder? Denn wer von euch denkt noch genau über die Benutzung von Messer und Gabel nach? Eben, keiner.

Zum Abschluss würde ich gerne noch diese drei Kleinigkeiten erwähnen, um damit unsere letzte Woche komplettieren und abschließen zu können:

Ihre Ecke bzw. ihr Bereich im Zimmer wird zunehmend wohnlicher und eigentlich sind nur noch ein paar Details hinzuzufügen, wie z.B. Beschriftungen, Aufhängen des Nachrichtenbretts (im Fach oben rechts) oder vielleicht noch das ein oder andere Ding umräumen. Das Regal sowie der Stumme Diener scheinen jedenfalls gut anzukommen und wir freuen uns über die vielen Ablagemöglichkeiten und den Platzgewinn:

Im Gespräch mit den Ergos haben wir erfahren, dass man nun sogar schon angefangen hat, einen Transfer zwischen Bett und Rolli ohne Lifter und Rutschbrett zu üben. Damit könnte man dann Stephanie zu einem späteren Zeitpunkt (wir denken immer an unser Credo „Gut Ding will Weile haben“ sowie „Schrittchen für Schrittchen“) auf den eigenen Beinen und mit viel Körpereinsatz des Helfenden hin und her bewegen. Die ersten Versuche sahen wohl auch schon sehr vielversprechend aus, aber es dauert noch, bis alles als Workaround an Dritte (also uns) „übergeben“ werden kann. Doch alleine schon, eine solche Möglichkeit überhaupt mal in Aussicht gestellt zu bekommen, hat mich megaglücklich gemacht.

Und hiermit noch kurz zu meinem Einsatz als Friseuse …

… wobei Stephanie das doch irgendwie zu genießen scheint. Mit Trockenshampoo hatten wir uns ja schon bei unserem gemeinsamen Campingurlaub in Kanada 2019 ausreichend beschäftigt und waren obgleich der Ergebnisse recht überrascht. Jetzt muss sie nur noch ihre zweite Pubertät hinter sich bringen und wir müssten uns nicht mehr so sehr im Kampf gegen das schnelle Fettigwerden der Haare und ihre hin und wieder erscheinenden Pickel plus Hautunreinheiten im Gesicht anstrengen – ach ja, ich warte weiterhin ganz geduldig auf sooooo viele Ergebnisse, Besserungen und das Erreichen von Zielen, versprochen!



2021 12.
Sep.

Und wieder ist eine Woche vorbei – gefühlt diesmal sogar noch schneller als sonst. Das könnte sicherlich aber auch daran liegen, dass es unsere letzte Urlaubswoche war und wir morgen schon wieder im allgemeinen Arbeitsalltag stehen werden. Geht euch doch bestimmt auch so, dass die letzte Woche einer Reise oder eines Urlaubs immer besonders flink an einem vorbeirast, oder nicht?

Doch beim Zurückblicken und Recherchieren für diesen Blogeintrag realisierte ich, was wir in der gefühlt kurzen Zeit dennoch alles unternommen und geschafft haben. Wir nutzten das schöne Wetter jedenfalls voll aus und machten u.a. zwei Tagestouren in die Lüneburger Heide (zum Serengeti-Park Hodenhagen und Weltvogelpark Walsrode) mit anschließendem Umweg zu Stephanie auf dem Rückweg und haben unter den strengen Blicken unseres Kindes ein neues Möbelstück für ihr Zimmer aufgebaut. Dann unternahmen wir nebenbei noch einen Abstecher zum Russenladen in Hamburg-Bergedorf und zum Baumarkt, haben den Smartie zusammen mit dem ADAC wieder ans Laufen gebracht und jetzt am Wochenende konnten wir endlich zahlreiche Formulare ausfüllen, die aufgrund von Stephanies Umzug von Geesthacht in Schleswig-Holstein (Krankenhaus) nach Lüneburg in Niedersachsen (Pflegezentrum) auf unseren Tisch flatterten. Dank des leiblichen Vaters und seiner Frau hatten wir am Samstag und Sonntag nämlich besuchsfrei, da sie extra für diese beiden Tage aus Sachsen zu ihr gekommen sind.

Versteht mich nicht falsch, ich besuche Stephanie immer liebend gerne, aber insbesondere die Fahrerei von ca. zwei Stunden für das Hin und Zurück raubt schon sehr viel Zeit von einem ohnehin schon gefühlt viel zu kurzen Tag. Und da ab nächste Woche unsere Arbeitgeber berechtigterweise wieder ihre vertraglich zugesicherten 40-Stunden-Wochen einfordern, startet zudem das Agreement mit dem Kind, jetzt nur noch am Dienstag, Donnerstag und am Wochenende zu Besuch zu kommen – dafür aber dann bestimmt auch mal ein Stündchen länger als bisher. Das bringt ebenfalls sicher wieder etwas mehr Ruhe in unseren Alltag …

Genug über mich bzw. uns geschrieben, wechseln wir einmal zu Stephanies Fortschritten oder auch zu ihren Problemchen – hier ist nämlich auch schon wieder viel passiert.

Beginnen wir mit dem Essen. Dort geht es bei ihr weiter stetig voran, denn sie bekommt für ihr Brot nun Scheibenkäse und -wurst, morgens dürfen es mittlerweile auch schon weiche Milchbrötchen sein und beim Trinken wird sehr viel weniger angedickt. Zusätzlich haben wir ihr versprochen, an jedem unserer Besuchstage einen für sie „neuen“ Geschmack mitzubringen – natürlich unter Einhaltung jeglicher Ess- und Trinkbeschränkungen. Wir starteten am Montag auf ihren eigenen Wunsch hin mit einer halben Flasche Dunkelbier/Malzbier/Kinderbier (das hat sie früher geliebt und trinkt es auch immer noch gerne), am Dienstag gab es inklusive Anstoßen mit mir ein kleines Glas alkoholfreies Bier (auch dieser Geschmack bleibt weiterhin positiv für sie) und am Donnerstag servierten wir ihr ein kleines Potpourri von McDonalds …

… bei dem für sie ein Nugget mit süß-sauer Soße, ein kleiner Bissen vom Hamburger, ein kleines Stück vom Veggi-Burger-Patty und drei Bissen Hähnchenfilets ohne knusprige Panade aber mit süß-sauer Soße abfiel. Leider haben wir von ihrem seligen Gesicht kein Foto gemacht, aber ihr könnte mir glauben, sie genoss wirklich jeden einzelnen Bissen!!!
Bei ihr braucht man auch nicht zu sagen, dass sie jeden Bissen 32 mal kauen soll … sie bringt es locker auf 60 mal und mehr    😉    und selbst bei solchen Dingen, wie das hier, kaut sie wie eine Besessene:

Dabei waren die am Freitag verkosteten Pflaumen- und Zwetschgenstücke bereits butterweich, ohne Kern und ohne Haut. Aber wir kennen das ja von uns selbst: beim Kauen setzen sich noch viel mehr Geschmacksmoleküle frei. Stephanie liebte bislang jede kulinarische Köstlichkeit, die wir ihr vorsetzten. Noch geben wir ihr auch ausschließlich nur ihre Lieblingsdinge, aber es werden sicherlich bald auch mal Mitbringsel für ein „so lala“ oder „bäh pfui“ mit dabei sein. Schließlich wollen wir mit ihr ja noch richtig viel ausprobieren    🙂

Und unsere Raupe Nimmersatt möchte sowieso ständig essen. Erst heute haben wir erfahren, dass sie noch einmal zwei Schnitten zum Frühstück ausgehändigt bekam, weil Stephanie der Meinung war, dass sie noch nicht gefrühstückt hätte. Im Nachhinein stellte sich aber heraus, dass das nicht so ganz stimmte und sie dennoch hungrig war oder Lust auf mehr hatte. Für die erste Hälfte ihres Tellers reichte es zwar noch, aber dann war sie satt und wollte doch nicht mehr alles aufessen …

Wechseln wir mal vom Essen zum Lernen. Grundlegend können wir dem, was wir letzte Woche im Therapeutengespräch zu hören bekamen, nur voll zustimmen: sie lässt sich allzu gerne ablenken – besonders beim Neulernen oder Trainieren. Wenn wir jetzt mit ihr unter unseren Lieblingspavillon gehen, entscheiden wir anhand der geplanten Übungen, ob wir sie und den Rolli mit dem Blick in Richtung einer leeren Wiese oder doch lieber in Richtung des mitunter lebhaften Innenhofes positionieren. Bei unseren Aktivitäten guckt sie nämlich auch immer wieder mal gerne in der Weltgeschichte herum und interessiert sich für jeden Gesprächsfetzen oder jedes Umgebungsgeräusch, was bei Trainings und Übungen natürlich mehr als hinderlich ist. Also machen wir es von ihrer Lust und Laune sowie von unseren Intentionen abhängig – was bislang recht gut klappt.

Die Themen der heutigen Woche reichten vom Russisch …

(Da diese kyrillischen Buchstaben auch genau so im lateinischen Alphabet vorkommen, würde man sicherlich eher an das Silbendurcheinander „CA-PO-TA“ denken, aber Stephanie liegt mit ihren Antworten schon richtig und lacht sich eher über „SA-RO-TA“ kaputt. Carstens Lieblingsbeispiel bleibt in diesem Zusammenhang „CCCP“, was aber eigentlich SSSR ausgesprochen wird Sojus Sowetskich Sozialistitscheskich Respublik.)

… über die Bedienung eines Tablets …

(Das Tippen, Ziehen und Schaltflächen suchen bzw. immer nur mit der Fingerkuppe und nicht dem Fingernagel oder gar mehreren Fingern bedienen klappt schon recht gut.)

… das Aufschlagen eines Buches, das Umblättern von Seiten und auch das Lesen von Texten …

(Aufschlagen klappt, beim Blättern erwischt sie mitunter noch mehr als eine Seite und beim Lesen reicht die Übersicht gerade mal für 2-3 Zeilen, danach verliert sie etwas die Orientierung.)

… die Gesamtprozedur für eine Briefwahl …

(Sie wollte zunächst noch alles alleine machen und somit im Geheimen wählen, aber spätestens nach „du nimmst den Wahlzettel und setzt zwei Kreuze an die richtigen Stellen“ entschloss sie sich dann doch zu einer gemeinsamen Erledigung der zugeschickten Wahlunterlagen.)

… das Lesen einer Zeitung …

(Sie wollte eine Zeitung zum Lesen haben – bekam sie. Aber dann fragte sie „Wie geht das ?“ – wir zeigten es ihr und sie verzichtete lieber mit den Worten „zu kompliziert“.)

… bis hin zum Öffnen und Lesen eines Briefes.

(Schon beim ersten Schritt, den Inhalt aus dem Umschlag zu bekommen, zeigten sich wieder sehr deutlich ihre Defizite im strategischen und logischen Umgang mit Dingen bzw. für das Erkennen einer Lösungsstrategie. Selbst beim Vorlesen versuchte sie eher die Worte hinter Carstens Positionszeigers (Finger oder Stift) zu lesen, statt die deutlich erkennbarer am Ende des Zeigers … leider ist sie damit noch lange nicht bereit, eigenhändig Post zu empfangen und selbst zu lesen – schade.)

Zudem versuchten wir es mal bei ihr mit dem Legen von ganz trivialen Puzzles:

Den Anfang machte ein 6-teiliges Puzzle, doch auch hier leider nur mit sehr wenig Erfolg. Stephanie fehlt bislang jegliches Verständnis für das Zusammenlegen von mit Nasen und Buchten ineinandergreifenden Pappkärtchen, wobei da auch leider das Motiv keine große Hilfe für sie zu bieten scheint. Zudem kann sie Ecken- und Seitenteile nicht auseinanderhalten bzw. bestimmen und sie kann die geraden Seiten an einem Puzzleteil nicht richtig einschätzen. Das erste Puzzle haben wir für sie zusammengelegt und viel dazu erklärt, in der Hoffnung, dass etwas hängen bleibt. Fehlanzeige! Auch als wir ihr mündlich eine Anleitung zum Zusammenlegen gaben, schaffte sie nicht, Nasen und Buchten zusammenzustecken. Selbst als nur ein einziges Eckteil fehlte und sie dieses schon richtig gedreht in der Hand hielt, kam für sie nicht der gewünschte Aha-Effekt. Wir haben nach vielen Fehlversuchen abgebrochen, denn egal mit welchen Engelszungen wir auf sie einredeten, wir fanden einfach kein Mittel, ihr das allgemeine Prinzip zu verdeutlichen. Vor Ende nächster Woche starten wir sicherlich keinen zweiten Versuch.

Da sie mit dem iPad schon recht gute Fortschritte zeigte, versuchte Carsten es mal mit einer Puzzle-App für Kleinkinder, bei dem ein vorgeschlagenes Teil (i.d.R. oben rechts angezeigt) nur an die richtige Stelle des Bildes gezogen und losgelassen werden muss. Dabei stehen dem Nutzer nur drei entsprechend geformte Löcher im Bild zur Verfügung, die sich deutlich durch eine Holzmaserung oder eine schwarze Fläche hervorhebt:

Zudem ist dieses Puzzleteil eben nicht klassisch mit Nasen und Buchten geformt, sondern die Lochumrisse zeigen zum Teil ganze Figuren, Wolken, Reifen, Kotflügel oder Häuser. Und am Ende kann man mit dem Bild dann auch noch etwas spielen (Hupen, Motor aufheulen lassen, Tag/Nacht, Blaulicht usw.). Leider gestaltete sich auch dieser Weg lang und steinig und wir waren nach den ersten Minuten der Verzweiflung nahe, aber dann hat sie zum Glück doch noch etwas mehr den Draht dazu gefunden. Anfangs waren für sie große, einfarbige Flächen des Bildes sehr viel schöner als der eigentliche Ablageort für das Puzzleteil mit seiner Maserung oder der dunklen Fläche. Doch da macht eben das Spiel nicht wirklich mit und das zu steckende Objekt schnippte wieder zurück in die rechte, obere Ecke. Bei unseren mündlichen Dirigierversuchen hatte sie zudem wieder ihre Probleme mit oben, unten, rechts und links … in der Trockentheorie (Finger in der Luft) klappte es einwandfrei, aber sobald das iPad mit ins Spiel kam, war ihr Ziehen nach links eher ein „schräg unten“ und „rechts oben“ – das hat aber sicherlich auch etwas mit der Konzentration und den vermehrten Reizen zwischen Vorübung und iPad-Nutzung zu tun. Und wenn man alternativ ihre Hand führen wollte, verkrampfte sie total auf die von ihr ausgewählte Stelle und der Finger ist vor lauter Drücken fast schon „abgebrochen“.

Mit viel Geduld und Spucke haben wir dann aber doch noch drei verschiedene App-Puzzles geschafft und wie wollen mal sehen, wie sie sich nun beim nächsten Mal Anfang kommender Woche schlägt. Schrittchen für Schrittchen … wir werden geduldig sein, aber dennoch nicht so schnell aufgeben, versprochen. Erst wenn die App-Puzzles besser sitzen, holen wir wahrscheinlich wieder mal das analoge Pendant mit seinen Nasen und Buchten raus.

Besonders am Ende eines fertiggestellten App-Bildes, also beim belohnenden Spielen, zeigte sich wieder ein deutlicher Unterschied zwischen dem Verhalten einer 25-Jährigen (ihr Wissen, die Sprachen, die Erinnerungen, der Wortschatz) und dem einer 3-Jährigen (ein leichter Anlass reicht zu Freude und Spaß). Sie freute sich über die Show auf dem Bildschirm und lachte wie ein Kleinkind über ihr selbst erzeugtes Hupen, geräuschvolles Anfahren, den Wechsel zwischen Tag und Nacht sowie über das Bedienen von Blaulicht & Co..

Gar nicht wie ein Kleinkind verhielt sie sich dagegen bei den Diskussionen über das Ablegen der Orthesen. Denn wenn es nach ihr ginge, würde sie sie lieber 24 Stunden lang tragen und erhofft sich dadurch eine schnellere Korrektur, als sie immer wieder mal abzulegen. Stellten wir bei ihr zunehmend Krämpfe oder Unruhe fest, wollten wir ihr die Orthesen nach dem ausreichenden Tragen (mindestens 2-3 Stunden) lieber abnehmen – das wollte sie auf keinen Fall. Zum Glück kam einmal gerade bei einem solchen Disput ihre Ergotherapeutin vorbei und machte mit ihr folgenden Deal: die Orthesen werden für 30 min ausgezogen und wenn ihre Muskeln danach noch krampfen sollten, bekommt sie sie wieder angezogen … bleiben die Krämpfe aber aus, wäre das nächste Anlegen erst wieder am nächsten Morgen. Natürlich krampfte sie fortan nicht mehr und sie hielt sich auch brav an die Abmachung mit der Therapeutin.

Gegenüber Therapeuten zeigt sie sich ohnehin stets folgsam und ehrgeizig, denn sie weiß, dass deren Übungen zu ihrem gewünschten Endziel führen. So hängt sie sich derzeit auch beim Standing (relativ alleine mit durchgedrückten Knien auf ihren Beinen stehen und der Körper wird nur noch mittels Haltebändern einer Maschine unterstützt) sehr rein und gibt vor allem nicht auf. Wo ihr Kreislauf Anfang der Woche noch gestreikt hat und sie nach einer Viertelstunde recht blass geworden ist, schaffte sie am Donnerstag schon wieder ihre 30 min komplett und der Kreislauf spielte wieder sehr gut mit. Sowas sind dann natürlich immer ihre größten Erfolgserlebnisse des Tages!

Am Montag wurde es frei Haus geliefert, am Dienstag wurde es von Carsten an „unserem“ Pavillon innerhalb von ca. 3 Stunden aufgebaut: ein Kallax-Regal mit neun Einschüben, damit Stephanies Dinge etwas benutzerfreundlicher verstaut werden können, als bislang alles nur im Kleiderschrank.

Nun können wir endlich zwischen Kleidung und Non-Kleidung trennen, denn die ganzen Spiele, Trainingsgeräte und sonstiger Schnulli kann ab sofort in diesem Regal untergebracht werden – Stephanie gefällt’s:

Zum Abschluss möchte ich noch eine für mich überraschend ausgegangene Übung beschreiben. Als Schulkind musste Stephanie einmal das Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ von Theodor Fontane auswendig lernen und bei vielen Gelegenheiten (z.B. im Auto) haben wir immer wieder mal aus Spaß ein paar Zeilen (insbesondere die erste Strophe) rezitiert. Ich wollte diese Woche testen, ob davon immer noch etwas hängen geblieben ist. Also habe ich das Gedicht ausgedruckt und nach Absprache mit ihr für sie vorgelesen. Dabei kam dann folgendes raus:

  • Ich: „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“
  • Sie: „Ein Birnbaum in seinem Garten stand“

Wow, ich war begeistert!!! OK, diese Textsicherheit war aber wirklich auch nur bei der ersten Strophe so toll …

  • Ich: „Da sagte von Ribbeck: Ich scheide nun ab. Legt mir eine Birne mit ins …“
  • Sie: „Grab“

Immerhin …

  • Ich: „Aber der Alte, vorahnend schon und voll Mißtraun gegen den eigenen …“
  • Sie: „Sohn“

Einzelne Passagen saßen also weiterhin abrufbar im Hinterkopf …

  • Ich: „Und die Jahre gingen wohl auf und ab, Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem …“
  • Sie: “ Grab“

Hat sie das am Sinn oder an der Reimform erkannt oder sogar aus den Erinnerungen herausgeholt ? Egal …

  • Ich: „So spendet Segen noch immer die Hand des von …“
  • Sie: „Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“

Glaubt mir, ich war perplex und hatte kleine Tränchen im Auge. Klar, es war sicherlich keine Glanzleistung, die in der Schule eine gute Note herbeigeführt hätte, aber nach all den oben aufgeführten Problemen bei den für uns einfachsten Dingen (Brief, iPad, Lesen, Puzzle etc.) finde ich, dass es doch ein recht ansehnliches Ergebnis für mein Experiment war, oder?

Wir arbeiten weiter an ihrem Erinnerungsvermögen, an ihren Fingerfertigkeiten und vor allem an den vielen alltäglichen Dingen, die sie erst noch wieder neu erlernen muss. Drückt uns bitte auch zukünftig ganz fest die Daumen, dass sie es schafft, dass wir durchhalten werden und dass wir vor allem unsere Geduld nicht obgleich der Erfolge verlieren mögen. Wir ertappen uns nämlich immer wieder dabei, dass wir für uns normale Dinge auch bei ihr irgendwie als gegeben voraussetzen … zum Glück sind wir zu zweit und haben auf jeder Fahrt hin oder zurück bis zu einer Stunde Zeit, unsere Eindrücke, Wünsche und Erwartungen auszudiskutieren. Das erdet manchmal ungemein    🙂